Immagini della pagina
PDF
ePub

wärtigen Verhältnissen geradezu unermeßlich. Denn unsere Theologen müssen, wenn sie nicht mehr im Seminar zu Mainz studiren können, außer Landes an die wenigen Universitäten sich zerstreuen, wo noch katholische Facultäten sich befinden.

Seit den neuesten Vorgängen aber muß auch der Blindeste einsehen, daß die Universitätsfacultäten dem katholischen Gewissen keine Garantie mehr bieten. Wo sollen die Theologen hingehen, etwa nach dem benachbarten Bonn, wo die ganze theologische Facultät aus altkatholischen Professoren mit Ausnahme eines einzigen Ordinarius besteht, und wo erst in diesen Tagen ein Altkatholik als Professor der katholischen Glaubenslehre angestellt wurde? Wo aber noch ihrer Kirche treu ergebene Männer die theologischen Lehrstühle einnehmen, da ist nicht die geringste Sicherheit vorhanden, daß sie nicht jeden Tag durch andere, der Kirche entfremdete und feindliche Lehrkräfte ersetzt werden können.

Unter diesen Umständen müßte ich nicht ein katholischer Bischof, sondern ein Mann ohne Glauben und Verstand und ein Verräther an meiner Kirche und meinem Amte sein, wenn ich mich nicht der Ausführung dieser Gesezesbestimmungen mit aller Kraft entgegenseßen und lieber alles dulden, als zu solchem Seelenverderben mitwirken wollte.

Die Gesezentwürfe lassen das Seminar zu Mainz zwar scheinbar bestehen, aber machen es durch die Vorschrift eines dreijährigen Universi tätsbesuches illusorisch. Nun hat aber die Mainzer Kirche auf den Besit des Mainzer Seminars als vollständiger theologischer Lehranstalt ein unveräußerliches und in jeder Weise garantirtes Recht. Das liegt nicht nur schon in dem allgemeinen Rechte der katholischen Kirche, den Clerus nach ihren Geseßen und in ihrem Geiste zu erziehen, sowie in dem unvordenklichen Besißstande denn immer wurde der Clerus der Diöcese in Mainz und an einer kirchlichen Lehranstalt erzogen sondern es ist auch das jetzt bestehende Seminar mit seiner theologischen Facultät der Diöcese förmlich von Seiten des Staates anerkannt und garantirt; gas rantirt schon zur Zeit der Fremdherrschaft durch das französische Concordat und die französischen Staatsgeseße; erhalten, gesichert und aner fannt zugleich mit dem ganzen kirchlichen Rechtsbestande durch die Großherzogliche Regierung bei Uebernahme des Landes; auf's Neue förmlich garantirt in den Vereinbarungen mit dem Apostolischen Stuhle bei Neuerrichtung des Bisthums Mainz. Wenn während einer kurzen Periode die Theologen factisch zum Besuche der in Gießen neuerrichteten Facultät genöthigt waren, so wagte man doch nicht, im Widerspruche mit den eben erst mit dem Apostolischen Stuhle geschlossenen Vereinbarungen das Seminar und seine Facultät aufzuheben. Sie blieb vielmehr rechtlich und

anfangs auch factisch bestehen. Es war daher dessen Wiederbelebung nur die Wiederherstellung des rechtmäßigen und auch allein naturgemäßen Zustandes.

Seit fast einem Vierteljahrhundert erfreut sich nun das Seminar zu Mainz eines allgemeinen Vertrauens. Anerkannt tüchtige Männer, jämmtlich unserer Diöcese angehörig, pflegen mit Liebe und Sorgfalt die theologischen und die propädeutischen philosophischen Wissenschaften, allen Anforderungen der Wissenschaften wie des praktischen Lebens vollkommen genügend.

Auch vom Standpunkte des Staates und selbst anderer Confessionen wird kein gerechter und vorurtheilsfreier Beobachter den mindesten begründeten Vorwurf gegen Professoren und Zöglinge des Mainzer Seminars erheben können. Und nun soll diese Lehranstalt ohne jeglichen Ersaz zerstört, es soll dadurch dem Clerus der Diöcese des hl. Bonifacius die Lebenswurzel abgeschnitten, der katholischen Kirche im Großherzogthum eine gedeihliche wissenschaftliche Bethätigung, welche ohne Besitz einer höheren Lehranstalt sich nicht entwickeln kann, unmöglich gemacht, endlich auch der Stadt Mainz die einzige höhere wissenschaftliche Anstalt entzogen und auch selbst dasjenige, was der Entwurf vom Mainzer Seminar will bestehen lassen, durch Entziehung der nothwendigen Selbstständigkeit und freien Bewegung zerstört und der völligen Unterdrückung entgegengeführt werden.

Im Namen der Kirche und der Katholiken auf Grund des positiven und natürlichen Rechtes erhebe ich Protest dagegen. Deßgleichen protestire ich gegen die Unterdrückung der von der Regierung genehmigten und mit Corporationsrechten ausgestatteten, allen Gesezen und Anforderungen des Staates genügenden, nur den Charakter einer Privatschule und von Privatpensionaten beanspruchenden Anstalten in Dieburg und Mainz, die, kaum mit den größten Opfern katholischer Wohlthäter und im Vertrauen auf die staatliche Genehmigung errichtet, nun durch ein alle Rechtsgleichheit verlegendes Ausnahmegesez und ohne jeden objectiven Grund zerstört werden sollen.

Die Bestimmungen des Geseßentwurfes bezüglich der geistlichen Aemter beruhen auf dem Mißtrauen gegen das bürgerliche und politische Verhalten der Geistlichen, das aber durch nichts begründet, vielmehr durch die Erfahrung widerlegt ist. Denn noch in allen Zeiten der Prüfung hat sich die gewissenhafte Treue der Bischöfe und der Geistlichen der katholischen Kirche gegen Obrigkeit und Vaterland durch die That bewährt. Uebrigens bietet auch der im Großherzogthume Hessen unter beiderseitigem Einverständniß bestehende Modus der Besehung der Pfründen

dem Staate alle nur erwünschliche Garantie. Gegen eine ohne kirchliche Mitwirkung in dieser Beziehung erlassene staatliche Vorschrift kann ich dagegen nur entschiedenen Protest einlegen. Sollten sich die Bestim mungen des Entwurfes sogar auf Kapläne und Pfarrverwalter erstrecken, was, abgesehen von den preußischen Maigesezen, noch nie und nirgends beansprucht wurde, so würde dieses auch wegen der im Interesse des Dienstes so häufig nothwendigen Versezungen praktisch unthunlich sein.

Wenn nach Artikel 8 des fraglichen Gesezentwurfes die bürgerliche Verurtheilung eines Geistlichen Amtsentsetzung und Pfründeverlust zur Folge haben soll, so verstößt dieses gegen den Grundsaß der katholischen Glaubenslehre und des katholischen Kirchenrechtes, daß ein geistliches Amt nicht durch die weltliche, sondern nur durch die geistliche Gewalt wie übertragen, so auch entzogen werden kann. Daß Geistliche, die sich wirk lich durch bürgerliche oder politische Vergehen ihres Amtes unwürdig gemacht, von demselben durch ihre geistlichen Vorgesezten und nach Vorschrift der Kirchengeseße entfernt werden, daran hat die Kirche, wenn möglich, ein noch höheres Interesse als der Staat. Dagegen kann und wird das katholische Gewissen eine Entsetzung von einem geistlichen Amte wie auch eine Einsetzung in dasselbe niemals als giltig betrachten, wenn sie nicht von der rechtmäßigen kirchlichen Obrigkeit in der von den Kirchengesehen vorgeschriebenen Form ausgegangen ist.

Der Gesezentwurf über die religiösen Orden und ordensähnlichen Congregationen, welcher dieselben bis auf einen ganz precären Ueberrest unterdrückt, ist einer der tiefsten Eingriffe in den katholischen Glauben und das Gewissen, sowie in die natürlichen und wohlerworbenen Rechte der Kirche, und ist es kaum zu begreifen, daß mitunter selbst wohlmeinende Zeitgenossen das so wenig einsehen. Es ist katholische Glaubenslehre, daß das Leben der höheren christlichen Vollkommenheit in Beobachtung der auf Christi Wort und Beispiel beruhenden (und deßhalb so genannten) evangelischen Räthe nicht nur löblich und heilsam, sondern ein wesentlicher Bestandtheil des christlichen und kirchlichen Gesammtlebens und für die dazu Berufenen ein- göttlicher Beruf ist, dem sie sich, ohne der göttlichen Gnade zu widerstreben und ihre eigene Seele zu beschä= digen, nicht entziehen können. Das Verbot des klösterlichen Lebens und der Beobachtung der evangelischen Räthe ist daher ein Eingriff in das innerste Heiligthum des Glaubens und Gewissens; es ist zugleich eine Beschädigung und Verkrüppelung der Kirche. Die katholische Kirche hat dasselbe Recht, das sie auf die Integrität ihrer Existenz besißt, auch auf den Besit ihrer klösterlichen Institute.

Welche Inhumanität und Intoleranz in Vertreibung von Söhnen

und Töchtern des Landes, die sich einem von ihrer Religion hoch- und heiliggeschätzten Lebensstande geweiht haben, in welchem sie ihr Lebensglück finden, und welche Härte darin gelegen ist, bedarf kaum einer Erflärung.

Der Gesezentwurf über das kirchliche Besteuerungsrecht ist in meinen Augen von geringer Bedeutung, obwohl auch er die Principien des kirchlichen Rechtes verlegt. Wenn der katholischen Kirche auch alle zeitlichen Mittel entzogen wären, würde sie in der Liebe und Opferwilligkeit ihrer Angehörigen und der Vorsehung Gottes hinlängliche Hilfe finden.

Ich habe in dem Bisherigen gezeigt, wie sehr die neuen Kirchengesezentwürfe die katholische Kirchenverfassung, die wohlerworbenen und natürlichen Rechte der katholischen Kirche, den katholischen Glauben, die Gewissensfreiheit und die heiligsten Rechte und Interessen der Katholiken verlchen. Ich kann aber nicht unterlassen, auch darauf hinzuweisen, daß sie mit allen Grundfäßen ächter Freiheit und mit allen wahren Vorzügen der neueren Zeit im Widerspruch stehen. Sie sind nichts anderes, als eine Widerherstellung und Verschärfung der engherzigen und verderblichen Maßregeln der schlimmsten Zeit des alten Polizeistaates. Die katholische Kirche kann leben und freudig und wohlthätig wirken unter allen politischen Verhältnissen, unter allen staatlichen Verfassungen, wenn sie nur Freiheit gewähren.

Möge man daher fortschreiten zu einer vollständigen Trennung von Kirche und Staat; wenn man nur redliche Freiheit auf allen Gebieten, vor allem auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichtes gewährt, so wird die katholische Kirche dann vielleicht große materielle und selbst Seelenverluste erleiden, aber sie kann bestehen und leben.

Dagegen unter einem Systeme, das ihr die von Gott verliehene Freiheit entzieht, sie und ihre Diener zu Werkzeugen der weltlichen Gewalt macht, die religiöse Erziehung, selbst des Clerus, die Pflege katholischer Wissenschaft, die Entfaltung ihres religiösen Lebens, die Uebung der christlichen Vollkommenheit unterdrückt und sie unter dem Scheine katholischer Formen zu einem Zustande der Erniedrigung und innerlicher Dekatholisirung verurtheilt unter einem solchen Systeme kann sie nicht bestehen. Sie hat da nur die Wahl zwischen allmäligem Untergange in schmachvoller Selbsterniedrigung oder dem Martyrium. Die Wahl des lezteren kann für einen Katholiken, für einen Bischof, der von der Göttlichkeit des Christenthums und der Wahrheit seiner Kirche überzeugt ist, nicht einen Augenblick zweifelhaft sein.

Im Großherzogthum Hessen herrschte seit Decennien, troß aller entgegenstehenden Behauptungen einer tendenziösen Presse und etwa von ganz

unbedeutenden Ausschreitungen Einzelner abgesehen, zwischen beiden Confessionen und zwischen Staat und Kirche voller Friede. Was nur immer der Staat billigerweise an Garantie und an Einfluß fordern konnte, besaß er in reichem Maße. Die Katholiken aber waren mit dem ihnen gewährten bescheidenen Maße von Freiheit und unter der wohlwollenden Regierung eines gerechten Landesherrn zufrieden und glücklich. Nun soll ohne jeden genügenden Grund dieser glückliche Zustand zerstört und auch unser Land in Wirren gestürzt werden, die anderwärts bereits unerträg lich geworden sind.

Die katholische Kirche ist von Härte und Anmaßung weit entfernt. Sie ist an Rücksichtsnahme und Milde bis zur äußersten Grenze der Selbstverleugnung gewöhnt, zu friedlicher Verständigung stets bereit; nur Eines ist ihr und jedem lebendigen Gliede derselben, sei es ein Geistlicher oder Laie, absolut unmöglich die Principien des katholischen Glaubens zu verleugnen.

-

Stellt man an die Kirche, wie gegenwärtig geschicht, Forderungen und Bedingungen, die sie ohne Verlegung des Glaubens und des Gewissens nicht annehmen kann, dann muß sie immer und nothwendig antworten: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen. Sie überläßt dann denen, die sie in solche Lage gebracht, die ganze Verantwortung und betritt, auf Gott allein vertrauend, den Weg des Martyriums.

Ich werde lieber alles erdulden, als von meiner bischöflichen Pflicht um ein Haar breit abweichen und auch nur im kleinsten Punkte dem katholischen Glauben und dem Rechte und der Freiheit der katholischen Kirche etwas vergeben, und ich habe die feste Zuversicht, daß der gesammte Clerus und das ganze gläubige katholische Volk der Diöcese Mainz in unauflöslicher Einheit mit mir verbunden sind und bleiben werden.

Möge dieses Wort rückhaltloser Offenheit Niemanden verlegen, viel mehr zum Nußen des katholischen Volkes und zum Frieden unseres Vaterlandes eine wohlwollende Aufnahme finden.

An seine Schwägerin Paula.

272.

Mainz, 24. October 1874.

Seit drei Wochen weile ich wieder hier, nachdem alle meine Com merreisen vollendet sind; ich konnte Dir aber noch kein Wörtchen sagen, weil die jezt auch in Darmstadt vorgelegten Kirchengeseze allerlei dringende Arbeiten nothwendig machten. Da diese, namentlich auch eine Schrift

« IndietroContinua »