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unserm Wiedersehen war, aber dennoch gereichte uns der treue Gruß in Deinem Briefe zu einiger Entschädigung für Deine Abwesenheit und hatte so für uns eine ganz besondere Bedeutung.

Die Geschwister waren, als ich hier eintraf, nicht zu Hause. Ich besah daher in der Schnelligkeit ihr kleines hiesiges Etablissement allein. Der Gedanke, daß in so fremden Räumen die lieben Geschwister jezt auf so lange Zeit Wohnung genommen, machte mir einen traurigen Eindruck. Als sie jedoch dann bald heimkehrten, ließ die Freude des Wiedersehens uns den traurigen Grund ihres Hierseins leicht vergessen. Da Gott Dank die arme Paula einige weniger schmerzensvolle Tage hatte, so lebten wir diese Zeit doch recht ungestört und freudig zusammen.

Vorläufig habe ich meine Abreise auf die ersten Tage des Mai festgesezt und hoffe gegen die Mitte des nächsten Monats bei Euch einzutreffen. Ich befürchte, daß Ihr, liebe Geschwister, zur Zeit meiner Rückkehr schon wieder auf dem Lande zerstreut sein werdet. Du kannst mir wohl noch mittheilen, welche Pläne Ihr für das diesjährige LandIcben etwa gemacht.

Recht sehr große Freude, geliebte Sophie, hatte ich in Wien, die Franziska Spee1) kennen zu lernen, von der ich so oft durch Dich gehört hatte. Sie ist eine so freundliche und natürliche Frau, daß ich sehr bald nach unserer Bekanntschaft Deine und Ferdinands Zuneigung zu ihr theilte.. Bei näherer Bekanntschaft wird gewiß auch die Gräfin Spee eine noch unerwartete Freude an dieser Schwiegertochter haben. Mich zogen diese Bekanntschaften in ein ganz anderes Leben, als ich mir vorgesteckt, und ich habe dort acht recht leichtsinnige Tage verlebt, wobei ich mich aber sehr gut unterhalten habe. Heute muß ich der Zeit wegen. meinen Brief leider abbrechen. Die herzlichsten Grüße von Wilderich und Paula. Der kleine Friß hat recht zugenommen und macht Paula die größte Freude.

An seine Schwester Sophie.

24.

Freiwaldau, 2. Mai 1840.

Schon ziemlich lange bin ich in dem Besiz Deines freundlichen liebevollen Briefes vom 9. v. M. und habe Dir als den besten Dank noch nicht wieder Nachrichten von unsern lieben Geschwistern gegeben. So un

1) Geborene Gräfin von Brühl, † 25. November 1844.

glaublich es lautet, so sage ich doch nicht ganz Unwahrheit, wenn ich einen großen Theil dieses Versäumnisses auf Zeitmangel schiebe.

Mein Zutrauen zur Wasserkur hat seit meinem Hiersein wohl zugenommen, da man doch im Allgemeinen recht viele gute Erfolge aufzählen und anpreisen hört. Ein Wassermann wie Wilderich könnte ich aber doch nicht werden. Verhaßt an dieser Kur ist mir namentlich dieses Vernichten aller Beziehungen des Menschen bis auf die, welche sich auf die Gesundheit beziehen. Ganz Grefenberg, mit Einschluß aller seiner Bewohner, denkt nur an die Pflege des Körpers und wenn das auch ganz natürlich bis zu einem gewissen Grade an allen Orten stattfindet, wo sich Kranke vereinen, und besonders also in allen Badeorten, so wird doch bei der Wasserkur der Mensch in einer Weise mit seinem Körper beschäftiget, die beim besten Willen jedes höhere Streben und jede geistige Beschäftigung unmöglich macht. Dieses schwere Uebel wird noch vermehrt durch die Dauer, welche die Wasserkur für ihre Patienten in Anspruch nimmt und die sich bei vielen Menschen auf einen großen Theil ihres Lebens, vielleicht auf ihr ganzes Leben erstreckt.

Ich habe mir hier neben der größten Freude, bei den Geschwistern zu sein, noch ein Nebenvergnügen als Jäger eröffnet, das mir um so höhern Genuß gewährt, als ich dieser Art Jagd eine Zeit widmen kann, in der ich die Geschwister doch nicht sehen könnte. Es ist nämlich die sehr edle Auerhahnjagd, der ich einige Nächte ohne Erfolg gewidmet habe, bis ich endlich gestern Morgen mit zwei Sprossen dieser vornehmsten Baldbewohner, also mit zwei Auerhähnen, die ich beide mit eigener Hand erlegt, meinen feierlichsten Einzug in Freiwaldau hielt. Zwei Auerhähne an einem Morgen ist immer eine Non-plus-ultra-Jagd und besonders hier, wo es nur wenig Auerhähne gibt. Außerdem waren es die ersten, die ich in meinem Leben geschossen. Du kannst Dir also die Größe meiner Freude denken. Meinen ersten Auerhahn haben wir erstanden und werden uns in diesen Tagen ein Fest durch ihn bereiten. Bis jetzt sind wir nur noch sehr in Verlegenheit, wie wir den Kerl eßbar bekommen sollen. Paula legt gegen meinen Willen einige Federn meines Auerhahns für Dich in den Brief; ich bin also an dieser Sentimentalität unschuldig.

Paula hatte die Freude kurz hintereinander ihre Brüder Ernst und Bernhard hier zu sehen. Die Bekanntschaft beider hat auch mich recht gefreut.

An seinen Bruder Wilderich.

25.

Neiße, 24. Mai 1840.

Ich nehme von dem einliegenden Beutelchen, welches ich leider allein zu Euch zurück wandern lassen muß, Anlaß, Euch geliebten Geschwistern nochmals das herzlichste Lebewohl zuzurufen. Mich hat von dem Augenblicke unserer Trennung an das bitterste Gefühl darüber nicht verlassen, daß ich, der ich Dir, meinem lieben Wilderich, und der lieben Paula durch meine Anwesenheit zu einigem Troste sein konnte, mich dens noch jest wieder in jedem Augenblicke weiter von Euch entferne. Wie unendlich gerne hätte ich in diesem schweren Jahre mit Euch Freud und Leid getragen und mit Euch zusammen den Weg zur Heimath eingeschlagen. Doch ich habe einmal geglaubt Euch verlassen zu müssen, und deßhalb keine weiteren Klagen. Gott gebe uns seinen Beistand und erhalte mir in Euch so unendlich liebe Geschwister, wie Ihr mir auch jezt wieder gewesen. Dann habe ich gewiß unter allen Verhältnissen nur Grund zum fortgesezten Dank. Aber wer die Trennung hier auf Erden erfunden hat, dem kann ich nie verzeihen, denn ich weiß mir nichts Empfindlicheres zu denken. Um 4 Uhr fahre ich morgen früh weiter und gerade durch bis Brauna ohne Aufenthalt. Bis dahin tausend, tausend Lebewohl.

P. S. Eben lese ich, daß Altenstein bereits am 14. Mai gestorben ist. Gott habe ihn selig!

An seinen Bruder Wilderich.

26.

Brauna, 29. Mai 1840.

Schon der fünfte Tag ist heute, daß ich Euch, liebe Geschwister, verlassen habe. Die Posten reihten sich glücklicher Weise sehr gut aneinander. In Liegniß brauchte ich von meiner Ankunft Abends 10 Uhr an nur einige Stunden zu warten, bis die Breslauer Post eintraf, die mich dann Dienstag Abends nach Baußen brachte. Dort übernachtete ich und legte am Mittwoch mit einer Schneckenfuhre den sehr langweiligen Weg hierher zurück. Heute (Freitag) Abend werde ich auch von hier schon wieder weiter wandern. Daher benuße ich jezt ein Stündchen vor der Messe, um Euch, meinen geliebten Geschwistern, die Nachrichten zu geben, die Ihr von mir erwartet.

Mit recht lebhaftem Interesse bin ich nach Brauna gewandert, in

dem ich mich immer freue, einen Ort kennen zu lernen, an dem gute Bekannte sich oft aufgehalten und manches erlebt haben. Gott Dank habe ich alle seine jeßigen Bewohner recht froh und gesund angetroffen. Die Gräfin') war natürlich wieder so außerordentlich gütig und freundlich, wie alle ihre Bekannten es gewohnt sind. Nachdem ich sie nun seit einiger Zeit nicht mehr gesehen, sind mir ihre außerordentlichen Eigenschaften und Gaben alle wieder neuer und auffallender als in der Zeit, wo ich sie täglich sehen konnte, und ich freue mich jezt in der Wirklichkeit weit mehr. noch als in der Erwartung dieser Freude, einige Tage mit ihr zuzubringen.

Ob sie sich verändert hat, weiß ich kaum zu beantworten. Oft glaube ich in ihrem Aeußern und auch in ihrem Sein kleine Verände= rungen wahrzunehmen. An der hiesigen kleinen katholischen Ansiedelung hat fie gewaltige Freude. Recht sehr erbaut hat mich der gestrige Feiertags-Gottesdienst in der Kapelle, zu dessen Schluß der Vikarius eine Predigt hielt, die mich drei Viertelstunden lang in der größten Spannung und Erbauung erhielt, und die ich so gediegen, so Herz und Verstand ansprechend, so reich an Gedanken und ohne Wiederholung, so dem Evangelium und dem Feiertage angemessen gefunden habe, daß ich dafür halte, der Vikarius besiße ein ungewöhnlich reiches Prediger-Talent.

Dresden, 30. Mai 1840.

Soeben (Sonnabend 5 Uhr früh) hier angekommen, benuße ich die erste Stunde, um meinen Brief an Euch fortzuseßen.

Jhr liebe Geschwister seid mit Eurem Leben recht mitten in der Religion, die gewiß nicht umsonst die Religion des Kreuzes genannt wird, und wenn Ihr Euch umseht, in welcher Gemeinschaft Ihr Euer Kreuz traget, wie Christus im Anfange der Reihe und wie Ihr in Mitten der Zahl derer steht, die seit Jahrhunderten der Welt das unerhörte Schauspiel des Ringens um Theilnahme an den Schmerzen des Kreuzes ge= währen, dann empfindet Ihr gewiß oft einen heiligen, großen Trost, von dem die Welt keine Ahnung hat. Wenn doch der liebe Gott der theuren Paula und Dir, meinem alten Bruder, diesen Trost recht reichlich gewähren wollte! Wie thöricht und sinnlos wird uns in jenem Leben wohl der Schmerz über das Leiden derer erscheinen, welche die Gnade hatten ihr Leiden zu Ehren Gottes zu tragen. Dies sage ich gewiß nicht Euretwegen, sondern nur um mich Eurer Gesinnung anzuschließen, der ich mich so gerne immer mehr und mehr verbinde.

1) Sophie Stolberg, Wittwe des Grafen Friedrich Leopold.

So weit, mein alter Wilderich, bin ich heute Morgen gekommen und jezt am Abend will ich endlich diesen Brief schließen. Den ganzen Tag hatte ich dazu keine Zeit, da ich bei einem so kurzen Aufenthalt die Hände sehr voll hatte. Heute Morgen habe ich mich vorzüglich in der Bildergallerie, heute Mittag in der Rüstkammer herumgetrieben, dazwischen gegessen und zu verschiedenen Malen die schöne Aussicht auf der Brühl'schen Terrasse genossen. Am Abend war ich noch eine halbe Stunde vor der Stadt die Elbe herauf im Waldschlößchen und Windleder, zwei sehr besuchte Kaffeehäuser in freundlichster Lage. In dieser Art habe ich einen recht genußvollen Tag zugebracht. In der Gallerie habe ich mich heute weit über meinen Spaß hinaus abgeheßt, denn sie ist gar zu reichhaltig für eine so kurze Zeit und doch so werthvoll, daß man wenigstens mit einem Blick gerne alles sehen will. Zu meiner großen Freude habe ich morgen noch den Vormittag zu meiner Disposition und da werde ich denn gleich nach der Kirche mich wieder hinverfügen und mit Muße nur die Gemälde beschauen, die mich heute besonders angesprochen. Morgen, Sonntag Nachmittag, also gerade sieben Tage nachdem ich von Euch geschieden, reise ich wieder ab und dann unaufhaltsam nach Haus, wo ich wohl noch früher eintreffen werde als diese Zeilen bei Euch.

In der Leipziger Allg. Zeitung vom 29. steht, der König befinde sich zwar besser und die Aerzte seien beruhiget. Dennoch habe er für gut befunden alle Regierungsangelegenheiten dem Kronprinzen zu übertragen. Anton Stolberg habe nach einem Gerüchte das Ministerium abgelehnt.

An seinen Bruder Wilderich.

27.

Münster, 11. Juni 1840.

Endlich komme ich dazu, Dir, meinem lieben Bruder, die ersten Worte aus der lieben Heimath zu sagen, nachdem ich schon über acht Tage das große Glück habe, bei unserm theuren Mütterchen und den Geschwistern zu sein. Wahrhaft schändlich ist es, daß ich so lange hier sein konnte, ohne Euch Nachricht von den Unsrigen zu geben. Ich tröste mich nur mit dem Gedanken, daß inzwischen Nachrichten von Sophie bei Euch eingetroffen sind. Sophie war mit Mütterchen und Clemens bei meinem Eintreffen hier anwesend, so daß ich so glücklich war, sofort den größten Theil unserer geliebten Angehörigen wieder zu sehen. Wie groß meine, Mütterchens und der Geschwister Freude war, uns nach dieser Trennung unverändert und gesund wieder zu finden, werdet Ihr hinreichend mitempfinden, ohne daß ich Worte darüber mache. Dir, meinem alten Wilderich,

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