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Sulla's kühlte er seine Mordlust, indem er, an die Spitze einer Bande gallischer Krieger gestellt, eine Menge römischer Ritter, darunter seinen Schwager Caecilius, erschlug, und M. Marius Gratidianus, einen Verwandten des Marius und Cicero, mit bestialischer Grausamkeit zu Tode marterte"). Nach der Quaestur war er Legat, als welcher er (in welchem Kriege ist unbekannt) die 3 Belagerung einer feindlichen Stadt leitete). Im J. 73 wurde er wegen Incestes mit einer vestalischen Jungfrau, der Fabia, einer Schwester von Cicero's Gemahlin Terentia, belangt, entging aber durch Verwendung des Lutatius Catulus einer Verurtheilung 9). Trotz der schweren Flecken, die auf seinem Charakter lasteten, gelang es ihm doch bei seiner Meisterschaft in allen Künsten der Heuchelei und Verstellung und bei einer seltenen Gabe Leute an sich zu ketten 1o), im J. 68 zur Praetur zu gelangen 11), die er zur gesetzlichen Zeit, wie es scheint, erhalten hat. Das Jahr darauf verwaltete er als Propraetor die Provinz Africa, die er im Sommer 66 verliess, um sich in Rom als Candidat des Consulats zu stellen. Da jedoch noch vor seinem Abgang aus der Provinz Gesandte aus Africa vor dem Senat erschienen waren, um über die argen Bedrückungen, die er sich als Propraetor erlaubt hatte, Beschwerde zu führen, sah er sich veranlasst, mit einer Anklage wegen Erpressungen bedroht, von seiner Candidatur zurückzu4 treten 12). Um so bereitwilliger nahm er an einem Anschlage Antheil, der gewöhnlich als die erste Catilinarische Verschwörung bezeichnet wird. Die für 65 gewählten Consuln P. Autronius Paetus und P. Cornelius Sulla, ein Verwandter des Dictators, waren wegen Erkaufung der Wahlstimmen vor Gericht gezogen und verurtheilt worden, worauf das Volk ihre Mitbewerber L. Aurelius Cotta und L. Manlius Torquatus zu Consuln wählte. Da verbanden sich nun Autronius 13) und Sulla 1)

κτεῖναι δ ̓ ἀδελφὸν αὐτοῦ· καὶ δίκην ἐπὶ τούτῳ φοβούμενος ἔπεισε Σύλλαν ὡς ἔτι ζῶντα τὸν ἄνθρωπον ἐς τοῖς ἀποθανουμένοις προγράψαι. 7) Q. Cic. de pet. cons. 9 f. Ascon. ad or. in toga candida p. 75 77. 80 ed. Kiessl. et Schöne. 8) Sall. fragm. Hist. lib. I bei Festus p. 193 Muell. 9) Ascon. a. a. O. p. 82. Orosius VI, 3. 10) Sall. 14. 16. Cic. or. II, 7 ff. mit den daselbst aus der Rede pro Caelio angeführten Stellen. 11) p. Cael. 10. 12) Asc. p. 79 Paulo ante diximus Catilinam, cum de provincia Africa decederet petiturus consulatum, et legati Afri questi essent de eo in senatu, graviter vituperatum esse. Professus deinde est Catilina petere se consulatum. L. Volcacius Tullus consul consilium publicum habuit, an rationem Catilinae habere deberet, si peteret consulatum; nam quaerebatur repetundarum. Catilina ob eam causam destitit a petitione. 13) Sall. 18. Asc. p. 82. Cic. or. Cat. I, 15. p. Sulla 68. Cassius Dio 36, 27. 14) Die Theil

unter Zuziehung des Catilina als eines bewährten Bandenführers und des Cn. Calpurnius Piso, eines jungen patricischen Wüstlings von der höchsten Entschlossenheit 15), zu dem ruchlosen Anschlag, am 1. Januar die Consuln und noch mehrere der angesehensten Senatoren während des feierlichen Opfers auf dem Capitol zu ermorden, die consularische Gewalt an sich zu reissen und Piso mit einem Heere nach Spanien zu schicken, um sich dieser Provinz, die sich kaum von den Wehen des Sertorianischen Kriegs zu erholen begonnen hatte, zu bemeistern. Allein da der Plan ruchbar geworden, wurde die Ausführung auf die Senatssitzung am 5. Februar verschoben, wo das Mordgemetzel schon ein allgemeineres werden sollte. Auch diesmal scheiterte der verruchte Anschlag, indem Catilina vor der Curie den Verschwornen zu früh das Zeichen gab, als noch nicht eine hinlängliche Anzahl von Bewaffneten erschienen war 16). Nach dem Berichte des 5 Suetonius 17) waren jedoch nicht die genannten die Häupter der Verschwörung, sondern ihre eigentlichen Anstifter und Leiter M. Crassus und C. Julius Caesar. Crassus sollte Dictator, Caesar dessen magister equitum werden, und nach vollzogener Reform der Verfassung in demokratischem Sinne Autronius und Sulla wieder als Consuln eingesetzt werden. Nach einem von Suetonius angeführten Bericht des Geschichtschreibers Tanusius Geminus sollte nicht Catilina, sondern Caesar das Zeichen zum Blutbade geben 18), habe es aber unterlassen, weil sich Crassus, sei es aus Reue oder Furcht, am entscheidenden Tage nicht eingefunden hatte. Wie immer es sich damit verhalten haben mochte, so wagte doch Niemand, wie offenkundig auch die beabsichtigte Unthat gewesen war, die Verbrecher vor Gericht zu ziehn; ja der Senat hatte die Schwäche, den Mitverschwornen Piso, um ihn zu entfernen, auf Crassus' Betrieb als Quaestor mit praetorischer Gewalt nach Spanien zu schicken, wo er einige

nahme des Sulla behauptete wenigstens dessen Ankläger, der jüngere Manlius Torquatus, s. Einl. zur or. p. Sulla. 15) Sall. 18: erat eodem tempore Cn. Piso, adulescens nobilis, summae audaciae, egens, factiosus, quem ad perturbandam rem publicam inopia atque mali mores stimulabant. Ascon. in Corn. p. 58 Cn. quoque Piso, adulescens potens et turbulentus, familiaris erat Catilinae omniumque consiliorum eius particeps et turbarum auctor. 16) Asc. p. 82 sq. 17) v. Caes. 8; vgl. auch Cic. in toga cand. bei Asc. p. 82: Praetereo nefarium illum conatum tuum cum Cn. Pisone socio, ne quem alium nominem, caedem optimatium facere voluisti. 18) Suet. 1. c. convenisse Curio ait, ut togam (Caesar) de umero deiiceret.

Zeit darauf von spanischen Reitern seines Heers erschlagen wurde 18).

6 Noch in demselben Jahre 65 wurde Catilina wegen seiner grausamen Bedrückungen der Provinz Africa von P. Clodius Pulcher, dem späteren Feinde Cicero's, in Anklagestand versetzt. Er wusste sich aber mit seinem Ankläger durch Geld abzufinden, so dass er ihm bei Entwerfung der Richterliste zu Willen war und die Anklage mit Lässigkeit betrieb 19); allein, wiewohl Catilina auch die Richter bestochen und die angesehensten Männer sich für ihn bei Gericht verwendet hatten 20), so entging er doch nur mit Noth einer Verurtheilung 21). Der Zwischenfall dieses Processes (die Sache kam erst zur Verhandlung, als die Consularcomitien für 64 schon vorüber waren) 22) hatte Catilina verhindert, seine schon für das J. 65 beabsichtigte Bewerbung um das Consulat zu erneuern; man wusste jedoch bereits vor dem Beginn des Processes, dass er 64 als Candidat für das nächste Jahr auftreten 7 werde 23). Ausser ehrgeizigen Absichten trieb ihn zumeist seine Schuldenlast 24), in den Besitz der Gewalt zu gelangen, in dieser sodann Herabsetzung oder gänzliche Tilgung der Schulden zu erwirken und andere Akte der Willkür zu eigener Bereicherung durchzuführen, vor allem aber für das nächste Jahr eine reiche Provinz zu erlangen, welche die wüste Habgier sattsam befriedigen konnte. Daher schloss er sich auch am engsten an seinen Mitbewerber C. Antonius Hybrida 25) an, der gleichfalls durch schwere Verlegenheiten aller Art bedrängt war. 26)

18) Sall. 19. Asconius bemerkt ad or. in toga cand. p. 83: in Hispaniam missus a senatu per honorem legationis, ut a sociis suis ablegaretur, ibi, dum iniurias provincialibus facit, occisus erat, ut quidam credebant, a Cn. Pompei clientibus Pompeio non invito. Vgl. Mommsen R. G. III, 168 (3). 19) or. de har. resp. 42 und bes. Asc. p. 78 ita quidem iudicio est absolutus Catilina, ut Clodius infamis fuerit praevaricatus esse; nam et reiectio iudicum ad arbitrium rei videbatur esse facta. 20) Cic. p. Sulla 81. 21) Ascon. p. 80 quo (iudicio) ipse per infamiam liberatus est Catilina, sed ita, ut eum senatorum urna damnaret, equitum et tribunorum (aerariorum) absolveret. 22) Cic. ad Att. I, 2. 23) ibid. I, 1: Catilina, si iudicatum erit meridie non lucere, certus erit competitor. 24) Q. Cic. de pet. cons. 10 primum ex eo iudicio tam egens discessit, quam quidam iudices eius ante illud iudicium fuerunt, deinde tam invidiosus, ut aliud in eum iudicium cotidie flagitetur. 25) Er war ein Sohn des berühmten Redners M. Antonius und als Bruder des M. Antonius Creticus ein Oheim des Triumvirs M. Antonius. 26) Cic. in toga cand. bei Asc. p. 78: alter (Antonius) pecore omni vendito et saltibus prope addictis pastores retinet, ex quibus ait se, cum velit, subito fugitivorum bellum excitaturum.

Ausser Catilina und Antonius waren für das J. 63 noch fünf 8 Bewerber um das Consulat aufgetreten 27), von denen der bedeutendste M. Tullius Cicero war. Ihn vor allen zu verdrängen hatten sich jene beiden verbunden und dabei beschlossen, kein erlaubtes und unerlaubtes Mittel der Bewerbung unversucht zu lassen. So schlecht auch ihr Ruf war 28), so günstig standen doch ihre Aussichten, da auch Caesar und Crassus ihre Bewerbung gegen Cicero unterstützten. Dagegen hatte dieser nur schwache Hoffnung eines Siegs. Denn wie grossen Ruhm er sich auch als Redner und Sachwalter erworben hatte, wie sehr er von der Liebe des Volks, um dessen Gunst er bisher mit allem Eifer gebuhlt hatte, getragen wurde, wie hoch auch sein Charakter trotz mancher Schwächen aus dem sittlichen Schlamme seiner Zeit hervorragte, so sah doch die Partei der Optimaten scheel auf ihn als einen homo novus 29) und hatte auch frühere bittere Angriffe gegen ihre Standesgenossen nicht vergessen; ausserdem hegte sie die Besorgniss, dass er auch ferner im demokratischen Interesse wirken und den ehrgeizigen Absichten des Pompeius dienen werde. Da je- 9 doch die Wahlumtriebe des Antonius und Catilina alle gesetzlichen Grenzen überschritten, beschloss der Senat durch eine Verschärfung der lex Calpurnia de ambitu dem wüsten Treiben ein Ziel zu setzen, aber dagegen erhob der Volkstribun Q. Mucius Orestinus Einsprache. Diese gab dem Cicero Gelegenheit wenige Tage vor den Comitien die frechen Wahlumtriebe und offenen Bestechungen des Catilina und Antonius in einer kräftigen Rede3) (oratio in toga candida habita) vor dem Senat zu enthüllen und auf die noch gefährlichern Gegner, die im Hintergrunde standen, hinzudeuten. Diese Enthüllungen und die Rücksicht auf die der eigenen Sicherheit drohenden Gefahren brachen den Stolz der Optimaten, so dass sie ihre Stimmen für Cicero vereinigten. Mit ihm wurde Antonius gewählt, gegen den jedoch Catilina nur mit einer Minderheit von wenigen Stimmen unterlag 31).

27) Ihre Namen und Charakteristik bei Asconius p. 72. 28) or. in toga cand. p. 79: te vero, Catilina, consulatum sperare aut cogitare non prodigium atque portentum est? 29) Sall. 23.

30) Asc. Argum. p. 74: causa orationis huius modi in senatu habendae Ciceroni fuit, quod, cum in dies licentia ambitus augeretur propter praecipuam Catilinae et Antonii audaciam, censuerat senatus ut lex ambitus aucta etiam cum poena ferretur; eique rei Q. Mucius Orestinus tribunus pl. intercesserat. Tum Cicero, graviter senatu intercessionem ferente, surrexit atque in coitionem Catilinae et Antonii invectus est ante dies comitiorum paucos. Von der Rede selbst haben sich leider nur Bruchstücke erhalten, die Asconius bei Gelegenheit seines Commentars anführt. 31) Asc. p. 84 Cicero consul omnium consensu

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Um dieselbe Zeit waren mehrere Vollstrecker der Sullanischen Proscriptionen vor dem Untersuchungsrichter C. Julius Caesar verurtheilt worden, wiewohl die lex Cornelia inter sicarios ausdrücklich die Vollzieher der Achterklärungen ausgenommen hatte. Auch Catilina wurde wenige Monate nach den ConsularComitien wegen seiner damaligen Mordthaten von L. Lucceius belangt, aber trotz der offenbarsten Schuld freigesprochen 32).

Durch diese neue Anfechtung, besonders aber durch die wiederum vereitelte Hoffnung auf das Consulat erbittert und gedrängt durch seine immer tiefere Verschuldung fasste jetzt Catilina den Plan seine ehrgeizigen Absichten und eine neue Bewerbung um das Consulat nöthigenfalls auf dem Wege einer socialen Revolution durchzusetzen. Die äussere Lage des Staats schien einem solchen Unternehmen einen möglichen Erfolg zu versprechen, hätte sein Schöpfer nur einen Funken von geistiger Grösse in sich getragen. Nirgends stand in Italien ein Heer; Pompeius kämpfte im fernen Orient; der Senat schlaff und ohnmächtig, überall äussere Sicherheit und Ruhe3), während im Innern durch das Missverhältniss der Stände, durch die rasende Genufssucht und tiefe sittliche Verkommenheit in allen Classen der Gesellschaft, durch den täglich sich mehrenden Zusammenfluss von Gesindel aller Art in der Hauptstadt, durch die schweren Wunden, welche die Sullanische Schreckenszeit dem Wohlstand, Gewerbfleiss und Eigenthum geschlagen hatte, eine ungeheure Masse von Zündstoff 12 angesammelt war. Bei solcher Lage der öffentlichen Verhältnisse fand sich leicht ein zahlreicher Anhang 34) zu einer Verschwörung, die bald ihre Netze über ganz Italien ausbreitete. Ihren weiteren Kreis bildete die üppige Jugend, Besitzlose, Wüstlinge und Verbrecher aller Art, die Veteranen des Sulla, die nach Vergeudung ihrer schnell erworbenen Reichthümer nach neuer Beute sich sehnten, die grosse Menge der durch die Militärcolonien von Haus und Hof vertriebenen, endlich das gefährlichste Element, der nach Raub und Mord lüsterne Pöbel der Hauptstadt. Der engere Kreis bestand aus den verderbtesten Mitgliedern der römischen Aristokratie 35), welche Herrschsucht, Lüderlichkeit und Verschuldung

factus est: Antonius pauculis centuriis Catilinam superavit, cum ei propter patris nomen (s. Anm. 25) paulo speciosior manus suffragata esset quam Catilinae. 32) Dio 37, 10. Ascon. p. 81; vgl. Mommsen R. G. III, 180 (3). 33) aus Sallustius c. 16. 34) or. II, c. 8 ff. 35) Das einzelne bei Sall. 17. Florus sagt II, 12 in seinem rhetorischen Bombast: ipse (Catilina) patricius: sed hoc minus est: Curii, Porcii, Sullae, Cethegi, Autronii, Varguntei atque Longini, quae familiae!

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