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verwertet1. Müllenhof bestreitet dies allerdings. Die Tatsache, daß die bedeutendsten hellenisch schreibenden Astronomen Heron, Hipparch, Ptolemäus gerade auf ägyptischem Boden lebten und wirkten, wird gewiß kein Zufall gewesen sein. Die Astronomie löste immer bei den Orientalen Respekt aus. Auch die alten talmudischen Lehrer achteten unter allen naturalen Wissenszweigen in der Hauptsache einzig und allein die Astro-' nomie.,,Der gestirnte Himmel über mir und der kategorische Imperativ in mir," die einen Kant in Staunen setzten, waren die wichtigsten Themen, die auch das talmudische Israel interessierten.

Die babylonische Astrologie wanderte ebenso nach Griechenland. Die griechischen Astrologen benützten die astrologischen Vorzeichensammlungen nebst Deutungen der baru-Priester. Dies ist eine Entdeckung, die wir Bezold und Boll verdanken. Jastrow stellte fest ein durch griechische Schriftsteller erwähntes Geburtsvorzeichen, das samt den von den Auguren gelieferten Deutungen an die assyrisch-babylonischen Sammlungen erinnert. Die babylonische Astrologie hatte bedeutende Ausstrahlungsweite, sie ging wahrscheinlich bis China, wo astrologische Ähnlichkeiten mit Babylonien bestehen sollen. Es wird von manchen selbst der Anfang der chinesischen Schrift aus der Keilschrift hergeleitet, so Terrien de la Couperie in seinem Buche,,Western origin of early Chinese Civilisation“.

In der Mathematik hören wir allerdings bloß von einer ägyptischen Lehrmeisterschaft und Überlegenheit. Aristoteles selbst berichtet, daß die Ägypter in der Mathematik Lehrer der Griechen waren. Mathematische altägyptische Papyri, die den Namen Eisenlohrs wie auch Ahmes', aus dem 2. vorchr. Jahrtausend tragen, wurden in der Neuzeit mehrfach gefunden. Es kann sein, daß auch hier die Phönizier als Übermittler wirkten. Die Phönizier waren zum Teil auch Träger des ägyptischen Geisteswesens. Die Bibel klassifiziert die Kananäer (= Phönizier) als Hamiten. Auf den ägyptischen Grabes bildern aus der Zeit Pharao Dechutmes III., ca. 1600 v. Chr., erscheinen die Semiten im allgemeinen gelb, dagegen sowohl Phönizier wie Ägypter

1

Létronne: Recherches sur les fragments d'Heron d'Alexandrie. Paris 1851. 2 Jastrow II, 939-1

a Ib. II, 746.

Aristoteles: Metaph. I cf. Zeller: Abriss der gr. Philos. 6118, Leipzig 1911.

rotgemalt. Zwischen Ägypten und Byblus gab es seit jeher einen regen kultischen Verkehr. Von ägyptischen Gesängen, die die Phönizier auf Cypern sangen, berichtet Herodot (II, 79).

Es hat die größte Wahrscheinlichkeit, daß es auch Assyrien war, und das gewiß im Wege über die phönizischen Seefahrer welches den Griechen Elemente der Rechenkunde bzw. Meßkunst lieferte. Der Kreis bekam bei den Griechen nach assyrischem Muster und der dort praktizierten Sexagesimalzählung, 360 Grad, ebenso die Stunde 60 Minuten.

Schließlich können die beiden Zentren der ältesten Kultur der weißen Rasse nicht voneinander mit Messerschärfe geschieden werden. Hommel vertritt die Ansicht, daß „die ägyptische Kultur in ihren wichtigeren Erscheinungen eine gewisse Abhängigkeit von der babylonischen zeigt", so sollen selbst nach Hommel die ägyptischen Pyramiden, die sonst keinen Sinn abgeben, bloß Nachbildungen des altbabylonischen Stufentempels sein.

B. Die Syrer und das Griechentum.

Nicht minder war die Einwirkung der mit den Europäern in Berührung gekommenen Syrer fruchtbringend.

Zu jener Zeit, als die Produktionskraft des hellenischen Geistes erschlafft daniederlag, da waren es Männer aus Syrien, die das Banner des griechischen Genius hochhoben und der hellenischen Literatur einen neuen Lenz bereiteten. Der „geistreichste und formgewandteste Schriftsteller der Kaiserzeit", der in einer Epoche,,,in der das Interesse für Verse abgestorben war, mit seinen Dialogen und Satiren die Jamben und Perioden der klassischen Periode ersetzte", war Lukian, der aus Samosata stammte, der Hauptstadt der syrischen Landschaft Kommagene, und richtiger, bodenständiger Syrer war, der Griechisch nicht als Muttersprache erlernte, der es in der Schule erst erwarb. Der hervorragende griechische Stoiker Poseidonios stammte aus Apamea in Cölesyrien. Cicero nennt ihn omnium maximus Stoicorum. Auf Poseidonios soll der zweite Hauptabschnitt des ersten Buches De Natura Deorum von Cicero zurückgehen, ebenso gilt das ganze zweite Buch des Ciceronianischen genannten Werkes als dem Poseidonios entlehnt.

1 Hommel: Vorsemitische Kulturen 13.

• Wilhelm Christ: Geschichte der griech. Literatur 613, München 1890.

Ein Syrer aus Chalcis in Cölesyrien war auch der bedeutende neoplatonische Denker Jamblichos, dessen integraler Semitismus selbst im unverändert gebliebenen semitischen Eigennamen sich kundgibt.

Weniger bedeutende syrische Persönlichkeiten innerhalb des Kulturkreises des Hellenismus waren die Stoiker Diogenes und Appolodor aus Seleucia, die Epikuräer Mithras und Pompilios 'Andronikos, der Neupythagoräer Neumenios aus Apamea, der unmittelbare Vorgänger des Neoplatonismus 1. Die Schöpfer des griechischen Romans, wie auch die größten Vertreter dieser Literaturgattung, die zuerst in der Spätantike erscheint, waren zumeist Semiten, Jamblichos, der Syrer, und Heliodotos aus Emesa. Der Zusammenschluß der im Orient angesiedelten Griechen mit den gräcisierten Orientalen war ein derartig harmonischer, daß der neuere Philologe keinen Unterschied bemerkt, wie Zeller richtig feststellt, zwischen Autoren orientalischen, semitischen Ursprungs und solchen, die als Kolonistenstämmlinge im Orient das Tageslicht erblickten, und wieder andern, die als echte Hellenen unter dem Himmel Europas geboren wurden: alle stellen denselben geistigen Typus dar. Die europäisch-hellenischen Kolonisten im semitischen Vorderasien, im arischen Parthien oder im hamitischen Ägypten, wurden mit der Zeit sämtlich zu richtigen Orientalen, ohne jede Dissonanz, wie die Alten selber dies bereits konstatierten (Macedones qui Alexandriam in Ägypto, qui Seleuciam ac Babyloniam, quique alias sparsas per orbem terrarum colonias habent, in Syros, Parthos, Ägyptos degeneraverunt).

Der entstehenden christlichen Kirche lieferte das Syrertum eine Reihe bedeutender griechischer Autoren, so waren Justinos Martyr aus der samaritanischen Stadt Neapolis, Tatianos aus Assyrien, Eusebios aus Palästina, wie auch Joannes Chrysostomos aus Antiochien zweifellos Syrer alten Geschlechts. Die gnostische Mystik nahm ihren Ursprung ebenso in Syrien, wo Markion geboren wurde und auch wirkte. Philosophierender altchristlicher Autor aus Syrien war Nemesios aus Emesa, dessen Schrift,,Über die Natur des Menschen" einst im Mittelalter viel gelesen wurde. Aenäas, der Verfasser des besten philosophischen Werkes des untergehenden Altertums, stammte aus Gaza.

1 Zeller: Geschichte der griech. Philos. III, B 194.

Pol. XVI, 22,5 Livius 38, 17.

3 Christ 749.

Die Poesie des mittelalterlichen Hellenentums, die in bedeutendem Maße an die Psalmen sich lehnte, hat ihre ersten nachweisbaren Anfänge in Syrien. Eines der ältesten Dokumente griechisch-christlicher Dichtung ist ein griechischer Psalm der Naassener in freien melodischen Rhytmen, der durch Hippolitos (Philos. 45) sich erhielt und in poetischer Sprache die Mysterien der Gnosis von dem unsteten Wandel der Seele besingt1. Die auf den Ruinen der Antike, unter der Herrschaft der rhomäischen Kaiser, aufgeblühte byzantinisch-christliche Literatur befand sich im großen und ganzen am Gängelbande der Syrer. Das einmal erschöpfte ethnische Hellenentum konnte sich nimmermehr aufraffen, und die Mitglieder jener „Rasse“, die einst die Pfeiler des alten Hellenentums schuf, mußten den entkräfteten Epigonen gegenüber die Prozedur der Urzeit wiederholen. Der größte Hymnendichter mittelgriechischen Schrifttums war Romanos, der Melode (ca. 500), der aus Syrien stammte. Aus demselben semitischen Gebiete rekrutierten sich auch die byzantinischen Historiker: Prokopios aus Cäsarea, Joannes aus Epiphaneia, Euagrios Scholastikos, Joannes Malalas, dessen Beiname im Syrischen Sprechen bedeutet, wie auch Joannes aus Antiochien. Als Grammatiker ragte auch Joannes Philipponos, der aus Cäsarea stammte, hervor. Ein Vorläufer der Scholastik war Anastasias, ein gebürtiger Palästinenser, der in der Provinz Syrien wirkte. Die Provinz Syrien hatte an der byzantinischen Literatur,,einen das Verhältnis der Einwohnerzahl weit überragenden Anteil".

Auch in künstlerischer Beziehung war das Syrertum für das erschöpfte Griechentum maßgebend. Jene christliche Kunst, die mit Konstantin dem Großen beginnt, war keine Neuschöpfung, sondern die Verwendung der vorhandenen syrischen in weiteren Kreisen.,,Mit der welterobernden Macht des Christentums wandern die Formgedanken von Syrien aus, in die Mittelmeerländer hinaus." Von Syrien nahm diese Kunst den Weg in die Weite. Der ganze Westen wurde von ihr abhängig. So wurde die syrisch--alexandrinische Kunst die eigentliche Nachfolgerin der hellenischen Weltkunst, und fast noch in höherem Maße als jene3.

1 Christ 755.

• Scala in Helmolt: Weltgeschichte V, 53.

Gurlitt: Geschichte der Kunst I, 327. Stuttgart 1902.

Die Syrer betätigten sich auch technisch während der byzantinischen Periode. Das sogenannte griechische Feuer war eine syrische Erfindung, die von Kallinikos aus Heliopolis in Coelosyrien, der zur Zeit des Kaisers Konstantinos Pognatos lebte, herrührte.

Die Syrer fühlten sich mit dem griechischen Kulturwesen, an dessen Gestaltung das Semitentum derart beteiligt war, solchermaßen eins, daß sie auch Völkern jenseits der Ökumene griechische Kulturelemente übermittelten. Khosru, der Perserkönig, der Vertreter unchristlichen Religionswesens auf dem Throne noch im 6. nachchristlichen Jahrhundert, der die letzten heidnisch-griechischen Philosophen, als die platonische Schule in Athen geschlossen wurde, bei sich aufnahm - ließ sich syrische Übersetzungen aristotelischer und platonischer Werke anschaffen. Ein für ihn verfaßter Abriß der aristotelischen Logik in syrischer Sprache ist noch vorhanden1. Die Syrer waren es, die den Arabern, als sie aus ihrer Halbinsel nach der Verkündigung Muhammeds hervorbrachen, die Werke altgriechischer Weisheit durch Übersetzung zugänglich machten und derart als Brücke zwischen Aristoteles und der maurischen Geistesblüte dienten. Das entkräftete byzantinische Hellenentum als solches hatte an der mittelalterlichen Verwertung griechischen Denkens innerhalb des muslimischen Kulturkreises nicht den geringsten Anteil.

C. Der kleinasiatische Kultureinfluß zum Teil semitisch? Es ist möglich, daß auf das Konto des Semitentums auch ein großes Stück jenes Anteils, den die Bevölkerung Kleinasiens an der Entwicklung der hellenischen Kultur hatte, zu buchen sei. Es scheint, daß unter den Völkern des antiken Kleinasien es auch mehrere gab, deren Muttersprache eine semitische war.

Nicht alle Gelehrten sehen in der kleinasiatischen Bevölkerung eine von den Semiten und Ariern verschiedene armenoide Rasse wie Luschan oder glauben diese der pelasgischetruskischen Familie zuzuzählen. Lassen hielt die Karer, Lydier, Mysier, Kilikier, Solymer für Semiten, zum Unterschied von den Phrygiern, Bityniern, Paphlagoniern, Kappadoziern, die für

1 Zeller II, 2, 916.

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