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Formenreichtum der Zeitsubtilitäten über Bord geworfen. Ähnlich ist es auch im Hindustani im Vergleich zum Sanskrit.

Die Entwicklungslinie der Arier führt immer dorthin, wo die Semiten bereits frühzeitig sich festgesetzt haben. Die Semiten als Lehrer und Bahnbrecher und Beschleuniger dieser Evolution haben sich für die europäischen Völker immer überaus nützlich gezeigt.

ZWEITER TEIL E3E3E3E3

ZEHNTES KAPITEL.

Die Kultureigenart der Juden.

I.

Wenn alle anderen Begründungen versagen, dann muß der Judenhaß an der Art der Juden selber liegen, die in ihrer ganzen historischen Offenbarung eine Ausnahmephysiognomie besitzen. Die Juden sind ein exzeptionelles Volk der Weltgeschichte, ohne Parallele, und daher kann auch die Abneigung zu den Juden nicht auf einen allgemeinen Grundsatz zurückgeführt werden, meinen viele Gegner. Sie weisen darauf hin, daß die Juden durch alle Zeiten einen kulturgeschichtlichen Separatismus bekundeten, sich als Volk zeigten, das nimmer mit den sonstigen Völkern welche Kulturgemeinsamkeit haben wollte. Die Juden lebten Jahrtausende, ohne eine Verbindungsbrücke zwischen sich und den Einheimischen irgendwie finden zu wollen. Die Juden waren in Europa zu allen Zeiten immer anders als die Umgebung und immer von derselben geschieden: Sie trugen bis tief gegen Schluß des 18. Jahrhunderts in ganz Europa besondere eigene Trachten, lebten in besonderen Vierteln, genossen charakteristische eigentümlich zubereitete Speisen und weigerten sich, die Speisen von Nichtjuden anzurühren, hielten deren Wein für unrein, zählten nach einem eigenen Kalender, sprachen eigentümlich gestaltete Mundarten, die sie selber allenthalben aus den Landessprachen formten, schrieben diese mit eigenen Schriftzeichen, gaben ihrem Kunstempfinden in besonderen Nigunmelodien, Mizrach- und Grabsteinmalereien einen spezifischen Ausdruck, führten eigene, charakteristische Personen- und dann auch Familiennamen, richteten sich vor eigenen Richtern, schworen more judaico, lebten im geschlos

senen Konnubium, ohne sich mit den Autochthonen verehelichen zu wollen. Die Juden bildeten kurz durch viele Jahrhunderte einen exotischen Block in Europa und waren kulturell von ihren nachbarlichen Einheimischen unvergleichlich weiter entfernt als je eine territorial geschiedene Nation Mittel- und Westeuropas von einer anderen. Dieser Zustand des kulturellen Dahinlebens in einer um alle Welt sich nicht scherenden Autarkie dauert noch bis heute bei einem großen Teile der osteuropäischen Juden an.

Dieser Hinweis scheint oberflächlich auch begründet zu sein. Der Separatismus der Juden in jeder Kulturbeziehung ist tatsächlich auffällig und wurde bis nun von den landläufigen Gelehrten auch nicht hinreichend erklärt. Die gemeine Ansicht Lautet, die Absonderlichkeit der Juden sei ein Produkt der mittelalterlichen Entrechtung, sei eine Folge der gehässigen Intoleranz der Einheimischen, die die Juden in eigene Dunkelgassen pferchten und sie von aller Welt abschnitten. Theodore Reinach erklärt, die Verschiedenheit der Tracht, der Quartiere sei den Juden erst seit den Kreuzzügen aufgenötigt worden 1. Diese Anschauung ist durchwegs falsch. Weder die Kreuzzüge noch das Mittelalter tragen am jüdischen Kulturseparatismus Schuld. Die Juden waren in allen Äußerungen des Kulturlebens von aller Welt verschieden, lange bevor die Unduldsamkeit des Mittelalters sie drosselte, zu Parias herabdrückte und ihnen einen normalen Verkehr mit der Umwelt unmöglich machte. Der jüdische Separatismus wird bereits in der Bileamsage erwähnt, „ein Volk, das allein ruht und unter den Nationen nicht gezählt wird" 2. Zahlreiche Riten, die den Zweck des Separierens der Bekenner des Mosaismus von der Außenwelt haben, enthält bereits das Alte Testament. Der babylonische Heimkehrer Esra wollte mit dem biblischen Separatismus Ernst machen. Der jüdische Separatismus ist bereits der Grundton der Hamanklage im Buche Esther. In Jerusalem stand das erste ,,Ghetto", heißt es grundsätzlich nicht unrichtig bei dem sonst so irrlichternden, oberflächlichen Chamberlain 3.

Der Kulturseparatismus scheint mit dem Wesen und der

1 Theodore Reinach: Histoire des Israelites XII, Paris 1882.

Numeri 23, 9.

• Chamberlain: Die Grundlagen des 19. Jhs. 344.

Art des Judentums als solchen unbekümmert um äußere Schicksale verknüpft zu sein. — Die Juden waren in bezug auf die Tracht von den Andersgläubigen bereits in der Antike verschieden. Die Juden weigerten sich schon im Zeitalter der hellenistischen Zwangspropaganda des Polytheismus in Judäa die griechische Tracht zu rezipieren, wiesen den Versuch Antiochos Epiphanes', den bei den Hellenen üblichen Hut anzunehmen, zurück1. Im Zusammenhang mit dieser Aversion wird der bereits zeitlich vorangehende Bericht Artapans zu verstehen sein, daß ein Ägypterkönig Chenephas, um die Juden verächtlich zu machen, ihnen eine besondere Kleiderart aufnötigte. Die Juden Palästinas trugen nach dem Bericht Josephus' eine eigene Tracht3, doch sind in diesem Falle keine weiteren Konsequenzen zu ziehen, da bei den territorial von den Allophylen getrennten Palästina- Juden das in solchen Fällen überall selbstverständliche partikularistische Landesmoment für die Kleiderart in Betracht kommt.

Aus dem altrabbinischen Schrifttum ist zu entnehmen, daß für die Juden der späten Antike ein besonderer Überwurf (Talith) eigentümlich war wie für die Hellenen der Hut. Bei Verfolgungen erlaubten sich die Juden diesen Überwurf zu ändern, damit man sie nicht erkennt. Gelehrte hatten eine besondere Überwurfsform, dies veranlaßte sie auch „,tuchgehüllt“ ('atufe sadin) zu benennen. Dennoch scheint im Altertum die Tracht 'der Juden nicht überall auffällig gewesen zu sein. Dies ist zu entnehmen aus der talmudischen Erzählung von einem, der sich die Hände zum Essen nicht wusch und von dem Restaurateur für einen Nichtjuden gehalten wurde.

Im Perserreiche der Sassaniden der letzten Jahrhunderte des Altertums erkannte man die Juden äußerlich an der Farbe der Schuhriemen wie auch an den Schaufäden, an den Zizith

1 II. Makk. 4, 12.

• Freudenthal: Hellenist. Studien 45.

3 Josephus: Antt. XVIII, 3.

Midrasch Rabba Genesis XXXVI.

5 Ib. LXXV.

Baba Bathra 78a, Exodus Rabba I, 20.

Aboth d'rabbi Nathan XXV, Koheleth Rabba I, 20.

8 Chullin 105.

quasten, die an den Ecken der Überwürfe zu Boden herunterhingen 1.

Im Mittelalter betraf im 11. Jahrhundert in Ägypten ein Gesetz des Königs Hakim die Kleiderverschiedenheit der Juden. Im heutigen Südarabien, unter „,Stammesverwandten“ ansässig, kleiden sich die dortigen Juden anders als die Einheimischen. Derselbe Fall ist auch noch in der Gegenwart im fernen Indien dies- und jenseits des Ganges. Die Bne Israel bei Bombay wie die Juden in Cochin tragen andere Kleider als die dortigen Hindus und Muslims 5.

4

In Europa wurde die alte Partikulartracht der Juden Palästinas, die Talith, bloß als Gebetmantel für die Synagoge beibehalten, doch nichtsdestoweniger erfolgte keine Angleichung hinsichtlich der Tracht. Noch lange vor dem Schwarzen Tod wichen Juden und Christen in diesem nordwestlichen Weltteil hinsichtlich der Kleider voneinander ab. Als Süßkind von Trimberg den Beschluß faßte, nicht mehr zu dichten und nach alter Judenart zu leben, bemerkte er, er wolle nun einen langen Mantel und einen Bart tragen. Aus einer unbeabsichtigten Bemerkung bei R. Juda Hechasid entnehmen wir, daß es selbstverständlich im 13. Jahrhundert war, Jüdinnen kleiden sich im damaligen Westdeutschland-Frankreich anders als Christinnen, nur für den Fall von Verfolgungen gestatteten die Rabbinnen bei Reisen des Anlegen einer nichtjüdischen Tracht'. Der große Kodifikator des jüdischen Ritus, Moses Maimonides, ein Kind des kulturreichen, maurischen Spanien, nahm in seinen Kodex als eine die Juden verpflichtende Norm die Bestimmung auf, daß die Kleidung der Juden von der der Nichtjuden verschieden sein muß. Im anonymen Ritualbuche „Kolbo" aus dem 14. Jahrhundert heißt es, man dürfe in den Gesetzen der Nichtjuden nicht wandeln und ihre Kleider annehmen (§ 9, 7).

1 Thaanith 26.

2 Wolff: Die Religion der Drusen 235.

4

Jakob Saphir: Eben Sappir 58b.

Jüdisches Familienblatt, Magdeburg 1889, No. 19, S. 69.

G. Oppert in Semitic Studies in memory of Al. Kohut 400.

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