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gegen judaisierende Römer eine Satire zu schreiben1. Dion Kassios erklärte, daß der Name Jude nicht nur Personen dieses Stammes, aber auch Fremde, die deren Gesetze annahmen, bezeichnet 2.

Von einzelnen Bekehrungen hören wir in der Antike auch nach Titus' Sieg, so von einem Domnius, an den der Bischof Serapion von Antiochien, wahrscheinlich zur Zeit Septimius Severus', einen Brief richtete, „,wir vernahmen auch von Christen, die zur Zeit der dacischen Verfolgung in Smyrna sich judaisieren ließen" 3.

In den ersten Jahrhunderten des Mittelalters gab es im arischen Phrygien eine judaisierende Sekte der Athinganen. Aus jener Gegend stammte auch der byzantinische Kaiser Michael II. (820-829), dem von Theophanes der Vorwurf judaisierender Neigungen gemacht wurde. Paar Jahrzehnte später hatte die Werbung für das Judentum in Bulgarien so manchen Erfolg, wie aus dem Briefe des Papstes Nikolaus an den Bulgarenkönig hervorgeht.

Judaisierungstendenzen bestanden in Gallien recht hartnäckig und lange im frühen Mittelalter. Zahlreiche Konzilbeschlüsse, so von Orleans (541), von Maçon (581), von Reims (624), suchten die Bekehrungen von Sklaven zum Judentum zu unterdrücken. Im 9. Jahrhundert mehrten sich wieder judaisierende Gallier-Franzosen, die sich zu einer halbjüdischen Sekte formten, von denen dann Rabanus Maurus schrieb:

hoc modo utroque pede claudicantes, nec veri Christiani, nec in toto Judaei, sed potius natorum Christianorum atque Judaeorum deteriores." (Liber de variis quaestionibus adversus Judaeos seu ceteros infidiles vel plerosque haereticos judaizantes.) Etwas später klagt (wie bereits oben an einer andern Stelle angeführt wurde) der fränkische Bischof Agobard, daß unerfahrene Christen behaupten, die Juden predigen besser als unsere Priester. Zur selben Zeit bekehrte sich ein fränkischer Diakonus, der Alemanne Bodo, zum Judentum.

In Illyrien gab es, wie aus dem jüdischen Geschichtsbuch

1 Juvenalis: Satirae.

2 Dio Cassius: Hist. Romana XXXIII, 18.

3 H. Achelis: Das Christentum in den ersten drei Jahrh. I, 281. Leipzig 1912. Vgl. G. Caro: Ein jüdischer Proselyt auf dem Thron von Byzanz in Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums LIII, 577.

Josippon zu entnehmen ist, einen Stamm jüdischen Glaubens irgendwo im 8., 9. Jahrhundert.

Im 12. Jahrhundert traf am westlichen Balkan der Weltreisende Benjamin von Tudela bei den Makedowalachen jüdische Sympathien an.

In Deutschland war der Anhang einzelner Bevölkerungsteile an das Judentum im 13. Jahrhundert derart, daß Papst Gregor IX. sich veranlaßt sah, die deutsche Geistlichkeit darauf aufmerksam zu machen, daß,,Personen, die dem Namen nach Christen waren, sich zu den Juden begaben, nach ihrem Ritus sich beschneiden ließen und sich nun öffentlich als Juden bekennen". Gegen die Bekehrung von Christen zum Judentum nahm das Wiener Konzil vom Jahre 1267 unter Vorsitz des pästlichen Legaten Guido Stellung (Nec praesumant de fide catholica cum simplicibus disputare... Nec Christi anos ad Judaismum alliciant aut aliquo ausu temerario circumcidant).

Im Jahre 1288 äußerte Papst Nikolaus VII in einer Bulle seine Unzufriedenheit darüber, daß zahlreiche Christen die Wahrheit des christlichen Glaubens verleugnen und zum jüdischen Ritus übergehen (quam plurimi Christiani veritatem Catholicae fidei abnegantes, se damnalibiter ad ritum Judae. orum transtulerunt) 1.

In Frankreich gab es im 13. Jahrhundert unter den Albigensern eine Sekte, die behauptete, das Judengesetz wäre besser als das christliche (dicunt quod lex Judaeorum melior est quam lex Christianorum)".

Die Reformationsbewegung zeitigte in den verschiedensten Ländern der europäischen Arier judaisierende Sekten, so entwickelte sich unter den Hussiten eine Sekte von Abrahamiten, die nur den Glauben Abrahams vor seiner Beschneidung haben wollte. In Deutschland gab es im 16. Jahrhundert wiederholt unter den Protestanten judaisierende Gruppen. In England beschlossen im Jahre 1545 die Quäker zu Colcester, den jüdischen Sabbat zu feiern. Im Jahre 1661 entstand dort eine Sekte von Christen-Juden, die nach dem Alten Testament lebten.

Ripoll: Bullarium ord. fratr. Praed. I, 489, 517.
Vaisette: Histoire de Languedoc III, 378.

Wolfsgruber: Kirchengeschichte Österreichs 53.

Schudt: Jüdische Merkwürdigkeiten I, 523, 538, Frankfurt und Leipzig.

Aus der arianischen Sekte der Protestanten entwickelte sich im 16. Jahrhundert in Litauen (Wilna) und Reußen eine Religionsgruppe von Halbjuden (Semijudaei, Judaizantes), die Christum als Gott verwarfen, sich beschneiden ließen, Schweinefleisch mieden. Ihr Anführer war Szymon Budny. Litauische Adlige und selbst ein litauischer Magnat unterwarfen sich damals der Circumcision 1.

In Rußland gab es, unabhängig vom Abendland, noch etwas vor den Reformationsjudaisierungen, eine Bewegung zum Mosaismus. Diese fing früh im 15. Jahrhundert in Kiew an, kam 1470 nach Groß- Nowogrod und gelangte von dort nach Moskau, wo sie Anhänger und Verteidiger selbst am Fürstenhof und in dem erzbischöflichen Kapitel fand. Judaisierungstendenzen bestehen in Rußland in einzelnen Gouvernements bis heute, wo es sabbatheiligende Kosaken (Subotniki), wie auch ganze Proselytendörfer gibt. Deren Statistik kennt kein Mensch. Sachkundige schätzen die Proselyten-Halbjuden im Inneren Rußlands in die Hundertetausende.

Auch das neueste Deutschland entbehrt nicht eine judaisierende Bewegung in der, wenn auch nicht zahlreichen, aber charakteristischen Sekte der Adventisten, die den Sabbat beobachten und auch sonst auf eine buchstäbliche Befolgung der mosaischen Vorschriften drängen. Gleichzeitig lassen sie aber auch nicht von Christo, also Judaeochristiani, aber in umgekehrter Richtung.

Die jüdische Glaubenspropaganda hatte im Mittelalter auch bei nichtarischen Europäern Erfolg, so am Ostrand an der Wolga, bei den Chasaren und Chalisen. In Siebenbürgen entstand im 17. Jahrhundert im Anschluß an die judaisierenden Arianer Polens eine ernste Judaisierungsbewegung, die jedoch dann von den christlichen Behörden scharf unterdrückt wurde. Reste dieser Sekte erhielten sich bis auf die Neuzeit, wo sie nach Kundmachung der Gleichberechtigung der Juden im Jahre 1867 offen zum Judentum übergingen und sich den geschichtlichen Juden anschlossen 2.

1 Brückner: Różnowiercy 156.

Samuel Kohn: Die Sabbatharier in Siebenbürgen, Budapest 1894.

EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

Warum wollten die Juden keine Christen

werden?

A. Die christliche Ethik.

I.

Wenn gegen die Annahme der christlichen Religion durch das geschichtliche Volksganze der Juden kein Rassenimpedimentum vorlag, was ist denn der Grund, daß sich das Judentum als Kollektivität gegen die Lehre des Heilands wehrte, sie zurückwies, während doch das ganze griechisch-römische Abendland, das ganze Kultureuropa in ihr das Heil und die religiöse Vollkommenheit und den Höhepunkt der Seelenveredelung sah. Waren vielleicht die Juden als historische Gemeinschaft für die hehren Thesen der Bergpredigt ethisch inferior, um sich zu diesen zu bekennen? Welche sachlichen Motive konnten für das jüdische Volk, oder wie man dessen Art bezeichnen mag, maßgebend gewesen sein, um den für die Mehrzahl der Völker der weißen Rasse und auch jenseits deren Grenzpfähle geeigneten Glauben an den Märtyrer von Golgatha zugunsten der mosaischen Gesetzgebung und des Talmud abzulehnen? Wäre eine religiöse Vereinigung der Juden mit der christlichen Welt, wodurch die Leiden Israels aus dem irdischen Jammertale geschafft worden wären, kein Glück für den ewigen Wanderer wie für das ganze Menschengeschlecht gewesen? Ist es vielleicht richtig, was so manche behaupten, die Juden hätten für eine höhere Ethik keinen Sinn, sie leben sich in einem Buchstabenglauben aus, sie gehen im egoistischen,

diesseitigen Genießen auf, Haß und Rache gegen andere sei der Nerv ihres Glaubens?

Über den ethischen Gegensatz zwischen Judentum und Christentum wird von nicht wenigen, auch ernsten Forschern herumgeredet. Strauß meint in seinem Leben Jesu, daß die enge Ethik des Judentums nicht einmal durch die Propheten erweitert worden wäre und Jesus seine Ansichten nicht aus dem Alten Testament schöpfte1. Desgleichen erklärte Renan Jesum für den Begründer der höchsten Ethik, die je die Menschheit sah, so im 7. Kapitel seines Lebens Jesu. Ähnliche Ansichten finden wir auch bei Nichttheologen. Mill erstaunte, als man ihm den Grundsatz der Nächstenliebe im Alten Testament nachwies. Der Anarchist Stirner betont im 6. Kapitel seines,,Der Einzige und sein Eigentum" die gedankliche Überlegenheit des Christentums über das Judentum. Der Naturforscher Häckel meinte, die Ethik Jesu konnte unmöglich das Werk eines Semiten gewesen sein.

Zur Ehre der Wahrheit sei hier folgendes ausgeführt:

Nicht in der Ethik der Bergpredigt liegt der Schwerpunkt des Christentums, nicht einmal dessen der Urzeit. Der älteste Evangelist Marcus erwähnt von der ganzen Bergpredigt nur einige Sätze. Der Völkerapostel, der philosophierende Johannes, weiß von ihr überhaupt nichts. Ausführlich kennt sie bloß das jüdischste, ursprünglich nachweisbar in hebräischer oder aramäischer Sprache verfaßte Matthäusevangelium, wie auch Lucas. Der Heidenapostel Paulus, der tüchtigste Kopf des ältesten Christentums, schweigt sich in allen seinen Briefen über die Bergpredigt vollständig aus und gedenkt der Ethik überhaupt sehr spärlich. Der Nachdruck liegt bei ihm auf dem christologischen Heilsgedanken. Auch in den Missionsberichten der Apostelakten ist in den Predigten der urchristlichen Verkünder von ethischen Grundsätzen wenig die Rede.

Dieses Bagatellisieren der ethischen Forderungen bei den meisten urchristlichen Autoren hat bei so manchem neueren christlichen Forscher Befremden erregt. Seit das religiöse Christentum bei den meisten gebildeten Christen der Neuzeit seine Kraft einbüßte, bildeten sich viele ein, das eigentliche Christentum wäre Ethik, und es genügt, zu den ethischen Grund1 Strauß: Das Leben Jesu 206.

2 Ernst Häckel: Die Welträtsel.

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