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zerstört, Priester über die Klinge springen lassen. Wo war in diesen Ländern des fernen Ostens und Südens die jüdische Exklusivität beispieldienend?

Die Japaner haben nie von Christen am eigenen Leibe die Qualen der Intoleranz des Monotheismus verspürt, und doch haben sie im 17. Jahrhundert eine Unduldsamkeit gegen den Glauben Jesu in Szene gesetzt, die ihresgleichen auch im katholischen Abendland sucht.

Welches Paradigma hatten die Chinesen in ihren zahlreichen Exzessen gegen die Christen im Laufe des 19. Jahrhunderts?

Religionskriege soll es bereits im alten indianischen Amerika gegeben haben. Der Inca Pachalutse, heißt es, führte Feldzüge gegen die Indianer von Xauxa und soll sie gewaltsam zum Sonnendienst genötigt haben.

Aus religiöser Intoleranz ergibt sich schon die doppelte Ethik der Naturvölker. Ethische Vergehen, Diebstähle, gelten bei Stämmen, die sonst ehrlich sind, Fremden gegenüber als erlaubt1, wahrscheinlich, weil jene Schützlinge fremder, feindlicher Götter sind.

Die Unduldsamkeit, der Bekehrungseifer, der Vernichtungswille Andersgläubiger, der gesellschaftliche Boykott, die Ausweisung von Anhängern fremder Kultur bestand im Heidentum lange noch, bevor der jüdische Gottesgedanke in christlichem Gewand mit seinem absoluten Bekenntnis seinen Triumphgang durch die Welt begann, wütete auch in Ländern, wo die Siegestrophäen der Bibel nie aufgepflanzt wurden.

Der Haß Andersgläubiger, der schreckliche Grundsatz societas religionaria societati religionariae lupus, hat in seinem Wesen nichts Ausschließliches mit dem Gotte zu schaffen, der keine Götterkollegen neben sich haben will. Das Judentum litt nicht als Opfer seiner eigenen Doktrin als solcher, kostete nicht seine Verfolgungen als Folgen seines monotheistischen Lehrsatzes der Exklusivität aus.

Die Anschauung von der größeren Toleranz des Heidentums ist ein irriger Schluß aus der Tatsache, daß polytheistische Religionen für Mischungen, für Synkretismen mit fremden Glaubenssystemen oft viel eher geneigt sind als der geschlossene,

1 M. Kubisch: Der Dualismus der Ethik bei primitiven Völkern in Zeitschrift für Ethnogr. XVII, 205 ff.

ausgebaute Monotheismus. Das spätantike Heidentum war so ein mixtum compositum verschiedener Religionen. Aber das war Verfallszeit. So ist es auch im noch polytheistischen asiatischen fernen Osten der Gegenwart. Der moderne Chinese ist gleichzeitig Konfutseaner, Taoist und Buddhist. Ebenso verbindet der Japaner schintoistischen Ahnenglauben mit dem Buddhismus. Dies ist jedoch nicht mehr ursprüngliches naturfrisches Heidentum: Die finnischen Völkerschaften des Nordens verehren Gottheiten, die nicht neidisch sind und nicht beanspruchen, daß man ihnen allein diene, und jedenfalls kann es denen nicht schaden, die sich unter den Schutz einer andern mächtigen Gottheit begeben1. Aber das sind degenerierte, verkommene Stämme.

Jedes gesunde ursprüngliche, auch heidnische Volk wahrt mit Eifersucht seinen religiösen Besitzstand und sucht denselben auch oft auszudehnen. Doch da es hier keinen numerus clausus aus Rücksicht auf die zuerkannte Vielheit der Götter geben kann, ist eine Aufnahme fremder religiöser Vorstellungen in plus in manchen Zeiten nicht ausgeschlossen. Auf die Frage, die Lafcadio Hearn an einen Japaner richtete, ob es einen Schneegott gibt, antwortete derselbe:,,Ich weiß es nicht; es gibt viele Götter, die ich nicht kenne, und niemand kann die Namen aller Götter kennen "."

Doch die synkretistische Duldung in plus involviert nicht eine Toleranz gegen den Glauben in minus. Geleugnet darf nichts von der einheimischen Religion werden. Die Asebeia, die Unfrömmigkeit, der Atheismus war ein schweres Verbrechen im alten Hellas. Unter Hinblick auf das Heidentum frug auch der jüdische Prophet Jeremias schon:,,Hat je ein Volk seinen Gott gewechselt 3." Auch der synkretistische Chinese der Gegenwart gerät aus seinem Gleichgewicht, wenn die Zuverlässigkeit seiner ererbten Glaubensmeinungen angetastet wird. Weniger darf nicht geglaubt werden. Das Mehr bloß hat bei ihm keine Grenzen. Der Chinese würde sich auch das Christentum gefallenn lassen, wenn es sich damit begnügte, eine Religion neben einer andern zu sein. Auch in der synkretistischen

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Spätantike wäre es den Christen ganz anders ergangen, wenn sie sich mit der Rolle Jesu zufriedengestellt hätten, die ihm in seinem Pantheon neben andern Göttern und Heroen Alexander Severus zuteilte. Der neuzeitliche Finne hat nichts dagegen, Nikolaus den Wundertätigen zu verehren, aber seine eigenen Gottheiten, die muß er zuerst anbeten1.

Synkretistische Versuche gab es auch trotz ihrer Geschlossenheit bei den monotheistischen Religionen. So ist der chinesische und malaiische Islam zum großen Teile mit fremden Elementen versetzt. Der lamaische Buddhismus ist ein mit christlichen Bestandteilen stark versetzter Glaube des Gautama oder besser ein buddhisierter Christianismus. Der Mongolenherrscher Kubilai Khan, der das Christentum begünstigte, anerkannte die Gleichwertigkeit aller fünf Religionen, was er mit der gleichen Nützlichkeit und Notwendigkeit aller fünf Finger der Hand demonstrierte. Eine Verbindung des Islam mit dem Brahmanismus war die Idee des Indienkaisers Akbar, fand jedoch keinen Widerhall. In neuer Zeit waren es zwei Hindus Brahmo Somadsch und Prarthano Somadsch, die eine Sekte gründeten, deren Grundgedanke war die Verschmelzung des Christentums mit dem Islam. Von einer höheren Warte aus beurteilt, ist auch das sacerdotale Christentum eine Mischbildung mit dem antiken Heidentum, das sich das jesuanisch-paulinische Judentum gefallen ließ. Eine synkretistische auf eine Gleichsetzung losgehende Mischung mehrerer Religionen stellte auch der antike Manichäismus dar. Hier wurde Zarodas (Zarathustra), Budas (Budda), Christus und Manichäos für eine und dieselbe Person erklärt.

1 Wallace: Rußland 170.

Baur: Geschichte der christlichen Genosis 437.

DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL.

Die Juden und ihre Leiden.

Die Juden waren seit jeher über die religiösen Motive des sie verfolgenden Hasses und Hasses und der ständigen Unterdrückungen im klaren.

Die Anklage Hamans, die in einer der jüngsten Schriften des Alten Testamentes sich findet, lautet deutlich von den Juden: Ihre (Religions-) Gesetze sind von denen anderer Völker verschieden und die Gesetze des Königs beobachten sie nicht".

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Der dritte Gesang der Sibylle enthält den Passus: „Jegliches Land wird voll von dir sein und jegliches Meer; jedermann wird sich an deinen Sitten stoßen."

Im 3. Buche der Makkabäer heißt es, daß,,die Juden den Heiden als Feinde erscheinen, weil sie Gott fürchteten, in seinen Wegen wandelten und sich von den Fremden hinsichtlich der Speisen trennten 3".

Im altrabbinischen Schrifttum lautet es: Esau erlaubt die Gesetze Jakobs und Jakob erlaubt die Gesetze Esaus. R. Juda sagt, die ganze Welt befindet sich auf der einen Seite, und Abraham stellte sich auf die andere Seite 5. Vom Sinai kam der Haß der Völker. Sowohl im Talmud, wie auch im

1 Esther 3, 8.

III. Sib. 271.

3 III. Makk. 3, 4.

Gen. Rabba LXIII.

5 Ib. XLII.

• Sabbath 89 a.

7 Mgilla 13b.

Midrasch kommen heidnische Anklagen gegen die Juden vor über deren Separatismus, Heidenverachtung, die vielen Feiertage.

So manchem altrabbinischen Kopfe erschien doch diese Verfolgung Israels durch alle Welt ein Rätsel. Von der These, daß jede konfessionelle Minorität allenthalben leidet, konnte ja damals niemand gewußt haben. „,O Himmel!", fragten die Juden nach einer älteren talmudischen Quelle die Heiden, ,,sind wir nicht eure Brüder, Kinder eines Vaters und einer Mutter, warum erlasset ihr über uns solch schwere und grausame Edikte." Im 4. Esrabuche wird auf die Frage, warum Israel leidet, sind denn die andern Völker besser, geantwortet: Ein Sterblicher, der im vergänglichen Äon lebt, wie kann er das Verborgene erfassen wollen 3.

Erklärungsversuche des Judenleidens aus den eigenen Fehlern finden sich im rabbinischen Schrifttum nur äußerst vereinzelt. Einmal finden wir dies in der Form einer Polemik. Gott sagt zu Israel: „,Ihr habt euch trotzig den Völkern der Welt entgegengesetzt, es hassen euch alle darum." Darauf antwortet Israel:,,Herr der Welten, hast du nicht in deiner Thora geschrieben, du sollst dich nicht mit ihnen verschwägern usw. Wenn wir ihnen Dinge entlehnt, wenn wir mit ihnen uns verehelicht hätten und meine Tochter bei ihnen oder ihre Tochter bei mir wäre, hätten die mich nicht aufgenommen? Ja, du Gott, du hast es selber verursacht."

Ein anderes Mal heißt es wieder im Midrasch: Moses fragte sich, wodurch sündigte so Israel, daß es von allen Völkern unterjocht wurde; er sagte sich, es ist die Schuld des Denunziantenwesens unter ihnen 5.

Manche Rabbinen suchten in alter Zeit den Judenhaß auch aus geschichtlichen Gründen herzuleiten. Die Römer hassen Israel, weil Juda, der Sohn Jakobs, deren Stammvater Esau die Juden hielten die Römer für Idumäer - getötet habe oder weil Jakob dem Esau die Erstgeburt entlockte. Nun, als die Juden im Mittelalter mit Nichtrömern, mit den Goten und

1 Esther Rabba.

2 Rosch Haschana 192.

3 IV. Esra 3, 32.

+ Threni Rabba I, 64.

5 Exodus Rabba I.

6 Jer. Kthuboth VIII, 1.

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