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Consulats 676/78, spätestens aus dem J. 694/60, in welchem er starb, ist, so kann diese Thatsache nicht dadurch erschüttert werden, dass innerhalb desselben Gebäudes, und zwar in der Nähe des durch den Vespasianstempel geschlossenen Thores, eine kleine Basis aus Peperin mit der etwa 0,30 X 0,20 grossen Widmung des Consuls des J. 632/142 Gajus Fannius, des Gegners des jüngern Gracchus, gefunden worden ist 139). Konnte eine solche Basis leicht zu jeder Zeit von einem benachbarten Ort hierher versetzt oder verschleppt werden, so ist diese Annahme für die verlorene Inschrift des Catulus durch das Zeugniss eines Augenzeugen, der sie an ihrem ursprünglichen Platz sah, für die erhaltene durch den Fundort und das Material ausgeschlossen. Aus dem Inhalt und den Fundort derselben ergiebt sich nun, dass jene nothwendiger Weise bestimmt gewesen sein muss, die beiden Theile des Gebäudes, die sie nennt, dem Leser als zwei ein Ganzes bildende Bauwerke des Catulus vorzuführen: 'Unterbau' und 'Archiv'. Sie befand sich in der offenen gewölbten Halle oder in der unmittelbar dahinter liegenden, ebenfalls gewölbten, dem Hauptbau gehörigen Halle: denn wenn der Berichterstatter von einer 'doppelten Reihe von Bögen' spricht, so meint er damit offenbar diese beiden damals wie heute als eine Doppelhalle erscheinenden Hallen, nicht, wie man gemeint hat, ein doppeltes Stockwerk von übereinander liegenden nach dem Forum geöffneten Hallen. Dass ein solches zweites Stockwerk zu jener Zeit noch vorhanden gewesen sei, ist zwar an sich wohl möglich, wird aber ausschliesslich aus den angezogenen Worten, und zwar augenscheinlich mit Unrecht gefolgert. Die Inschrift bezeichnet also ohne alle Zweideutigkeit den noch erhaltenen Unterbau und den noch erhaltenen Oberbau des Gebäudes und es kann nicht Wunder nehmen, dass sie die Halle, einen Theil des Oberbaus, nicht besonders nannte. Sie hätte

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139) Inschrift CIL 1, 560 6, 1306; Masse nach Ritschl PLM. T. LVI C. Der Fundort ergiebt sich mit Sicherheit aus Bull. 1851 S. 27. 150 vgl. S. 18 (was man aus dem CIL nicht ersehen kann). Text: C. Fanni M. f. cos. de sena. sen. | dedit. Über die Person Mommsen CIL I S. 158. Jordan, römische Topographie. I. 2.

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ja freilich eben so gut diesen wie noch andere Theile, z. B. den mächtigen Treppenbau, besonders aufführen können. Da sie es aber nicht thut, so haben wir sie für die Hauptinschrift des Gebäudes zu halten; denn in der That liess sich, sollte der Unterbau, vielleicht der schwierigste, jedesfalls ein wegen seiner ungewöhnlichen Grösse besonders nennenswerther Theil des Ganzen, nicht ungenannt bleiben, eine Gesammtbezeichnung des Ganzen nicht wohl finden. Wir haben für diesen Doppelnamen substructio et tabularium eine passende Analogie in der den Staatsurkunden entnommenen Bezeichnung des Theaters theatrum et proscaenium140). Die zweite Inschrift nennt das Objekt des Baus nicht. Wäre sie allein erhalten, so würden wir sie sehr wohl für die Hauptinschrift des Gebäudes halten können: denn einmal ist sie gross genug, um etwa an einem Haupteingang desselben angebracht gewesen zu sein, sodann kommt es auch sonst vor, dass Inschriften das Gebäude, an welchem sie angebracht sind, nicht ausdrücklich nennen. Wenn sie nun unzweifelhaft an demselben Gebäude gesessen hat wie die verlorene, jene aber die Hauptinschrift oder doch ein Exemplar derselben war, so bezeugt sie uns eben nur das, dass der Bauherr es für nöthig gehalten hat, an einem Gebäude von solcher Ausdehnung, das aller Wahrscheinlichkeit nach wie heut nach vier Seiten hin frei lag und obenein von einer öffentlichen Strasse durchschnitten wurde, seinen Namen an verschiedenen Stellen zu verewigen, wie dies auch an andern öffentlichen Bauten vorkommt 141). Die weiteren Fragen, ob wirklich die Inschrift da

140) Der Ausdruck substructio bedarf keiner Erläuterung; vgl. jedoch substructionem contra labem montis Wilm. 798. Über theatrum et proscaenium Forma S. 22 § 11.

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141) Die Inschrift der fabricischen Brücke giebt für das Auslassen des Objekts und die Wiederholung der Inschrift, die Inschriften von Ferentino CIL 1, 1161 ff. für die mehrmalige Wiederholung der Inschrift in verschiedener Fassung fast gleichzeitige Beispiele, die Inschrift der 'schola Xantha' in Rom (CIL 6, 103, s. Eph. epigr. 3, 268 ff.) ein spätes Beispiel für letzteres. Gleichlautende Wiederholungen derselben Inschrift an grösseren Bauten kommen zu allen Zeiten und allerwärts vor; ich

gesessen hat, wo sie heut wieder angebracht ist, und warum grade sie das Gebäude nicht nennt, lassen sich, jene zur Zeit, diese überhaupt nicht, sicher beantworten; wie aber auch die Antworten ausfielen, sie würden an dem Ergebniss Nichts ändern 142).

Es handelt sich also allein darum, zu erklären, welchem Zweck das Tabularium des Catulus mit seiner Substruction gedient haben könne: gelänge dies nicht, so hätten wir eben nur hier wie anderwärts auf eine Lücke unserer Kenntniss hinzuweisen. Das ist nun zunächst einzuräumen, dass kein Zeugniss für das Bestehen eines oder richtiger des Tabularium der Stadt Rom beigebracht werden kann; und dass der in der republikanischen Zeit äusserst seltene, für ein stadtrömisches Gebäude aber überhaupt nicht sicher nachweisbare Ausdruck allem Anschein nach jeden Raum, in welchem tabulae publicae aufbewahrt wurden, bedeuten konnte, ja, dass ein anderer Ansdruck dafür schwerlich vorhanden war. Wir müssen also auch einräumen, dass der Raum des capitolinischen Tempels, in denen die Staatsverträge, der des Cerestempels, in welchem lange Zeit die Senatsbeschlüsse, der des Saturntempels, in welchem die Akten der Staatskasse und vielleicht auch die Volksschlüsse, der des Nymphentempels oder des Freiheitshofes, in welchem die Censusrollen lagen, tabularia waren erinnere beispielsweise an die Inschriften der Diocletiansthermen CIL 6, 1130 ff., die Mauerbauinschriften von Aeclanum CIL 1, 1230, die Tempelinschrift von Cora das. 1150 f.

142) Mommsen hat Ann. 1858, 211 und CIL a. O. die verlorene Inschrift auf den Unterbau des Tempels (gradus et favissae') bezogen; zu welchem Bau die erhaltene gehöre, wisse man nicht. Dass jenes nicht angehe, hat schon Garrucci bemerkt (Syll. inscr. 1000): die favissae können, wie gezeigt wurde, überhaupt nicht als tabularium gedient haben, sind auch nicht von Catulus gebaut, sondern gehören zu der ältesten Anlage und haben ihn im Gegentheil am Bauen gehindert; 'die Substruction' des Tempels, wenn so der Stylobat genannt werden kann, ist ebenfalls nicht von ihm gebaut, vielmehr die alte geblieben. Aber die Hauptsache sind die ganz unzweideutigen Fundberichte. Trotzdem haben die Neueren fast ausnahmslos Mommsen's Hypothese angenommen: ihre Unhaltbarkeit habe ich bereits Ann. 1876, 158 f. nachgewiesen.

und hiessen (und in der That wird so der letztere, wenn auch erst in der Zeit des Augustus, einmal genannt); wir müssen aber gleichzeitig hervorheben, dass, wo immer von Niederlegung oder Aufbewahren dieser Urkunden die Rede ist, als Aufbewahrungsorte eben jene Gebäude, oder die darin amtirenden Behörden, nicht die tabularia selbst genannt werden. Erst in der Kaiserzeit begegnen wir dieser Benennung und zwar werden uns speciell das 'kaiserliche Archiv' (tabularium principis) als Aufbewahrungsort der Originalpläne der Colonien und, was merkwürdig genug ist, im ersten Jahrhundert 'die Staatsarchive' im Plural (tabularia publica) und eigene Archivare derselben, wie man meint, eine zur Ordnung derselben eingesetzte Spezialkommission, genannt. Andrerseits wird schon in republikanischer Zeit 'das Archiv' (tabularium) einer föderirten Stadt in der Weise genannt, dass man sieht, es gab daselbst eben nur eins und diente zur Aufbewahrung der Staatsrechnungen 143). Wenn es nun feststeht, dass noch

143) Die Schwierigkeit, richtiger Unmöglichkeit, ein republikanisches tabularium xar' ¿§oxǹv nachzuweisen, hat Mommsen in der mehrfach citirten Abhandlung (in den Annali 1878, besonders S. 207) zuerst und mit Recht betont. Über die verschiedenen republikanischen Archive (das censorische im atrium Libertatis nennt Liv. 43, 16, 13 tabularium) vgl. dens. Staatsrecht 22, 468 A. 1. 479 f. 531 ff. Allerdings fällt von den von Becker S. 30 beigebrachten Stellen Cic. p. Arch. 4, 8 fort: hier ist von der Vernichtung des tabularium von Heraklea im Bundesgenossenkriege die Rede (und die Vita Marci c. 9 setzt geradezu die tabularia publica der Provinzen dem aerarium Saturni entgegen). Indessen nicht von derselben Sache spricht derselbe p. Rabirio perd. reo 3, 7: ein Verwandter des Rabirius begeht das Verbrechen des Peculats durch Verbrennung eines, doch wohl stadtrömischen, tabularium, und der gleiche Rechtsfall scheint de nat. de. 3, 30, 74 berührt mit den Worten: sessum it praetor; quid ut iudicetur? qui tabularium incenderit. id se Q. Sosius splendidus eques Romanus ex agro Piceno fecisse confessus est. Leider ist die wichtige Stelle aus der Rede des M. Calidius gegen Q. Gallius (bei Nonius S. 208 vgl. Meyer Fragm. or. S. 437) nicht sicher zu heilen: quarum iacent (iaceni L) murena (muręna L) ulla curiaque (cureaq. W) et tabulariae publicae (beidemale -ie W). So die Leidener und die Wolfenbütteler Hs. nach den Mittheilungen von Du Rieu und Wilmanns. Hier ist möglicherweise von Rom die Rede: ganz

nach der Errichtung des Tabulariums des Catulus die zum Ressort der Beamten des Schatzhauses gehörigen Urkunden 'beim Schatzhause', d. h. in oder bei dem Tempel des Saturn niedergelegt werden 144), wenn andrerseits die Errichtung eines 'Tabularium' durch Catulus gegenüber diesem Tempel feststeht, so finde ich zur Erklärung dieser scheinbar unvereinbaren Thatsachen nur einen einzigen Weg 145).

sicher bei Virgil (Georg. 2, 502 f.): nec ferrea iura insanumque forum aut populi tabularia vidit; prosaisch würde das tabularia publica heissen und in gewissem Sinne richtig denkt Servius dabei an das templum Saturni in quo et aerarium fuerat et reponebantur acta quae susceptis liberis faciebant parentes, nur dass letzteres erst seit Kaiser Marcus geschehen ist (Vita Marci 9: Mommsen Staatsr. 22, 533 Marquardt Privatalt. 12, 123 f.). - Über das tabularium Caesaris der Gromatici S. 202 f. s. Mommsen a. O. S. 188, über die curatores tabularum p. oder tabulariorum publicorum (denn mit Recht nimmt er jetzt seine Conjectur tabularum publ. in der nur in der Einsiedler Sammlung erhaltenen Inschrift CIL 6, 916 zurück) dens. Staatsrecht 22, 545 A.2. In späterer Zeit verschwindet der Ausdruck wenigstens in dem alten Sinn (die Notitia dignitatum kennt es in anderem): man spricht vom sanctuarium principis (Grom. 154), vom secretarium senatus, praefecti urbis, commune, nur dass secretarium, wie es scheint vorwiegend von dem Gerichtszimmer gebraucht zu werden pflegt (s. den Abschnitt vom Forum). In ähnlichem Sinne gebraucht Tacitus Dial. 39 auditoria et tabularia.

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144) Die technischen Ausdrücke ad aerarium deferre, in tabulas publicas (ad aerarium) referre sind häufig. Cicero Verr. 1, 21, 57 (nach 684): quae signa ... sustulit ea ... in tabulas publicas ad aerarium perscribenda curavit; in Pis. 25, 61 (699): rationes . ad aerarium detuli, und ita sunt perscriptae scite et litterate, ut scriba, ad aerarium qui eas retulit, . commurmuratus sit. .; p. Font. 3. 4 (684): quae est igitur ista accusatio, quae facilius possit Alpis quam paucos aerarii gradus ascendere. Gleichartig sind die Ausdrücke in Cäsars Municipalgesetz v. J. 709 CIL 1, 206 Z. 39: q. urb. queive aerario praerit in tabula[s] publicas referto, in dem Senatsbeschluss v. J. 745 bei Frontin aq. 100: die curatores aquarum sollen die Namen der Apparitoren ad aerarium deferre. Ebenso werden seit 743 die Senatsbeschlüsse ad aerarium deferirt (Tac. Ann. 3, 51; vgl. 13, 28: multam in tabulas publicas).

145) Braun Philol. Suppl. 2, 415 f. 437f. (dem Marquardt Privatalt. 12, 123 zum Theil gefolgt ist) hat den richtigen Weg wohl geahnt, die Sache aber dadurch wieder verdorben, dass er das ädilicische 'Archiv'

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