Immagini della pagina
PDF
ePub

Wählt man seinen Standpunkt heut auf jener Seite, auf dem wiederaufgedeckten Pflaster des Forum, so sieht man den Berg langgestreckt von Nordost nach Südwest in seiner ursprünglichen Höhe von 35-38 M. sich über der alten Niederung (46-49 über dem Meere: 1, 1, 132f. vgl. unten besonders A. 75. 108) erheben: rechts trennt ihn wie ehemals die nördliche Kuppe der 'Burg', jetzt gekrönt von Kirche und Kloster Araceli, von den ostwärts höher ansteigenden Monti, links ragt gegen den Tiber steil abfallend und wenig niedriger als jene die südliche Kuppe des 'Capitolium', kenntlich an der Gruppe der jetzt dem deutschen Reich gehörigen Gebäude, der deutschen Botschaft (palazzo Caffarelli), des deutschen Hospitals oder des ehemaligen und des neuen archäologischen Instituts. Aber zwischen beiden Kuppen verdeckt die Wand des Senatorenpalasts über dem alten Tabularium aufgebaut die trennende Niederung, und statt der alten nach links hin langsam aufsteigenden Fahrstrasse schneidet die moderne ihre steil gewundenen Linien hässlich hinein in das alte Bild; Hinterhäuser, Höfe und Gärtchen, terrassenförmig ansteigend, kennzeichnen rechts und links die ehemalige Stirnseite des Berges als die heutige Rückwand.

Anders jenseits. Dem Beschauer, der hier heutzutage auf einer 6 M. mächtigen Schuttschicht steht (1, 1, 268 A. 3), erscheint der Berg niedrig; er wendet ihm sein Gesicht zu und ladet ihn zu bequemer Besteigung ein: im Alterthum starrte er ihm mit senkrechter, mauergekrönter Felswand, in seiner ganzen Breite unzugänglich entgegen. Aber andererseits lässt sich von hier aus betrachtet der alte Umriss der Schlucht 'zwischen Burg und Capitol, noch heut wie ehemals etwa 10 M. tief unter den Gipfeln liegend, deutlich erkennen in dem klassischen Rahmen, in welchen Michelangelo von drei Seiten den Capitolsplatz und in seiner Mitte das stadtwärts weisende Bronzebild des Marc Aurel eingeschlossen hat. Wie früh das Leben der neuen Stadt hier die alten Schranken durchbrochen hat, ist noch nicht völlig aufgeklärt: aber an das allmähliche Durchbrechen derselben erinnern links die

mächtige mittelalterliche Treppe, welche den Felsen der 'Burg', nun der Kirche Araceli, steil erklimmt (gebaut 1348), in der Mitte die breite, wahrscheinlich einen älteren unbequemeren Pfad ersetzende Cordonnata (vollendet nach Michelangelos Tode 1564) und rechts der erst seit kurzem in bequemster Windung, ehemals steiler zum Palast Caffarelli führende Fahrweg (angelegt nach dessen Erbauung im J. 1578). Wir werden an seinem Ort im Einzelnen zeigen welche Veränderungen die Burg, das Capitol und das Thal zwischen beiden erfahren hat*).

=

[ocr errors]

*) Monographien von J. Rycquius (de Capitolio Leyden 1669), Preller (zur Geschichte und Topographie des röm. Capitols Philologus 1846, 68 ff. Ausgew. Aufsätze 471 ff.), Suphan (de C. romano commentarii specimen, Hall. Dissert. 1866), Dyer (Journal of Philology 1870/71, 238 ff.); sämmtlich wie die Abschnitte in den grösseren Topographien durch die 1875/76 erfolgte Entscheidung der Frage über die Lage des Juppitertempels (s. A. 65 ff.) mehr oder minder entbehrlich geworden. Zusammenfassend Saglio in dem Dictionnaire des antiquités gr. et rom. Capitolium' (1879, S. 901 ff.) Zu dem was über die Geschichte der Umgestaltung des Capitols im Mittelalter (bis zum 15. Jahrhundert) im 2. Bande (S. 439 ff. 459. 463) ermittelt worden ist, habe ich Folgendes nachzutragen. Die Stadtpläne des 15. Jahrhunderts (publicirt von De Rossi: Piante anteriori al secolo XVI R. 1879; Nachtrag von Stevenson Bull. comun. 1881 T. III. IV, vgl. dens. über das Capitol S. 90 ff.) zeigen auf der Seite des Berges gegen das Marsfeld nur einen Aufgang, die Treppe Araceli (T. II, 1. IV. IX: sie fehlt auf dem von Stevenson a. O. publicirten Plan von Siena). Ueber die Bauten Michelangelos herrscht heute dasselbe Dunkel wie früher. Aus den datirten Stichen kann man wohl auf das Bekanntwerden seiner Pläne, nicht aber auf deren Ausführung schliessen. Die Cordonata findet sich schon auf dem Plan Bufalini's (1551), dem Stich Du Perac's v. J. 1568 (im Speculum, kleiner in Ferrucci's Ausgabe des Marliani 1588) und auf dem 1, 1, 107 A. 57 erwähnten grossen Blatt in den Handzeichnungen der Uffizi, welches dem jüngern Peruzzi († 1573) zugeschrieben wird. Dagegen fehlt hier das capitolinische Museum (es ist wahrscheinlich nach 1592 gebaut: Beschr. d. St. R. 3, 1, 106), erscheint aber schon in der Capitolii sciographia ex ipso Michaelis-Angeli Bonaroti a St. du Perac.. delineata R. 1569 (Dresden). Ueber den Zustand des Senatorenpalastes vgl. A. 132. Meine eigenen Beobachtungen an Ort und Stelle (vgl. m. Vortrag: Capitol, Forum und Sacra Via, B. 1879) habe ich zuletzt im Frühjahr 1881 revidirt.

Unsere Betrachtung hat auszugehen von dem Capitolium: nicht allein deshalb, weil diese Höhe am genauesten untersucht ist, sondern weil sie im Alterthum aus natürlichen und idealen Gründen zum Schlüssel der räumlichen Gestaltung des ganzen Berges geworden ist. In steigendem Masse zog sie in einer fast anderthalbtausendjährigen Geschichte die Aufmerksamkeit der Stadt und der Welt auf sich; noch zur Zeit des Zerfalls des alten Staats und der alten Religion leuchtete weithin das 'goldene Capitolium' als ein Wunder der Welt, als ein Wahrzeichen der Weltherrschaft, indessen über der Burg und über der Schlucht zwischen Capitolium und Burg schon die schwere Nebelwolke der Vergessenheit lagerte. - Dieser naturgemässe Gang der geschichtlichen Entwickelung spiegelt sich in der Sprache unverkennbar ab. Neben dem beherrschenden Capitolium wird die arx schon früh namenlos, wie sachlich bedeutungslos; es lösen sich die strengen Formen der alten technischen Terminologie, welche eine Verwechslung beider Namen nicht kennt; jener wird, zuerst in dichterischer und bildlicher Ausdrucksweise, dann im gemeinen Gebrauch zur Benennung des ganzen Berges, als welcher er heut in der von der Volksetymologie gemodelten Form Campidoglio fortlebt: dieser verschwindet. Der ursprünglich namenlose Berg verdankt seine Benennung mons Capitolinus (gebildet wie Palatinus, Esquilinus, Aventinus) wie seine einheitliche und die Stadt ausschliessende Gliederung der Gründung der Kultusstätte des höchsten Gottes auf der südlichen Höhe: das bezeugt allein schon das Wort capitolium (vgl. capitalis). Dass jemals sei es diese Höhe, sei es der ganze Berg, vordem den Namen Tarpeius mons geführt habe, mussten wir als eine irrige Theorie der alten Gelehrten bezeichnen. Nur ein jäher Absturz dieser Höhe ist schon in sehr alter Zeit von dem Geschlecht der Tarpeii saxum Tarpeium benannt worden: weshalb, ist uns zwar ebenso unbekannt, wie weshalb das älteste Rathhaus den Namen der Hostilii führt (1, 1, 158), aber wir durften erinnern an die ähnlichen Namen von Hügeln oder von Theilen derselben Caelius, Oppius, Cispius (1, 1, 186 f. 282 vgl. unten A. 125).

[ocr errors]
[ocr errors]

Nichts destoweniger hat auch jene Theorie in dem Sprachgebrauch ihren Niederschlag hinterlassen: die poetische und rhetorische Sprache und sie allein bezeichnet theils das Capitolium theils den ganzen Berg als tarpejischen Berg oder tarpejische Burg, und diese Bezeichnung lebt fort so weit der dünne Faden von Buchgelehrsamkeit aus dem Alterthum durchs Mittelalter hindurch geleitet worden ist. Aber die Volkssprache scheint ihn so wenig festgehalten zu haben wie die Kunde von der Lage des tarpejischen Felsens. Erst die Gelehrsamkeit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hat beide wieder lebendig gemacht und mit den Namen monte Tarpeo, rupe Tarpea die Kirchen und neuen Gässchen in der Umgebung des Capitolium getauft (Bd. 2, 463 f.)1).

1) Ueber das Wort Capitolium 1, 1, 180 A. 46; griechisch in Urkunden Καπετώλιον, wohl zuerst im Mon. Anc. Καπιτώλιον (Dittenberger Hermes 6, 138); in der Volkssprache Capitodium (Marius Vict., Gramm. lat. 6, 26: apud antiquos, vgl. m. Krit. Beiträge z. Gesch. d. lat. Sprache S. 45). Ueber urbs et Capitolium, arx et Capitolium vgl. ausser 1, 1, 281 noch: arx Capitoliumque sedem deorum (Liv. 5, 39, 12), arcem et Capitolium . . . muros atque urbis tecta (Cic. Catil. 4, 9, 16), Capitolii atque arcis obsessiv (ders. p. Rabir. perd. r. 12, 35), Capitolio atque arci praeesse (Liv. 26, 10, 2), (bellum) intra moenia erit et arcem et Capitolium (ders. 3, 69, 7), non in urbem solum sed in Capitolium (ders. 32, 29, 2). Es wird so wenig arx für Capitolium oder umgekehrt wie forum für comitium oder umgekehrt gebraucht: nur kann wie forum so Capitolium als pars potior der beiden ein Ganzes bildenden Theile auch das Ganze bedeuten. Auf das frühe Verschwinden des Namens der arx hat Preller hingewiesen (Aufs. S. 496 vgl. unten A. 99). Wenn Festus 241a 15 in Capitolio Auspicien anstellen, Servius z. Aen. 12, 120 die Fetialen die verbena de loco sacro Capitolii nehmen lässt, so ist damit zwar die arx gemeint; ebenso wenn bei Livius 5, 46 Fabius Dorsuo de Capitolio auf den Quirinal geht (er sagt ja selbst c. 52, 3 genauer ex arce): aber es wird hier ungenau nicht ein Theil für den andern, sondern der Theil für das Ganze gesetzt; Capitolium obsessum (Cic. p. Font. 10, 20), die Einnahme der Stadt πλὴν τοῦ Καπετωλίου Polyb. 1, 6, 2. 2, 18, 2) sind die gewöhnlichen Ausdrücke in der Erzählung der gallischen Katastrophe; selten heisst es genauer Capitolium et arx im Gegensatz zur plana pars urbis (hier dem Forum; vgl. 1, 1, 128), wie bei Val. Max. 3, 2, 7. Aber bei eben derselben Gelegenheit bezeichnet Cicero de rep. 2, 6, 11

Ich entwickele zuerst die Geschichte des grossen Tempels und seiner Umgebungen aus den schriftlichen Quellen und wende mich dann zur Analyse der Ueberreste desselben. Es handelt sich vor Allem darum der künftigen Forschung beiderlei Grundlagen sicher und rein zu erhalten und allen subjektiven Phantastereien den Boden zu entziehen.

Den Bau des Tempels des höchsten besten Juppiter und seiner Hausgenossinnen Minerva und Juno schreibt die Ueberlieferung der Dynastie der Tarquinier zu2). Diese Ueberlieferung

den ganzen Berg auch als arx (vgl. A. 120), Lucrez 4, 683 als Romulidarum arx, woraus sich die mehr oder minder schillernden, zum Theil schon von Donat (Roma 4, 26) erwogenen dichterischen Ausdrücke, wie arx Tarpeia (Virg. Aen. 8, 652, Prop. 4, 4, 29), arx Capitolina (Liv. 28, 39, 15 Tac. Hist. 3, 71 Veget. 4, 26), Capitolini Iovis arx (Mamertin. paneg. Maxim. Aug. 13, 4) u. a. erklären. Aber auch der Gebrauch von Capitolium für das Ganze gilt nach den namentlich A. 34 f. 99 ff. vorgelegten Beweisstellen durchaus nicht für die Staatsurkunden oder Stellen von urkundlichem Sprachgebrauch (wozu durchweg die der einfach erzählenden Prosa aus der republikanischen Zeit gehören); nur die gehobene, poetisch gefärbte, rethorische Sprache (und unter diese Rubrik fällt die schöne Litteratur der Kaiserzeit) kennt ihn, dann die spätere Volkssprache: daher das frühe Mittelalter (vgl. A. 115). Ueber mons Tarpeius Cornific. rhetor. ad Her. 4, 32, 43: ein Beispiel der denominatio sei ut si quis Tarpeium, loquens de Capitolio, nominet. Beispiele für diese in der schönen Litteratur ganz gewöhnliche Figur zu geben ist überflüssig (vgl. A. 128). Auch in den Katalog der VII montes des Regionenbuchs hat der vornehmere Ausdruck sich an der Stelle des gewöhnlichen mons Capitolinus eingedrängt (vgl. Bd. 2, 204 ff.). Der vereinzelte mons Saturnius der Gelehrten und Dichter kommt nicht in Betracht (doch vgl. A. 121).

2) Uebersicht über die Baugeschichte des Tempels: Plutarch Popl. 13 ff. Tacitus Hist. 3, 72 vgl. Ausonius Ordo nob. urb. 12, 15 ff. Die gesammte gute Ueberlieferung (ausser den genannten bes. Cicero Rep. 2, 20, 36 Livius 1, 38. 55 Dionys 3, 69. 4, 59, 61) lässt den älteren Tarquinius den Tempel im Sabinerkriege geloben, den jüngeren nach der Einnahme von Suessa Pometia mit dem Erlös aus der Beute (Pometinae manubiae Liv. 1, 55, 7) den Bau in Angriff nehmen. Indessen reichte die Summe (nach Fabius 40 Talente, nach Piso 40,000 Pfund Silbers, Liv.) kaum zur Herstellung der fundamenta (über welche unten) und der Bau war trotz der zwangsweisen Heranziehung der Plebs unvoll

« IndietroContinua »