Immagini della pagina
PDF
ePub

gegangenen Untersuchungen hat Meusel in der Zeitschrift für das Gymnasialwesen, Jahrgang 1885, nachgewiesen, daß aus der französischen Familie nur der Thuaneus und der Vindobonensis I. und aus der italienischen nur der Ursinianus und der Riccardianus für die Kritik maßgebend sind und daß beide Familien gleichen Anspruch auf Beachtung haben, und in Anschluß daran hat Paul in seiner Ausgabe des bellum civile vom Jahre 1889 kein Bedenken getragen, der italienischen Familie vor der französischen den Vorzug zu geben. Unter solchen Umständen habe ich, da ich Meusels Ansicht bei dem jetzigen Stande des kritischen Apparates für wohlbegründet halte, viele Lesarten, die ich wegen Nipperdeys Bevorzugung der französischen Familie noch beibehalten hatte, aufgeben müssen. Übrigens bleibt es wahr, daß wir in dieser Schrift Caesars sehr viele Stellen nur durch Konjektur lesbar machen können und daß oft auch dieses Heilmittel versagt. Diese schlechte Überlieferung des Textes ist gewiß zu beklagen; daß man aber darum die Lektüre des bellum civile der Jugend vorenthält, halte ich nicht für gerechtfertigt; denn es giebt in der lateini schen Litteratur kein Werk, welches Ereignisse von gleich großer historischer Bedeutung in eben so einfacher und schöner Sprache und ebenso anschaulich darstellt, als dieses Buch. Entschließt man sich, einige Partieen dieser Schrift ganz wegzulassen und sich zu beschränken auf die Eroberung Italiens, den Krieg in Spanien, den Feldzug Curios und die Kämpfe bei Dyrrachium und Pharsalus, so wird für die Tertianer, welche ein Jahr lang das bellum Gallicum gelesen haben, der Übergang zum bellum civile eine angenehme und nützliche Abwechslung sein, und für Cicero, Livius und Tacitus wird in dem vierjährigen Kursus von Secunda und Prima hinreichende Zeit übrig bleiben.

Ich habe nun noch ein paar Worte zu sagen über einen Mangel des Buches, den ich wohl mindern, nicht aber beseitigen konnte. Diese Ausgabe ist in erster Linie bestimmt für Schüler in den Klassen, in welchen Caesar gelesen zu werden pflegt, und dann auch für solche Leser, die sich nicht philologisch mit

Caesar beschäftigen, sondern nur den Inhalt seiner Schrift und seine Sprache kennen lernen oder sich wieder vergegenwärtigen wollen. Für die Schüler sind kritische Erörterungen ganz unnütz, sehr förderlich aber den betreffenden Stellen beigefügte sprachliche Bemerkungen, auch wenn sie mit einigem Nachdenken der Grammatik oder dem Lexikon entnommen werden könnten; für die übrigen Leser dagegen sind die sprachlichen Bemerkungen zum großen Teil entbehrlich oder wohl gar störend, aber diese Leser wollen in den Stand gesetzt sein, sich ein Urteil darüber zu bilden, inwieweit sie in dem gegebenen Texte Caesars Worte vor sich haben. So verschiedene Anforderungen konnte ich nur erfüllen, indem ich beiden Leserklassen das gab, was sie brauchen, und es ihnen überließ, das zu überschlagen, was sie nicht brauchen. Wo aber die Anforderungen beider übereinstimmen, wie bei den zahlreichen Erläuterungen zu dem Inhalt des Werkes, da habe ich mich bemüht, die Anmerkungen so einzurichten, daß sie den Schülern nicht unverständlich sind und doch auch den anderen Lesern genügen können.

Berlin, den 3. Januar 1890.

Friedrich Hofmann.

Vorrede zur elften Auflage.

Die vorliegende elfte Auflage bietet eine vollständige Umarbeitung der im Jahre 1856 in der Haupt-Sauppeschen Sammlung erschienenen, von Fr. Kraner besorgten, seit der dritten Auflage von Fr. Hofmann bearbeiteten erklärenden Ausgabe von Caesars Bellum civile.

Ich habe zunächst zur Feststellung des Textes selbstverständlich alles bisher Geleistete gewissenhaft zu benutzen gesucht, d. h. 1. die handschriftliche Überlieferung nach den Ausgaben Nipperdeys, Dübners und Holders und nach den eigenen Collationen der wichtigsten Handschriften in jedem einzelnen Falle festgestellt, und 2. alles, was in wissenschaftlichen Zeitschriften und Einzelschriften, ebenso in neueren Ausgaben seit 1892 für die Textkritik geleistet ist, zusammengestellt und, soweit es brauchbar schien, verwertet. (Das bis zum Jahre 1891 Erschienene hatte ich schon für mein Lexicon Caesarianum gesammelt und in den Coniecturae Caesarianae veröffentlicht.) Von den bisher bekannten, für die Kritik wichtigen Handschriften habe ich folgende selbst verglichen: Den Ashburnhamianus (jetzt in der Laurentiana Ashb. 33) 10.-11. Jahrh.; den Thuaneus (Parisinus 5764) 11. Jahrh.; den Vindobonensis (95) 12.-13. Jahrh.; den Ursinianus (Vaticanus 3324) 11.-12. Jahrh.; den Laurentianus (Mediceus plut. 68, 8) 11.-12. Jahrh.; den letzteren jedoch konnte ich nur bis zum 7. Kapitel des 2. Buches vergleichen. Für den noch fehlenden Teil dieser Handschrift, sowie für den Lovaniensis, einen Zwillingsbruder des Ashburnhamianus (jetzt im Britischen Museum Add. 10084, 11. Jahrh.) und den Riccar

dianus (Florenz Ricc. 541, 12. Jahrh.), einen Zwillingsbruder des Ursinianus, habe ich mich auf die Angaben bei Dübner, Kübler und Holder verlassen müssen.

Das Bellum civile bietet für die Kritik ganz eigentümliche Schwierigkeiten, ganz abgesehen von der recht schlechten Überlieferung. Das Werk ist nämlich nicht von Caesar selbst veröffentlicht, sondern unzweifelhaft als unvollendeter Entwurf in seinem Nachlaß vorgefunden worden. Wie jeder schnell hingeworfene und nicht wieder durchgesehene Entwurf enthält es mancherlei Mängel, Flüchtigkeiten, Nachlässigkeiten, Ungenauigkeiten usw., vieles, was Caesar so, wie es vorliegt, nicht veröffentlicht haben würde, was aber der Herausgeber natürlich nicht verbessern darf nur offenbare Schreibfehler wären etwa ausgenommen. - Aber in unserem Bellum civile finden sich auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl Einlagen von fremder Hand, Berichte seiner Legaten, Baumeister usw. Caesar machte es gerade so, wie es z. B. Friedrich der Große und Napoléon I. gemacht haben: er nahm fremde Berichte über Unternehmungen und Arbeiten, die er nicht selbst geleitet oder mit eigenen Augen gesehen hatte, in sein Werk auf. So ist z. B. der größte Teil des zweiten Buches nieht von Caesars Hand. Ob er diese fremden Berichte überarbeitet hat oder nicht, wird sich schwerlich jemals entscheiden lassen. Wäre es ihm vergönnt gewesen, das Werk zu vollenden und selbst herauszugeben, hätte er sicherlich auch die fremden Berichte einer Überarbeitung unterzogen, so aber ist dies vielleicht überhaupt nicht oder doch nur ganz oberflächlich geschehen. Jedenfalls mahnen diese beiden Tatsachen den Herausgeber zur größten Vorsicht. Mein Bestreben ist denn auch gewesen, die Überlieferung soweit als irgend möglich zu schonen. Wenn trotzdem der Text dieser Auflage an beinahe 500 Stellen (ganz abgesehen von Änderungen der Orthographie und Interpunction) von der vorigen Auflage abweicht, so liegt dies zum Teil daran, daß die handschriftliche Lesart vielfach wiederhergestellt ist, zum Teil an der besseren Kenntnis der handschriftlichen Überlieferung (wozu auch die Kenntnis neuer Handschriften gehört); immer

hin sind auch viele Verbesserungsvorschläge, teils fremde, teils eigene (diese durch HM bezeichnet), nach gewissenhafter Prüfung aufgenommen worden.

Der Commentar hat sehr viele Änderungen und namentlich eine sehr bedeutende Erweiterung erfahren. Ich habe alle lateinischen und griechischen Schriftsteller, welche die Geschichte des zweiten Bürgerkriegs behandeln, durchgearbeitet (an erster Stelle natürlich Ciceros Briefe), und alles, was sie zur Vervollständigung oder Berichtigung des caesarianischen Berichtes bieten, zu verwerten gesucht. Daneben habe ich natürlich auch neuere historische und geographische Werke und Abhandlungen, die sich auf diese Zeit beziehen, benutzt. Zu diesen gehören auch L. Heuzey, Les opérations militaires de Jules César. Paris 1886, ferner Carl Patsch, Das Sandschak Berat in Albanien. Wien, Hölder, 1904, und O. E. Schmidt, Der Briefwechsel des M. Tullius Cicero. Leipzig 1893. Selbstverständlich habe ich auch Mommsens Römisches Staatsrecht überall, wo es sich um staatsrechtliche Fragen handelte, zu Rate gezogen. Alle diese Werke haben zu einzelnen Bemerkungen, Ergänzungen oder Berichtigungen Veranlassung gegeben. Den größten Gewinn aber hat die Ausgabe von dem unübertrefflichen Werk des französischen Obersten Stoffel, Histoire de Jules César, guerre civile, Paris 1887 gehabt. Stoffel hat mit der größten Sorgfalt alles, was das Altertum über die von Caesar in den Jahren 49-45 geführten Kriege berichtet, gesammelt und mit dem scharfen Auge des sachkundigen Fachmannes geprüft. Er hat ferner alle Gegenden, die für diese Kriege in Betracht kommen (Italien, Spanien, Griechenland, Macedonien, Illyrien und Nordafrica), selbst bereist und in seinem vorzüglichen Atlas die besten Karten der betreffenden Gegenden geliefert. In seinem großartigen Werke vereinigt er die Eigenschaften eines hervorragenden Generalstabsofficiers mit denen des kritischen Geschichtschreibers, des Philologen und des Geographen. Sein Werk ist der beste Commentar zu Caesars Bellum civile, den wir haben und haben werden, und für jeden Caesarforscher unentbehrlich. Zu bedauern

« IndietroContinua »