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(Subcollecturrecht), die darüber hinausgehende willkürliche Besteuerung verboten war.14

Das Heerwesen äusserte in dreifacher Hinsicht entscheidenden Einfluss. Erstens hatte es zur Folge oberste Militärbehörden und durch die nötige stehende Ergänzung, Ausbildung und Disciplin des Heeres untere im ganzen Lande ausgebreitete Organe, mochten dazu eigene geschaffen oder damit die ständischen oder patrimonialen betraut werden. 15 Als die Conscription zuerst concurrirend mit dem Werbesystem im 18. Jahrh., mit ihr die Einteilung in Cantone, dann jene ausschliesslich (in Preussen unter Friedrich Wilhelm I. im Cantonreglement von 1733) eintrat, 15a wurden militärische Centralstellen nötig. Zweitens hatte das Lehnwesen seine historische und soziale Grundlage verloren, so vereinzelt auch die Anerkennung dessen in den Gesetzen sich zeigte. 16 Mit ihm entfiel aber auch für den durch dasselbe getragenen niederen Adel, dessen persönliche Dienstpflicht im Anfange des 18. Jahrhunderts überall aufhörte und sich einzeln (Preussen) zu dem rechtlichen, fast überall faktischen Privileg umgestaltete, die Officiersstellen zu bekleiden, der Anspruch auf die bisherige politisch hervorragende Stellung. Er behielt sie gleichwohl, weil die Landesherren eingedenk ihres Ursprungs in ihm Quasistandesgenossen sahen, wurde aber dafür dem Herrn, welchem die Militärmacht ohnehin nicht blos Ordnung im Innern zu schaffen, sondern jeden Widerstand niederzuhalten gestattete, durch die Stellung in der Armee, die mit der höheren Stellung des Herrn immer steigenden und und gesuchten Hofdienste und Hoftitel zu Werkzeugen der Herrngewalt, wodurch er sich besonders in jenen Territorien als erste Macht erhielt, wo mit der Säcularisation der vom Herrn unabhängigste Stand der

14 Kais. Dekr. vom 12. Febr. 1671 (Neue Samml. IV. S. 83 ff.).

15 Ähnlich wie noch jetzt in Österreich die Magistrate einzelner Städte gewisse rein polit. Angelegenheiten (Steuerwesen, Conscription u. a.) im übertragenen Wirkungskreise besorgen. Auch die preussische Einrichtung, dass eine Anzahl von Städten eigene Kreise bilden, infolge deren den Stadtobrigkeiten die Funktionen der Landräte zufallen, ist analog. 15a Für Preussen siehe Lehmann Werbung, Wehrpflicht und Beurlaubung im Heere Friedrich Wilh. I. in Hist. Zeitschr. 67, 254.

16 Das Allodifications-Edikt des K. Friedrich Wilhelm I. von Preussen 5. Jan. und 24. Febr. 1717 bildet eine staatsmännisch hervorragende That. Es verwandelte die Lehnskriegsdienste in Lehnpferdegelder, für Minden dasselbe 1749, Kleve-Mark 1766, Ostfriesland bis 1775. Im 19. Jahrh. ist die Aufhebung des Lehnsbandes bezw. dessen Ablösbarkeit allmählig erfolgt in Preussen (zu den bei Roth angeführten noch Ges. 28. März 1877 für Sachsen, Brandenburg), Baiern, Baden, Hessen, Mecklenburg, Braunschweig, Weimar, Meiningen, Altenburg, Coburg, Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen, Schw.-Rudolstadt (die einzelnen Gesetze in Roth, System des deutsch. Privatr. Bd. I), Österreich.

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Prälaten entfallen oder doch machtlos war. Drittens lag mit der neueren Umgestaltung des Heerwesens und der hierdurch herbeigeführten Notwendigkeit stehender Staatsabgaben die grösste Last auf der Masse der Staatseinwohner, auf dem Stande der Bürger und ganz besonders der Bauern. Seit diese die Heere bildeten und die Staatslasten trugen, von denen die privilegierten Stände entweder befreit waren oder zu denen doch ihre Rechte dort, wo sie mithalten mussten (in Österreich), in keinem Vergleich standen, hätte man billigerweise ihre Abhängigkeit aufheben und ihnen politische Rechte geben müssen. Wäre das zu rechter Zeit von den herrschenden Ständen erkannt und angeregt oder gewährt worden, so hätte die Entwicklung (wie in England) eine naturgemässe werden und die Verfassung des Staats von unten auf sich ausbauen können, anstatt dass sie jetzt in unserem Jahrhundert als Produkt der Theorie dem Staate äusserlich zugeführt wurde. Weil es nicht geschah, sah die Masse des Volks in dem Staate den Beschützer gegen die Stände des Landes, musste jede Beschränkung ständischer Rechte gefallen, der Absolutismus, je rücksichtsloser er die Höheren behandelte, desto volkstümlicher werden. 15 So erschien die landesherrliche Allgewalt der Masse als ein Glück, und fand in dieser den besten Bundesgenossen, seitdem sie ihr den Weg zu allen Staatsämtern öffnete, um sich gegenüber alle Rechte zu gleicherweise dienstbaren zu machen. Dadurch wurde mit dem Bureaukratismus der Absolutismus möglich, um dann, nachdem in der That die Gleichmachung eingetreten war, durch die Verhältnisse gezwungen zu werden, die politischen Rechte des ganzen Volkes anzuerkennen. So konnte endlich die Gleichheit vor dem Gesetze mit der allgemeinen Freiheit eintreten; so konnten Zustände wiederkehren, wie sie die Geschichte vor tausend und mehr Jahren findet. Nur macht sich der notwendige Unterschied geltend, dass jetzt entweder der Steuergulden über die Grösse der politischen Rechte unterscheidet oder der consequentere Satz Anwendung findet, dass die aktive und passive Wahlfähigkeit jedem volljährigen oder ein bestimmtes Alter habenden im Vollbesitze der bürgerlichen Ehre befindlichen Staatsbürger19

17 Ein Rest mittelalterlicher Reminiscenzen ist die Hoffähigkeit, Fähigkeit zu Hofwürden, die sich bis heute an den meisten Höfen erhalten hat.

18 Das glänzendste Beispiel ist K. Josefs II. Popularität, der die Landstände ignorirte, die Nationalität nicht als den staatsbildenden Faktor ansah, die Kirche wie jeden anderen der souveränen Staatsgewalt unterordnete, aber Fürsten wie Bauern der Strafe des Schiffziehens unterwarf. Von der Omnipotenz liefert Hock Staatsrat S. 137 ff. Beispiele.

19 Diese Entwicklung ist für das Deutsche Reich bereits erfolgt, wird in Österreich, Baiern, Preussen von manchen lebhaft verlangt.

zusteht. Ob sich daneben auf die Dauer noch Vorrechte, wie sie auf historischer Basis in der Mitgliedschaft der Herrenhäuser, ersten Kammer, 20 erhalten sind, oder auch nur überhaupt das Zweikammersystem halten wird, darf auch der bezweifeln, welcher diesen fast voraussichtlichen Fortfall bedauern möchte.

Die Änderung der kirchlichen Verhältnisse bct eine weitere Stütze der landesherrlichen Gewalt und den Grund staatlicher Regierungsorgane. Von dem sogenannten Reformationsrechte der Landesherren, dessen kürzester Ausdruck der Satz war: Cujus regio illius religio, schuf das Normaljahr21 eine blos faktische Ausnahme, liess aber das Princip bestehen, der Landesherr habe auch für das religiöse Wohl der Unterthanen Sorge zu tragen. So lange man dies in den katholischen Territorien im Sinne und nach dem Wunsche der Päpste handhabte und durch Gegenreformationen, Censur und Jesuiten-Erziehung unterstützte, ersetzten päpstliche Indulte22 die nach kirchlicher Auffassung den Landesherren abgehenden Befugnisse. Die Verordnungen in publico - ecclesiasticis. kommen unter K. Ferdinand I. auf, werden seitdem zahlreicher und finden nur ihren Abschluss in dem unter Maria Theresia auftretenden und unter ihrem Sohne K. Josef II. vollendeten Systeme staats-kirchlichen Regiments, 23 das man mit dem Namen Josefinismus zu bezeichnen pflegt, obwohl es jetzt nur intensiver wurde und prinzipiell kaum eine Neuerung aus dem Grunde war, weil sich doch von selbst verstand,

20 In Baiern, Württemberg, Baden, Hessen. Da in Preussen infolge Ges. vom 7. Mai 1853 (unter Aufhebung der Art. 65-68 der V.U. vom 31. Jan. 1850) durch die V.O. v. 12 Okt. 1854 u. 10. Nov. 1865 die Bildung der ersten Kammer durch königl. Ordre erfolgt ist, so beruht sie historisch und juristisch auf anderen Prinzipien, obs wohl die Mediatisirten als solche berufen sind, ebenso der altbefestigte Grundbesitz. DaÖsterreichische Herrenhaus hat gar keine historische Basis. Denn 1. beruht, abgesehen von den Prinzen des Hauses, den Erz- und Fürst-Bischöfen, die Mitgliedschaft nur auf kaiserl. Ernennung, 2. existirt Ida die Dietrichsteine ausgestorben sind keine Person, die innerhalb der Monarchie einen die Reichsstandschaft oder Reichsritterschaftsqualität gebenden Grundbesitz gehabt hätte, 3. ist keine frühere landständische Qualifikation als solche massgebend gewesen. Das allenthalben zulässige Recht der Pairscreirung kann mit dem Personalismus der Reichszeit nicht verglichen werden. Das Einkammersystem hat nur Mecklenburg auf alter Grundlage; es besteht ferner in Luxemburg (und Limburg), Weimar, Meiningen, Altenburg, Coburg und Gotha, Braunschweig, Oldenburg, Anhalt, den FürstenIn einzelnen haben die Besitzer von Rittergütern noch besondere Rechte behalten. 21 I. P. O. art. V. § 32 sqq. Mein Kirchenrecht I. 401 fg.

tümern.

22 Meine Gesch. d. Quellen u. Litter. des can. Rechts III. 1 S. 110. Friedberg, Die Grenzen zwischen Kirche und Staat. 1872. 3. Abt.

23 Mein Kirchenr. I. 380 Note 33; Friedberg; Lipovsky, Baierns Kirchenund Sittenpolizey unter seinen Herzögen und Churfürsten. 1821. Stieve Das kirchliche Polizeiregiment in Baiern unter Maximilian I. 1595-1651. 1876.

dass die katholischen Landesherren sich nicht weniger Rechte beilegten, als ihnen nach den Reichsgesetzen zustanden und die evangelischen übten, zumal bereits im Mittelalter namentlich in Österreich, Böhmen u. s. w. die Landesherren ganz andere Rechte stets geübt hatten, als ihnen die Kirchengesetze gestatteten." In den protestantischen Territorien stand dem Landesherren die Kirchenhoheit zu.24a Damit hatten sie eine bedeutendere Quelle der Macht erlangt, die Säcularisation bot Mittel, welche vielfach zur Gründung tüchtiger Anstalten benutzt wurden.2 Nachdem der Orthodoxismus gefallen, trat in denselben eine Entwicklung auf allen Gebieten des Lebens ein, welche unstreitig bis in die neuere Zeit die der katholischen hinter sich liess. Der Protestantismus hat nicht durch sein Prinzip und nicht absichtlich, aber thatsächlich zur Freiheit geführt.

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Die staatliche Machterweiterung auf den vorher geschilderten Gebieten ging gleichen Schritt mit dem Aufschwunge des Handels, den Veränderungen in der Gesellschaft, welche die Entdeckung Amerikas, die Buchdruckerkunst u. a. m. hervorbrachten. Prompte Justiz, einheitliche Rechtspflege als deren Mittel, das Urteilen durch rechtsverständige Richter, wiederholte Prüfung der Urteile erschien nötig und war mit dem fremden Prozesse von selbst gegeben. Oberste Gerichtshöfe, Oberappellations- Oberhofgerichte (§ 120) als Spruch- und Aufsichtsbehörden wurden geschaffen, um das Recht des Landesherrn auf Supplikation die Revision vorzunehmen zu verwalten. Für die Verwaltungsgeschäfte wurden besondere Behörden (Justizrat u. dgl.) erforderlich. Man kam allmählig dahin für die Zulassung zum Richteramte, wie zu den Stellen im Verwaltungsdienste eine bestimmte Vorbildung und Prüfungen vorzuschreiben.26 Eine Folge davon war die Errichtung von und die Aufsicht über die Anstalten zur Ausbildung der Beamten. Die

24 Die Steuerfreiheit des Klerus ist im H. Österreich schon im 14. Jahrh. nicht beachtet. Interesssant Bruder Studien über die Finanzpolitik H. Rudolfs IV. von Österreich. 1886. Zur Veräusserung geistl. Güter gehörte in Böhmen stets Consens des Königs u. s. w 24 Die Entwicklung zeigt mein Lehrb. des Kirchenrechts, 4. Aufl. § 117. 25 Die Fürstenschulen und Gymnasien zu Meissen, (Schul-) Pforta, Grimma, Leipzig, Magdeburg, Merseburg, Zeitz, Naumburg, Dresden, das Joachimsthalische, zum grauen Kloster in Berlin, Brandenburg, Frankfurt a. d. O., die Universitäten Marburg 1526, Königsberg 1544, Jena 1558, Halle 1694, Helmstadt 1576 u. s. w. Meine Gesch. d. Quellen u. Litt. III. 1 19, 101, III. 2, u. 3 S. 4.

26 Für Preussen gibt Goldschmidt Rechtsstudien und Prüfungsordnung. 1887. von Seite 151 an die genaue geschichtliche Entwicklung des Prüfungswesens und der Bedingungen für die Zulassung zu den Prüfungen bezw. zum höheren Staatsdienste in der Justiz und Verwaltung.

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Universitäten waren zwar da, aber ihre Autonomie passte. nicht mehr und der Kreis ihrer Disziplinen bedurfte der Erweiterung. Wie zuerst die Päpste zu Gunsten der Jesuiten die Universitätsautonomie behoben hatten, so thaten die Fürsten ein gleiches. Mit den alten Lateinschulen war dem Bedürfnisse nicht gedient, die Gründung von Staatsgymnasien und Beaufsichtigung der bestehenden war eine weitere Konsequenz. 28 Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts unterstellte man auch den Volksunterricht, den bis dahin die Kirchen allein geleitet hatten, der staatlichen Aufsicht und Gesetzgebung." Allmählig war auch seit dem 16. Jahrhundert das Armen- und Stiftungswesen in den Bereich des Staates gezogen worden." Auch diese Angelegenheiten erforderten schliesslich Mittel- und Centralbehörden, für welche im 19. Jahrh. die Ministerien für Kultus und Unterricht, in Preussen das Minist. der geistl. Unterrichts-Medicinal-Angelegenheiten mit den Provinzialschulkollegien u. dgl. bestellt wurden. Als die unteren Organe für die Verwaltung fungierten bald eigene landesherrliche, bald die herrschaftlichen unter Staatskontrole und mit früher Einflussnahme des Staates auf die Anstellung. Zum Schutze der Leibeigenen und seit der Aufhebung der Leibeigenschaft zum Schutze der Unterthanen auch dort, wo früher solche nicht bestanden hatten, schuf man Staatsbehörden für die gesamte Verwaltung. 31 Dadurch kam in den grösseren Territorien all

27 Mein Aufsatz im Archiv für kathol. Kirchenr. XIX. 28. Meine Gesch. d. Quellen u. Litter. III. 2 u. 3 S. 281.

28 in Preussen wurde 1718 die Prüfung für Gymnasiallehrer eingeführt, für die Gymnasien besondere Inspektoren bestellt, einige blieben unter dem König und Geheimrat (Joachimsthal, Altständtisches in Königsberg, Ritterakademie Brandenburg).

29 In Österreich seit K. Maria Theresia. v. Helfert, Die österr. Volksschule. I. Die Gründung der österr. Volksschule durch M. Th. 1861. ,,Politische Verfassung der deutschen Volksschulen für die k. k. österr. Provinzen" K. Josefs II. Im 16. Jahrh. waren in Brandenburg auf dem Lande die Küster die Lehrer, welche an den Sonntagsnachmittagen Katechismus und Kirchenlieder übten, in der Stadt gab es meist einen Schulmeister oder Rektor und Schulgehülfen, die Schule stand unter Aufsicht des Pfarrers (u. Stadtrats), die Lehrer wurden in den Städten gewählt, seit K. Friedrich Wilhelm I. (1719) war die Schulpflicht eingeführt, bildeten die Gemeinden Schulgemeinden, denen die Unterhaltung der Schule oblag, wofür besondere Kommunalsteuern. Die Oberaufsicht hatte das Konsistorium. Die volle Regelung geschah für Preussen durch das A. L. R. II. Tit. 12. Sehr interessant für die Entwicklung und Gegenwart v. Gneist Die staatsrechtlichen Fragen des Preuss. Volksschulgesetzes, 1892.

30 Roth in den Jahrb. für die Dogmatik des heut. gem. Rechts I. 189. Preuss. Allg. Landr. T. II. Tit. 19.

31 Einen Beweis des auftauchenden einheitlichen Staatsgedankens gibt Ferd. III. Declarat, u. Nov. zur Vern. Landesordn. für Böhmen ad Aa. XXI., die verbietet den ,,Obriste Landofficirern sich des tituls des Königreichs zu gebrauchen, sondern sich unsere Kön. Obriste Landoff. im Königreich B. zu nennen und schreiben."

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