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gesellte. Als sie nun ihre Reise in der Nacht vom 2. auf den 3. 24 December antraten, ertheilte Cicero den Praetoren L. Flaccus und C. Pomptinus den Auftrag, die Gesandten mit ihrem Gefolge und den Briefschaften aufzuheben. Die kriegskundigen Männer führten den Ueberfall glücklich auf der mulvischen Brücke aus. Von der gelungenen Gefangennehmung sogleich in Kenntniss gesetzt liess Cicero noch vor Tagesanbruch den Lentulus, Cethegus, Statilius, Gabinius, der bei den Unterhandlungen mit den Galliern eine Hauptrolle gespielt hatte, und einen gewissen Ceparius aus Terracina, der zur Leitung eines Sklavenaufstands eben nach Apulien abgehen sollte, in seine Wohnung bescheiden). Die übrigen fanden sich arglos und ohne Widerstreben ein; blos Ceparius, der kurz vorher ausgegangen war, hatte sich auf Kunde des Verraths bereits aus der Stadt geflüchtet. Hierauf berief der Consul den Senat in den Tempel der Concordia, wo die ergriffenen verhört und durch die Aussagen der Allobrogen und die klaren Beweise ihrer Handschrift und Siegel bald überführt wurden 75). Nach erfolgtem Eingeständniss beschloss der Senat, dass die Verhörten und ausser ihnen Ceparius, den man inzwischen von seiner Flucht eingebracht hatte, Senatoren zur Verwahrung zu überliefern seien. Ueber dessen übrige Beschlüsse verweisen wir auf das sechste Capitel der dritten Rede76).

Die erfolgreiche Sitzung hatte bis zum Abend gedauert. Als 25 der Senat auseinanderging, trat der Consul zu dem in zahlreicher Menge und gespannter Erwartung barrenden Volk") heraus und theilte ihm das Ergebniss in einer Rede mit, die unter dem Namen der dritten Catilinarischen erhalten ist. Welchen Eindruck seine Worte gemacht haben, lässt sich aus der lebendigen Schilderung der Bewegung ermessen, die nach Sallustius (c. 48) auf die offene Enthüllung der Verschwörung in Rom entstanden war: Plebs coniuratione patefacta, quae primo cupida rerum novarum nimis bello favebat, mutata mente Catilinae consilia exselitteris mandatisque ad Catilinam esse missos, comitemque iis adiunctum esse T. Volturcium atque huic ad Catilinam esse datas litteras den Schluss ziehen, dass auch die Gallier Schreiben an Catilina erhalten haben; allein Wilh. Meyer hat im N. rhein. Mus. XXV, 175 gezeigt, dass die W. cum litteris mandatisque als Interpolation zu streichen sind. Aus or. III, c. 4 u. 5 ergibt sich deutlich, dass man nur vier Schreiben aufgegriffen hat, drei von Cethegus, Lentulus und Statilius an den Senat und an das Volk der Allobrogen und eines von Lentulus an Catilina. 74) Ueber die Gefühle, die damals den Consul bestürmten, s. Sall. c. 46, welche Stelle besonders auch für den Tag der Nonen ihre Anwendung hat. 75) Sall. 47. Cic. or. III, 8 ff. 76) vgl. noch or. IV, 5. 10. or. Phil. II, 13 ff. 77) Plut. Cic. 19.

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crari, Ciceronem ad caelum tollere; veluti ex servitute erepta gaudium atque laetitiam agitabat. Namque alia belli facinora praedae magis quam detrimento fore, incendium vero crudele, immoderatum ac sibi maxume calamitosum putabat, quippe cui omnes copiae in usu cotidiano et cultu corporis erant78).

Der nächste Tag brachte neue Bewegungen, indem sich die Kunde verbreitete, dass von den Leuten des Lentulus und Cethegus durch Aufwieglung der unteren Volksschichten eine gewaltsame Befreiung der Gefangenen im Werke sei 79). Sofort liess Cicero das Capitol und Forum in der Nacht durch starke Wachen besetzen; mit der Frühe des kommenden Tags, an den Nonen des December, hiess er das Volk in die Hände der Praetoren den militärischen Eid leisten, für den Fall dass man Soldaten bedürfen sollte 80). Hierauf berief er den Senat in den durch zahlreiche Bewaffnete geschützten Tempel der Concordia 81), um die Frage über das Schicksal der Gefangenen zur Entscheidung zu bringen, wozu der Senat verfassungsmässig nicht berechtigt war 82).

Nach den am 3. December vorausgegangenen Senatsbeschlüssen stand zu erwarten, dass das Urtheil streng ausfallen werde. Als designierter Consul zuerst um seine Meinung befragt, sprach sich D. Junius Silanus 83) dahin aus, dass an den verhafteten, desgleichen an L. Cassius, P. Furius, P. Umbrenus und Q. Annius, wenn man ihrer habhaft werde, die Todesstrafe zu vollstrecken sei. Seinem Antrag schlossen sich die zunächst stimmenden Consularen 8) an, bis die Reihe an C. Julius Caesar kam, der damals ernannter Praetor war und zuerst dem Gang der Verhandlung eine andere Wendung gab 5). Nachdem er in längerer Rede 8) die Massregel der Hinrichtung als eine ungesetz

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78) Der Umschlag der öffentlichen Stimmung ist auch angedeutet or. IV, 14 ff. 79) Sall. 50. Cic. or. IV, 17. Dio 37, 35. App. b. civ. II, 5. 80) Dio a. a. 0. 81) am clivus Capitolinus, der ganz von römischen Rittern besetzt war. 82) s. Mommsen R. G. III, 176 ff. (3). 83) Sall. 50, der bemerkt: postea permotus oratione C. Caesaris pedibus in sententiam Ti. Neronis iturum se dixerat, quod de ea re praesidiis additis referundum censuerat. 84) Ihre Namen bei Cic. ad Att. XII, 21, 1 und Phil. II, 12. 85) Suet. v. Caes. 14. 86) Bei Sallust 51. Ueber die Gründe seines Votums s. Plut. C. 20 g. E. Treffend bemerkt Drumann V, 506: 'Ohnerachtet der ihm angebornen Milde kam doch das Schicksal der Gefangenen nicht bei ihm in Betracht; hätte es ihn bei seinen weitausgehenden Plänen gefördert, so würde er sie aufgeopfert haben; eben so fern lag ihm die Sorge für den Senat, welcher bei einem Todesurtheil eine grosse Verantwortung übernahm, und der Eifer für Gesetz und hergebrachte Ordnung. Seine Aufgabe war, sich aufzulehnen gegen die Aristokratie und gegen ihre Beschlüsse, was auch der Gegenstand sein mochte, und ihr Treiben zu beleuchten,

liche und in ihren Folgen sehr bedenkliche bezeichnet hatte, schloss er mit dem Antrag: man solle das Vermögen der Verschwornen einziehen und sie selbst in verschiedene Municipalstädte zu ewiger Haft vertheilen und die Municipien für ihre sichere Verwahrung aufs strengste verantwortlich machen; ausserdem solle jeder Antrag beim Senat oder Volk auf eine Milderung oder gänzliche Aufhebung ihrer Strafe als ein Attentat gegen die Sicherheit des Staats erklärt werden 87). Die auf Einschüchterung der Versammlung wohl berechnete Rede verfehlte nicht einen tiefen Eindruck zu machen, so dass die nächsten Gutachten zu schwanken anfingen und selbst Quintus Cicero, der Bruder des Consuls, dem Antrage Caesars beipflichtete 88). Da nun der Consul die 28 Senatoren wanken und auch Besorgnisse für sein Leben ausdrücken sah, fand er es für nöthig auch mit seinem Wort in die Verhandlung einzugreifen, den Senat zu ermuthigen und zu beschwören, er möge bei seinem Urtheil alle Rücksichten auf seine Person bei Seite setzen, und so den Gang der Verhandlung, deren Ergebniss zweifelhaft zu werden schien, wieder in das frühere Geleise zurückzulenken. Seine Rede, die vierte Catilinarische, ist zwar scheinbar, wie auch seine Stellung als referierender Consul erheischte, nur eine Beleuchtung der Ansichten des Silanus und Caesar mit Rücksicht auf seine Person, für welche Caesars Vorschlag minder gefährlich schien 89); aber deutlich blickt durch seine Worte der Wunsch hindurch, es möge sich die Versammlung für das strengere Votum des Silanus entscheiden. Dass übrigens Cicero in Mitte der Verhandlung eine so wortreiche Rede gehalten habe, ist schwer zu glauben; ihr eigentlicher Kern, die klare Würdigung der beiden Anträge und die eben so feine als kunstreiche Bekämpfung des Caesarischen, hat sicherlich erst bei der späteren Niederschreibung den rhetorischen Flitterstaat erhalten, bei welcher Annahme auch der etwas weichherzige Eingang seine beste Erklärung findet 90). An welcher Stelle Cicero damit es in einer gehässigen Gestalt erschiene und soviel als möglich Aufsehen erregte. Damit bewährte er sich als der Mann des Volkes, welcher nicht Blut, sondern nur Schutz gegen Mord und Brandstiftung begehrte, und diesen Schutz versagte er ihm bei der Abstimmung nicht'. Am wenigsten darf Caesars Rede Wunder nehmen, wenn er selbst, wie Mommsen (III, 179 ff.) in scharfsinniger Beweisführung im hohen Grade wahrscheinlich gemacht hat, Mitwisser an der Verschwörung gewesen 87) Sall. c. 51 § 42. Cic. or. IV, 8. 10. 88) Suet. Caes. 14. 89) vgl. § 9. 90) Ist die Rede später abgefasst, so erklären sich auch noch einige andere eingebildete Anstösse, so das Vorkommen mehrerer Stellen, die man eher in einer Eröffnungsrede des referierenden Consuls (relatio im engeren Sinne) erwarten sollte. Wie Cicero die Rede nieCiceros Reden III. 10. Aufl.

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mit seiner Rede in die Debatte eingegriffen hat, ist durch kein bestimmtes Zeugniss überliefert; sicher aber scheint, dass er vor Cato und Tiberius Nero gesprochen, welcher letztere durch den Antrag auf Vertagung des Urtheils einen Mittelweg eingeschlagen hatte 1). Da Cicero ihre Vorträge nicht berührt, so dürfte es von der Wahrheit nicht entfernt liegen, wenn man seiner Rede nach dem Gutachten der viri praetorii ihre Stelle anweist. Die Aengstlichkeit der Gemüther völlig zu verscheuchen scheint Cicero nicht gelungen zu sein 92); wenigstens stimmen alle Zeugnisse der Geschichtschreiber darin überein, dass erst das Auftreten des jungen M. Porcius Cato 93), der damals ernannter Volkstribun war, von entscheidender Wirkung auf die Beschlussnahme des Senats gewesen ist 4). Denn Cato, sagt Velleius Paterculus (II, 35), brach mit so grosser Kraft des Geistes und Muthes gegen die Verschwörung los, wusste mit solchem Feuer des Auges die Rede derer, die zur Milde riethen, einer Theilnahme an der Verschwörung zu verdächtigen, schilderte mit so lebhaften Farben die Gefahren, die ihnen allen aus dem Brand und Schutt der Stadt und aus dem Umsturz der Verfassung gedroht hatten, pries in so würdigen. Ausdrücken das entschlossene Benehmen des Consuls, dass der Senat dessen auf Tod lautenden Votum beitrat und ein grosser Theil der Senatoren den Cicero nach beendigter Sitzung nach Hause begleitete. Der Urtheilsspruch des Senats ward ohne Berufung an das Volk noch vor Eintritt der Nacht vollzogen und die Hochverräther im Tullianum erdrosselt 95). Catilina selbst und seine Schaaren wurden in der Schlacht bei Pistoria zu Anfang des J. 62 vernichtet, nachdem sie mit einem Muthe der Verzweiflung gekämpft hatten, der einer besseren Sache würdig gewesen wäre 96).

derschrieb, sollte sie eben als ein in sich geschlossenes Ganze in dem corpus orationum invectivarum erscheinen, nicht als das abgerissene Stück einer vermittelnden sententia aus der Mitte der Berathung.

91) Sallust sagt: praesidiis additis 'wann erst noch durch stärkere Schutzmittel für die Sicherheit des Staats gesorgt sei'; wahrscheinlicher ist die Nachricht des Appian b. c. II, 5, der den Vorschlag des Nero dahin angibt: man solle die Schuldigen so lange in Verwahr halten, bis man den Catilina im Krieg überwunden habe und ganz genaue Untersuchung anstellen könne. 92) Nach der Andeutung bei Plut. v. Cic. 21 neigte sich die Mehrzahl der Senatoren, auch nachdem Cicero gesprochen hatte, aus Sorge für sein Leben dem Vorschlag Caesars zu. 93) Seine Rede bei Sallust c. 52. 94),Sall. 53. 95) Sall. 55. 96) Ibid. 57 ff. Florus II, 12, 12: Nemo hostium bello superfuit; quem quis in pugnando ceperat locum, eum amissa anima corpore tegebat. Catilina longe a suis inter hostium cadavera repertus est, pulcherrima morte, si pro patria sic concidisset.

ORATIO PRIMA

HABITA IN SENATU.

1. Quo usque tandem abutere, Catilina, patientia nostra? 1 quam diu etiam furor iste tuus eludet? quem ad finem sese effrenata iactabit audacia? Nihilne te nocturnum praesidium Palatii, nihil urbis vigiliae, nihil timor populi, nihil concursus bonorum 5 omnium, nihil hic munitissimus habendi senatus locus, nihil horum ora vultusque moverunt? Patere tua consilia non sentis? constrictam omnium horum scientia teneri coniurationem tuam non vides? Quid proxima, quid superiore nocte egeris, ubi fueris,

1. Quo usque. Es war ein frecher Trotz gegen die Langmuth des Senats, dass er als offenkundiger hostis patriae gewagt hatte selbst in jener Versammlung des Senats zu erscheinen, die gerade berufen war, Massregeln gegen seine Umwälzungspläne zu treffen. Ueber das Motiv seines Erscheinens s. Einl. Anm. 52.

tandem in einer instandi causa gestellten Frage (Quintil. 9, 2, 7), eben so bei Sall. Cat. 20,9: quae quo usque tandem patiemini, fortissimi viri?

2. etiam zu quam diu gehörend 'noch', wie § 10 vixdum etiam, Verr. 4, 9 nihildum etiam; so auch in den Verbindungen etiam tum, etiam nunc.

eludet wird sein Spiel treiben, sich gebahren', wenig verschieden von se iactabit.

quem ad finem 'bis zu welchem Ziele', synonym mit quam diu. Verr. V, 75 piratam vivum tenuisti? quem ad finem? dum cum imperio fuisti. Tac. Ann. 14, 52 quem ad finem nihil in re publica clarum fore, quod non ab illo reperiri credatur?

3. praesidium Palatii. Bei drohender Gefahr wurde das Palatium (= mons Palatinus) als einer der

wichtigsten militärischen Punkte der Stadt mit Wachen besetzt.

4. urbis vigiliae, timor populi: s. Sall. Catil. c. 30, 7 und c. 31.

concursus bonorum, die zum Theil bewaffnet vor dem Ort der Senatssitzung erschienen und mit ihrer Hilfe bereit waren. Statt concursus hat Quintilian 9, 3, 30 minder gut consensus. Der Redner führt nur solche Erscheinungen an, die in die Sinne fallen mussten.

5. munitissimus, s. § 21 g. E.

senatus locus, der Tempel des Juppiter Stator, der nahe an der sacra via am nördlichen Abhang des Palatium lag, s. Plut. v. Cic. 16. Zu Senatssitzungen wurden sonst fast nur die Tempel des Forums und Capitols gewählt, damals der des Juppiter Stator wahrscheinlich deshalb, weil man den mons Palatinus, an dessen Abhang der Tempel lag, militärisch besetzt hatte.

8. proxima, die dem Tage der Rede voranging, in der vielleicht nach dem Fehlschlagen des Attentats auf Cicero ein Hauptschlag in der Stadt im Werke war, der aber wegen der militärischen Anordnungen nicht zur Ausführung kam; superiore, der nächstvorangehenden, in der die Versammlung im

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