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Geh. Ober-Justizrath von und zur Mühlen an Freiherrn W. v. Ketteler.

81.

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Berlin, 13. Mai 1849.

Ew. Hochwürden werden, wie seit einigen Tagen als entschieden betrachtet wird, das Amt eines Seelsorgers unserer hiesigen katholischen Gemeinde an Stelle des abgehenden Propstes Brinkmann übernehmen; und wenn ich persönlich unbekannt Ihnen, als dem künftigen Pfarrer, aus der Ferne den ersten Gruß zusende, so möge es darin seine Entschuldigung finden, daß ich als Sprecher der Kirchen-Aeltesten dazu gewissermaßen den Beruf in mir fühle. Auch habe ich dem abgehenden Propst Brinkmann sowohl als dessen Vorgänger, Herrn Fischer, so nahe gestanden, daß es mich drängt, Ihnen das erste Willkommen entgegen zu bringen.

Ich darf wohl kaum hinzufügen, daß alle diejenigen, welche an dem kirchlichen Leben einigen Antheil nehmen, hierin einstimmen. Was mich aber noch besonders drängt, Ihnen, nachdem mir die erste Kunde zugegangen, zu schreiben, ist, daß mir der Geheime Rath Aulike gesagt, es sei Ihnen recht schwer geworden, sich von Ihrer bisherigen Gemeinde zu trennen und das Amt eines Seelsorgers in Berlin zu übernehmen. Ich kann dies mitfühlen, denn auch ich habe vor jezt 23 Jahren die Heimath verlassen und mich in den Strudel der Hauptstadt begeben, nicht weil ich etwas suchte, sondern weil ich gerufen war. Mich fesselte damals an die Heimath nur die zusagende Umgebung und eine Beschäftigung, die sich ohne mein Zuthun meiner Neigung entsprechend gestaltet hatte. Daß es noch anders ist, wenn man sich durch persönliche Aufopferung und Hingebung erst einen Wirkungskreis geschaffen, wenn man darin den Trost gefunden, der von oben kommt, und wenn man dann eine solche Stellung verlassen soll, begreife ich vollkommen und fühle um so lebendiger mit Ihnen, was in Ihrem Innern vorgehen mag.

Auch können wir uns nicht verhehlen, daß die Stellung in der Hauptstadt für jeden Wirkungskreis ihre eigenthümlichen Schwierigkeiten hat. Ganz besonders ist dies der Fall für den katholischen Seelsorger unter seiner inmitten einer protestantischen Bevölkerung zerstreut lebenden Gemeinde. Indeß dürfen wir nun einmal die Schwierigkeiten nicht scheuen; mir kommt immer, wenn sie sich höher und höher zu thürmen scheinen, wieder und wieder in den Sinn, daß mir einstens von einem Geistesmanne gesagt worden: jeder Anführer schicke die besten Soldaten auf v. Ketteler, Briefe.

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den schlimmsten Plaß; daher sei es kein Unglück, wenn wir unsere Lage widrig und sorgenvoll und uns also auf einem vermeintlich schlimmen Posten fänden, vielmehr sei darin eine gewisse Hoffnung gegeben, als ob uns die Vorsehung aus dem Sündenpfuhl, in dem wir stecken, mit Gewalt herausziehen wolle.

Gewiß auch ist, daß dem Seelsorger einer Gemeinde, wie die hiesige, in seinem mühsamen Wirken nicht selten ein Trost wird, woran er gar nicht gedacht, und ein lohnendes Bewußtsein, dessen Werth jeder Beschreibung entbricht. Ja, ich glaube seine Stellung ist eine solche, daß vielleicht wenige segensreichere zu finden sind. Der Boden ist im nördlichen Deutschland so aufgelockert, daß man täglich an die Worte erinnert wird: Messis quidem multa, operarii autem pauci. Rogate ergo Dominum messis, ut mittat operarios in messem suam.

Mit diesem Wahlspruch will ich denn auch Sie begrüßen, Hochwürdiger Herr! und, wie ich nicht zweifle, noch manche mit mir. Ich hoffe, Sie werden nicht ein Jahr in unserer Mitte zugebracht haben, ohne daß nicht schon von vielen Seiten dankerfüllte Herzen Sie für die Opfer, so Sie gebracht, entschädigen.

Genehmigen Sie, Hochwürdiger Herr! mit diesen Worten, den nochmaligen Gruß des Willkommens, den ich Ihnen entgegenbringe.

Cultusminister v. Ladenberg an Freiherrn W. v. Ketteler.

82.

Berlin, 31. Mai 1849.

Es ist mir angenehm gewesen, daß Ew. Hochwürden in Folge der Ihnen vor einiger Zeit in meinem Auftrage gemachten Eröffnung sich bereit erklärt haben, die zur Erledigung gelangte Propstei bei der hiesigen St. Hedwigs-Kirche, mit welcher zugleich ein Ehrencanonicat beim Dome zu Breslau, sowie das Amt eines bischöflichen Delegaten für die katholischen Gemeinden in dem größten Theile der Marken und Pommerns verbunden ist, zu übernehmen. Ich habe demzufolge Ihre Ernennung zu diesem Amte bei Sr. Majestät dem Könige als Patron in Antrag gebracht, und ist solche durch Allerhöchste Ordre vom 19. Mai cr. erfolgt. Da der seitherige Propst Herr Brinkmann gegen Ende des Junimonates das ihm übertragene Canonicat zu Münster anzutreten wünscht, so wird es nothwendig, daß Ew. Hochwürden Ihre Uebersiedelung hieher nach Möglichkeit beschleunigen, damit der Eintritt eines unter den jezigen

Verhältnissen nicht angemessenen administratorischen Zustandes vermieden werde.

Die kanonische Institution in das Ihnen übertragene Amt werden Ew. Hochwürden bei dem Herrn Fürstbischofe von Breslau nachzusuchen haben, welcher zugleich wegen Ihrer Installation als Ehrendomherr das Nöthige veranlassen wird. Insofern es demnach erforderlich erscheint, daß Sie sich, bevor Ihre Einführung in die Propstei erfolgt, persönlich nach Breslau begeben, werden Sie zugleich wohl thun, bei Ihrem bisherigen Ordinarius, dem Herrn Bischofe von Münster, die Aushändigung eines amtlichen Zeugnisses darüber nachzusuchen, daß Ihnen diejenigen Qualitäten beiwohnen, welche zur Erlangung eines Ehrencanonicates kanonisch erforderlich sind und in den sogenannten testimoniis idoneitatis näher ausgedrückt zu werden pflegen. Dieses Zeugniß wird demnächst dem Herrn Fürstbischofe von Breslau vorzulegen sein.

Die für Sie ausgefertigte Königliche Urkunde wird Ihnen bei der Einführung übergeben werden.

Der Herr Fürstbischof von Breslau, der Herr Bischof von Münster, sowie das Königliche Oberpräsidium hierselbst sind von Ihrer Ernennung in Kenntniß gejezt worden, und wollen Ew. Hochwürden von dem Zeitpunkte, wo Sie Ihr Amt zu übernehmen beabsichtigen, mich demnächst zur weiteren Veranlassung in Kenntniß sehen.

Fürstbischof v. Diepenbrock an Freiherrn W. v. Ketteler.

83.

Wien, 1. Juni 1819.

Herr Geh. Rath Aulike hat mich heute durch die briefliche Nachricht erfreut, daß nachdem die Provista für Herrn Propst Brinkmann von Rom eingetroffen die Präsentation Sr. Majestät des Königs für Ew. Hochwürden als seinen Nachfolger bereits erfolgt sei. Es ist hierdurch ein sehnlicher Wunsch meines Herzens erfüllt; denn ich weiß, welch' treuen Händen ich nunmehr die seelsorgliche Pflege der katholischen Gemeinde in Berlin und die delegirte Verwaltung des Delegatur-Bezirkes anvertrauen und wie sehr ich darüber beruhigt sein kann. Zwar habe ich mich absichtlich enthalten, in Ew. Hochwürden wegen der Annahme dieses beschwerlichen Postens zu dringen; ich wollte Ihren eigenen Entschluß reifen lassen, denn ich wußte, daß er nur aus den reinsten, echtpriesterlichen Motiven hervorgehen könnte; und der kirchliche Einfluß darauf stand lediglich Ihrem Hochwürdigsten Herrn Ordinarius, nicht mir zu.

Nachdem nun aber Gott Ihren Entschluß meinen Wünschen gemäß geleitet, so nehme ich keinen Anstand Ihnen meine herzliche Hirtenfreude darüber zuvorkommend auszusprechen und Sie im Namen des Herrn aus vollster Seele willkommen zu heißen. Wohl harrt Ihrer ein schweres Tagwerk, ein Ackerfeld von großer Fruchtbarkeit zwar, aber auch voll Disteln und Dornen. Allein Gott hat Ihnen die Kraft und den Muth und die Geduld der apostolischen Liebe verliehen, den opferfreudigen Sinn; Jhr Gebet wird Ihre Arbeiten befruchten und die Kirche Gottes wird sich durch Sie schöner Erfolge erfreuen. Das ist meine Zuversicht. Daß manches in Berlin anders zu gestalten sein wird als bisher, obwohl ich das mancherlei durch Herrn Brinkmann geförderte Gute nicht verkenne, will ich vorläufig nur andeuten. Namentlich liegt ein näherer Verband der Herrn Kapläne mit ihrem Herrn Vorstande, ein häusliches priesterliches Zusammenleben, vor allem in meinen Wünschen. Doch von alledem später. Diese flüchtigen, in großem Gedränge geschriebenen Zeilen haben, wie gesagt, nur den Zweck, Ihnen meine Freude darüber auszudrücken, daß ich Ew. Hochwürden den Unsrigen, den Meinigen möchte ich ohne Anmaßung sagen, nennen kann, so wie ich mit aufrichtigster Hochachtung und Liebe und mit den innigsten Segenswünschen mich nenne den Jhrigen Melchior F. B.

An den Fürstbischof v. Diepenbrock in Breslau.

84.

Hopsten, 8. Juni 1849.

Der Herr Minister der geistlichen Angelegenheiten hat in einem Schreiben vom 21. Mai mir die Mittheilung gemacht, daß in Folge meiner Erklärung und seines Vorschlages durch Allerhöchste Ordre vom 19. Mai cr. von Sr. Majestät dem Könige, als Patron, meine Ernennung zur Propstei bei der St. Hedwigs-Kirche in Berlin erfolgt sei. Der Herr Minister verknüpft mit dieser Anzeige die Aufforderung, die kanonische Institution in das mir übertragene Amt bei Ew. Fürstbischöflichen Gnaden nachzusuchen. Dieses Schreiben hat mich wahrhaft betrübt und mit Schrecken erfüllt. Ew. Fürstbischöfliche Gnaden werden vielleicht erfahren haben, daß die Berufung nach Berlin ganz und gar meinen Wünschen entgegen ist und zwar, abgesehen von allen anderen Gründen, insbesondere deßhalb, weil ich mich gänzlich unfähig halte, einen so schwierigen Posten auszufüllen, da ich selbst meiner friedlichen Landpfarre nur so mangelhaft vorstehen kann. Mein einziger Trost in dieser Angelegen

heit war und ist der Wille Gottes, den ich zu erkennen glaubte und dem. ich mit Verleugnung aller eigenen Gedanken und Empfindungen zu folgen entschlossen bin. Mit der Furcht im Herzen, daß ich gegen Gottes Willen und folglich seines Segens beraubt ferner hier sei, hätte ich meinen Pfarrkindern das Wort Gottes ja nicht mehr mit Vertrauen verkündigen können. Insbesondere aber war es die von dem Herrn Aulike, von dem Domherrn Förster und von meinem Hochwürdigen Herrn Bischofe mir mitgetheilte Uebereinstimmung Ew. Fürstbischöflichen Gnaden mit unserem. Herrn Bischofe bezüglich meiner Person, die mich bestimmte, den Willen Gottes in dieser Angelegenheit zu erkennen. Ich erwartete nunmehr eine bestimmte Willensäußerung meiner geistlichen Oberen und Ew. Fürstbischöflichen Gnaden, um ihrem gemeinsamen Rufe wie der Stimme Gottes folgen zu können, und statt dessen erhalte ich ein Schreiben des Herrn Ministers, in dem die Präsentation von Seiten der weltlichen Behörden eine erfolgte Ernennung und Uebertragung des geistlichen Amtes genannt wird und worin mir angemuthet wird, mich selbst um die geistliche oder vielmehr kanonische Institution zu bemühen.

Ew. Fürstbischöfliche Gnaden! Wer dazu mitwirkt, daß bei Besegung eines bischöflichen Stuhles ein dignior ausgeschlossen wird, begeht nach Sess. 24, cap. 1 de reform. des Tridentinums eine Todsünde. Ich würde mich in der That eines ähnlichen Vergehens und einer nicht minder großen Sünde schuldig machen, wenn ich bei meiner festen Ueberzeugung, daß ich wahrhaft unfähig und unwürdig zu dieser Stelle bin, das Mindeste dazu beitrüge, daß sie mir verliehen würde. Wie ich daher, ohne die Geseze der Moral zu verlegen, Ew. Fürstbischöfliche Gnaden nicht bitten kann, mir die kanonische Institution zu verleihen, so kann ich ebensowenig, ohne die Geseze des Kirchenrechtes zu verlegen, in der Präsentation irgend eine Uebertragung des Amtes selbst anerkennen.

Ich bin daher der ferneren Bestimmung meiner geistlichen Oberen gewärtig. Niemand würde sich mehr freuen wie ich, wenn Ew. Fürstbischöfliche Gnaden in Berücksichtigung meiner Unfähigkeit die kanonische Institution verweigern würden. Sollte dagegen die Stelle mir übertragen werden, so werde ich dem Rufe Ew. Fürstbischöflichen Gnaden und des Herrn Bischofs von Münster gehorsam folgen, und in diesem Falle bitte ich zugleich mir den Zeitpunkt zu bestimmen, wann ich in Berlin das Amt übernehmen soll und wann ich die Ehre haben kann, in Breslau Er. Fürstbischöflichen Gnaden persönlich meine Ehrerbietung zu bezeigen. Vor Mitte des Monates August glaube ich jedoch nicht meine hiesigen Amtsgeschäfte nebst den persönlichen Angelegenheiten zu Ende führen zu können.

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