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allein kann wissen, wie diese Entscheidung in die Seelen und Herzen der Menschen und in die falschen Ansichten und Empfindungen, die dort angehäuft sind, eingreifen soll und eingreifen wird. Wie leicht aber können Verhältnisse eintreten, wo es dem Heiligen Vater von unendlichem Werthe sein muß, die Erfahrung gemacht zu haben, daß eigentlich alle Hausstreitigkeiten in der Kirche verschwunden sind, und daß es nur seines Wortes bedarf, um von allen Theilen der Welt die Bischöfe um sich zu versammeln. Mein deutsches Gefühl ist dagegen in dieser Zeit recht gekreuziget worden. Es ist namenlos schmerzlich für uns zu sehen, wie Deutschland jezt auf den Versammlungen der katholischen Kirche zusammen geschmolzen ist. Es waren wohl noch einige Bischöfe aus Oesterreich, Preußen, Baiern u. s. w. da, aber die deutsche Nation als solche ist verschwunden.

Mich hält hier noch die Verhandlung wegen meiner vorläufigen Convention mit der Regierung 1) zurück. Ich habe alle Hoffnung, daß ich zum Ziele gelange. Alle diese Verhandlungen werden mir aber recht schwer, da mich mein Herz immer mit der größten Gewalt zum eigent= lichen priesterlichen und seelsorglichen Wirken hinzieht. Diesen muß ich jezt auf lange Zeit entsagen. Doch kann ich über Gottes Willen dabei nicht zweifelhaft sein und so muß ich natürlich mein rebellisches Gefühl unterdrücken.

Daß Friedrich 2) mich nicht begleiten konnte, hat mir sehr leid gethan. Ich hatte ganz sicher darauf gerechnet und war ganz überrascht, als seiner Gesundheit wegen die abschlägige Antwort kam. Max wollte ich nicht gern in seinen Studien stören. Er macht mir fortwährend die größte Freude und ich erwarte, daß er ein sehr tüchtiger Arbeiter für den lieben Heiland werden wird. Von dem lieben Pater in Assen bekomme ich immer dieselbe Nachricht von dem langsamen Fortschreiten der Krankheit. Ich habe lange Teine Ansicht getheilt, daß nämlich Gott ihn durch die schwere Krankheit nur läutern wolle, um ihn dann noch hier als Arbeiter zu gebrauchen. Es scheint aber, daß Gott es anders bestimmt hat. Ich habe ihm das Opfer dieses geliebten Bruders schon gebracht. Seine Krankheit mit ihrem wahrscheinlichen Ende ist für mich wieder eine große Erfahrung von den geheimnißvollen Wegen der Vorsehung. Auf seine Hilfe hatte ich so sicher gerechnet und jezt nimmt ihn Gott hinweg, wo er eben beginnen könnte mit großem Erfolg mich bei

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1) Abgedruckt in Dr. Brück's Geschichte der oberrheinischen Kirchenprovinz 547-550.

2) Graf v. Galen. Vgl. S. 192 f.

der Aufgabe zu unterstüßen, die Gott auf meine schwachen Schultern gelegt hat.

Grüße Aennchen so innig und herzlich wie möglich. Ich will Euch, so gut ich es vermag, dem Schuße der heiligen Apostelfürsten empfehlen. Viel Glück und Gottessegen zum neuen Jahre!

An Regens Moufang in Mainz.

128.

Rom, 12. Januar 1855.

Ich trage schon lange den Gedanken herum, Ihnen, den Professoren und den lieben Seminaristen einen freundlichen Gruß von hier aus zuzusenden. Die große Unregelmäßigkeit in unserer Lebensweise hat mich aber bisher von der Ausführung abgehalten. So habe ich Ihnen noch nicht einmal meine Freude über Ihre Wahl zum Domcapitular') ausge= sprochen. Es bedarf jedoch dessen kaum, Sie meiner Freude und Theilnahme zu versichern. Meine Freude bezieht sich aber mehr auf die Diöcese als auf Ihre Person. Die volle Ueberzeugung, daß Sie für Ihre Person weit entfernt sind, derartiges zu suchen; daß Sie solche Stellen nicht als einen Lohn, sondern als eine Pflicht, als ein Amt betrachten; daß Sie deßhalb zu jeder Zeit den ganzen Einfluß dieser Stellung nur benutzen werden, um das Wohl der Diöcese zu fördern diese Ueberzeugung erfüllt mich mit der innigsten und lebhaftesten Freude bei Jhrer Wahl.

Vor allem bitte ich schon jet in diesem Sinne Ihren ganzen Einfluß geltend zu machen, wenn einst sich die Gelegenheit bieten wird, der Diöcese einen bessern und würdigern Bischof zu geben, und sich durch gar keine Rücksicht abhalten zu lassen, für den würdigsten Priester aufzutreten. Der Gedanke, Sie auch als Rathgeber von nun an im Ordinariat zu haben, ist mir von großem Troste, da wir Bischöfe, wie wir bei der Weihe so schön ausdrücken, der Hilfe um so mehr bedürfen, je schwächer wir uns selbst fühlen. Also Deo gratias!

Der liebe Gott hat uns Reisende bisher vor allem besondern Unfall gnädig bewahrt. Ihr Onkel 2) fühlt sich Gott Dank besonders wohl, wie er mir vor einiger Zeit zu meiner Freude gestanden hat. Ich

1) Am 6. November 1854.
2) Generalvikar Lennig.

bedaure ihn oft, daß er bei seinen Kenntnissen aller Art auf einen Reisegefährten angewiesen ist, mit dem er so vieles nur mangelhaft theilen kann. Einen großen Theil der Jugend auf der Jagd zugebracht zu haben wird hier doch recht fühlbar. Zudem ist der Gedanke an meinen tod= kranken Bruder, den ich nach den lezten Nachrichten wohl kaum noch zu den Lebenden rechnen darf, auch so ernst, daß ich mich nicht immer seines Einflusses nach Außen hin erwehren kann. Doch hat Rom in hohem Grade das Eigenthümliche, daß es auch mit den ernsten inneren Stimmungen nicht in Widerspruch tritt. Alles was man hier sicht, erweckt ja Gedanken, die, über den kurzen Zeitraum der Dauer des irdischen Lebens so weit hinausgehend, uns an die Nichtigkeit des Vergänglichen und den Werth des Unvergänglichen erinnern. Hier ist wahrhaft die Welt im Kleinen und zwar nicht in Büchern, sondern in Steinen und Monumenten. Durch sie und die Eindrücke, welche sie an sich tragen, tritt man in tägliche unmittelbare Berührung mit den größten Begebenheiten im Heidenthum und Christenthum und mit den größten Männern, die sie hervorgebracht. Und diese Riesenkolosse des Heidenthums, die eine ewige Dauer ertrozen zu wollen scheinen, dennoch Ruinen und im Verfall und auf ihnen das Christenthum wie der Gegensah von Leben und Tod!

Mehr als alle anderen Monumente erregen aber die Katakomben mein Interesse. Man möchte sie auf den Knieen durchwandern statt auf den Füßen, und singend und betend statt redend. Wenn für die Kata-komben das geschehen wäre, was für die Aufbewahrung aller ganzen und halben heidnischen Statuen, so wären sie ohne Zweifel die heiligsten und lehrreichsten Gänge in der Welt. Das ist aber leider nicht der Fall. Wo immer ein neuer Gang eröffnet wird, nimmt man an heiligen Gebeinen und Steinen alles fort, was sich findet. In den Katakomben liegen in den Theilen, welche geöffnet sind, nur noch jene Heilige theilweise an der Stelle, wo sie nach ihrem Martyrertod beigesetzt wurden, über die schon Constantin Basiliken aufführen ließ. Hier, wo durch eine besondere Fügung Gottes und durch das milde Clima alle alten Monumente sich so merkwürdig erhalten haben, sieht man auch zugleich, wie heilig in der Kirche nicht nur jener Theil der Tradition ist, der das Wesen der christlichen Lehre betrifft, sondern auch jener, der sich auf die vielen andern Schäße des christlichen Lebens bezieht. Unter der Erde in den Katakomben liegt z. B. die heilige Agnes an der Stelle, die alle Christen in Rom kannten, wo sie beteten und das heilige Opfer feierten. Hundert Jahre später läßt Constantin die Erde an dieser berühmten Stelle bis zu der Tiefe des Grabes der Heiligen

abtragen und baut nun über demselben, ohne die Stelle zu verändern, die Basilika, die, wenn auch hie und da verschönert, noch heute steht. Solchen handgreiflichen Dokumenten, welche die Tradition der Katakomben sofort verkörpert haben und uns wie mit einem Sprunge über so viele Jahrhunderte hinweg in die erste Zeit des Christenthums verseßen, begegnet man hier so vielfach. Sie haben etwas ganz Ergreifendes. Den Raum in den Katakomben der heiligen Agnes, wo die Katechumenen unterrichtet wurden, mitten unter den Gräbern heiliger Martyrer, um für denselben Glauben vielleicht auch bald den Tod zu erleiden, werde ich nie vergessen. Fast mein erster Gedanke, als ich diesen Ort betrat, war: O wenn doch alle meine lieben Alumnen aus Mainz hier sein könnten, um an dieser heiligen Stelle, wo einst vielleicht viele Martyrer den Entschluß gefaßt haben, ihr Blut aus Liebe zum Heiland zu vergießen, demselben göttlichen Erlöser zu versprechen, daß auch sie alle Opfer bringen wollen, die nöthig sind, um gute Priester zu werden! Doch nicht nur hier, sondern überall begleitet mich der Gedanke an jene Anstalt, von der aller Segen für die Diöcese ausgehen soll, und meine Gebete und Wünsche für Alumnen, Professoren und Regens sind zahllos.

Ihr Onkel wird Ihnen geschrieben haben, daß meine Conferenzen mit Brunelli beendet sind. Ich bin mit dem Gang zufrieden und hoffe zu Gott, daß ich anfangs Februar mit einer befriedigenden Antwort der Heimath entgegen reisen kann. Wie sehr ich mich darnach sehne, versteht sich von selbst. Die herzlichsten Grüße bitte ich den Herrn Domcapitularen, Professoren, Pfarrern, Alumnen u. s. w. auszurichten; auch Ihre Mutter und Geschwister nicht zu vergessen. Den Bewohnern des Seminars ertheile ich meinen bischöflichen Segen.

An seine Nichte Helene Gräfin von Galen.

129.

Rom, 29. Januar 1855.

Vor einigen Tagen habe ich einen Brief von der guten Mutter 1) empfangen, für den ich ihr recht vielen Dank verschulde, indem er mir so viele und liebe Nachrichten von dem lieben Pater und seinen lezten. Stunden überbrachte. Die liebe Mutter hat mir durch diesen Brief eine ganz außerordentliche Freude gemacht und noch manches vervollständiget,

1) Seine Schwester Anna Gräfin v. Galen.

was die liebe Sophie übergangen hatte. Sage ihr daher vorläufig meinen allerherzlichsten Dank. Da mir die Geschwister in Innsbruck auch theilweise die Nachrichten mitgetheilt haben, die sie von den lieben Schwestern empfangen hatten, so bin ich jezt recht vollständig von allem unterrichtet, was an dem Sterbebette des lieben seligen Bruders vorgefallen ist. Ohne recht tiefe Wunden geht natürlich ein solcher Verlust nicht vorüber. Alle Trennung ist ja nur eine Folge der Sünde und vor allem der Tod — diese größte Trennung außer der ewigen. Doch die Barmherzigkeit Gottes und die Liebe unseres Heilandes hat ja aus dieser schmerzensvollen Strafe der Sünde ein Heilmittel gemacht, und wie wir von dem Tode des Heilandes sagen, daß in ihm der Tod den Tod überwunden und den Stachel des Todes vernichtet hat, so können wir auch von jedem einzelnen Christen, der in der Gnade Gottes stirbt, sagen: er stirbt nicht mehr jenen fürchterlichen Tod ohne Hoffnung, jenen Tod ohne Ende, sondern er stirbt, um zu leben; sein Tod ist das Ende des Todes und der Beginn des wahren Lebens. Unser irdisches Leben ist ja eigentlich kein Leben im vollen Sinne, sondern ein fortwährendes Sterben, ein Kampf mit dem Tode, und je mehr wir uns absterben im Leben, desto weniger Stoff zum Sterben findet der Tod in der Stunde des Todes.

Der geliebte selige Bruder hat gewiß noch viele kleine Schwächen gehabt, die uns perpflichten für ihn zu beten. Er hat aber mit seltenem Ernst durch Gottes Gnade den Weg der Abtödtung und des Absterbens schon im Leben betreten und so dürfen wir hoffen, daß Gott die Schrecken des Todes deßhalb so fern von ihm gehalten hat. Ich freue mich unbeschreiblich, daß alle Briefe der geliebten Tante und der geliebten Mutter so klar aussprechen, daß sie und ihr, geliebte Kinder, mit diesem höheren Trost bei dem Tode des lieben seligen Paters anwesend gewesen, und auch ich empfinde diesen Trost aus ganzer Seele mit.

Deine Empfehlung an die Mutter Gottes in S. Trinità de Monti habe ich ausgerichtet, ohne das bezeichnete Bild jedoch gesehen zu haben. Es war an dem Tage zu voll in der Kirche. Dieselbe hat eine der schönsten Lagen von Rom. Die Damen von Sacré-Cœur haben, wie Du wissen wirst, hier noch zwei andere Häuser. Bei ihnen war ich noch nicht.

Eine Tour, die ich zu den merkwürdigsten meines Lebens rechnen muß und die mir jest, nach der Todesnachricht, noch von ganz besonderem Werthe war, habe ich gestern vollendet. Ich war nämlich in Subiaco, wo der heilige Benedikt so viele Jahre verweilte und seine ersten Stiftungen machte. Er hatte sich dazu einen wunderbar geeigneten Plaz ausgesucht. Von Tivoli an, wo man die römische Campagna verläßt

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