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katholischen Kirche und ihren wesentlichsten Rechten ganz unvereinbaren Punkten hat man einige Concessionen gemacht. Das ist der Gegenstand all' der wüsten und ungerechten Angriffe gegen die Staatsregierung. Man will ihr gewissermaßen jeden Act der Gerechtigkeit gegen die katholische Kirche unmöglich machen, als wenn es das größte Verbrechen einer Regierung im Großherzogthum Hessen wäre, auch gegen die katholische Kirche gerecht zu sein.

VI.

Wenn ich aber sehe, wie einige wenige Acte der Gerechtigkeit seitens der Großherzoglichen Regierung gegen die katholische Kirche seit Jahren ausgebeutet worden sind, als ob sie ein wahrer Verrath an dem Staatswesen seien, während dieselben Rechte in allen anderen größeren Staaten Europa's, Rußland ausgenommen, der Kirche ohne Bedenken und zwar in viel größerer Ausdehnung eingeräumt werden, und während zugleich dieselbe Partei, die hier diese Auklagen erhebt, in jenen Ländern den angeblichen Verrath der Rechte des Staates ruhig duldet, so kann ich nicht zweifelhaft sein, daß dieser Ungleichheit des Verhaltens tiefere Ursachen zu Grunde liegen. Ich habe mich gefragt, woher es wohl kommen möge, daß die religiösen Heßereien in manchen deutschen Ländern, betrieben von dieser Partei, gar kein Ende nehmen, während sie in andern Ländern, wo dieselben Ursachen dazu vorliegen und wo dieselbe Partei besteht, vollständig ruhen. Mangel an einheitlicher Leitung und guter Disciplin veranlaßt diese Verschiedenheit gewiß ebensowenig als bloße Vergeßlichkeit oder gar eine freundlichere Gesinnung der Partei gegen die Katholiken in dem einen als in dem anderen Lande. Es muß daher in dieser Verschiedenheit ein Plan vorhanden sein.

Dieser besteht aber offenbar darin, daß die Partei die religiösen Fragen oder, was identisch ist, die Angriffe auf die innere Verfassung der katholischen Kirche durch die Gesezgebung nur in den Staaten zur Sprache bringt, die sie zunächst innerlich gründlich zerrütten will, um sie für ihre Pläne reif zu machen. Dazu sind vor allem die religiösen Agitationen geeignet, weil sie auf der einen Seite bei allen Gegnern der Kirche alle Leidenschaften, alle Vorurtheile, allen Haß anfachen und dieselben so recht zu blinden Werkzeugen der Parteizwecke machen; auf der andern Seite bei allen, die ihrer Religion treu ergeben sind, die tiefste Mißstimmung hervorrufen. Jezt sind hauptsächlich das Großherzogthum Hessen, das Großherzogthum Baden und das Königreich Baiern für diese Operation ausersehen; die sollen mürbe gemacht, die sollen innerlich ruinirt, da sollen die Landesregierungen all

mälig unmöglich gemacht werden, um über diese Länder zur rechten Zeit nach Belieben zu verfügen. Auch das deutsche Oesterreich wird ganz nach derselben Methode von den dortigen Gesinnungsgenossen dieser Partei und nach einem einheitlichen Plane behandelt. Norddeutschland wird dagegen vorläufig geschont. Zur Zeit der neuen Aera wurden dort, wenn auch etwas zaghafter, schon überall dieselben Fragen angeregt. Damals war der preußischen Regierung noch dasselbe Schicksal bestimmt wie den übrigen. Jezt ist der Plan geändert, weil die gewaltigen Erfolge der Lezten Jahre eingetreten sind; jezt soll Norddeutschland benutzt werden, denn die Parole heißt: durch Einheit zur Republik. Ist der erste Plan geglückt, so kommt Preußen unfehlbar wieder an die Reihe, und man wird dann alle dieselben Mittel der religiösen Agitation, der Aufhebung der Confessionen untereinander, sammt allen andern Mitteln der Wühlerei, welche jezt in jenen Ländern, die zunächst zum innerlichen Ruin bestimmt sind, gebraucht werden, anwenden, um auch die dortige Regierung zu Grunde zu richten.

Das ist, wie ich nicht zweifle, der perfide Plan, der allen diesen religiösen Heßereien, die unser deutsches Vaterland so tief beschädigen, zu Grunde liegt, und daher betrachte ich auch alle Männer, von welchen diese religiösen Heßereien ausgehen, mit allen ihren politischen Lügen als die eigentlichen und wahren Feinde des deutschen Volkes und des deutschen Vaterlandes. Nichts bedarf unser Vaterland mehr als des religiösen Friedens. Wer ohne Unterlaß Fragen anregt, die das Gewissen des wahrhaft christlichen Volkes beunruhigen und die Rechte der katholischen Kirche kränken, hat keine Liebe zum deutschen Vaterlande, sondern er verfolgt niedere Partei-Interessen. Möge Gott dem deutschen und christlichen Volke die Kraft geben, ihnen zu widerstehen!

An Prälat Bimmermann zu Darmstadt.

191.

Mainz, 21. December 1867.

In einer Adresse vom 31. März c., welche Ew. Hochwürden im Auftrage der evangelischen Geistlichkeit unseres Großherzogthums bezüglich einer Immediateingabe der katholischen Geistlichkeit Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog überreicht haben), und welche mir, da ich zur

1) Beide Adressen, ferner obigen Brief und die Antwort des Prälaten Zimmermann vom 11. Januar 1868 findet man (S. 2-12) in der bischöflichen Schrift:

Zeit ihrer Veröffentlichung auf einer längeren Reise abwesend war, erst jezt bekannt geworden ist, kömmt die Stelle vor:

„Schon seit einer Reihe von Jahren haben wir eine Menge von Verunglimpfungen und Herabwürdigungen unseres evangelischen Glaubens erfahren müssen, welche in der katholischen Presse, insbesondere selbst in Hirtenbriefen des Bischofs von Mainz stattgefunden haben; ja wir mußten es sogar erleben, daß das Oberhaupt der katholischen Kirche Hessens in seinem im Jahre 1855 erlassenen Hirtenbriefe den schweren Vorwurf auszusprechen wagte, es sei dem deutschen Volke in Folge der Reformation die Treue und das Gewissen abhanden gekommen."

An der Aechtheit dieses von den öffentlichen Blättern, ohne Widerspruch zu erfahren, mitgetheilten Schreibens kann ich wohl nicht zweifeln.

Was hier von der katholischen Presse gesagt wird, geht mich zunächst nichts an. Die Redaction der Blätter, welche man etwa so nennen könnte, sind vollkommen von mir unabhängig. Ich muß daher ganz dahin gestellt sein lassen, inwieweit sie zu dem, was oben behauptet wird, Veranlassung gegeben haben.

Um so weniger kann ich aber das, was in dieser Anschuldigung mich betrifft, ruhig hinnehmen. Ew. Hochwürden behaupten, „schon seit einer Reihe von Jahren habe der evangelische Glaube eine Menge von Verunglimpfungen und Herabwürdigungen erfahren“ und zwar „insbesondere in Hirtenbriefen des Bischofs von Mainz." Das ist eine überaus schwere Anklage gegen mich, doppelt schwer durch die Umstände, unter denen sie vorgebracht wird. Ew. Hochwürden haben dieselbe in der Stellung als der erste evangelische Geistliche im Auftrage der evangelischen Geistlichkeit des Großherzogthums vor dem Throne unseres Allergnädigsten Landesherrn und zugleich durch Veröffentlichung jenes Schreibens vor allen Bewohnern des Großherzogthums, ja vor ganz Deutschland erhoben. Sie hat also die größte und allgemeinste Publicität erhalten.

Hier ist nur ein doppelter Fall möglich: entweder ist es wahr, „daß ich seit einer Reihe von Jahren in Hirtenbriefen den evangelischen Glauben herabgewürdigt und verunglimpft habe," und dann muß es Ew. Hochwürden leicht sein, das zu beweisen; oder es ist gänzlich unwahr,

Die wahren Grundlagen des religiösen Friedens. Darauf folgte: Erwiderung der drei evangelischen Superintendenten des Großherzogthums Hessen Dr. Zimmermann, Dr. Simon und Dr. Schmitt auf die Schrift des Herrn Bischofs von Mainz: „Die wahren Grundlagen des religiösen Friedens.“ Darmstadt 1868. Leßtere Schrift wurde von Gottfried Schneidewin (pseudonym): Der Bischof von Mainz und die drei hessischen Superintendenten. Mainz 1868 einer eingehenden Kritik unterworfen.

und dann sind Sie verpflichtet, Ihren Irrthum öffentlich zurückzunehmen, da Sie wohl einsehen werden, daß ich als katholischer Bischof unmöglich einen solchen Vorwurf von solcher Seite auf mir ruhen lassen fann.

Außerdem wird in der genannten Adresse behauptet, daß ich gesagt habe, dem deutschen Volke sei in Folge der Reformation die Treue und das Gewissen abhanden gekommen." Ich weiß, daß Bunsen das von mir behauptet hat1) und daß eine Anzahl Schmähblätter diese Behauptung wiederholten, obwohl ich zu verschiedenen Malen erklärt habe, daß dies ja eine offenbare Verdrehung meiner Worte sei. Ew. Hochwürden haben jedoch keinen Anstand genommen, diese Beschuldigung jezt vor dem Throne des Großherzogs und vor dem ganzen Lande zu wiederholen, und sie erhält dadurch, daß der erste evangelische Geistliche des Landes sie gegen mich erhebt, eine ganz andere Bedeutung.

"

Ew. Hochwürden werden deßhalb meine ganz ergebene Bitte gerechtfertigt finden, mir aus dieser Reihe von Jahren" die Hirtenbriefe gütigst zu bezeichnen und in denselben die Stellen, in welchen Sie eine Menge von Verunglimpfungen und Herabwürdigungen des evangelischen Glaubens" erkennen; und ich bitte ferner ergebenst, mir aus dem bezeich= neten Hirtenbriefe vom Jahre 1855 die Stelle anzugeben, wo ausgesprochen ist, daß dem deutschen Volke in Folge der Reformation Treue und Gewissen abhanden gekommen seien. Ich glaube mit voller Wahrheit behaupten zu können, daß ich in den achtzehn Jahren meiner bischöflichen Verwaltung mich lediglich mit der Aufgabe meines bischöflichen Amtes, mit der Pflege des religiösen Sinnes in der katholischen Bevölkerung dieses Landes beschäftigt habe. Ich lege dabei einen großen Werth auf den Frieden mit den evangelischen Einwohnern des Großherzogthums, und ich würde mich selbst im höchsten Grade tadeln und meine innerste Gesinnung nicht darin wiederfinden, wenn ich in Hirtenbriefen den evangelischen Glauben beschimpft und verunglimpft hätte, geschweige denn, wenn das seit einer Reihe von Jahren in einer Menge von Fällen geschehen wäre. Ich glaube daher die volle Berechtigung zu haben, von Ew. Hochwürden eine recht klare und bestimmte Antwort in Anspruch zu nehmen.

1) Zeichen der Zeit 1, 62.

An seine Schwester Sophie.

192.

Mainz, 5. Januar 1868.

Den innigsten und herzlichsten Dank für Deine beiden lieben Briefe, verbunden mit den allerinnigsten Segenswünschen zum neuen Jahr. Gott gebe uns in demselben die einzige Gnade, die eigentlich werthvoll ist, nämlich Ihm recht treu zu dienen und Früchte für den Himmel zu sammeln. Dorthin werden morgen, an welchem Tage Du jezt schon so oft die schmerzlichen Erinnerungen an den Verlust Deines geliebten Aennchens 1) erneuert hast, auch alle Deine Gedanken gehen. Der liebe Ferdinand 2) genießt gewiß schon ihren Besiß am Throne Gottes. Ich kann es mir nicht anders denken, wenn ich mich seines Lebendigen Glaubens und seines so aufrichtigen Strebens Gott zu dienen erinnere. O Gott, wie glücklich, im Himmel zu sein und dort ewig in und mit Gott alles zu besißen, was wir so unaussprechlich lieben; wie glücklich muß es sein, von allem Jammer und Seelenschmerz, der hier aus der Flüchtigkeit aller irdischen Verhältnisse entsteht, befreit zu sein! - Doch ich bin auf ganz ernste Gedanken gekommen, geliebte Sophie, was ich gar nicht vorhatte. Also noch einmal die herzlichsten Grüße zum neuen Jahr, worin ich Sophiechen 3) natürlich miteinschließe.

Alexander Bourquenond1) S. J. an den Bischof v. Ketteler.

193.

Ghazir, 11. Januar 1868.

Sobald ich von meinem hochverehrten Obern P. Roder3) die Anweisung erhielt Ew. Bischöflichen Gnaden Auskunft über den Zustand des öffentlichen Unterrichts in diesen Gegenden des Orients zu ertheilen, habe

1) Vgl. S. 20.

2) Graf Ferdinand v. Merveldt † 21. Mai 1853.

3) Gräfin v. Merveldt, Nichte der Schwester des Bischofs.

4) Geboren in Charmay (Schweiz) am 18. Februar 1824, gestorben zu Ghazir den 25. October 1868. Vgl. Das heil. Land. Organ des Vereins vom hl. Grabe 17, 5-13.

5) Von diesem hatte nämlich der Bischof, veranlaßt durch gewisse Correspon= denzen in der Freimaurer Ztg," Erkundigungen über die katholischen Schulen im Orient eingezogen. P. Roder, früher Superior zu St. Christoph in Mainz, stand damals an der Spiße der deutschen Provinz, welcher P. Bourquenoud zugetheilt war.

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