Immagini della pagina
PDF
ePub

in dem gleichen ökumenischen Glauben sich erinnern und in Liebe zu gemeinsamen auferbauenden Werken sich die Hand reichen wollte," — macht mir, soviel ich vor Gott weiß, einen ungerechten Vorwurf. Ich glaube nicht, daß der Herr Verfasser im Stande ist, mir einen einzigen Fall „abstoßender Kälte und finsterer Unzugänglichkeit“ nachzuweisen. Beides liegt absolut nicht in meinem Willen und in meiner Gesinnung. Ich glaube eben so wenig, daß der Herr Verfasser durch Thatsachen beweisen kann, daß eine ähnliche Gesinnung mit jedem Tage in meiner Diöcese fühlbarer hervortrete. Was in meiner Diöcese an confessioneller Aufregung vorhanden ist, ist eine Wirkung politischer Agitationen und specifisch rationalistischer und ungläubiger Parteien, und da diese die Mehrzahl der Blätter des Landes und ebenso die zweite Kammer beherrschten, so ist es freilich gelungen, eine gewisse derartige Aufregung unter einzelnen Klassen der Bevölkerung hervorzurufen. Dagegen bestreite ich durchaus, daß in der großen Volksmasse im Großherzogthum Hessen sich irgend ein Zeichen. einer confessionellen Reibung zwischen Katholiken und Protestanten kund gibt, und ich bestreite auf das Allerentschiedenste, daß der Geist meiner bischöflichen Verwaltung zu einer solchen Aufregung hätte Veranlassung geben können. Diese Aufregung ist lediglich Parteigetriebe, nur in den Klassen vorhanden, die an diesem Getriebe activ Antheil nehmen. Ich wundere mich, daß dies sich dem unbefangenen Auge des Herrn Verfassers entzogen hat.

Wenn der geehrte Herr Verfasser im Großherzogthum Hessen lebt, so würde ich ihn bitten, mir bei einem Besuche mitzutheilen, worin denn diese mir unerklärliche finstere Abgeschlossenheit, die mir unterstellt wird, bestehe; wir würden uns indessen, glaube ich, sehr leicht verständigen.

An die Redaction der Kreuz-Beitung in Berlin.

197.

Mainz, 6. Mai 1868.

Durch die Aufforderung des Herrn Referenten über meinen Streit mit dem Herrn Prälaten Dr. Zimmermann (Beilage zu Nr. 104 der Neuen Preußischen Zeitung), mich darüber auszusprechen, wie sich meine Ansicht über die wahren Grundsäße der Parität mit den Aussprüchen der katholischen Kirche in früheren Jahrhunderten vereinigen lasse, bin ich genöthigt, die sehr geehrte Redaction zu bitten, einen Nachtrag zu meinem lezten Schreiben in ihrem Blatte gütigst aufzunehmen.

Das Verlegende in der Zumuthung, eine offene, ehrliche Ant

wort auf diese Frage" zu geben, will ich einem im Uebrigen wohlwollenden Manne gegenüber hier nicht weiter urgiren. Mangel an Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit wird man mir hoffentlich in meinem Leben nicht nachweisen können. Ich werde nie eine ernste Frage behandeln, bei der ich genöthigt wäre, einen Gedanken zuzudecken oder zu verschweigen.

Das Bedenken, welches der Referent anregt, hat seinen Grund in der so weit verbreiteten irrthümlichen Ansicht über die Lehre der Kirche von ihrer Unfehlbarkeit, worüber ich mich bereits erklärt habe. Er begreift nicht, wie man Ansichten über Parität, wie ich sie ausgesprochen habe, huldigen kann, ohne sich mit der „ganzen Vergangenheit der römischen Kirche, welche ja nicht irren kann, nicht minder mit den Satzungen ihres gesammten kanonischen Rechtes und ganz neuerdings noch mit der Encyklika des römischen Stuhles in schneidendem Widerspruch zu befinden."

Die irrthümliche Auffassung der Encyklika kann ich hier nicht behandeln, da mich das zu weit führen würde. Wenn der Verfasser nachlesen wollte, was ich über die Interpretation dieser Encyklika in meiner Broschüre: Deutschland nach dem Kriege von 1866" gesagt habe1), so würde das genügen, ihn von seinem Irrthum zu überzeugen. Die Ansicht aber, daß alle Aussprüche des kanonischen Rechtes und päpstlicher Bullen über Rechtsverhältnisse der Kirche den Anspruch machen, unfehlbar oder für immer giltig zu sein, ist in jeder Hinsicht unrichtig. Die Bestimmungen des kanonischen Rechtes, welche der Verfasser im Auge hat, sind aus besondern Zeitverhältnissen hervorgegangen, sind nicht Aussprüche über den Inhalt der göttlichen Offenbarung und haben daher mit dem Nicht-irren-können" des kirchlichen Lehramtes nichts zu thun.

Welche Zeitverhältnisse es aber waren, die zu solchen Ansprüchen und Rechtsforderungen Veranlassung gaben, liegt auf der Hand. Im Mittelalter waren die christlichen Völker darüber einig, daß die katholische Kirche die von Gott selbst auf Erden gegründete Bewahrerin der Offenbarung Gottes sei. So konnte es nicht ausbleiben, daß die christlichen Völker in dem ganzen damaligen Rechtssystem auch der Kirche eine Rechtsstellung einräumten, welche dieser hohen und einheitlichen Anschauung von der Kirche entsprach. Ebenso war es natürlich, daß die Kirche von dieser ihr eingeräumten Rechtsstellung Gebrauch machte.

In der billigen Würdigung dieser einfachen Thatsache liegt die natürliche Antwort auf die mir gestellte Frage. Die thatsächlichen Vor

1) kap. XII. Liberalismus, — Encyklika vom 8. December 1864 S. 132-156.

aussetzungen dieser Anschauung des Mittelalters sind in der Gegenwart nicht mehr vorhanden. Es ist nicht billig und recht, dies ganz zu übersehen und obwohl alle Bischöfe in der ganzen katholischen Welt, die in ähnlicher Lage sind, die Parität unumwunden anerkennen, immer zu sagen: Das könnt ihr nicht; ihr handelt unredlich oder inconsequent; ihr müßt auch heute noch dieselben Rechte fordern wie im Mittelalter.

Die Dogmen der Kirche können sich nicht ändern; das, was in der Verfassung der Kirche von Christus abstammt, kann sich gleichfalls nicht ändern; die Rechtsstellung aber der Kirche Christi in der Welt hat sich im Laufe der verschiedenen Jahrhunderte überaus oft geändert und zahllose Bestimmungen des kanonischen Rechtes sind mit voller Zustimmung der Kirche gänzlich außer Uebung gekommen.

Wenn dagegen die thatsächlichen Voraussetzungen wieder durch Gottes gnädige Fügungen eintreten sollten, aus denen die Rechtsbestimmungen des mittelalterlichen Kirchenrechtes hervorgegangen sind; wenn die christlichen Völker Europas wieder eine Kirche als die von Christus dem Sohne Gottes gestiftete anerkennen würden, so würden zwar nicht dieselben, aber ähnliche Rechtsverhältnisse, nur gemildert durch die Erfahrung der Jahrhunderte, wieder entstehen. Die christlichen Völker würden sich unter dieser Voraussetzung das Recht nicht bestreiten lassen, einer Anstalt, in der sie einmüthig die zur Pflege der höchsten Güter gestiftete Gottesanstalt ehrten, auch in ihrem Völker- und Staatsrecht eine diesem Glauben entsprechende Rechtsstellung zu gewähren.

Die offene und ehrliche Antwort" lautet also: Wenn die Voraussehungen, aus denen das Kirchenrecht des Mittelalters hervorgegangen ist, d. h. die Einheit des Glaubens, wieder hergestellt werden, so wird die christliche Welt auch der Kirche ähnliche Rechte wie damals zugestehen; jezt aber, wo alle diese nothwendigen Voraussetzungen fehlen, ist es ein unseliges Vorurtheil, uns ähnliche Bestrebungen zu unterstellen. Uebrigens habe ich über dieses Schreckbild schon vor Jahren in meiner Schrift: "Freiheit, Autorität und Kirche" Kap. XXIII das Nöthige gesagt.

Victor Aimé Huber') an den Bischof v. Ketteler.

198.

[ocr errors]

Bad Ems, 16. Juni 1868.

Indem ich es wage, Ew. Gnaden einige Schriften zugehen zu lassen, welche unter Band gleichzeitig abgehen, bin ich weit entfernt von der anmaßenden Erwartung oder gar Zumuthung, daß Ew. Gnaden Ihre kostbare Zeit selbst zu einer Durchsicht derselben verwenden dürfte. Angesichts der angekündigten katholischen Versammlung in Crefeld, wo auch die socialen Fragen zur Tagesordnung stehen, wünsche ich um der Sache willen, daß auf diese Schriften aufmerksam gemacht und dieselben wie wenig günstig auch d. h. deren Inhalt doch jedenfalls mit Ernst und Sachkenntniß besprochen werden mögen. Die Erfüllung dieses Wunsches aber glaube ich am sichersten dadurch zu erreichen, daß ich Ew. bischöfliche Gnaden gehorsamst bitte und Gelegenheit gebe sich vielleicht durch eine geeignete Person darüber referiren zu lassen. Die Erfüllung dieser Bitte zu hoffen, bewegt mich die große Verehrung, die ich schon seit Jahren für Ew. bischöfliche Gnaden wie in jeder Hinsicht, so auch insbesondere wegen Ihrer kräftigen und würdigsten Vertretung der Interessen des armen Volkes hege. Wenn gleich in mancher Hinsicht mit abweichenden Ansichten und auf verschiedenen Wegen, deren Ausgleichung mir aber keineswegs unmöglich scheint, darf ich mich doch als Ew. Gnaden Mitarbeiter auf demselben Felde ansehen, wo die Entscheidungen der Zukunft hauptsächlich liegen. Daß ich aber gerade der Kirche, als deren würdigen Fürsten und Diener ich Ew. Gnaden darum nicht weniger verehre, weil ich einer andern angehöre daß ich der katholischen Kirche einen ganz eminenten Beruf zu solcher Rettungs-Schöpfungsarbeit vindicire, habe ich schon mehrfach öffentlich und namentlich auch in katholischen Organen der Presse erklärt. Um so mehr beklage ich es aber, daß man von dieser Seite, meines geringen Ermessens, noch immer Zeit und Mittel anwendet, um alte Schläuche und Kleider zu flicken, und nicht hinreichend eingedenk scheint der Weisung: „Lasset die Todten ihre Todten begraben." Ew. Gnaden werden dies von selbst wohl auf das Zunft- und Innungswesen beziehen; sollten Sie aber daraus oder aus irgend einer von dritten Per

1) Vgl. Victor Aimé Huber, sein Werden und Wirken, von Rudolf Elvers. Bremen 1872 und 1874. Interessante Auszüge aus dieser musterhaften Biographie brachte „der Katholik" 1873 Bd. 2 und 1875 Bd. 2.

b. Ketteler, Briefe.

25

sonen aus dem Zusammenhang gerissenen und vor Ihnen etwa mißverständlich angeführten Aeußerung in meinen Schriften und Schriftchen zu schließen geneigt sein: daß ich ein Feind des Handwerks oder auch nur des Innungswesens bin, so erlaube ich mir dagegen mich nur mit einer Bemerkung zu verwahren: ich will die Innung zur Genossenschaft entwickeln und erheben. Ihre Privilegien und geseßlichen Schuß gegen freie Concurrenz kann ich ihnen nicht bewahren oder zurückschaffen, und so ist es sehr überflüssig mich darüber zu erklären: ob ich es möchte, wenn ich es könnte? Und wer könnte es! In einer der kleinen Schriften („Die socialen Fragen und die conservative Partei“) ist S. 4 eine Beziehung, die dem Verfasser oder gar seiner Sache ungnädig entgelten zu lassen Ew. Gnaden hochherziger Sinn Ihnen nicht gestatten kann, und die ich nur etwa in der Fassung geändert haben würde, auch wenn ich die Idee, solche Ihnen selbst vorzulegen, schon bei der Abfassung gehabt hätte, während sie mir erst diesen Augenblick gekommen, da ich das Programm zu dem Crefelder Congreß las.

An seinen Bruder Wilderich.

199.

Mainz, 14. October 1868.

Die Reise nach Mecheln 1) hat mich unendlich interessirt. Der Erzbischof ist ein überaus angenehmer, bezüglich aller großen Weltfragen ganz orientirter Mann. Dupanloup und der Minister Dech amps waren Dechamps auch da und dann noch ein grundgelehrter Jesuit2), der an den Bollandisten arbeitet. Ich wollte Du hättest unsern Gesprächen beiwohnen können; Du würdest da etwas von Deiner Schwarzguckerei über Belgien verloren haben. Staatlich ist Belgien von oben bis unten das organisirte Freimaurerthum, der Kampf der Kirche dagegen ist aber auch wahrhaft herzerhebend und es stehen ihr dabei große Kräfte zur Seite. Was mir die Herren namentlich über die katholische Universität sagten, ist höchst erfreulich. Weitaus die meisten, die dort studieren, selbst solche, von denen man es zunächst nicht geglaubt hätte, bleiben in allen Lebensstellungen der Kirche treu. Der frühere Minister De champs konnte mir aus der nächsten

1) Die Bischöfe von Mainz und Orleans waren auf Veranlassung des leztern bei dem Erzbischof von Mecheln zusammengekommen, um Angesichts des nahenden Concils ihre Gedanken über die Angelegenheiten der Kirche auszutauschen.

2) Victor De Buck † 23. Mai 1876.

« IndietroContinua »