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welchem dieses falsche Zeugniß gegen die Kirche abgelegt worden ist, so glaube ich zu dieser Berichtigung verpflichtet und berechtigt zu sein.

Das vaticanische Concil lehrt mit keinem Worte, daß der Papst unfehlbar ist, sondern vielmehr, daß das päpstliche Lehramt, wenn es eine feierliche Entscheidung über den wahren Sinn des Wortes Gottes gibt, über die Lehre Christi und der Apostel, durch einen besonderen Beistand Gottes vor Jrrthum bewahrt werde.

Liegt nun in dieser Lehre, daß Gott den Papst bei seinen Lehrentscheidungen vor Irrthum bewahre, die Behauptung, daß der Papst göttliche Eigenschaften habe? Liegt darin eine, um mit Herrn Fischer zu reden, Degradirung Gottes?

Zwei Erörterungen mögen dies klar stellen.

Die gläubigen Protestanten lehren gleichmäßig mit uns Katholiken, daß die hl. Schrift das Wort Gottes ist. Da Gott selbst die hl. Schrift nicht unmittelbar geschrieben hat, so ist sie selbstverständlich nur dadurch Gottes Wort, daß Gott den Verfassern einen übernatürlichen Beistand gewährt hat. Nur dann hat die Benennung „Wort Gottes" für jene Bücher einen Sinn und lediglich in dieser Voraussetzung hat das gesammte Christenthum jenes Buch „Wort Gottes" genannt. Liegt nun darin eine Vergöttlichung der Verfasser dieser Bücher? Liegt darin die Behauptung, daß denselben göttliche Eigenschaften zukämen? Liegt darin eine Degradirung Gottes?

Dieser Unsinn ist bisher noch Niemanden eingefallen. Eben so unsinnig ist aber die Behauptung, daß die Lehre von der Unfehlbarkeit des päpstlichen Lehramtes dies alles enthalte. Sie stimmt im Wesen ganz mit jener Lehre überein. Wie jene behauptet, daß die Verfasser der hl. Schrift eines göttlichen Beistandes gewürdigt waren, um den Inhalt der hl. Schrift niederzuschreiben; so behauptet diese, daß das kirchliche Lehramt, sei es der Papst allein oder die mit dem Papst vereinigten Bischöfe, göttlichen Beistand erhalte, nicht zu dem Zwecke, um neue Offenbarungen niederzuschreiben und so gewissermaßen die Bücher der hl. Schrift zu vermehren, sondern um die in dem geoffenbarten Worte Gottes ent haltene Lehre vor jeder Verfälschung frei zu bewahren. Der Unterschied besteht lediglich in der Weise und in dem Umfange dieses göttlichen Beis standes, welcher bei den Verfassern der hl. Schrift ein viel ausgedehnterer war, indem er ihnen verliehen wurde, um jene heiligen Bücher zu ver fassen, während er dem Papste und den Bischöfen nur verliehen wird, um die bereits gegebene Offenbarung alle Zeit vor Mißdeutung zu schüßen. Ob Gott überhaupt Menschen einen solchen Beistand gegeben, da rum handelt es sich in dem vorliegenden Fall durchaus nicht. Darüber

werden gläubige Christen auf der einen Seite, sowohl Katholiken wie Protestanten, und Rationalisten auf der anderen Seite grundverschiedener Ansicht sein. Hier handelt es sich nur darum, ob die Behauptung eines solchen göttlichen Beistandes ohne Ungerechtigkeit eine Menschenvergötterung und eine Degradirung Gottes genannt werden kann; und darüber werden alle redlichen Urtheile zusammentreffen, daß nur Gedankenlosigkeit, Unwissenheit oder böswillige Entstellung zu solchem Urtheil kommen kann.

Die zweite Erörterung führt ganz zu demselben Resultate.

Alle gläubigen Christen nehmen an, daß mit der Taufhandlung, welche äußerlich von Menschen vorgenommen wird, für den Täufling eine Wirkung verbunden sei, welche über die Naturkräfte hinausgeht. Wie wir uns diese Wirkung inhaltlich denken, darauf kömmt es hier nicht an. Ebenso wenig, ob eine solche Wirkung wirklich eintritt, was gleichfalls die Rationalisten leugnen. Dagegen ist es eine feststehende unleugbare Thatsache, daß alle gläubigen Christen durch alle Jahrhunderte und in allen verschiedenen Confessionen geglaubt haben und noch glauben, daß mit der Taufhandlung eine Wirkung durch Gottes Allmacht verbunden sei, welche nicht lediglich eine naturnothwendige Folge der äußerlich vorgenommenen menschlichen Handlung ist.

Darf man nun, weil wir Christen glauben, daß eine Handlung, welche von Menschen vorgenommen wird, eine Wirkung habe, die nur von Gott kommen kann, uns deßhalb den Vorwurf machen, daß wir jenen Menschen, welche die Taufe verrichten, göttliche Eigenschaften beiLegen, daß wir dadurch Gott selbst degradiren? Das ist wieder eine Ansicht, welche noch nie einem vernünftigen Menschen, so lange das Christenthum besteht, eingefallen ist. So etwas ist lediglich unserer Zeit vorbehalten, nämlich jenen, welche wegen der Lehre von der Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramtes gegen die Katholiken einen solchen Vorwurf erheben. Beide Fälle stimmen auch in dieser Hinsicht bis auf die Nadelspige ganz überein. Alle Christen glauben, daß, wenn der taufende Mensch die Taufhandlung vornimmt, der allmächtige Gott durch denselben dem getauften Kinde in einer übernatürlichen Weise die Verdienste Christi mittheile.-- Wir Katholiken glauben, daß, wenn der Papst und die Bischöfe, bald zusammen, bald jener allein, feierliche Entscheidungen treffen über den Inhalt der Lehre Christi, der allmächtige Gott diesen Act von Menschen, welche an sich dem Irrthum unterworfen sind und bleiben, vor dem Irrthum bewahrt. Und darin liegt die ganze Lehre von der Unfehlbarkeit. Wie jene Annahme den Menschen, welcher tauft, nicht für allmächtig hält, weil ja Gottes Allmacht durch ihn wirkt, so überträgt auch diese Annahme den Lehrern der Kirche keine göttliche Eigenschaft, weil

ja Gottes Unfehlbarkeit es ist, welche sie in diesen Fällen vor Irrthum behütet.

In dieser Darlegung ist aber der ganze Thatbestand enthalten, und daraus ergibt sich, wie bodenlos, wie falsch, wie gänzlich unbegründet das Zeugniß war, welches der Abgeordnete Fischer vor dem Deutschen Reichstage und dem ganzen protestantischen Norden über die Lehre seiner Kirche abgelegt hat. Er hat sie einfach entstellt, beschimpft und herabgewürdigt. Nur Fanatismus kann behaupten, daß die Lehre, Gott beschüße in den nicht häufigen Fällen feierlicher Lehrentscheidung schwache, dem Irrthum unterworfene Menschen vor Irrthum, eine Vergötterung dieser Menschen und eine Degradirung Gottes sei.

Nach dieser Darlegung möge man es entschuldigen, wenn ich noch ein Wort beifüge über eine Anklage, welche derselbe Herr Abgeordnete in derselben Rede gegen mich erhoben hat, bezüglich jener jezt so beliebten Behauptung eines Zusammenhanges der s. g. Ultramontanen mit der internationalen Partei. In dieser Hinsicht behauptete er, daß in meiner Schrift „Die Arbeiterfrage und das Christenthum," die bereits vor Jahren erschienen ist, „eine gewisse Beziehung zwischen der clericalen Bewegung und der Speculation auf die Aufreizung der Massen zu erblicken sei." Es ist unmöglich, den Geist meiner Schrift mehr zu mißdeuten, als es von Herrn Fischer hier geschehen ist. Von der Schrift selbst Einsicht zu nehmen, kann ich nun Ihnen nicht zumuthen. Wer sich übrigens von dem Inhalte derselben überzeugen will, dem bin ich gern bereit, sie ihm auf seinen Wunsch zuzustellen. Er wird darin gewiß kein Buhlen mit den Massen, keine Speculation zur Aufreizung derselben finden können. Daß aber ein warmes Interesse für den Arbeiterstand jezt vor dem Deutschen Reichstage als „eine Speculation auf die Aufreizung der Massen" denuncirt werden kann, ist für eine gewisse Partei sehr bezeichnend. Ich bin Christ und Priester und habe in dieser doppelten Eigenschaft ein doppeltes Recht, mich nicht theilnahmslos der Lage der arbeitenden Classen gegenüber zu verhalten.

Ich muß deßhalb diesen Versuch, meine Theilnahme für das Volk als eine „Speculation auf die Aufreizung der Massen“ zu deuten, mit Entrüstung als eine ungerechtfertigte Verdächtigung zurückweisen.

An seine Nichte Clementine Gräfin v. Galen.

244.

Mainz, 29. December 1871.

Auf Dein liebes Schreiben will ich Dir gleich antworten, um mein leztes Versäumniß wieder etwas gut zu machen. Es liegt mir wenigstens im Sinn, als hätte ich einen Brief unbeantwortet gelassen. Als Antwort selbst spreche ich Dir, liebes Kind, einen Gedanken aus, der mich in der Adventzeit und zulezt noch gestern bei einer Profeßablegung eines prächtigen Nönnchens im Hause der Anbeterinen 1) vielfach beschäftiget hat. Ich habe nämlich diese ganze Zeit, um mich etwas für das Leben in der Wüste in Berlin zu entschädigen, den lieben Heiland selbst und seine verschiedenen Beziehungen zu uns zum Gegenstand meiner Predigten gemacht. Da ist mir dann auch die Wahrheit wieder so lebendig vor die Seele getreten, daß es unsere ganze Aufgabe ist, Jesus ähnlich zu werden und zwar in allem, in unsern Gedanken und Urtheilen, in unsern Herzen, in den Beweggründen unserer Handlungen, in unserm äußern Benchmen, im Umgang mit den Hausgenossen, im Umgang mit der Welt, in seinen Tugenden, namentlich seiner Demuth und Sanftmuth. Das ist unser ganzer Lebenszweck. Der große heilige Leo sagt so wahr: „Wenn wir den eigentlichen Grund unserer Erschaffung erkennen, so finden wir, daß Gott den Menschen nur deßhalb nach seinem Ebenbilde erschaffen hat, damit er ein Nachahmer seines Schöpfers sei, und daß die ganze Würde des Menschen darin besteht, daß in ihm wie in einem Spiegel das Bild der göttlichen Güte wiederglänze." Wann sind wir aber ein solcher Spiegel, in dem Gottes unendliche Güte sich abspiegelt? Wenn wir dem Bilde seines Sohnes gleichförmig werden, sagt der Apostel. Siehe, liebes Müschen, daran kömmst Du nicht vorbei. Dazu hat Gott Dir das Leben gegeben, dazu Dich erschaffen, dazu Dir alle Deine Gaben verliehen; nicht damit Du behaglich lebest, Dich verwöhnen, von der Welt hätscheln läßt, sondern damit Du ein Spiegel Gottes in Deinem Denken, Lieben und Leben seiest und das wirst Du in dem Maße, wie Du Jesus ähnlich wirst. Daß sich nun etwas so Schönes und Erhabenes aus unserer elenden Natur nicht machen läßt ohne vielfachen Kampf, versteht sich von selbst. Man kann ja selbst ein Bild aus Marmor nicht machen ohne Mühe. Du

1) Im Kloster Maria-Hilf zur ewigen Anbetung des heiligsten Altarsakramentes in Mainz.

mußt ganz auf Jesus vertrauen; damit habe ich Dir wohl genug gejagt. Den lieben Eltern, Geschwistern und Dir selbst ein inniges „Glückselig Neujahr!"

An seine Schwester Sophie.

245.

Mainz, 29. December 1871.

Für Deinen lieben Brief sage ich Dir den herzlichsten Dank und Deine liebevollen Glückwünsche erwiedere ich aus dem treuesten brüderlichen Herzen. Gott wolle uns ein glückseliges neues Jahr schenken; uns so viele Freude darin gewähren und so viel Leid davon abwenden, als es nach seiner väterlichen Vorsehung, womit er alle Dinge zu seiner Ehre und zu unserm Seelenheile regiert, möglich ist; und uns vor allem die Gnade geben, es zur Erfüllung seines heiligen Willens anzuwenden. In diesen Gedanken werden wir uns in diesen Tagen wohl oft begegnen, geliebte Sophie. Sie sind ja nach unserm heiligen Glauben die beste Richtschnur für unser Denken und der beste Trost für unser Herz beim Eintritt in ein so dunkles neues Jahr. Unter die Freuden, welche mir das Jahr hoffentlich bringt, zähle ich auch ganz besonders den Besuch, welchen Du mir in Begleitung mit der lieben Sophie in Aussicht gestellt hast. Sonst wird uns dieses Jahr wohl wieder allerlei Jammer, namentlich bezüglich der öffentlichen Zustände bringen. Die Verwirrung hat ja bald den höchsten Grad erreicht. Zur rechten Zeit wird Gott schon wieder eingreifen. Ich werde bei meinem Schreiben so oft unterbrochen, daß ich wohl schließen muß. Wenn Du mich besuchst, können wir besser zusammen plaudern.

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An seine Nichte Anna Freiin v. Ketteler.

246.

Mainz, 8. Januar 1872.

Dein liebes Schreiben mit den Neujahrswünschen hat mich sehr erfreut, mein liebes Kind. Es gereicht mir zum Trost, daß Ihr Euren alten Onkel trotz der äußern Trennung nicht vergeßt und meiner in Liebe gedenkt. Der lieben Mutter und Euch Kindern wünsche ich gleichfalls von ganzem Herzen alles Gute zum neuen Jahr. Möge der liebe Gott Euch alle gesund erhalten und Euch lieben Kindern die Gnade geben,

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