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der Centrumsfraction in dem Bestreben, die Aufnahme der preußischen Verfassungsbestimmungen in die Reichsverfassung zu erwirken, ganz übereinstimmte, so war das nicht eine Folge vorhergegangener Verständigung. Selbst von meinem Schreiben an den Fürsten Bismard in derselben Angelegenheit nach Versailles vom 1. October 1870 1) hatten die Herren der Centrumsfraction keine Kenntniß, bis ich dasselbe veröffentlicht hatte. Dieses Schreiben selbst aber ist gewiß der beste Beweis, wie fern mir der Gedanke lag, daß man diese Bemühungen später als staatsfeindlich und staatsgefährlich, als ein Bestreben, einen feindlichen Dualismus in's Leben zu rufen, auffaffen werde. Ich hatte damals vielmehr allen Grund, zu glauben, daß dieses mein angebliches Programm durchaus den Absichten der preußischen Regierung entspreche. Aus diesem Grunde habe ich mein sogenanntes Programm auf keinem anderen Wege zu verwirklichen gesucht als lediglich dadurch, daß ich in meinem Briefe meine innigsten Ueberzeugungen dem Fürsten Bismarck vertrauensvoll vorge= tragen habe. Ganz in derselben Weise handelte ich, als ich später als Abgeordneter nach Berlin kam. Ich erbat mir eine Audienz beim Fürsten Bismarck lediglich und allein in der Absicht, um ihm die Gründe, welche ich für die Aufnahme der preußischen Verfassungsbestimmungen in die Reichsverfassung in meinem Schreiben entwickelt hatte, eingehender zu motiviren. Es steht mir nun nicht zu, mich über die hierüber gepflogene Unterredung mit dem Fürsten des Näheren auszusprechen. Ich habe aber den Fürsten damals mit der Ueberzeugung verlassen, daß ein bezüglicher Antrag der Centrumsfraction zwar zur Zeit und aus politischen Gründen seitens der Reichsregierung keine Unterstützung finden werde, daß derselbe aber ebenso wenig als ein oppositioneller, als ein regierungsfeindlicher würde angesehen werden. Ich hätte eher geglaubt, daß der Fürst einem solchen Antrage persönlich wohlwollend gegenüberstehe. Ich hoffe, daß diese Mittheilung keine Indiscretion enthält, da sie mir durch die Aeußerung des Fürsten Bismard im Herrenhause abgenöthigt ist. Nach diesen Vorgängen konnte ich fürwahr nicht erwarten, daß der Fürst mein Programm, welches um es nochmals zu wiederholen, mit den preußischen Verfassungsbestimmungen identisch ist, später als staatsgefährlich, als einen Versuch, die Einheit des preußischen Staatswesens dualistisch auseinander zu reißen, bezeichnen werde.

Wenn Fürst Bismarck endlich drittens von mir sagt, es sei meine Aufgabe, für die „päpstliche Politik" zu thun, was ich könne, und eben dafür erfülle ich meine Aufgabe, so ist das nur ein Beweis, wie gänzlich

1) S. Nr. 230.

unbekannt er mit den wirklichen Verhältnissen in der katholischen Kirche ist. Meine ganze Thätigkeit hat mit der „päpstlichen Politik" absolut nichts zu schaffen. Nie ist mir von Rom eine ähnliche Zumuthung gemacht worden. Ich schreibe alle fünf Jahre den von den Kirchengesehen vorgeschriebenen Bericht über die religiösen Verhältnisse meiner Diöcese nach Rom und erhalte darauf eine kurze amtliche Antwort von dort; darauf beschränkt sich so ziemlich meine ganze Correspondenz mit Rom. Was ich als Bischof zu thun habe, weiß ich aus dem Kirchenrecht und dem katholischen Katechismus. Dazu bedarf ich keiner Instruction. Es scheint, daß Fürst Bismarck von dieser Stellung und von der Thätigkeit eines katholischen Bischofs gar keine Ahnung hat. Er liefert bei seiner hohen Begabung und Welterfahrung dadurch nur einen neuen Beweis, wie schwer es vielen fällt, sich von den beschränktesten confessionellen Vorurtheilen frei zu machen.

Daraus allein erklärt es sich auch, daß man in so hohen Kreisen glauben und in den wichtigsten Staatshandlungen berücksichtigen kann, was von gehässigen und kleinlichen Gegnern der katholischen Kirche behauptet wird, während die einmüthigen Versicherungen und Erklärungen nicht blos der Bischöfe und des gesammten Clerus, sondern auch der besonnensten, urtheilsfähigsten und treuesten gläubigen Männer aus dem Laienstande keine Beachtung finden.

Die Pfarrgemeinde Hopften an den Bischof v. Ketteler.

257.

Hopften, 11. Mai 1873.

Ew. Bischöfliche Gnaden wollen huldvollst gestatten, daß die gehorsamst unterzeichneten Priester und 438 Glieder der Gemeinde Hopften, Ihre einstmaligen Pfarrkinder, in diesen Zeiten der Kirchenverfolgung, so schwer wie unser katholisches Münsterland sie seit den Tagen des hl. Ludgerus nicht gesehen hat, sich dem Stuhle des hl. Bonifacius nahen, um den Gefühlen innigster Liebe, treuester Anhänglichkeit und höchster Bewunderung für Ihr kräftiges, vom höheren Geiste der Weisheit geleitetes, echt apostolisches Auftreten in der Vertheidigung unsers heiligen Glaubens und der Bewahrung der Rechte unserer heiligen Kirche Ausdruck zu geben. Groß und wohlbegründet war vor 25 Jahren unser Schmerz, als der Ruf der geistlichen Obern Ew. Gnaden, Hochwelche in den wenigen Jahren, wo wir Sie unsern Pastor nennen konnten, so Großes vollbracht haben, daß noch viele folgende Generationen davon

leben werden, uns entriß, um Ihnen einen größeren und wichtigeren Theil des Weinberges Christi zu übergeben und dann als Bischof auf den so berühmten und wichtigen Stuhl des hl. Bonifacius zu sehen. Aber so groß auch für unsere kleine Gemeinde der Verlust war, so schauen wir doch mit Dank zu Gott empor, wenn wir betrachten, wie heilsam, wie mächtig Ihr Wirken für die ganze Kirche Gottes ist. Wie der Heilige Vater in Rom der wunderbare Hort der ganzen Kirche ist, so sind Ew. Gnaden sein kräftigster Mitstreiter für die jezt mit allen Mitteln der Bosheit verfolgte Kirche in unserm deutschen Vaterlande. Keinen größern Ruhm gibt es hier auf Erden, als von den Feinden Christi verhöhnt, verfolgt und gehaßt zu werden; und das ist der Antheil, der Ew. Gnaden für Ihr apostolisches Wirken in Wort, Beispiel und Schrift hienieden wird.

Genehmigen Ew. Bischöfliche Gnaden, daß Ihre alten Pfarrkinder Ihnen das Versprechen zu Füßen legen, daß auch sie dem gegenwärtigen großartigen Schauspiele nicht müßig zusehen wollen, sondern mit allen ihren wenn auch noch so geringen Kräften und in jeder ihnen nur möglichen Weise im innigsten Anschlusse an das Oberhaupt der Kirche und die vom heiligen Geiste gesezten Oberhirten und Hirten der Kirche, mit in den Kampf für den heiligen Glauben und für die Rechte der Kirche einzutreten bereit sind, und daß sie nicht nachlassen werden im Gebete zu Gott, dem Könige der Könige, daß er Ew. Bischöfliche Gnaden fort und fort stärken wolle, damit Sie noch viele Jahre auf dem Stuhle des hl. Bonifacius mit ungeschwächtem Muthe der Vorkämpfer für die katholische Kirche in Deutschland bleiben mögen.

Zum Schlusse erlauben Ew. Gnaden unsere demüthigste Bitte um Ihr fortgesettes oberhirtliches Gebet für diejenigen, die sich noch so gern Ihre Pfarrkinder nennen, und um Ihren bischöflichen Segen 1).

An die Pfarrgemeinde Hopsten2).

258.

Mainz, 20. Mai 1873.

Meinem lieben alten Freunde, dem Hochwürdigen Pfarrer 3), seinen treuen Mitarbeitern und allen innig geliebten Pfarrkindern von Hopsten

1) Folgen 441 Unterschriften.

2) Aus dem Concept.

3) Ferdinand Stumpf, Mitalumnus des sel. Bischofs in dem Priesterseminar zu Münster, welcher in der Pfarrei Hopften als Nachfolger der beiden Brüder Wilhelm und Richard v. Ketteler, klug und eifrig das, was diese mit Erfolg begonnen, bis an sein Lebensende († 7. Mai 1878) gepflegt hat.

sage ich den wärmsten Dank für das an mich gerichtete Schreiben vom 11. Mai laufenden Jahres.

Es sind insbesondere zwei Punkte, welche mich bei Lesung desselben mit Rührung, Freude und Dank gegen Gott erfüllt haben.

Der erste ist die entschiedene katholische Gesinnung, welche sich in demselben ausspricht. Darin habe ich die liebe Gemeinde wiedererkannt, welche mich durch ihre treue Anhänglichkeit an Christus und seine heilige Kirche so hoch beglückt hat, als ich berufen war ihr Pfarrer zu sein. Wenn aber auch die treue Liebe zur Kirche, in der wir alles besigen, was der Sohn Gottes uns an Wahrheit und Gnade vom Himmel auf die Erde gebracht hat, zu jeder Zeit überaus gottgefällig ist, so ist sie es gewiß noch jezt in besonderer Weise, wo die Kirche so allgemeinen und so schmählichen Angriffen ausgesezt ist. Da ist das treue Bekenntniß ihrer Kinder der Trost und die Freude der Kirche, oder vielmehr, da das Herz Jesu das Herz der Kirche ist, der Trost und die Freude des Herzens Jesu. Möge dieses süßeste und allerheiligste Herz alle lieben Bewohner von Hopsten jezt und in Zukunft stets in dieser Liebe gegen seine heilige Kirche bewahren.

Das Zweite, was mich an diesem Schreiben erfreut hat, ist, daß die lieben Hopstener noch eines Pfarrers in treuer Liebe gedenken, der doch nur so kurze Zeit bei ihnen war und nun schon seit 25 Jahren von ihnen getrennt ist. Das erfreut mich um so mehr, da auch ich meine ehemaligen geliebten Pfarrkinder im treuesten Andenken bewahre; ja oft weilen noch meine Gedanken bei den glücklichen Tagen, welche ich in dieser lieben Gemeinde zugebracht habe. Wenn mein Wirken als Pfarrer in Hopsten irgend ein Verdienst in Anspruch zu nehmen hätte, so ist es mir reichlich vergolten durch die Liebe, welche mir meine Pfarrkinder damals entgegengebracht haben; vor allem aber dadurch, daß jedes gute Bestreben meinerseits in der guten Gesinnung der Gemeinde immer den dankbarsten Boden gefunden hat.

Ob es mir möglich sein wird, noch einmal Hopsten zu besuchen, weiß ich nicht. Nicht nur meine Pflichten im Allgemeinen, sondern insbesondere auch die Verhältnisse in der Gegenwart machen jede bestimmte Voraussicht unmöglich. Am guten Willen fehlt es nicht. Jedenfalls würde mir dieser Besuch eine große Herzensfreude verursachen, wenn ich auch bei demselben gar viele liebe Pfarrkinder nicht mehr antreffen würde, welche uns bereits nach der ewigen Heimath vorausgegangen sind. Möge Gott uns wenigstens dort einst alle wieder zusammenführen!

Ich spende der ganzen Gemeinde in innigster, treuer Liebe den bischöflichen Segen.

An seine Schwester Sophie.

259.

Mainz, 9. Juli 1873.

Deinen lieben Brief habe ich hier vorgefunden, als ich gestern von einer Firmungsreise zurückkehrte. Herzlichen Dank für diesen und die frühern. Sowohl der Tod der lieben Paula 1), wie so manches Andere, namentlich auch Dein Unwohlsein nach Deinem lieben Besuch, hätte mich schon lange veranlaßt Dir zu schreiben, geliebte Schwester, wenn ich nicht bei meiner zerrissenen Zeit schon längst auf einen brieflichen Austausch meiner Empfindungen verzichtet hätte. Ich muß mich darauf be= schränken, daß ich mit meinen Gedanken und meinem Herzen um so mehr bei Dir bin. So war es auch beim Tode der lieben Paula, die uns ja so nahe gestanden hat. Clemens Schmising war so freundlich mir sogleich zu schreiben. Welch' unbeschreibliche Gnade Gottes ist es doch, so überaus vortreffliche Menschen von Jugend auf gekannt zu haben und mit ihnen so innig verbunden gewesen zu sein! Das gehört gewiß zu den liebevollsten Fügungen der Vorsehung. Ihr Andenken wollen wir treu bewahren, bis wir uns im Himmel wieder sehen.

Meine Pläne sind ungefähr folgende. Am 24. denke ich nach Assen zu gehen; am 27. nach Thüle, von dort vielleicht über Hinnenburg 2) nach Hörter zu Luischen 3), dann nach Darfeld. Im September hoffe ich noch nach Harkotten und Dinklage zu kommen.

1) Gräfin Korff Schmising zu Tatenhausen geb. Gräfin Merveldt, † 12. Juni 1873 zu Münster.

2) Der Bischof reiste am 28. Juli von Assen nach Hinnenburg zur Trauung seines Neffen, des Grafen Hubert v. Galen, mit Gräfin Therese v. Bocholz-Asseburg und beabsichtigte von dort seinen Bruder Wilderich nach dessen Wohnsitz in Thüle zu begleiten. Kaum war aber die Trauung vollzogen, so starb lezterer (29. Juli), vom Schlage gerührt, im Schloßgarten zu Hinnenburg in Gegenwart seines geliebten Bruders Wilhelm Emmanuel und der übrigen Gäste, welche hier zu einem Freudenfeste vereinigt waren, das so plötzlich und unerwartet in einen Tag tiefster Trauer verwandelt werden sollte.

3) Aeltefte Tochter seines Bruders Wilderich, welche als Vincentinerin den Namen Schwester Bonaventura führt.

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