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einem Handstreich zu schützen, hielt er insgeheim bewaffnete Abtheilungen von Freunden und Clienten bereit. Doch Catilina liess sich durch nichts abschrecken. Er zeigte sich heiter und voll Zuversicht, wie siegsgewiss, im Kreise seiner Genossen, der jetzt durch den furchtbaren Schwarm der heruntergekommenen dunkelen Existenzen in der Stadt und durch angeworbene Veteranen aus Sullas Colonien fast zu einem kleinen Heer an

gewachsen war. Er kam wie gewöhnlich zu den Sitzungen des Senats und bot dem Unwillen und Angriffen trotzig die Stirn. Als Cato ihm, wahrscheinlich bei der Berathung über das verschärfte Ambitusgesetz, mit einer Anklage drohte, erwiderte er: wolle man Feuer anlegen, um ihn zu verderben, so werde er es nicht mit Wasser löschen, sondern im allgemeinen Umsturz unter Trümmern dämpfen.

18. Dass die Wahlcomitien des Jahres 63 in Folge dieser Vorgänge weit über die gewöhnliche Zeit, vom Juli bis in den October, hinausgeschoben worden seien, ist die allgemein gebilligte aber nicht zu erweisende Annahme. Sie scheinen vielmehr nach allem, was wir darüber wissen, zur regelmässigen Zeit abgehalten worden zu sein12). Nur folgende kleine Verzögerung ist nachweisbar. Am Tage nämlich vor den Comitien berichtete Cicero im Senate über Catilinas Zurüstungen und beantragte für den folgenden Tag eine Berathung hierüber statt der Wahl. Dies geschah. Cicero theilte mit, was er vernommen, und forderte Catilina auf sich zu verantworten; und dieser, dreist wie immer, leugnete nicht, sondern wie er in den Versammlungen seiner Genossen auf das arge Missverhältniss zwischen den wenigen herrschenden Familien, bei denen alle Macht, Ehre und Reichthum wäre, und der grossen unterdrückten Masse hingewiesen und sich, weil in gleicher Noth befindlich, den Verarmten und Beraubten zum Führer angeboten hatte, so erklärte er nun auch im Senat: es gebe im Staate zwei Körper, einen gebrechlichen mit schwachem Haupte (Nobilität und Senat) und einen starken ohne Haupt; diesem solle es, wenn er es um ihn verdiene (durch seine Wahl zum Consul), solange er lebe, an einem Haupt nicht fehlen. Den an diesem Tage gefassten Beschluss nennt Cicero nicht hinreichend energisch' und nach Abfassung desselben - nicht unmittelbar nach seiner Drohung verliess Catilina 'triumphirend' das Rathhaus 43): man wird von weiterem Aufschub

42) John a. a. O. S. 749 f. 43) p.Murena 51 congemuit senatus frequens neque tamen satis severe pro rei indignitate decrevit: nam partim ideo fortes in decernendo non erant, quia nihil timebant, partim quia timebant cuncta. erupit e senatu triumphans gaudio, quem omnino vivum illinc exire non oportuerat. Es ist klar dass non satis severe iudicavit nicht von einer Sitzung gelten kann, in welcher man den äussersten Beschluss fasste. Auch kann trium

abgesehen und die Wahl am folgenden oder einem der nächsten Tage abgehalten haben. Grösser als auf den Senat war die Wirkung von Ciceros Darstellung auf die besitzenden Bürger, die 'Gutgesinnten', so dass sie sich fester an einander schlossen. Am Wahltage kam Cicero auf das Marsfeld inmitten einer zahlreichen Begleitung bewaffneter Freunde, meist junger Leute aus dem Ritterstande, selbst im glänzenden Harnisch, den die geöffnete Toga sehen liess, um, wie er einmal sagt, alle guten Bürger auf die Gefahr ihres Consuls aufmerksam zu machen und zum Beistand aufzufordern. Das erwartete Attentat fand nicht statt. Catilina wagte nichts- und wurde nicht gewählt. Weitaus die Ueberzahl der Stimmen fiel auf Murena und Silanus.

19. Catilina war so weit gegangen, dass es für ihn keine Umkehr gab. Die Geister, die er gerufen, hätte er nicht mehr bannen können, selbst wenn er gewollt hätte; und er wollte nicht auch vor dem letzten Schritt zum Umsturz des Bestehenden bebte er nicht mehr zurück. Am 27. October sollte C. Manlius in Faesulae die Fahne des Aufruhrs erheben, am 28. wollte Catilina selbst in Rom über die Häupter der Optimaten herfallen. Aber Cicero, der sich in der Rolle der waltenden Vorsehung gefiel, wusste von den Plänen genauere Kenntniss sich zu verschaffen; was er ausgekundschaftet hatte und combinirte, legte er am 21. October dem Senate dar und bewog ihn zu dem Beschluss videant consules ne quid res publica detrimenti capiat, das Vaterland ist in Gefahr! Es ist dies illud extremum atque ultimum senatus consultum, quo, nisi paene in ipso urbis incendio atque in desperatione omnium salutis nunquam ante descensum est quo senatus consulto populus Romanus ad arma vocatur (Caesar b. civ. 1, 5. 7). Durch einen solchen Senatsbeschluss erhielten die Consuln ausserordentliche Vollmacht mit kriegsherrlicher Gewalt; denn, wie Sallust erläutert, ea potestas per senatum more Romano magistratui maxuma permittitur: exercitum parare, bellum gerere, coërcere omnibus modis socios atque cives, domi militiaeque imperium atque iudicium summum habere; aliter sine populi iussu nullius earum rerum consuli ius est (Catil. 29, 3). Dadurch wurde über Rom gleichsam der Belagerungszustand mit Kriegsrecht verhängt.

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20. Das Rad war ins Rollen gekommen, es ging mit Catilina bergab. Als in den nächsten Tagen der Ausbruch des Aufstandes aus Faesulae gemeldet wurde C. Manlius

phans gaudio nicht bloss von der 'triumphirenden Miene' des drohenden Hohnes gesagt sein: Catilina freut sich über den Triumph den er eben durch den Senatsbeschluss über den gehassten Cicero davon getragen hatte; wie auch schon die Stellung des Satzes erupit zeigt.

hatte, wie verabredet war, am 27. October zu den Waffen gegriffen -, als dann aus anderen Orten Nachrichten von Zusammenrottungen und Waffenaufhäufungen, aus Capua und Apulien von Gährungen unter den Sklaven kamen, beschloss der Senat nach den bedrohten Gegenden höhere Magistrate zu schicken, die Proconsuln Q. Marcius Rex und Q. Metellus Creticus nach Etrurien und Apulien, die Praetoren Q. Pompejus Rufus und Q. Metellus Celer nach Capua und der picenischen Mark, mit dem Auftrage je nach Umständen Truppen auszuheben. Zugleich setzte er Belohnungen für Anzeigen von der Verschwörung aus, liess, um die Stadt vom Gesindel möglichst zu reinigen, die Gladiatorenbanden nach Capua und anderen Municipien abführen und ordnete, um den befürchteten Brandstiftungen vorzubeugen, Nachtwachen unter der Aufsicht der niederen Magistrate an. Diese Massregeln verbreiteten Schrecken unter dem bisher noch sorglosen, zum Theil ungläubigen Volke.

21. Doch verging eine Woche. Zwar hörte man von einem missglückten Versuch die wichtige Festung Praeneste, jetzt Palestrina, wenige Meilen von Rom, in der Nacht vom 1. November durch Ueberrumpelung zu nehmen; aber in Rom selbst erfolgte wider Erwarten nichts, was ein Einschreiten mit bewaffneter Macht hätte rechtfertigen können, kein Aufstand, kein Brand. Catilina ging unangefochten umher und spielte den Unschuldigen, Verleumdeten. Als ein junger Patricier L. Aemilius Paullus ihn als Urheber aller Wirren nach der lex Plautia de vi belangen wollte, bot er sich wie im Vertrauen auf sein gutes Gewissen mehreren angesehenen Männern zur freien Haft44) an, wurde aber zurückgewiesen, bis M. Metellus45) ihn aufnahm. Aber während dessen dachte er schon daran Rom zu verlassen, wo bei der Unentschlossenheit seiner Genossen nichts vorwärts gehen wollte, und sich zu Manlius nach Faesulae zu begeben; denn er sah nur noch eine Möglichkeit des Erfolgs, wenn es ihm gelang den Rüstungen des Senats zuvorzukommen und mit einem rasch gesammelten Heere, vielleicht siegreich, auf die Stadt anzurücken. Darum versammelte er, sei es dass er seinen Hüter täuschte oder dass dieser ein Auge zudrückte, in der Nacht vom 6.-7. November46) die vornehmsten Glieder des

44) libera custodia, Arrest im Hause und unter der Obhut einer Magistratsperson oder sonst eines vornehmen Bürgers. 45) Vielleicht der Bruder des Q. Metellus Creticus, Praetor 69, ein Freund des Verres wie Catilina und im Ruf der Dummheit. Schol. Gronov. ad Verr. I § 26, p. 394, 29 Or. Um so beissender wird dann der Spott unten 1 § 19. 46) Für das Datum der Versammlung bei Laeca haben wir zwei Angaben, alle beide nicht frei von Unklarheit: 1) p. Sulla 52 nocte ea quae consecuta est posterum diem Nonarum Novembrium ist ganz ungewöhnlich, anscheinend mit dem Streben nach besonderer Genauigkeit des Ausdrucks

Bundes im Hause eines Mitverschwornen, des Senators M. Porcius Laeca, theilte ihnen seine Absicht mit, wählte seine Begleiter, entsandte andere nach den schon aufgewiegelten Landschaften,

gesagt; Analogien bieten ad Att. 3, 7, 1 post diem tertium eius diei; postridie eius diei: pridie eius diei: hiernach würde die Nacht vom 6. auf den 7. November bezeichnet = superior oder prior (1 § 1. 8); die proxima (2 § 13; 1§ 1) wäre die vom 7. auf den 8. November, die erste Rede wäre also am 8., die zweite am 9. gehalten. 2) Asconius in Pison. 4 p. 5, 15K. Cicero in ea quoque quam habuit in Catilinam in senatu, cum octavus decimus dies esset post factum senatus consultum, ut viderent consules ne quid res p. detrimenti caperet, dixit vigesimum diem habere se senatus consultum (1§ 4). Jener Tag war allem Anschein nach a. d. XII Kal. Novembr., 21. October (1 § 7; Drumann Gesch. Roms 5, 449 f.). Hat wirklich Asconius es zu einem mit Consequenz fest gehaltenen Princip' gemacht nicht nach gewöhnlicher römischer Weise den Anfangstag mitzuzählen (John, Jahrb. f. Phil., Suppl. 8, 785 n.), so würden wir auf dasselbe Datum wie bei (1) geführt werden. Jene Annahme stützen p. 31, 19 K. post diem tertium vgl. 39, 5; 50, 4 post annum quam superiores; 79, 9 ante triennium (a. 67. 64); 61, 20 post septimum annum quam (a. 201. 194); 71, 22 quinquennio ante (a. 109. 104; dieser Fall ist etwas anderer Art); 72, 6 ante XII annos (a. 77. 65) ante II de XL annos a. 104. 65: hier stimmt die Regel nicht mehr; freilich ist de Conjectur für et, wie 57, 7 (vgl. 50, 4) XXIII für XVI; 68, 8 illo tempore quod fuit post XVI annos quam reges exacti sunt . isque (annus) fuit A. Verginio Tricosto L. Veturio Cicurino coss. kann man zweifeln ob 510 oder 509 bis 494 gerechnet ist. Jedenfalls wird nach Lage der Verhältnisse es das wahrscheinlichere sein, als den Tag der 1. Rede den 8. November anzusetzen. Die Versammlung bei Laeca kann unter keinen Umständen am Abend vorher, sondern nur in der Nacht vom 6. zum 7. November stattgefunden haben (s. zu 1 § 1); in ihr ist der Mordanschlag gegen Cicero gefasst worden und sollte gleich ausgeführt werden (1 § 9: mehr sagt diese Stelle nicht): ob er indess sofort ausgeführt worden und Cic. die Berufung des Senates um einen vollen Tag aufgeschoben hat, oder ob die bereits vorgerückte Stunde die Mörder nöthigte bis zum folgenden Morgen (des 8. November) zu warten, das sind zwei Möglichkeiten zwischen denen man wählen mag. Die erstere vertritt John (1. 1. p. 784), die letztere Mommsen Hermes 1, 435 f. Mir ist es nach dem Ausdruck 2 § 12. 1 § 10 m. (multis.. praedixeram) und nach dem Charakter Ciceros schwer glaublich, dass er mehr als 24 Stunden nach dem Attentat bis zur Berufung einer Senatssitzung habe verstreichen lassen. Mommsens Hypothese scheint mir von all dem vorgebrachten immer noch den besten Ausweg zu bieten. Nach Abschluss des Manuscripts geht mir durch die Freundlichkeit A. Weidners sein Aufsatz Phil. Anz. 1877 S. 410 zu, worin er nach früheren die Schwierigkeiten scharfsinnig durch die Erklärung von superiore und proxima nocte als Theilen derselben Nacht zu heben sucht. Aber superior und prior werden so häufig mit Zeitbegriffen und von Cic. selbst sonst mit nox im gewöhnlichen Sinne verbunden, dass für den Hörer ein Missverständniss fast unvermeidlich gewesen wäre; noch näher hätte dies 2 § 13 ea nocte . . in proximam gelegen. Es kommt hinzu, dass superior 1 § und § 8 etwas verschiedenes bedeuten müsste: denn § 8 erklärt W. selbst: 'mit peinlicher Genauigkeit, um Cat. zu überwältigen, sagt Cic. von jener nox superior aus: noch im ersten Theile (priore) jener Nacht sei Cat. in das Haus des Laeca gekommen.' Auch scheint mir die Trennung einer Nacht in zwei Theile 1 § 1 nicht präcis genug um verblüffend zu wirken.

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Richter u. Eberhard, Ciceros catilinar, Reden.

wies den Zurückbleibenden ihre Rollen bei dem Aufstande an, der mit Mord und Brand in zwölf Theilen der Stadt zugleich ausbrechen sollte, sobald er mit einem Heer sich nähere 47). Auf seine Klage, dass Cicero ihm in seinen Plänen sehr hinderlich sei, erboten sich zwei römische Ritter48) ihn noch in derselben Nacht zu ermorden. Doch war, wie es scheint, die Zeit schon so weit vorgerückt, dass sie die Ausführung um 24 Stunden verschoben. Inzwischen hatte Cicero, sofort durch Curius und Fulvia gewarnt, seine Vorkehrungen getroffen. Als die Mörder am frühen Morgen an seine Hausthüre pochten, um unter dem Schein der gewöhnlichen Morgen visite (salutatio) ihr blutiges Werk zu vollbringen, fanden sie stärkere Wachen vor und wurden abgewiesen. Zeugen davon waren mehrere vornehme Männer, die Cicero schon vorher benachrichtigt hatte.

22. Noch an demselben Tage, 8. November, berief Cicero die Senatoren zu einer Sitzung in den Tempel des Juppiter Stator, der am nördlichen Abhang des Palatin, dicht am Haupteingange und wahrscheinlich innerhalb der alten Befestigungslinien des Palatium, der Altstadt Roms, wo die Grossen wohnten, gelegen war). Sie kamen zahlreich die späte Tagesstunde, der ungewöhnliche Ort und der muthmassliche Gegenstand der Berathung spannten ihre Erwartung und unter ihnen auch Catilina. Ungeschreckt durch die Wachen, die schon die Runde machten, die Posten, die für die Nacht auf dem Palatin ausgestellt waren, die Volkshaufen, die auf den Strassen ängstlich hin und herwogten, die grosse Schaar römischer Ritter und anderer Patrioten, die auf Ciceros Wink unter Waffen herbeigeeilt den Tempel umstanden und ihn mit unheilkündenden Rufen empfingen, trat er ein. Niemand redete ihn an, niemand grüsste ihn, und doch fixirten ihn alle Blicke. Als er nach seinem gewöhnlichen Platz ging, wo er als gewesener Praetor in der Nähe der Consularen sass 50), standen diese auf

47) Das Detail der Verabredung steht nicht fest, wahrscheinlich weil es ein Geheimniss der Häupter war und von ihnen ins Grab mitgenommen wurde. Daher weichen, um andere nicht zu erwähnen, Ciceros und Sallusts Angaben im Einzelnen von einander ab; s. R. 3 § 14. 4 § 13 und Sall. Cat c. 43. 48) So Cicero; den einen nennt er mit Sallust übereinstimmend C. Cornelius; statt des anderen nennt dieser einen Senator L. Varguntejus: dieser könnte aus dem Senate gestossen worden sein (11 E). 49) Rücksichten auf seine und seiner Freunde Sicherheit mögen Cicero zu der Wahl dieses Ortes bestimmt haben; denn sonst dienten, wo nicht die curia Hostilia am comitium, Tempel des Forum oder des Capitols dem Senat zu Versammlungsplätzen. Dass Cicero selbst schon auf dem Palatin wohnte, wie Plutarch c. 8 behauptet, ist nicht sicher; ebensowenig die Lesart Catilinae domus Suet. de ill. gramm. 17. 50) Auch in den Sitzen beobachtete der Senat die bei der Umfrage und Abstimmung übliche Rangordnung: consulares, praetorii, aedilicii, tribunicii, quaestorii etc.

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