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Conflicte hervorgerufen hat, ist die, daß vor Besetzung jeder Kirchenstelle der betreffende Geistliche der Staatsbehörde angezeigt werden soll.

Die Kirche kann und wird nun niemals zugeben, daß der Staat aus sich das Recht habe, eine solche Bestimmung zu treffen. Dagegen kann die Kirche dem Staate eine solche Concession machen und hat wirklich wiederholt gestattet, diese Anzeige bei Besehung von Pfarreien zu machen, um zu erfahren, ob gegen die betreffende Person in bürgerlicher und politischer Beziehung keine begründeten Bedenken vorliegen. Sie konnte dieses um so mehr, da es nie in ihrer Absicht liegt, einem Geistlichen eine Seelsorge zu übertragen, gegen dessen Anstellung der Staat begründete Einwendungen zu erheben hat. Ich glaube daher, daß in diesem brennendsten Punkte des gegenwärtigen Conflicts vom Papste we= nigstens bezüglich der Pfarrstellen auch bezüglich der, stets nur vorübergehend an einer Stelle angestellten Hilfsgeistlichen eine solche Anzeige zu verlangen, widerstreitet allen bisherigen Uebungen, der Natur der Sache und kann ein reales Interesse für den Staat nicht haben, der ja im Falle einer Beschwerde stets an die kirchliche Behörde sich wenden kann, die jeder begründeten Beschwerde Abhilfe schaffen wird eine ähnliche Concession zu erlangen ist, wenn auf der andern Seite auch der Staat zu solchen Concessionen sich versteht, welche einen modus vivendi ermöglichen.

Zu diesen Concessionen, welche der Staat einer so wesentlichen Nachgiebigkeit der Kirche gegenüber machen müßte, rechne ich namentlich:

1. Die Kirche kann und darf niemals auf die Erziehung ihres Clerus verzichten; sie kann und darf auch ihre Theologen einem einseitig vom Staate angeordneten Examen nicht unterwerfen.

Hier müßte also der Staat durch eine allgemeine Dispense von diesem Examen Abhilfe schaffen. Deßgleichen müßten die geschlossenen Seminarien und Lehranstalten wieder eröffnet und deren Besuch wie früher gestattet und für die Candidaten des geistlichen Standes eine billige Rücksichtsnahme bezüglich des Militärdienstes zugesagt werden.

2. Ein zweiter Punkt, der sofortige Abhilfe erheischt, wenn nicht der unselige Conflict immer heilloser in seinen Wirkungen werden und nicht immer tiefer in das Volk eindringen soll, betrifft den Religionsunterricht und überhaupt die religiöse Erziehung in der Schule. Daß diese an vielen Orten den Geistlichen entzogen und auf die Lehrer übertragen wurde, steht fast einer förmlichen Unterdrückung der katholischen Religion gleich und muß diese Maßregel in Kürze zu den verhängnißvollsten Consequenzen führen. Hier müßte die Regierung den alten Zustand herstellen, der auch heute noch der geseßliche ist.

3. Bezüglich der religiösen Genossenschaften müßte eine wesentlich mildere Praxis den Beweis liefern, daß die Regierung dieje wesentliche und allen gläubigen Katholiken theure Blüthe der Frömmigkeit und christlichen Nächstenliebe nicht proscribirt.

4. Die Herstellung eines solchen modus vivendi müßte, wenn er überhaupt ermöglicht werden und eine friedliche Entwickelung vorbereiten soll, dadurch eingeleitet werden, daß die abgesezten und verbannten Bischöfe und Priester auf ihre Size und Stellen zurückkehren könnten, alle gegen Geistliche ausgesprochenen Gefängniß-, Geld- und Verbannungsstrafen aber nachgelassen und die beschlagnahmten Kirchengüter restituirt würden.

Wenn man vielleicht von einigen Excessen, wodurch die Preßgeseze von Einzelnen verlegt wurden, absieht, so haben alle andern von Strafen und schweren Nachtheilen betroffenen Priester und Bischöfe lediglich aus Gewissenspflicht den fraglichen Strafen sich unterworfen. Jeder nicht innerlich abgefallene katholische Geistliche und Laie muß und wird in gleichem Falle ebenso wie sie handeln. Soll daher irgend welcher Frieden uns zurückgegeben, soll gegen die katholische Kirche und das katholische Gewissen nicht ein Vernichtungskampf geführt werden, soll nicht eine fast unheilbare Wunde im Bewußtsein des katholischen Volkes zurückbleiben, dann ist eine solche Amnestie resp. Restitution unerläßlich.

5. Ich muß endlich noch zwei wesentliche Grundbedingungen der Wiederherstellung eines friedlichen Zustandes für die Katholiken und ihre Kirche ausdrücklich aussprechen. Es darf unsere erprobte uud durch nichts getrübte Loyalität, Unterthanentreue und Vaterlandsliebe durch den Vorwurf der Staatsgefährlichkeit oder Reichsfeindlichkeit fürderhin nicht mehr in Frage gestellt und es darf der innere Friede unserer Kirche und die Freiheit und Sicherheit unsers Glaubens nicht von Seiten des Staates durch Unterstüßung von Bestrebungen erschüttert werden, welche auf eine Losreißung der Katholiken Deutschlands von dem Apostolischen Stuhle und dadurch von der katholischen Kirche, auf eine Umwandlung ihres Glaubens und ihrer kirchlichen Verfassung gerichtet sind.

So lange wir als Reichsfeinde behandelt werden und so lange eine von der Kirche abgefallene und ausgeschlossene Secte nicht als solche, sondern als ein gleichberechtigter Theil der katholischen Kirche angesehen wird, ist ein Friede unmöglich.

Das sind so einige Lineamente, um einen leidlichen modus vivendi herzustellen, den brennenden Conflict zu beseitigen und einen vollen Frieden zwischen Kirche und Staat zum Heile des deutschen Vaterlandes vorzubereiten. Es sind nur flüchtige Andeutungen, wie die vielen Arbeiten auf v. Ketteler, Briefe.

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einer Firmungsreise sie mir gestatteten. Ich wiederhole auch noch einmal, daß sie lediglich meine Privatansichten ohne alle höhere Autorität aussprechen. Ich wollte aber Ihren Wünschen nach Kraft und Umständen entsprechen.

Genehmigen Sie zc.

Staatsminister Dr. v. Luh an den Bischof v. Ketteler.

288.

München, 8. October 1875.

Se. Majestät der König von Baiern, mein allergnädigster Herr, haben mir mit Allerhöchstem Handschreiben vom 6. October 1875 den Befehl ertheilt, Ew. Hochwürden nachfolgende Mittheilung zu machen.

Aus einem von Sr. Majestät abverlangten telegraphischen Berichte des Regierungspräsidiums der Pfalz haben Allerhöchstdieselben entnommen, daß Ew. Hochwürden Hochwohlgeboren bei der Jubiläumsfeier der Kirche. zu Oggersheim1) unter Uebernahme der Verantwortung Seitens des Bischofs v. Haneberg dennoch als Prediger aufgetreten sind, obwohl Sie die nachgesuchte Genehmigung hierzu von Sr. Majestät nicht erhalten. hatten. In diesem Vorgehen des Bischofs v. Hane berg haben Se. Majestät eine mit der von dem genannten Bischof beschworenen Pflich des Gehorsams in schroffem Widerspruch stehende Haltung2), in Ihrer Theilnahme an dieser Handlungsweise aber eine schwere Verlegung jener Rücksichten erblickt, welche Ihnen das Verweilen in dem Lande Sr. Majestät auferlegte. Es ist der Wille des Königs, daß Ihnen gegenüber hierwegen das ernste Befremden Er. Majestät zum Ausdruck gebracht werde.

Die Pflicht des Gehorsams gebietet mir, Vorstehendes Ew. Hochwürden Hochwohlgeboren nicht vorzuenthalten. Im Uebrigen benuße ich den Anlaß dieser Mittheilung, welche selbstverständlich weit davon entfernt ist, die Eigenschaft eines amtlichen Erlasses zu tragen, sondern lediglich den Charakter einer pflichtmäßigen brieflichen Zuschrift hat, zur Versicherung der vollkommensten Hochachtung, mit der ich die Ehre habe zu sein 2c.

1) Vor hundert Jahren war nämlich die Wallfahrtskirche zu Oggersheim von der Curfürstin Elisabetha Auguste erbaut worden.

2) Vgl. die Antwort des Bischofs von Speyer vom 12. October 1875. (Mainzer Journal 1875. Nr. 241.)

An den Staatsminister Dr. v. Luk in Mündjen.

289.

Mainz, 13. October 1875.

Ew. Excellenz haben in dem geehrten Schreiben vom 8. I. M. im Auftrage Sr. Majestät des Königs von Baiern mir eröffnet, daß Allerhöchstdieselben in der Abhaltung einer Predigt in Oggersheim eine schwere Verlegung jener Rücksichten erblicken, welche mir das Verweilen in dem Lande Sr. Majestät auferlegte, und daß es der Wille des Königs sei, mir hierwegen das ernste Befremden Sr. Majestät zum Ausdruck zu bringen. Dieses Schreiben erhielt ich an demselben Tage, wo auch bereits die öffentlichen Blätter den Inhalt desselben nach allen Seiten verbreiteten.

Da es mir nun sehr schmerzlich ist, durch mein Verfahren die Mißbilligung Sr. Majestät des Königs von Baiern mir zugezogen zu haben, so kann ich es nicht unterlassen, Ew. Excellenz die Gründe darzulegen, welche mich bei demselben geleitet haben und welche mir auch jezt noch den Trost gewähren, daß ich dieses Allerhöchste Mißfallen nicht durch meine Schuld mir zugezogen habe.

Bei Abhaltung der Predigt in Oggersheim bin ich nämlich von der Ueberzeugung ausgegangen, welche ich auch jezt noch nach reiflichster und wiederholter Prüfung für die wahre halte, daß ich für dieselbe einer staatlichen Genehmigung in keiner Weise bedurfte. Nur in dieser Ueberzeugung hat auch der Hochwürdigste Herr Bischof von Speyer mich ge= beten, die Predigt zu übernehmen, nur in dieser Ueberzeugung habe ich seiner Bitte entsprochen.

Die Verordnung, aus welcher allein die gegentheilige Ansicht hergeleitet werden soll, ist die vom 20. Juni 1851, welche unter Nr. 4 bestimmt: Wenn die kirchliche Oberbehörde zur Vornahme außerordentlicher Feierlichkeiten Geistliche herbeirufen und ermächtigen will, welche einem im Lande nicht recipirten Orden angehören oder das baierische Indigenat nicht besißen, so hat sie hievon bei der königlichen Regierung vorher Anzeige zu machen und behalten sich Se. Majestät der König die Entscheidung vor."

Der Sinn der Worte „außerordentliche Feierlichkeiten," worauf hier zur Beurtheilung der vorliegenden Frage alles ankömmt, ist nun freilich, an sich genommen, sehr unbestimmt und dehnbar; ich konnte aber, sowohl nach den Erläuterungen, welche zur Zeit des Erlasses dieser Verordnung

von dem königlichen Ministerium in officieller Weise über die Tragweite dieser Bestimmung wiederholt gegeben worden sind, als nach den Kundgebungen Ew. Excellenz selbst, als auch endlich nach der constanten Uebung, so weit sie mir bekannt geworden ist, unmöglich annehmen, daß man berechtigt sei, das Fest in Oggersheim als eine solche außerordent= liche Feierlichkeit" im Sinne dieser Verordnung anzusehen.

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Was zunächst die Deutung jener Worte durch die Minister selbst, welche die Verordnung dem Könige vorgeschlagen haben, betrifft, so hatte der Staatsminister Dr. Ringelmann, bald nach Erlaß derselben, Gelegenheit sich officiell darüber auszusprechen. In der 38. Sizung der Kammer der Abgeordneten vom Jahre 1851 interpellirte hierwegen der Abgeordnete Westermaier den Herrn Minister, und dieser antwortete bezüglich des fraglichen Punktes, daß sich doch nichts dagegen einwenden lasse, „wenn, sofern Ausländer zur Abhaltung von dergleichen Missionen beigezogen werden sollten, eine vorherige Anzeige gefordert und specielle Allerhöchste Entscheidung vorbehalten wird, indem doch derjenige, welcher eine Concession macht, auch das Maß dieser Concession zu bestimmen befugt sein muß." Hieraus erhellt zweifellos, daß nach Ansicht der damaligen königlichen Minister eine derartige Genehmigung nicht für außerordentliche Feierlichkeiten" in jeglichem Sinne, sondern zunächst nur für sogenannte Missionen oder doch wenigstens für solche Feierlichkeiten nur, welche in der Art der Missionen außerordentlich sind, erfordert wird.

Diese Bestimmung des Sinnes jener Worte fand dann auch in dem, auf ausdrücklichen Befehl Sr. Majestät des Königs ergangenen Erlasse des Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 8. April 1852 ihre authentische Bestätigung, indem es dort mit ausdrücklicher Beziehung auf jene Bestimmung in der Verordnung vom 20. Juni 1851 heißt: „Auch die Wahl der Geistlichen zu Missionen x. soll den Bischöfen anheimgestellt bleiben; nur wenn diese Wahl auf Ausländer fällt, ist jedes Mal wenigstens 3 Wochen vorher Bericht zu erstatten und behalten sich Se. Majestät der König die Entscheidung vor." Hier wird also die Bestimmung der Verordnung vom 20. Juni 1851 über die für „außerordentliche Feierlichkeiten" einzuholende Erlaubniß des Königs nur für Missionen gefordert und nur für solche Priester, die Ausländer sind. Wenn nun auch durch den Ministerialerlaß vom 20. November 1873 der eben angeführte Ministerialerlaß vom 8. April 1852 außer Wirksamkeit gesezt ist, so kann sich dies noch nicht auf jene in ihr enthaltene authentische Sinnerklärung der Worte einer unter demselben Ministerium erlassenen Verordnung beziehen, da ein späteres Ministerium

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