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personen zurück, welche den wahren Gegenstand feines Gedichts ausmachen.

Plautus und Terenz haben uns nichts als das schändliche und feile Leben der griechischen Buhlerinnen vorgestellt. Diese häßlichen Schil derungen können uns keinen richtigen Begrif von der häuslichen Aufführung des römischen Frauenzimmers machen; und unsre Neugierde wird beständig ein für die Critik so weitläuftiges und fruchtbares Feld vermissen. Die Neuern, welche glücklicher (oder soll ich vielmehr sagen, verwegener?) waren, haben sich die Sitten des andern Geschlechts besser zu Nuße gemacht, und ihnen haben wir es zu danken, daß es nunmehr nicht anders, als auf gemeine Unkosten las chen kann.

Das Jahrhundert des Augustus, welches fast alle Arten zur Vollkommenheit brachte, ließ dem Jahrhunderte Ludewigs des XIV. die Ehre, die komische Dichtkunst bis dahin zu bringen. Da aber die Ausbreitung des Geschmacks nur allmålich geschieht, so haben wir vorher tausend Irrthümer erschöpfen müssen, ehe wir auf den bestimmten Punkt gelangt sind, auf welchen die Kunst eigentlich kommen muß. Als unbe hutsame Nachahmer des Spanischen Genies, fuchten unsre Båter in der Religion den Stof zu ihren verwegenen Ergößungen; ihre unübers legte Andacht unterstand sich, die allervereh rungswürdigsten Geheimnisse zu spielen, und

scheute

fcheute sich nicht, eine ungeheure Vermischung von Frömmigkeit, Ausschweifungen und Posfen auf die öffentlichen Bühnen zu bringen.

Hierauf bemächtigte sich, zufolge einer sehr widersinnigen Abwechselung, der Ge schmack an verliebten Abentheuern unfrer Scene. Man sahe nichts als Romane, die aus einer Menge Liebshandel zusammen gefeßt waren, sich auf derselben verwirren und zum Erstauuen entwicfeln. Alle das Fabelhafte und Unglaubliche der irrenden Ritterschaft, die Zweykämpfe und Entführungen schlichen sich in unsre Lustspiele ein; das Herz ward dadurch gefährlich angegriffen, und die Frömmigkeit hatte Ursache darüber un willig zu werden.

Endlich erschien Corneille, welcher dazu be, stimmt war, die eine Scene sowohl, als die andre berühmt zu machen. Melite brachte eine neue Art von Komödie hervor; und dieses Stück welches uns jest so schwach und fehlerhaft scheint, stellte unsern erstaunten Voråltern Schönheiten dar, von welchen man ganz und gar nichts wußte.

Unterdessen muß man doch erst von dem Lügner die Epoche der guten Komödie rechnen. Der groffe Corneille, welcher den Stof dazu aus einem spanischen Poeten zog, leistete, da mit dem französischen Theater den allerwichtig. ften Dienst. Er eröfneten seinen Nachfolgern ben Weg, durch einfache Verwicklungen zu gefallen,

gefallen, und lehrte die sinnreiche Art, sie unsern Sitten gemäß einzurichten.

Von dem Lügner muß man so gleich auf den Moliere kommen, um die französische Scene auf ihrer Staffel der Vollkommenheit zu finden. Diesem bewundernswürdigen Schriftsteller haben wir die siegenden Einfälle zu danfen, welche unsere Lustspiele auf alle Europȧische Bühnen gebracht haben, und uns einen so besondern Vorzug vor den Griechen und Römern geben.

Nunmehr sahe man alle Schönheiten der Kunst und des Genies in unsern Gedichten verbunden: eine vernünftige Dekonomie in der Eintheilung der Fabel und dem Fortgange der Handlung; fein angebrachte Zwischenfälle, die Aufmerksamkeit des Zuschauers anzufeuren; ausgeführte Charaktere, die mit Nebenpersonen in eine sinnreiche Abstechung gebracht waren, um den Originalen desto mehr Vorsprung zu geben. Die Laster des Herzens wurden der Gegenstand des hohen Komischen, welches dem Alterthume, und, vor Molieren, allen Völkern Euro

*

Durch dieses Wort habe ich das Französische Contrafte übersehen wollen. Wer es besser zu übersehen weis, wird mir einen Gefallen thun, wann er mich es lehret. Nur daß er nicht glaubt, es sey durch Gegensatz zu geben. Ich habe Abstechung deswegen gewählt, weil es von den Farben hergenommen, und also eben so wohl ein mahlerisches Kunstwort ist, als das französ fische. Leb.

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Europens unbekannt war, und eine neue er habne Art ausmacht, deren Reiße nach Maßgebung des Umfanges und der Zärtlichkeit der Gemüther empfunden werden. Endlich so sahe man auch, in der von den Alten nachgeahmten Gattung, eine auf die Sitten und Handlungen des bürgerlichen und gemeinen Lebens sich bezie hende Beurtheilung; das Lustige und Spaß hafte wurde aus dem Innersten der Sache selbst genommen, und weniger durch die Worte als durch die wahrhaftig komischen Stellungen der Spiele ausgedrückt.

Ben Erblickung dieses edeln Fluges konnte man natürlicher Weise nicht anders denken, als daß die Komödie auf diesem Grade der Vortreflichkeit, welchen sie endlich erlangt hatte, ste hen bleiben, und daß man wenigstens alle Muhe anwenden würde, nicht aus der Art zu schla. gen. Allein, wo sind die Gesetze, die Gewohn heiten, die Vergleiche, welche dem Eigensinne der Neuigkeit widerstehen, und den Geschmack dieser gebiethrischen Göttin festseßen könn ten? Das Ansehen des Moliere, und noch mehr, die Empfindung des Wahren, nöthigten zwar einigermassen verschiedne von seinen Nachfol gern, in seine Fußtapfen zu treten, und lassen ihn auch noch jest berühmte Schüler finden. Doch der größte Theil unsrer Verfasser, und selbst diejenigen, welchen die Natur die meis ften Gaben ertheilet hat, glauben, daß sie ein

so nüßliches Muster verlassen können, und bestreben sich um die Wette, einen Namen zu erlangen, den sie, weder der Nachahmung der Alten noch der Neuern, zu danken hätten.

Ich will unter der Menge von Neuigkeiten, die sie auf unsre Scene gebracht haben, nichts von jenen besondern Komödien sagen, worinne man Wesen der Einbildung zur wirklichen Pers son gemacht und sie anstatt dieser gebraucht hat: es ist dieses ein feyenmäßiger Geschmack, und nur die Oper hat das Recht sich ihn zuzueignen. Auch von jenen Komödien will ich nichts gedens ken, worinne die spißige Lebhaftigkeit des Gespråchs anstatt der Verwicklung und Handlung dienen muß; man hat sie für nichts als für feis ne Zergliederungen der Empfindungen des Her zens, und für ein Zusammengefeßtes aus Einfällen und Strahlen der Einbildungskraft an= zusehen, welches geschickter ist, einen Roman glänzend zu machen, als ein dramatisches Gedicht mit seinen wahren Zierrathen auszupuķen. Ich will mich vorjezo blos auf diejenige neue Gattung des Komischen einschränken, welcher der Abt Desfontaines den Zunahmen der Weis nerlichen gab, und für die man in der That schwerlich eine anständigere und gemäßere Be nennung finden wird. (1)

Damit

(1) Ich gestehe es, nichts ist lächerlicher, als über Namen zu streiten; es ist aber auch eben so lås.

chere

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