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,,wichtigere und für ihn schmeichelhaftere Gegen ,,stände von seinen Verfolgungen abziehen wer,,den. Es ist auch nicht möglich, daß er sich ,,ohne Schauer alle dem überlassen sollte, was „ihm etwa seine sträfliche Leidenschaft eingeben „könnte.

Doch weit gefehlt, daß sich Virginia durch diese Gründe sollte verblenden lassen; sie besteht vielmehr darauf, daß sie alles von einem so niederträchtigen Manne befürchten müsse. „Wie ,,sehr betriegst du dich, antwortet sie der Pub„licia, wenn du glaubst, daß ein Mann, der „nicht den geringsten Schein der Tugend auch „nicht bey der kleinsten seiner Handlungen bey,,behält, fähig fen, des Bösen überdrüßig zu ,,werden. Hast du nicht gesehen, daß sich dieser Appius, wider die Erwartung des Se„nats, selbst zum Decemvir ernennte? Hast du ,,nicht gesehn, daß er der Geseße spottete, unter ,,dem Vorwande sie zu erweitern? Hast du ihn ,,nicht die Confuls und Tribune unterdrücken sehen, welche die Stüße und der Schuß des „Udels und des Volks waren? Hast du nicht ge,,sehen, bis zu welchem Grade er seine Tyran„ney und Grausamkeit gegen sein eigen Vater,,land getrieben? Wie kannst du dir denn also einbilden, daß er von seiner Ausschweifung wie„der zu sich selbst kommen werde, wenn ihn nichts „dazu zwingt? Gefeßt auch, daß er mich nicht als ein ungerechter Liebhaber verfolgen sollte,

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„so wird er mich doch immer als die Geliebte ,,des Jcilius zu beleidigen suchen? Er hat diefen Römer bey der heftigen Streitigkeit wegen „des Tribunats zum Gegner gehabt, und sein „Groll wird die ganze Last seiner Wuth auf mich ,,fallen lassen, weil ich für die Freyheit und für ,,den bin, welcher sie vertheidiget.

Da endlich Publicia der Stärke dieser Grüne de nachgeben muß, so thut sie den Ausspruch, daß bey gegenwärtigen Umständen die Gegenwart des Virginius, unumgänglich nöthig sey, ,,welcher sich auf dem Algido einzig und allein ,,beschäftiget, seine Tapferkeit zu üben, und ,,der kleinen Entfernung von Rom ungeachtet, ,,von dem Schimpfe, den man ihm drohet, „nichts weis.

Virginia giebt ihr hierauf zu verstehen, daß dieses für sie eine neue Ursache zur Unruhe sen. „Wenn ich erwåge, sagt sie, wie enfersüchtig ,,mein Vater auf seine Ehre ist; mit was für ,,Hiße er alle Gefahren verachtet, um den Ruhm, ,,den er sich in Rom durch seine Tapferkeit er,,worben hat, zu erhalten; wie ausserördentlich ,,argwöhnisch und zugleich unbeweglich er ist; „und kurz, daß ich mit wenigen alles sage, wenn „ich erwäge, daß er mein Vater ist, welcher ,,mich auferzogen hat und mit der äußersten ,,Zärtlichkeit liebt: so stellen sich tausend ver ,,wirrte Gedanken auf einmal meiner Einbils „dungskraft dar. Wozu würde er in der That ,,nicht

nicht fähig fenn, wenn der Decemvir mich zu ,,verfolgen fortführe, und er auf eine nicht allzu,,genaue Art oder durch einen fremden Kanal da „von Nachricht bekäme?

Ben Erblickung dieser Gefahr scheint Publis cia selbst vor Furcht ausser sich zu seyn; und damit ihre junge Gebietherin zu dem, was sich etwa gefährliches ereignen könnte, durch ihr Still schweigen nichts beytrage, so ist sie der Meinung, daß sie ihren Vetter Numitor und den Jcis lius von allem unterrichten solle. „Wenn du, ,,fügt sie hinzu, dieser ihrem Rathe folgest, so ,,darfst du nicht fürchten, dich zu verirren. Er „laube mir, sie sogleich aufzusuchen. Andacht ,,und Liebe werden sie, ohne Zweifel, schon bey ,,de auf diesen Plak gebracht haben.

Durch diesen Vorschlag fühlt sich Virginia ein wenig beruhiget; sie ergreift ihn mit Eifer und Entzücken und läßt die Publicia mit dem Befehle von sich, nur dem Lumtor etwas zu entdecken, dem Jcilius aber, wenn sie ihn antreffen würde, bloß zu sagen, daß er zu ihr kommen folle.,,Wenn wir alle beysammen sind, spricht ,,sie, so werden wir seine Heftigkeit leichter måßi. ,,gen können, indem er dasjenige erfährt, was ,,ich ihm mit Recht nicht länger verbergen kann, und was er endlich wissen muß.

Zweyter

Zweyter Auftritt.

Nachdem Publicia weg ist, beklaget Virs ginia ihr Schicksal, welches sie ihrem Vater lande zu einem traurigen Schauspiele mache, ohne daß sie sich gleichwohl das geringste in ihrer Liebe für den Jcilius, in ihren Gedanken und Handlungen vorzuwerfen habe. Was ihren Verdruß noch mehr vermehret, ist dieses, daß sie vorher sieht, ihre Aufopferung werde dem Vaterlande, welches von einem Wüthriche beherrscht werde, nicht einmal etwas nüßen; der tödtliche Schlag werde sie nicht allein treffen, sondern ihr geliebter Jcilius werde die ganze Last desselben mit ihr zu theilen haben. Sie fühlt sich stark genug, den Tod zu erleiden, und aller der Wuth ihres Verfolgers mit Standhaftigkeit zu widerstehen. Selbst der Verlust ihres Lebens würde ihr angenehm feyn, wenn alles Uebel in dem Staate mit demselben aufhörte; wenn ihre Besiegung der Republik zum Vortheil gereichte, dessen Ruhm man allen andern vorziehen müsse. Aber wird dieses geschehen? Werden ihr Vater, ihr Geliebter deswegen glüklicher seyn? Dieses ist es, dessen sich zu schmeicheln ihr die Betrübniß nicht erlaubt; dieses ist es, was ihrem Kummer aufs höchste bringt. In dieser traurigen Stel lung ruft sie aus: ,,Warum gabst du mir, großfer Jupiter, eine römische Seele, zu einer Zeit, ,,da man nichts als Unrecht verübt, wenn sie

,,nicht

„nicht die Beschimpfung zu råchen dienen soll, „die man der Stadt erweiset, welche dein Thron „ist, und welche du auf eine so besondre Art „schüßest? War es nur deswegen, um auch an ,,mir kund zu machen, daß in dem großen Rom „nichts kleines ist? Hast du in meiner Person nur „zeigen wollen, daß, wie die Glieder des Rd,,mischen Senats alle Monarchen an Würde und „Glanz überträffen, also auch das Herz einer ,,Plebejin dem erhabensten Herze in der gan,,zen Welt gar wohl gleich kommen könne? „Vielleicht! doch, gerechter Himmel, nicht mei

ne heroischen Gesinnungen machen mich un „glücklich. Das, was man an mir als Schön,,heit erhebet, und ich als ein vergångliches Ge,,schenke betrachte, ist die wahre Quelle meiner ,,Noth. Dieses nur ist die eigentliche Ursache ,,meines Verdrysses. Das, was ich am we„nigsten schäße, ist das, was den Appius am „meisten erhißt; und das worauf ich alle meine ,,Sorge, alle meine Aufmerksamkeit wende, ist „das, was von den Göttern verlassen zu seyn „scheinet. Wessen kann ich mich noch getrösten, ,,da ich der Hülfe der Götter und der Men»schen beraubt bin?

Dritter Auftritt.

Mittlerweile kömmt Jciliue herzu, welcher die Virginia nicht zu Hause gefunden hatte, und also auf den Markt geeilt war, sie da zusu.

I

chen.

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