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lius nicht genug die Stimmen des Raths gegen ihn im Gleichgewichte gehalten zu haben; er mußte auch hier sein Nebenbuhler seyn, und ihm mit größerm Glücke den vornehmsten Gegenstand feiner Begierden entreißen. Was kann die Wuth eines hochmüthigen Liebhabers mehr aufbringen? Aus Höflichkeit gegen eine Plebejin foll Appius feinen Zorn, und das grausame Feuer, das ihn verzehret, auslöschen?~~,,Nein, „ruft er aus, das ist nicht möglich. Meine Lei„denschaft ist zu starck, mein Schmerz zu heftig,

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als daß ich die Schönheit, die ich anbethe in seines andern Armen sollte sehen können. Über, „gerechter Himmel, wenn die Maaßregeln, die ,,ich genommen habe, nicht anschlagen; wenn ich „nicht darauf bestehen kann, ohne daß man meis „nen Ehrgeiz als eine Tyranney verflucht, wenn ,,meine großen Unschläge zu nichte werden, ehe: alles zu meinem Vortheile eingerichtet ist, und »wenn ein gegenseitiger Nußen

Zweyter Auftritt.

Hier wird er durch die Ankunft des Claus dius feines Lieblings unterbrochen, welcher seine heftige Bewegung bemerkt, und ihm den Rath giebt, fich zu mäßigen, so wohl um seine Gefund heit zu schonen, von welcher er versichert, daß sie dem ganzen Volke kostbar sen, als auch um an einem Tage, an welchem er öffentlich erscheinen solfe, und eine Menge von Leuten die Augen auf

ihn heften würden, keinen Verdacht zu erwecken.

So klug diefer Rath ist, so bedarf doch Appius desselben ganz und gar nicht. Er ist in der Kunst, sich zu verstellen, vollkommen unterrichtet, er hat seine Minen in seiner Gewalt, er weis seine Gedanken zu verbergen; er weis seine Handlungen und seine Worte zu verstecken, nur das weis er nicht, wie er sein Herz gegen die Reize der Virginia schüßen soll. Dieses Geheimniß möchte er gerne erfinden, und dieses verlangt er von seinem Lieblinge zu wissen.

Claudius erkennt die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit desselben, wenn die Liebe ausserordentlich stark ist. Das einzige Mittel, welches ihm einfällt und seiner würdig ist, bestehet darins ne, daß er ihm råth, seine leidenschaft zu sätti. gen, wenn er sie nicht erstücken könne.

Ob nun gleich den Appius seine eigne Gemüthsart, diesen Schluß zu ergreifen, geneigt macht, so glaubt er doch, daß er noch vorsichtig gehen müsse. Weil er selbst die Geseße gegeben habe, fo scheint es ihm allzuverwegen zu seyn, wenn er sie so bald, ohne einem anståndigen und scheinbaren Vorwande, selbst übertreten wollte; doch Claudius, welcher noch ein größer Bösewicht ist als er, denkt ganz anders.,,Es gehört ,,gemeinen Seelen, sagt er, sich den Regeln der ,,Tugend zuunterwerfen. Große Leute und Hel„den sind über alles erhaben, und scheuen sich für .,nichts,

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,,nichts, wenn ihnen das Laster gefällt. Als Rd,,mer muß zwar Appius seine Handlungen im „Zaume halte; aber als Decemvir, als Herr des „Volks, der Patricier und der Kriegsheere, kann Appius seine eigensinnigsten Begierden zu ,,Gefeßen machen. Gnade und Mäßigung hd,,ren, wie er sagt, auf, Tugenden zu seyn, wenn es auf die Befestigung einer neuen Herrschaft ,,antommt.

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Diese Reben schmeicheln dem Stolze und der Eitelkeit des Appius ungemein; gleichwohl aber hält er für gut, ehe er die karve ganz und gar ablege, mit aller Klugheit und ohne Anstand die besten Maaßregeln zu ergreifen, die ihn zu seinem Zwecke führen und alle Hindernisse aus dem Wege räumen können. Claudius überläßt diefen Punct der Klugheit des Decemvirs, und versichert ihn bloß, daß er allen seinen Befehlen, als einer der ihm weit mehr, als irgend ein añder ergeben fey, blindlings folgen will. Appius zweifelt daran nicht. Er hat schon so viel Beweise von seiner Treue, von seinem Eifer, von seinen Gaben, daß er ihn ganz besonders hochschäßet; weil er aber jezt die Rathsherren Vas lerius und Horatius, zwey von seinen hart näckigsten Feinden, und die größten Anhänger des Volks, auf sich zukommen sieht, so läßt er ihn von sich, und verschiebt es bis auf eine an dre Zeit, sich umständlicher mit ihm zu berath schlagen. Dritter

Dritter Auftritt.

Die zwen Rathsherren, welche schlau und geschmeidig sind, und sich vortreflich zu verstellen wissen, reden ihn an. Valerius führt das Wort, und versichert ihn gleich Anfangs, daß fie in der besten Absicht, voller guten Vertrauens zu ihm kamen, ohne sich an den Ort, wo er jezt sen, noch an die Streitigkeiten zu kehren, welche sie mit einander im Senate gehabt hät ten, weil sie befürchten müßten, ihre Trennung möchte dem Vaterlande, besonders bey so dringenden Gefahren, schädlich seyn. Er seht voraus, daß Appius ein Römisches Herz und ei ne aufrichtige Liebe für Rom habe, und stellt ihm hierauf vor, daß das Volk den Tod des Siccius erfahren habe, und ihn durchgängig dem Decemvir und General Cornelius zuschreibe, daß es diese That grausam und tyrannisch schel. te, daß es neue Beleidigungen von dieser Art fürchte, seufze und sich beklage; daß auch der Adel nicht weniger beunruhiget und aufgebracht sey, und daß es die äußerste Nothwendigkeit erfor dre, fie insgesammt zufrieden zu stellen, ehe sie einerley Geist des Verdachts und der Wuth ver. einige, und alle Hülfsmittel vergeblich mache.

Horatius ersucht den Appius auf diese Vorstellung wohl Acht zu haben, und den traurigen Folgen eines allgemeinen Mißvergnügens durch eine schleunige Gerechtigkeit zuvorzukom

men,

men, und sich ihres Beystandes, wenn er das Laster bestrafen wolle, zu versprechen, ja, wenn ihm dieser nicht genug sen, des Beystandes des Volks, der Ritterschaft und des Senats.,,Da ,,alle Wünsche, sagt er, nur auf die gemeine ,,Ruhe abzielen, so wird ein jeder, so bald es „darauf ankòmint, sie zu råchen, mit Vergnů,,gen dazu bereit seyn; und gleichwohl wirst du ,,allein die Ehre der Erleichterung, nach welcher ,,wir seufzen, genießen.

Weit gefehlt, daß Appius gegen die Reden der zwey Rathsglieder Achtung haben sollte; er erstaunt vielmehr, wie er sie mit so vieler Geduld habe anhören können. Er behauptet, daß das, was sie ihn jezt gesagt håtten, eine schändliche Verleumdung fen; und erklärt sich, daß er es ganz wohl wisse, daß nicht sowohl der Tod des Siccius als die Begierde, die Decemvirs unter sich uneins zu machen und ihre Gewalt zu schwächen, ihr Geschrey veranlasse. „Aber wißt, ,,sagt er zu ihnen, daß ich, noch ehe euer falscher ,,Eifer den Endzweck, auf welchen euch eure „Kühnheit und Untreue zielen lassen, wird er,,langt haben, das Volk durch Strenge zu băn,,digen, den Adel durch exemplarische Strafen zu „bessern, und beyde durch Furcht zurück zuhalten ,,wissen werde, weil es doch unmöglich ist, ihnen ,,Liebe einzuflösse und die Gelindigkeit zu nichts taugt.

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