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,,wegen unbesorgt seyn zu können. Sollte man „mir auch vorwerfen, daß ich von allen Römern, „die dieses großen Namens wirklich werth wåren, der erste sey, welcher der Liebe den Vorzug ,,gegeben habe, der dem Vaterlande gehöre! ,,Dennoch foll alles, was in mir ist, nur durch ,,meinen Verdruß belebt werden. Meine ,,müthende Eifersucht will sich nicht länger in ,,meiner Seele verschließen lassen, und schon ei„le ich, alle meine Anhänger aufzubringen. O ,,gieb nicht zu, großer Jupiter, daß der grau,,fame Appius, einer so starken Verschwörung

,,entfomme.

Siebender Auftritt.

In dieser Gemüthsbewegung wird er von dem flugen Numitor überrascht, welcher es ihm verweiset, daß er sich nicht besser måßigen könne. Er stellte ihm vor, daß ihn sein Gesicht und seine Handlungen verriethen, welches dem Fortgange seiner Anschläge sehr nachtheilig seyn könnte. Er ermahne ihn folglich, sich den zwey. Rathsgliedern gleich zu stellen, welche viel zu klug und viel zu verschlagen wären, als daß sie ihr Vorhaben merken ließen; sie zwången sich vielmehr in Gegenwart des Tyrannens, und verbärgten dem Jcilius selbst den ganzen Umfang ihrer Absichten, indem sie bloß mit ihm von der Ursache seines Verdrusses offenherzig sprächen.

Diese vernünftigen Rathschläge gehen Anfangs dem Jcilius sehr schwer ein, weil der Decemvir gegen alle Klagen und Erinnerungen sich zu verhärten geschienen, und er also keine Hofe nung hat, Virginien ausser Gefahr zu wissen. Er glaubt so gar, es sey keine andre Hülfe übrig, als daß sie bey dem geringsten Vergehen des treulofen Appius alle zu den Waffen grieffen, um die Freyheit zu vertheidigen, und die allgemeine Sicherheit für Krånkungen zu schüßen. Doch da er endlich die tiefere Einsicht des klugen Numitors zu erkennen genöthiget wird, so giebt er nach. Er verspricht, so lange es für Virginien nicht gefährlich sey, dem Beyspiele der zwey edeln Senatoren zu folgen, und ihnen zur Reifung ihres Entschlusses alle Zeit zu las fen, damit sie bey ihren Unternehmungen eines glücklichen Ausganges könnten versichert seyn, aus welchem seine liebe den größten Vortheil ziehen werde. Dem Proteus gleich, spricht „er, will ich alle Gestalten, nach dem es nöthig feyn wird, anzunehmen wissen. Als ein andrer »Janus mit zwey Gesichtern, will ich mir die vergangnen Fehler zu Nuße machen, um mich ,,in Zukunft desto vorsichtiger aufzuführen.

Lumitor erfreut sich über diesen Vorsak und berichtet ihm, daß er dem Virginius von allem habe Nachricht geben lassen, daß er ihn alle Augenblicke erwarte, und daß er selbst entschlossen sey, den Verschwornen durch seine An R 4

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hänger beyzustehen, welche weder an Menge noch an Tapferkeit den Anhängern irgend einer Parthey nachzusehen wären. Dieses bestärkt die Hofnung des Jcilius, der sich nunmehr im Stande sieht, den größten Gefahren Troz zu biethen; doch ungeachtet dessen, was er sich von einer so mächtigen Verschwörung versprechen kann, wird sein Herz gleichwohl von einer heims lichen Uhndung beunruhiget, als ob ihn an dies sem Tage ein ganz besonders Unglück bevorstehe. Unterdessen verlassen sich beyde in ihren ersten Entschließungen, und machen dem zweyten Aufzuge ein Ende.

Dritter Aufzug.
Erster Auftritt.

Appius und Claudius treten mit einander auf, und unterreden sich von dem, was die zwey Senatores dem Decemvir gesagt haben. Dieser lobt den Appius ungemein, daß er sich nicht an sie gekehrt, noch seinem Ansehen, durch Annehmung ihrer Rathschläge etwas vergeben ha be, Unterdessen ist es doch nicht sehr zu verwundern. Der Decemvir hat Ursache dem Va lerius und Horatius nicht zu trauen; und auch außer seinem Stolze, welcher ihm nicht erlaubt, in seiner angemaaßten Herrschaft sich ir gend Grenzen sehen zu lassen, ist seine Liebe zu Virginien so stark, daß er den Tod der gering

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ften Verkürzung seiner Macht vorziehen würde. Alles was sich seiner heftigen Leidenschaft zu wibersehen scheinet, dienet bloß sie zu unterhalten, und der Verlust seines Ansehens selbst würde feine Begierden nur mehr reißen, indem er ihn von dem Gegenstande, nach welchem er seufzet, entfernte.

Claudius, der ihn in dieser Verfas fung sieht, bezeigt ihm sein Erstaunen über seine Mäßigung. Umsonst sucht Appius fie unter dem Vorwande, daß die Strenge und die Verachtung der Virginia für ihn eine Art von Bezauberung sen, zu rechtfertigen; sein Liebling giebt sich alle Mühe, ihn zu überreden, daß er im geringsten nicht verzweifeln müße, so lange er mit dieser Römerin noch nicht selbst gesprochen habe. Ist sie nicht ein Weibsbild? fügt er Shinzu. Sollten Lobsprüche, Schmeicheleyen, ,,Eitelkeit, Eigennuß, die Ehre dich zu ihren „Füssen zu sehen, nicht fähig seyn, den Eigensinn ,,zu verführen, gefeßt auch, daß sie das Herz ...nicht gewinnen könnten? Sollte bey ihrem „Geschlechte alles vergebens feyn? Entschließe „dich nur, mit ihr zu sprechen. Dieser Tag ist „ohne Zweifel der vortheilhafteste, den du nur „dazu aussehen könntest.

Der Decemvir gesteht zu, daß er alles anwenven müsse, um sein Uebel zu erleichtern, allein er glaubt, daß es sich für ihn nicht schicke, dffentlich etwas zu versuchen. Seine Leidenschaft

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würde gar bald allen bekannt werden, und wenn ihm sein Unternehmen mißlingen sollte, so wåre er vor der ganzen Welt zum Gelächter gemacht. Ehe er sich einer so großen Beschimpfung aus=' feste, wolle er lieber Virginien aus dem Hause ihres Vaters oder ihres Gemahls zu entführen und sie aus dem Schooße der Glückseligkeit zu reißen trachten.

Ob nun gleich Claudius der Mann gar nicht ist, der diesen leßtern Anschlag mißbilligen follte, so besteht er doch auf seinem ersten Rathschlage und muntert den Decemvir durch Gründe auf, die seiner Ruchlosigkeit würdig find. ,,Wenn es, sagt er, darauf ankömmt, dasjeni,,ge was man begehrt, zu erlangen, so seht man ,,alles Bedenken und alle Besorgniß bey Seite. „Ein Mann, der die Gewalt in seinen Hånden ,,hat, kennet weder Furcht noch Ueberlegung. Wenn man sein Glück durch ein Laster erlangen kann, so ist die Tugend unnüße. Unter„laß also ja nicht, dich der gelegenen Zeit eines Festtags zu bedienen. Es ist natürlich, daß fich Virginia, bloß in Begleitung der Pubs „licia, dabey einfinden wird. Suche sie auf, „und wenn du sie findest, so laß es sie aus dei„nem eignen Munde hören, wie viel du für sie

empfindest. Wenn sie dich anhört, gesezt auch, ,,daß sie dich mit feiner Gegenliebe belohnt, fo ,,muß sie dir doch wenigstens dafür verbunden seyn, und schon dieses wird für dich eine Art

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