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dieser Römer dem Vaterlande sey, destoweniger schicke es sich, ihn zurück zu rufen. Wäre es wohl gerecht, ihn, der der allgemeinen Mutter diene, für die man alles aufopfern müße, wegen eines zweifelhaften Handels zurück kommen zu lassen, besonders da es so viele Rechtsgelehrte giebt, welche ihn untersuchen, und aufs reine bringen können? Wenn Claudius die Ausführung seines Rechts bis zu Ende des Krieges versparen wolle, so sey es der Decemvir ganz wohl zufrieden. Außerdem aber, könne er sich, aller feiner Gewalt ungeachtet, nicht entbrechen, ihm, sobald er es verlange, Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen..

Claudius nimmt sich wohl in Ucht, einen folchen Vorschlag anzunehmen. Er seht sich feyerlich darwieder, daß man den Virginius erwarten wolle. "Die Anhänger dieses Geg„ners, sagt er, könnten vielleicht vermögend seyn, ,,alsdann mit Gewalt das Urtheil zu verhindern, ,,welches sein ungegründetes Recht nicht aufhal ,,ten kann.

Dieser abschläglichen Antwort ungeachtet, beharrt Numitor darauf; er stüßt sich auf die Feyerlichkeit des Tages, und auf die notorische und empfindliche Beschimpfung, die den Virs ginius in Gegenwart einer solchen Menge Menschen treffen würde, und sucht durch diese Vorstellungen den Claudius zu bewegen. Doch Appius, dem daran gelegen ist, das, was er gethan

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gethan hat, zu behaupten, antwortet, es sey seine eigentlichste Pflicht, die Streitigkeiten, welche unter dem Volke entstehen, beyzulegen; auch die allerheiligste Beschäftigung müsse ihn nicht davon abhalten, und der Schimpf, wenn anders einiger damit verknüpft sey, könne demjenigen nicht zugerechnet werden, der aus Unif fenheit in der Sache nicht eher habe verfahren können.

Da Llumitor sieht, daß alles, was er vorbringt oder einwirft, nichts nüßen will, so vers langt er, daß man wenigstens ihm die Vięgiz nia aufzuheben geben solle, weil er ihr nächster Anverwandter sey, und selbst durch die Gefeße, welche Appius auf die zwölf Tafeln habe graben lassen, dazu berechtiget werde. Doch eitle Zuflucht! Appius, der die Gefeße gemacht hat, weis fie auch nach seinem Willen auszulegen. Ihr Wille ist, noch seiner Meinung gar nicht, einem Better dasjenige zu vergönnen, was man einem Vater, wenn er es als Báter begehrte, ohne Grausamkeit nicht versagen könnte. Die Umstände sind hier ganz anders. Der Decem vir verlangt also, daß man seinem Befehle ohne Aufschub nachkommen solle, weil er jezt unumgänglich Angelegenheiten des Staats besorgen müße, und also nicht länger überlästige Reden anhören könne, die zu nichts taugten.

Sein unwürdiger Liebling scheint darüber vers gnüge; Virginia aber, welche bis hieher ein

finstres

finstres Stillschweigen beobachtet hatte, glaubt nunmehr, es brechen zu müssen. Sie will die List dieses schändlichen Urtheils entdecken, und der ganzen Welt offenbaren, warum die Bos heit ein so gräßliches Verfahren wider sie be ginne. Sie ist auf das äusserste gebracht, und hat sich für nichts mehr zu scheuen. Die Men schen hören sie ohne Erbarmung an, sie muß also die Götter zu ihrem Beystande anrufen, ehe Appius sie ohne Vertheidigung finde, und feine schändliche Begierden zu stillen, vermögend sen. So mache ich dann kund, sagt sie zu dem »,Decemvir mit erhabner Stimme, daß die vieshische und strafbare Leidenschaft die einzige Ur,,sache ist Hier fällt ihr Appius ins Wort und sagt:,,mach ein Ende, nichtswürdige ,,Sklavin.,, Und hierauf befiehlt er dem Clau dius die Kühnheit dieses Weibsbildes zurück zu halten, und seinen Schergen, an die Voll Streckung seines Befehls Hand anzulegen.

Der Liebling ergreift Virginien sogleich ber der Hand, und diese unglückliche Römerin, de ren Klagen nichts verhindern kann, bemüht sich,. fich mit Gewalt loszureissen, und ruft aufs neue s Romer! Jcilius!

Hierdurch scheint sie den Zorn des Claudius erregt zu haben, welcher ihr den Mund zuhal- ̧ ten will, und ihr zu schweigen befiehlt, oder zu fürchten, daß er sie mit Gewalt dazu nöthigen, werbe,

Diese Härte bringt endlich den Lumitor auf; er ermahne den Claudius die Ehre der Virginia auf solche Art nicht zu beleidigen, fondern er und fein Herr möchten sich so lange måßigen, bis man sie angehöret habe; doch Virginia läßt ihn nicht weiter reden. Sie ist in ihrer Verwirrung allzu aufgebracht, und glaubt fest, daß sie in ihrem geliebten Jcilius einen hizigern und standhaftern Vertheidiger finden werde, und fährt daher fort, zu rufen: "Komm! ,,fordre deine Gattin wieder! Wo bist du? „Warum hörst du mein Geschren nicht?

Sechster Auftritt.

Sie wird in ihrer Erwartung nicht betrogen. Jcilius hört sie, antwortet ihr, erscheint den Augenblick, reißt sie mit Gewalt aus den Hånden des Claudius, und spricht zu diesem Treulofen:,,Weg, Barbar! Du mußt keine Hand „entheiligen, die mir selbst nicht erlaubt ist, zu berühren! Dein scheußliches Unternehmen ist ,,gar bald, von Mund zu Mund, bis zu meinen „Ohren gelangt. Das Volk breitet es bereits als das abscheulichste deiner Verbrechen aus, und die Neugierde hält noch diejenigen auf dem Markte zurück, die du hier und da zerstreut siehst. Deine Forderung scheint ihnen so son derbar, daß sie dir sie kaum zu trauen. Sie „warten voll Schahm und Wuth, daß man sie ihnen bekräftige. Du allein bist bey deiner

,,frechen

frechen Unternehmung blind, und bestehst dare ,,auf, eine Person zu mißhandeln, die dir nichts als Ehrerbiethung einflössen sollte. Umsonst, „Tollkühner, schmeichelst du dir, sie zu erhalten. ,,Wie hast du dir einbilden können, daß sie dir ,,jemand zusprechen werde, so lange Jcilius ,,noch lebt?

Durch diese Frage fühlt sich der Decemvir beleidiget, und ergreift sogleich das Wort, und fagt: ,,Wenn Rom einen obersten Richter, er„kennt, kann die Gerechtizkeit, wohl noch durch ,,die Furcht aufgehalten werden? Dieses zu ver „suchen, kömmst du zu spåt, Icilius. Deine Drohungen werden mich nicht bewegen, das,,jenige zu wiederrufen, was ich einmal gespro ,,chen habe.

Doch diese hochmüthige Antwort ist auch eben so wenig vermögend, den muthigen Jcilius ab. zuschrecken. Er ist ganz anders als Humitor, und erklärt dem Decemvir, daß er sich nicht werde begnügen lassen, sich seinem ungerechten Urtheile durch blosse Worte zu widersehen. Er hat noch in seinem Arme Stärke genung, die grausame Wuth des Appius und seiner Anhånger zurück zu halten. So lange er lebet, wird er es zu verwehren wissen, daß ihm Claus dius seine Gattin entreisse, und sie zu einer Beute der viehischen Lust des Decemvirs mache. War es für den grausamen Appius nicht ges nug, daß er die Consuls und Tribune, welche 5 2

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