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eine sichre Zuflucht für den Adel und für das Volk waren, aufhob? Hätte er sich nicht damit follen begnügen lassen, daß er den Römern die stärkste Stüße ihrer Freyheit geraubet, indent er dem Volke, durch seine Treulosigkeit, die Berufung auf die allgemeinen Versammlungen benommen? Will er noch durch eine andre abfcheuliche List die Ehre der keuschen Römerinnen frånken, und sie zu seinen Ausschweisungen mißbrauchen? Mag er doch mit allem, was er als Reichthum ansieht, den Durst, der ihn verzeh ret, löschen. Mag er ihn doch, wenn dieses nicht genug ist, in dem reinen und edeln Blute der Römer kühlen: nur verehre er wenigstens ihre Gattinnen, und suche sie nicht zu Opfern seiner wüchenden Wollust zu machen. Es schickt fich für römische Seelen nicht, sich bis zur Er buldung einer solchen Entehrung herabzulassen. Als Erben der Keuschheit ihrer Vorfahren, be wahren sie in dieser Tugend das Andenken ihrer ersten Stifter. Appius, wenn er es darauf ́ankommen läßt, soll erfahren, daß es noch Mån ́ner giebt, welche dem Berspiele des Brutus zu folgen, fähig sind. Er soll wissen, daß obgleich Die Furcht die Bewegungen, die unter den Vol. ke entstehen, unterdrückt, er dennoch deswegen nichts mehr gesichert ist. Der, der den Brus tus in der Liebe nachahmet, wird es ihm auch an Entschlossenheit und Muthe gleich thun. Wie? Icilius sollte von der Hand des nichtss

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würdigen Unterhändlers der unreinen Lüste des Decemvirs, die anbetenswürdige Schönheit empfangen, die ihm von ihrem Vater selbst versprochen ist. Nein, nein. Appius schmeichle sich dessen nur nicht. Er lege diesen Wahn ab, und lasse sich von seiner Leidenschaft nicht verblenden. Die Römer, welche den Jcilius begleiten, und mit einem scharfen Blick alles, was vorgehet, bemerken, werden sein unbilliges Urtheil niemals unterschreiben. Die Soldaten kennen gleichfalls die Tapferkeit und Verdienste des Virginius allzugut, als daß sie bey dergleichen Gelegenheit einem so großen Manne entstehen sollten. Wenn sich aber auch niemand Dieser Ungerechtigkeit widersehen, noch sich der Ehre des Schwiegervaters und des Eidamms annehmen sollte, so sind die zwey Verliebten al lein vermögend genug, die stråflichen Anschläge des Decemvirs fehl schlagen zu lassen.

Durch die Entschlossenheit, mit welcher Jcis lius dieses spricht, wird einer von den Römern aus seinem Gefolge dreufte gemacht, und erklärt öffentlich, daß er bey einem so gerechten Unters nehmen auf den Beystand aller seiner Mitbürger, so balb er ihn nöthig haben werde, Rechnung machen könne.

Alle diese Reden werden von dem Appius frech und unverschähmt gescholten; gleichwohl aber machen sie einigen Eindruck bey ihm. Er thut, als ob er sie nicht so wohl für eine Folge

der Liebe des Jcilius gegen Virginien, fon der für eine Wirkung des boshaften Neides dieses Römers hielte, welcher gerne einen Aufstand unter dem Volke anspinnen, und vermittelst des selben das Unsehen des Tribunats, nach dem er strebe, wieder herstellen möchte. Unter dem Vorwande also, daß er mehr Klugheit als Rache zeigen wolle, um seine Aufführung zu rechtfer tigen und dem Jcilius alle Gelegenheit zu ei nem Aufruhre zu benehmen, ist er es zufrieden, daß Virginia ihre Freyheit so lange wieder erhalte, bis der Handel vor seinem Richterstuhle geschlichtet fen. Ich befehle, spricht er, daß ,,diese Unglückliche, deren Namen ich noch nicht ,,einmal weis, fren bleibe, und ich hoffe, daß „Claudius, aus Liebe zur Ruhe des Vaterlans ,,des, darein willigen werde.

Claudius findet keine Ursache sich darwider zu sehen. Die vorgegebene Gerechtigkeit, die er begehrt, ist bloß aufgeschoben. Alles was er verlangt, ist dieses, daß Jcilius Virgis nien nicht ohne Gewehrleistung überkomme. Ein Römer von dem Gefolge des Jcilius ers biethet sich, mit allen seinen Gefehrten dafür zu stehen; doch Jcilius, welche ihre Dienste auf eine wichtigere Gelegenheit versparen will, wenn fich dergleichen zeigen sollte, dankt ihnen, und schlägt sich mit den Unverwandten der Virginia felbst als hinlänglich sichere Gewehrleister vor, die Appius in Ansehung ihrer Personen, und

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des Ranges, den sie bekleiden, nicht ausschlagen: könne.

Der Decemvir, welcher genöthiget ist, sich in die Zeit zu schicken, macht auch nicht die ge ringste Schwierigkeit sie anzunehmen, und wendet dieses zur Ursache vor, daß er dadurch seine Redlichkeit rechtfertigen, und seine größere Neigung zur Gnade als Strenge, an den Tag legen wolle, ob er gleich, dem Rechte nach, be fugt sey, sie nicht anzunehmen, wenn er nicht wolle, wie er den umitor davon überzeugt zu haben, sich schmeichle,

Siebender Auftritt.

Nachdem sich Appius und sein Liebling hier. auf wegbegeben haben, fo drückt Virginia ihrem Befreyer alle ihre Dankbarkeit aus. Sie ist ihm ihre Ehre und ihre Freyheit schuldig; zwen Schäße, die sie für kostbarer hålt, als ihr Leben. Sie wollte daher fast, daß sie ihn noch nicht zu ihrem Gemahl erwählt hätte, damit sie ihm so große Wohlthaten durch das Geschenk ihres Herzens bezahlen könne. Alles was sie thun fann, ist, ihm auf ewig diese Freyheit, die fie von ihm habe, zu weihen, wenn er sie, als ein Gut, das ihm ohnedem zugehöret, annehmen will.

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Diese Belohnung ist allzuschmeichelhaft, als daß sie Jcilius nicht mit dem größten Eifer annehmen sollte. Je reizender sie ihm aber vorM 4 fömmt,

kömmt, desto mehr bedauert er es, daß er nicht alle seine Anhänger bey sich habe, um Virgi nien von aller Unruhe durch die gänzliche Stürzung ihres Feindes befreyen zu können; allein er hat derselben nur eine Handvoll aufraffen können, und auch die zwey Rathsglieder mangeln ihm, weil sie entweder, was ihm begegnet sen, nicht erfahren haben, oder, wie er vermuthet, fo schleunig ihm nicht zu Hülfe haben kommen fön nen. In Ansehung seiner wenigen Kräfte hat er sich also noch Glück zu wünschen, daß er dem ungerechten Appius nur so viel Furcht eingejagt, daß er nicht nach aller Hårte seiner Gewaltsam feit verfahren.

Virginia giebt dem Jcilius zu verstehen, daß sie, was den Valerius und Horatius anbelange, ganz anders denke; sie verspart es aber bis auf eine andre Zeit, sich deutlicher zu erkläre, weil jezt keine vortheilhafte Gelegenheit dazu ist, und sie übrigens beyde herzu kommen fieht,

Achter Auftritt.

ཇ༈

Valerius und Horatius rennen eiligst herben, und versichern den Jcilius, daß sie, so bald sie das, was vorgegangen fey, erfahren hätten, auf das ungefäumteste zu ihm geeilet råren, sogar, daß sie sich nicht einmal Zeit ge nommen, ihre Leute davon zu unterrichten.

Jcilius

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