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steller leihet zum Erempel in einem Lustspiele ,,dem Bedienten oder der Mägdchen die Spra ,,che eines wißigen Kopfes; er legt einer Person, ,,welche von einer heftigen Leidenschaft getrieben ,,wird, Madrigale oder Sinnschriften in Mund: ,,und alsdenn fagt man, er habe allzuviel Wiß. Genauer zu reden, sollte man vielmehr sagen, ,,er habe nicht Wih genung, die Natur zu er ,,kennen, und sie nachzuahmen. So auch mit ,,dem Schauspieler; kömmt er bey Stellen außer ,,sich, wo er nicht außer sich kommen soll, so ist ,,dieses unnatürlich. Allein er verfällt in diesen Fehler nicht aus Ueberfluß, sondern aus Man,,gel der Hiße. Er empfindet alsdenn nicht „das, was er empfinden sollte; und drückt das „nicht aus, was er ausdrücken sollte. Es ist ,,daher kein Feuer, was wir bey ihm gewahr „werden, sondern es ist Ungeschicklichkeit; es ist Unfinn Aus diesem wird man leicht urtheilen können, ob ein Schauspieler des Feuers ganz und gar überhoben seyn könne. Unmög lich; wenn man anders das, was wir angeführt haben, und nicht die blosse äußerliche Heftigkeit in der Stimme und in den Bewegungen darunter versteht Bis hierher hat der Verfaser die innerlichen natürlichen Gaben betrach tet, nur kömmt er auf die äußerlichen, und unterfucht in dem vierten Hauptstücke, ob es vortheilhaft seyn würde, wenn alle Per fonen auf dem Theater von ausnehmens → 3

der

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der Gestalt wären,,Gewisse Zuschauer, ,,welche das sinnliche Vergnügen dem geistigen „vorziehen, werden mehr durch die Schauspielerinnen, als durch die Stücke vor die Bühne „gelockt. Als Leute, die nur gegen die Gestalt ,,empfindlich und immer geneigt sind, ein liebens,,würdiges Gesicht für Talente anzunehmen, ,,wollten sie lieber gar, daß auch die alte Mutter des Orgons im Tartuff, die Madam Pernelle, reißend wäre. Doch diese Herren verstehen den Vortheil der Zuschauer `sehr schlecht, und noch schlechter verstehen sie das, was die Einrichtung der Komödie felbst erfor dert. Den erstern verstehen sie deswegen nicht, weil, wenn es wahr wäre, daß nur ausnehmend schöne Gestalten auf dem Theater erscheinen dürften, das Publicum nicht selten die vortreflichsten Schauspieler entbehren würde, denen es sonst an keiner Art von Geschicklichkeit mangelt. Noch schlechter, wie gesagt, verstehen sie das, was die Einrichtung der Komödie erfordert, nach welcher die äusserlichen Vollkommenheiten unter die Acteurs nicht gleich vertheilt seyn müssen, ja nach welcher es so gar oft gut ist, wenn ge= wisse Acteurs einige von diesen Vollkommenhei ten ganz und gar nicht besißen. Regelmäßige „Gesichtszüge, ein edles Ansehen nehmen uns freylich überhaupt für eine Person auf dem Thea„ter ein; allein es giebt Rollen, welche ihr weit besser anstehen, wenn ihr die Natur diese Bor

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,,züge nicht ertheilt hat. Ich weis wohl, daß ,,man, ohne von dem Mangel der Wahrschein,,lichkeit beleidiget zu werden, ja daß man sogar ,,mit Vergnügen eine junge Schöne die Person ,,einer Alten, und einen liebenswürdigen Schau,,spieler einen groben und tolpischen Bauer vorstellen sieht. Ich weis wohl, daß wir nicht in ,,die Komödie gehen, die Gegenstände selbst, „sondern blos ihre Nachahmung zu sehen „Gleichwohl aber muß man doch unter den Gat,,tungen der komischen Rollen einen Unterschied ,,machen. Einige ergößen uns durch die blosse ,,Nachahmung gewisser lächerlichen Fehler. ,,Andre aber ergößen uns durch die Abstechung, die sich entweder zwischen dem Vor,,geben der Person und den Beweisen, auf welche „sie dasselbe gründet, oder zwischen dem Ein,,drucke befindet, den sie bey denjenigen Perfo,,nen, die mit ihr spielen, machen sollte, und zwischen dem Eindrucke, welchen sie wirklich ,,ben ihnen macht. Je mehr ein Schauspieler, in ,,den Rollen von der ersten Art, die Vollkommenheiten hat, die den Fehlern, welche er nach,,ahmt, entgegen gesezt sind; desto mehr wissen ,,wir es ihm Dank, wenn er uns gleichwohl ei„ne vollkommene Abschilderung von diesen Feh ,,lern macht. Je weniger aber, in den Rollen „von der zweyten Art, ein Schauspiel die Vollkommenheiten hat, welche die Person, die er vorstellt, haben will, oder welche ihm die an= 24 »dern

,,dern ausschweifenden Personen des Stücks bey, ,,legen, desto lächerlicher macht er die nårrische ,,Einbildung des einen und das abgeschmackte ,,Urtheil der andern, und desto komischer folglich wird seine ganze Action. Die Rolle eines Men,,schen, der nach der Meinung des Verfassers, ,,mit aller Gewalt den Titel eines Schönen ha,,ben will, wird weit weniger belacht werden, wenn sie von einem Komödianten gespielt wird, ,,der sich dieses Titels in der That anmaaßen ,,könnte, als wenn sie einer vorstellt, der der ,,Natur in diesem Stücke weniger zu danken ,,hat. Der Jrrthum eines albernen Tropps, ,,welcher einen Bedienten für einen Menschen „von Stande ansieht, wird uns weniger ergós hen, wenn das gute Ansehen des Bedienten ,,den Irrthum entschuldigen kann, als wenn er „ganz und gar nichts an sich hat, das ihn recht,,fertigen könnte. Weit gefehlt also, daß es „gut seyn sollte, wenn alle Schauspieler von rei,,zender und ausnehmender Gestalt wåren; es ist vielmehr unserm Vergnügen zuträglicher, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet sind. »Unterdessen aber muß man diese Marime nicht ,, allzuweit ausdehnen. Wir erlauben ihnen zwar, gewisse Vollkommenheiten nicht zu haz ,,ben; aber die gegenseitigen Fehler zu besigen, verstatten wir ihnen durchaus nicht. Sie müs fen fo gar völlig von gewissen Mängeln frey feyn, die uns ben andern Personen, die sich

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,,bent

,,dem Schauspiele nicht widmen, wenig oder gar ,,nicht anstößig seyn würden. Dergleichen sind, »zu lange oder kurze Arme, ein zu großer Mund ,,übelgestaltene Füße xc. - Zu diesen vier Hauptstücken fügt der Verfasser noch zwey Unmerkungen, die mit dem Inhalte des ersten Buchs. genau verbunden sind. Die erste ist diese: Die Schauspieler können in denlebenrollen, des Wiges, des Feuers und der Empfindung eben so wenig entübrigt feyn, als in den Hauptrollen. Die Urfache ist, weil in guten Stücken auch die Nebenrollen, nicht etwa zum Ausflicken da sind, sondern einen Einfluß in das Ganze haben, und fich oft eben so thätig erweisen, als die allervornehmsten Personen. Die Vertrauten, zum Erempel, in den Trauerspielen, habe oft so vortrefliche Stellen, besonders in den Erzehlungen, die ihnen meisten Theils aufgetragen werden, zu sagen, daß sie ohne Wiß, ohne Feuer und ohne Empfindung gewiß alles verderben würden. Die zweyte Anmerkung ist diese: Wenn man auch schon die vornehmsten Vollkommenheiten hat, die zu einem Schauspieler erfordert werden, so muß man doch in einem gewissen Alter zu spielen aufhören. Denn in den Schauspie= len beleidiget uns unumgånglich alles dasjenige, was uns Gelegenheit giebt, die Schwachheiten der menschlichen Natur zu überlegen, und auf

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