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uns selbst verdrüßliche Blicke zurück zu werfen. Es werden hier bloß diejenigen Rollen ausges nommen, deren lächerliches durch das währe Alter des Schauspielers vermehrt wird, zum Erempel, die Rollen der Alten, die mit aller Gewalt noch jung seyn wollen; auch muß man gegen Acteurs von ausserordentlichen Gaben einige Nachsicht haben; nur werden diese alsdann so billig seyn, wenn es in ihrer Gewalt. stehet, keine andre als solche Rollen zu wählen, welche mit ihrem Alter nicht allzusehr abstechen. Frankreich hat es selbst seinem Baron nicht vergeben, daß er noch in seinen letzten Jahren so gern junge Prinzen verstellte. Es konnte es durchaus nicht gewohnt werden, ihn von Schauspielerinnen Sohn nennen zu hören, deren Großvater er håtte seyn können.

In dem zweyten Buche des ersten Theils handelt der Verfaffer von einigen Vorzügen, welche gewisse Schauspieler insbesondere haben müssen. Diese Schauspieler sind erstlich diejenigen, welche man in der Komödie Vorzugsweise, die komischen nennt; zweytens diejenigen, welche sich in der Tragödie durch ihre Tu genden unsere Bewunderung, und durch ihre Unglücksfälle unser Mitleiden erwerben sollen; und drittens diejenigen, welche so wohl in der Tragödie als Komödie die Rollen der Liebhaber vorstellen. Alle diese haben gewisse besondere Gaben nöthig, welches Theils innerliche, Theils åußer*

außerliche find. Dieser Eintheilung gemäß macht der Verfasser in diesem zweyten Buche zwey Abschnitte, deren erster die innerlichen, und der zweyte die äußerlichen Gaben untersucht. Wir wollen uns zu dem ersten Abschnitte wenden, welcher aus fünf Hauptstücken besteht. In dem ersten Hauptstücke zeigt er, daß die Munterkeit denjenigen Schauspies lern, welche uns zum lachen bewegen follen, unumgånglich nöthig sey. „Wenn ,,man, sind seine Worte, eine komische Person ,,vorstellt, ohne selbst Vergnügen daran zu ha,,ben, so hat man das bloße Ansehen eines ge ,,dungenen Menschen, welcher nur deswegen ,,Komödiant ist, weil er sich seinen Lebensunter

halt auf keine andre Art verschaffen kann. ,,Theilt man aber das Vergnügen mit dem Zu „schauer, so kann man sich allezeit gewiß verspre,,chen, zu gefallen. Die Munterfeit ist der ,,wahre Apollo der komischen Schauspieler. ,,Wenn sie aufgeräumt sind, so werden sie fast ,,immer Feuer und Genie haben. Es ist aber hierbey wohl zu merken, daß man diese Munterfeit mehr in ihrem Spiele als auf ihren Gesichtern zu bemerken verlangt. Man giebt tragischen Schauspielen die Regel: weinet wenn ihr wollt, daß ich weinen soll; und den komischen Schauspielern sollte man die Regel geben: Lachet fast niemals, wenn ihr wollt, daß ich lachen soll. Das zweyte

zweyte Hauptstück zeigt, daß derjenige, welcher keine erhabne Seele habe, einen Helden schlecht vorstelle. Unter dieser erhabnen Seele muß man nicht die Narrheit gewisser tragischen Schauspieler verstehen, welche auch außer dem Theater noch immer Prinzen zu feyn sich einbilden. Auch nicht das Vorurtheil einiger von ihnen, welche große Acteurs den allergrößten Männern gleich schäßen, und lieber gar behaupten möchten, es sey leichter ein Held zu seyn, als einen Helden gut vorzustellen. Die Hoheit der Seele, von welcher hier geredet wird, besteht in einem edeln Enthusiasmo, der von allem was groß ist in der Seele gewirkt wird. Dieser ist es, welcher die vortreflichen tragischen Schauspieler von den mittelmäßigen unterscheidet, und sie in den Stand seht, das Herz des gemeinsten Zuschauers mit Bewegungen zu erfüllen, die er sich selbst nicht zugetrauet hätte = Mit diesem Enthusiasmo, welcher für diejenige Person gehöret, die Bewunderung erwecken soll, muß derjenige Theil der Empfin= dung verbunden werden, welchen die Franzos sen unter dem Namen des Eingeweides (d'Entrailles verstehen, wenn eben dieselbe Person unser Mitleiden erregen will. Hiervon handelt das dritte Hauptstück. „Wollen die „tragischen Schauspieler, sagt der Verfasser, uns »,tåuschen; so müssen sie sich selbst tåuschen. Sie müssen sich einbilden, daß sie wirklich das

,,sind, was sie vorstellen; eine glückliche. Raseren muß sie überreden, daß sie selbst diejenigen ,,sind, die man verräth, die man verfolgt. Dieser Irrthum muß aus ihrer Vorstellung in ihr Herz übergehen, und oft muß ein eingebil ,,betes Unglück ihnen wahrhafte Thrånen aus,,pressen. Alsdann sehen wir in ihnen nicht mehr frostige Komödianten, welche uns durch ge,,lernte Töne und Bewegungen für eingebildete Begebenheiten einnehmen wollen. Sie wer „den zu unumschränkten Gebiethern über unsre ,,Seelen; sie werden zu Zaubrern, die das un,,empfindlichste empfindlich machen können - „Und dieses alles durch die Gewalt der Traurig,,keit, welche Leidenschaft eine Art von epidemischer Krankheit zu seyn scheinet, deren Ause ,,breitung eben so schnell als erstaunlich ist. Sie ,,ist von den übrigen Krankheiten darinne unter,,schieden, daß sie sich durch die Augen und durch ,,das Gehör mittheilet; wir brauchen eine mit

Grund wahrhaft betrübte Person nur zu sehen, ,,um uns zugleich mit ihr zu betrüben. Der ,,Anblick der andern Leidenschaften ist so an= ,,steckend nicht. Es kann sich ein Mensch in ,,unfrerGegenwart dem allerheftigsten Zorne über ,,lassen; wir bleiben gleichwohl in der vollkom ,,mensten Ruhe. Ein andrer wird von der leb „haftesten Freude entzückt, wir aber legen unsern Ernst deswegen nicht ab. Nur die Thrånen, „wenn es auch schon Thränen einer Person find,

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,,die uns gleichgültig ist, haben fast immer das Vorrecht uns zu rühren. Da wir uns zur Mühe ,,und zum Leiden gebohren wissen, so lesen wir ,,voll Traurigkeit unsere Bestimmung in dem ,,Schicksale der Unglücklichen, und ihre Zufälle ,,,sind für uns ein Spiegel, in welchem wir mit. „Verdruß das mit unserm Stande verknüpfte ,,Elend betrachten. Dieses bringt den Verfasser auf eine kleine Ausschweifung, welche viel zu artig ist, als daß ich sie hier übergehen follte. = = „Es ist nicht schwer, spricht er, von ,,unfrer Leichtigkeit uns zu betrüben einen Grund ,,anzugeben. Allein desto schwerer ist es die ,,Natur desjenigen Vergnügens eigentlich zu „bestimmen, welches wir, bey Anhörung einer „Tragödie, aus dieser Empfindung ziehen. „Daß man in der Absicht vor die Bühne geht, ,,diejenigen Eindrücke, welche uns fehlen, daselbst

zu borgen, oder uns von denjenigen, die uns ,,mißfallen, zu zerstreuen, darüber wundert man ,,sich gar nicht. Das aber, worüber man er,,staunt, ist dieses, daß wir oft durch die Be,,gierde Thrånen zu vergießen dahin geführt ,,werden. Unterdessen kann man doch von dieser wunderlichen Neigung verschiedne Ursachen angeben, und die Schwierigkeit dabey ist bloß, ,,die allgemeinste davon zu bestimmen. Wenn ich gesagt habe, daß das Unglück andrer ein Spiegel für uns sen, in welchem wir das Schicksal, zu dem wir verurtheilet sind, ,,be

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