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fen Rollen insbesondere nöthig sind. Es gee schieht dieses in vier Hauptstücken, wovon das erste die Stimme angeht, und zeiget, daß eis ne Stimme, welche in gewissen Rollen hinlänglich ist, in andern Rollen, wels che uns einnehmen sollen, es nicht sey. Ben komischen Schauspielern ist es fast genug, wenn wir ihnen nur alles, was sie sagen sollen, hinlänglich verstehen können, und wir können ihnen eine mittelmäßige Stimme gar gern übersehen. Der tragische Schauspieler hingegen müß eine starke, majestätische und pathetische Stimme haben; der, welcher in der Komödie Personen von Stande vorstellt, eine edle; der, welcher den Liebhaber macht, eine angenehme, und die, welche die Liebhaberin spielt, eine bezaubernde. Von der lehtern besonders verlanget man dieje nigen überredenden Tone, mit welchen eine Schöne aus dem Zuschauer, alles was sie will, machen und von ihrem Liebhaber, alles was sie be gehrt, erlangen kann. Eine reißende Stimme kann anstatt vieler andern Vorzüge seyn. Bey mehr als einer. Gelegenheit hat die Verführung der Ohren über das Zeugniß der Augen gestegt, und eine Person, der wir unsere Huldigung ver weigerten, wenn wir sie blos sahen, hat sie volls kommen zu verdienen geschienen, wenn wir sie gehöret haben Von der Stimme komunt der Verfaffer auf die Gestalt und zeigt in dem zweyten Hauptstücke, daß die Liebhaber

in der Komödie eine liebenswürdige, und die Helden in der Tragödie eis ne ansehnliche Gestalt haben müssen. Weil es wahrscheinlich ist, daß die erhabenen Gesinnungen einer Prinzeßin sie bewegen können, bey einem Helden die nicht allzu regelmåsfige Bildung seines Gesichts in Ansehung seiner übrigen grossen Eigenschaften, zu vergessen: so ist es eben nicht so unumgånglich nöthig, daß der’ Liebhaber in der Tragödie von einer durchaus reißenden Gestalt fen, wenn seine Rolle sich nur ungefehr zu seinem Alter schikt. In der Komodie aber pflegen wir strenger zu seyn.

Weil diese uns in den Gesinnungen und Handlungen ihrer Personen nichts als das Gemeine zeigt, so bilden wir uns ihre Helden auch von keinen so ausnehmenden Verdiensten ein, daß sie über das Herz siegen könnten, ohne die Augen zu reißen, und ihre Heldinnen stellen wir uns nicht so gar zärtlich vor, daß sie bey dem Geschencke ihres Herzens nicht ihre Augen zu Rathe ziehen sollten. Die Gestalt des Liebhabers muß die Zärtlichkeit derjenigen, von welcher er geliebet wird, rechtfertigen; und die Liebhaberin muß uns ihre Liebe nicht blos mit lebendigen Farben abschildern, sondern wir müssen sie auch nicht für unwahrscheinlich halten, noch ihren schlechten Geschmak dabey tadeln können. Man wirst zwar ein, daß man im gemeinen Leben oft genug eine Schöne nach einen gar nicht liebenswürdigen Menschen feuf

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zen sehe, und daß uns daher ein klein wenig
Ueberlegung gleiche Ereignungen auf dem Thea
ter erträglich machen könne. Hierauf aber ist
zu antworten, daß man in der Komödie das
Vergnügen durchaus nicht von der Ueberlegung
will abhangen lassen. Bey den Liebhaberinnen
ist diese Bedingung noch nothwendiger, als bey
den Liebhabern. Es ist zwar nicht eigentlich
Schönheit, was sie besigen müssen; sondern es
ist etwas, was noch mehr als Schönheit ist, und
welches noch allgemeiner und noch mächtiger auf
die Herzen wirkt; es ist ein ich weis nicht was,
wodurch ein Frauenzimmer reißend wird, und
ohne welches sie nur umsonst schön ist; es ist eine
gewisse siegende Anmuth, welche eben so gewiß
allezeit rührt, als es gewiß ist, daß sie sich nicht
beschreiben läßt.
Gleiche Bewandniß
hat es auch mit denjenigen Personen, welchen der
Verfasser in Ansehung ihres Standes und ihrer
Gesinnungen über das Gemeine hinaus seht;
ihre aufserliche Gestalt muß ihre Rolle nicht er-
niedrigen. Obgleich die Natur ihre Gaben
nicht allezeit dem Glanze der Geburth gemäß
einrichtet, und obgleich oft mit einer sehr schlech
ten Physiognomie sehr ehrwürdige Titel verbun
den sind: so ist es uns doch zuwider, wenn wir
einen Schauspieler von geringen Ansehen eine
Person von Stande vorstellen sehen. Seine
Gestalt muß edel, und seine Gesichtsbildung
muß fanft und glücklich seyn, wenn er gewiß

seyn

feyn will, Hochachtung und Mitleiden in uns zu erregen. Man weis in Paris noch gar wohl, was einem gewissen Schauspieler wiederfuhr, welcher seine Probe spielen sollte. Es fehl te ihm weder an Empfindung, noch an Wige, noch an Feuer; nur sein aufserliches war gar nicht heldenmäßig. Einsmals stellte er die Perfon des Mithridats vor, und stellte sie so vor, daß alle Zuschauer mit ihm håtten zufrieden seyn müssen, wenn er lauter Blinde zu Zuschauern gehabt hätte. In dem Auftritte, wo Monime zu dem Könige sagt: Herr, du ånderst dein Gesicht, rufte ein Sportvogel aus dem Parterre der Schauspielerin zu: Laßt ihn doch åndern. Auf einmal verlohr man alle Gaben des Schauspielers aus den Augen, und dachte bloß und allein an die wenige Uebereinstimmung, die sich zwischen ihm und kiner Person befånde.

In dem dritten Hauptstücke kömmt der Verfasser auf das wahre oder anscheis nende Verhältniß, welches zwischen dem Alter des Schauspielers und dem Alter der Person seyn muß. Ein Portrait, das wegen seiner Zeichnung und seiner Farbenmifchung auch noch so schäßbar ist, wird doch mit Recht getadelt, wenn es diejenige Person, die es vorstellen soll, ålter macht. Eben so wird uns auch ein Schauspieler, wenn er auch sonst noch so vollkommen spielt, nur mittelmäßig gefallen, wenn er für seine Rolle allzu alt ist. Es ist nicht P 4 genug,

genug, daß man uns Jphigenien nicht mit Runzeln und den Britannicus nicht mit grauen Haaren zeiget; wir verlangen beyde in allen Reizungen ihrer Jugend zu sehen. Einige Jahre zwar kann der Acteur älter als seine Perfon senn, weil er uns alsdann, wenn er diesen Unterscheid wohl zu verbergen weis, das Vergnügen einer doppelten Täuschung verschaft, welches wir nicht haben würden, wenn er in diefem Falle nicht wäre. ·Dieses ist zu deutlich, als daß der Verfasser nöthig haben sollte viel Worte damit zu verschwenden. Er thut ́es auch nicht, sondern eilt mit dem ersten Theile feines Werks zu Ende, indem er nur noch ein fleines Hauptstück, welches das vierte ist, und besonders die Mägdchen und die Bes dienten angebet, hinzu thut. Bey einigen Rollen ist es gut, wenn die Schauspielerinnen, welche die Mägdchen vorstellen, nicht allzu jung mehr sind; bey einigen aber müssen sie nothwendig jung seyn, oder wenigstens jung scheinen, um ihre Jugend zu einer Art von Entschuldi gung für die unbedachtsamen Reden, welche sie meistentheils führen, oder für die nicht allzuklugen Rathschläge, die sie ihren Gebietherinnen oft bey Liebeshändeln geben, zu machen. Wenn aber das Mägdchen eben nicht allezeit jung seyn darf, so muß sie doch immer eine ausserordentlithe Flüchtigkeit der Zunge besißen. Diese Eigenschaft ist besonders in den Lustspielen des

Regnards

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