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wonnen haben, weil die Musik keine an und vor sich bestimmten Mittel hat, die verschiednen Leiden schaften auszudrücken. Sollen aber diese Noten bloß die Töne der gemeinen Unterredung angegeben haben, wie der Abt du Bos behauptet, so muß man vorausseßen, daß sich dergleichen Tone, in Vergleichung mit andern gegebenen Tönen wirklich ausdrücken lassen, und daß jede Empfindung nur einen Ton habe, welcher ihr eigentlich zukomme. Allein beydes ist falsch. Die verschiednen Veränderungen der Stimme, welche aus einerley Eindrücken entstehen, haben zwar mit einander etwas gemein; allein sie sind auch. wegen der verschiednen. Sprachwerkzeuge nothwendig unterschieden. Wer daher die Kunst zu recitiren methodisch abhandeln wollte, der müßte eben so vielerley Regeln geben, als Arten von Stimmen sind. Kurz, es gehört allein der Na tur zu, die Tone, welche sich am besten schicken, vorzuschreiben, und die Empfindung ist die eins zige Lehrerin in dieser bezaubernden Beredsamkeit der Schalle, durch welche man in den Zuhörern alle beliebige Bewegungen erregen kann. Das vornehmste Geheimniß ist dabey dieses, daß man diejenigen Tône, welche dem Anscheine nach eis nerley find, in der That aber unterschieden wer den müssen, nicht unter einander verwechsele, und die einen für die andern brauche. Man betrachtet zum Erempel den naifen Ton und den aufrichtigen Ton als zwey Tône, die unter einer

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fey Art gehören, allein es würde ganz unrecht gethan seyn, wenn man den einen anstatt des andern nehmen wollte. Der eine gehört derjenigen Person zu, welche nicht Wiß oder Stärke genug hat, ihre Gedanken und ihre Gesinnungen zu verbergen, sondern die Geheimnisse ihrer Seele wider ihren Willen, und wohl gar zu ihrem Schaden, entwischen läßt. Der andre ist viel mehr das Zeichen der Redlichkeit, als der Dumm. heit oder Schwachheit, und gehört für diejenigen Personen, welche Geschicke und Herrschaft über sich selbst genug håtten, um ihre Art zu denken und zu empfinden zu verbergen, gleichwohl aber sich nicht entschliessen können, der Wahrheit Abbruch zu thun. Es giebt übrigens auch Tone, welche zu mehr als einer Art gehören.

Die Ironie kann, zum Erempel, aus Zorn, aus Ver, achtung, und aus blosser Munterkeit gebraucht werden. Allein der ironische Ton, welcher sich bey dem einen Falle schickt, schickt sich ganz und gar nicht bey dem andern, und so weiter.

Dieses war von der Recitation überhaupt. In dem fünften Hauptstücke handelt der Verfasser mit wenigen, von der Art, wie die Römödie recitirt werden müsse. Sie muß durchaus nicht declamirt werden; wenige Stellen ausgenommen, die man, um fie den Zuhörern desto lächerlicher zu machen, beclamiren kann. Es ist überhaupt ein unver „brüchliches Gefeß für die komischen Schau

,,spieler,

spieler, daß sie eben so recitiren müssen, als sie ,,außer dem Theater reden würden, wenn sie ,,sich wirklich in den Umstånden befånden, in wel,,chen sich die Person, die sie vorstellen, befindet. ,,In den prosaischen Komödien wird es ihnen ,,eben nicht schwer, dieser Regel zu folgen; al,,lein in den Komödien in Versen haben sie „schon mehr Mühe damit. Sie sollten dahero ,,wünschen, daß sie alle in Prose möchten ge„schrieben seyn. Dennoch aber, ob schon oft in „ganzen Gesellschaften von Komödianten kaum ,,eine Person Verse gehörig herzusagen weis, zies „hen sie die Stücke in Versen vor, weil diese ,,sich leichter lernen und behalten lassen. Der größte Theil der Zuhörer giebt diesen Stücken ,,gleichfalls den Vorzug. Ohne hier zu unters ,,fuchen, ob sich die Sprache der Poesie für die „Komödien schickt, und in welchem Falle sie zu ,,dulden sey, will ich nur anmerken, daß man sich ihrer gewiß seltner hedienen würde, wenn man nicht in Prose mehr Wiß haben müßte; daß ,,das Sylbenmaaß und der Reim die Wahrheit ,,der Unterredung nothwendig verringert, und ,,daß folglich die Schauspieler sich nicht Mühe ,,genug geben können, das eine zu unterbrechen, „und den andern zu verstecken.

In dem sechsten Hauptstücke untersucht der Verfasser, ob die Tragödie declamirt werden müsse: Man ist dieser Frage wegen nur deswegen so sehr uneinig, weil man sich allzu

verschiedne Begriffe von der Declamation macht. Einige verstehen darunter eine gewisse schwülstige und prahlende Recitation, ein ge wisses unsinniges und monotonisches Singen, woran die Natur keinen Antheil nimmt, und welches bloß die Ohren betäubt, und niemals das Herz angreift. Eine solche Declamation muß aus der Tragödie verbannt seyn; nicht aber die Majestät des Vortrags, welche bey einer natur lichen Recitation ganz wohl bestehen kann. Dieser prächtige Vortrag schickt sich besonders an gewisse Stellen in den Tragödien, deren Begebenheiten aus den fabelhaften Zeiten erborgt find. Man muß zwar auch da die Natur nicht übertreiben; allein man muß sie doch in aller ihrer Grösse und in allen ihrem Glanze zeigen. Von einer mächtigen Zauberin glaubt man, daß fie etwas mehr als menschliches besige. Wenn daher Medea nichts als ihren untreuen Gemahl zurückrufen will, so kann sie ganz wohl als eine andre Weibsperson reden. Wenn sie aber die dreyförmige Hecate citirt, wenn sie mit ihren geflügelten Drachen durch die Luft fährt, alsdann muß sie donnern.

In dem siebenden Hauptstücke werden einige Hindernisse angegeben, welche der Wahrheit der Recitation schaden. Eine von den vornehmsten ist die Gewohnheit verschiedener Schauspieler, ihre Stimme zu zwingen. So bald man nicht mehr in seinem natur

lichen Tone redet, ist es sehr schwer, der Wahrheit gemäß zu spielen. Eine andere Hinderniß ist die Monotonie, deren es dreyerley Arten giebt. Die eine ist die Verharrung in eben derselben Modulation, die zweyte die Gleichheit der Schlußtöne, und die dritte die allzuofte Wiederhohlung eben der= felben Wendungen der Stimme. Der erste von diesen Fehlern ist den tragischen und comischen Schauspielern gleich gemein. Verschiedene von ihnen bleiben ohn Unterlaß in einem Tone, so wie die kleinen Instrumente, mit welchen man gewisse Vögel abrichtet. In den zweyten Fehler fallen die tragischen Acteurs öfterer als die komifchen; sie sind gewohnt, fast immer mit der tiefen Octave zu schliessen. Eben so ist es mit dem dritten Fehler, welchen man gleichfalls den komischen Schauspielern weit feltner als den tragischen vorzuwerfen hat, die besonders durch die Nothwendigkeit, von Zeit zu Zeit eine lange Reihe von Versen majestätisch auszusprechen, Dazu verleitet werden. Man würde auch dem geringsten Anfänger unter ihnen Unrecht thun, wenn man ihm noch rathen wollte, so viel mòg lich den Ruhepunct der Cafur zu vermeiden. Es ist dieses blos ein Anstoß für diejenigen Komödianten, welche ohne Verstand und ohne Geschmack mehr auf die Zahl der Sylben, als auf die Verbindung der Gedanken Achtung geben. Weil aber die Poesie die natürliche Sprache der Tragödie ist, so find die tragischen Acteurs nicht

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