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fen? Weit gefehlt, daß der allgemeine Geschmack sich dafür erklåre; wenigstens sind die Stimmen getheilt. Es giebt ein auserwähltes Häuschen Zuschauer, bey welchen das heilige Feuer der Wahrheit gleichsam niedergelegt wor den, und dessen sichrer und unveränderlicher Geschmack sich niemals unter die Tyranney der Mode geschmiegt, noch diesen Gößen weniger Tage angebethet hat.

Diesem erleuchteten Theile des Publicums hat man es zu danken, daß sich noch in allen Gattungen jene ausgesuchte Empfindung der Natur und jener vollkommene Geschmack erhält, der, indem er wider die Blendungen gefährlicher Neuigkeiten eifert, zugleich den wirklich nüßlichen Erfindungen ihren wahren Werth zu bestimmen weis. Er ist eben so einfach, als die Wahrheit selbst; oder wenn man lieber dem Lehrgebäude des französischen Odendichters folgen will, so giebt es nur einen gedoppelten, deren Züge hier zu entwerfen nicht undienlich feyn wird, damit man den Unterscheid ihrer Charaktere desto besser empfinde.

B 5

*

Der

* Der Verfasser zielt hier auf eine Stelle in des Rousseau Briefe an Thalien. Sie ist so trocken schön, daß ich sie nicht zu übersehen wage. Wenn ich mich, nicht irre, so ist es eben die, welche der Herr von Voltaire an einem Orte sehr scharf getadelt hat. Man sehe, ob Rousseau mehr darinne sagt als, daß es mit dem Geschmacke eine küßliche

Sache

Der erste giebt sich mit den Lastern ab, welche verächtlich machen, und mit den Ungereimtheiten, durch die man lächerlich wird: er bes lebt seine Bilder mit lachenden und satyrischen Zügen; er will, daß sich jeder in seinen Gemåhlden erkennen, und über seine eigne Abschilderungen eben so boshaft lachen solle, als ob alles auf Kosten seines Nächsten gehe. Der andere hingegen greift nur gewisse Fehler an, oder besser zu reden, er greift ganz und gar keine an: er sucht mühsam nichts, als traurige und außerordentliche Stellungen, und mahlt sie mit den allerdunkelsten Farben. Der eine erfreut das Herz und vergnügt den Geist, durch ein lebhaftes und sich ausnehmendes Spiel, welches allen Verdruß verjagt; der andere stürzt uns durch einen traurigen Ton wieder hinein, und giebt. sich alle Mühe eure Seele durch gehäufte Erzeh lungen von Unglücksfällen zu betrüben. Nun wage man es, den Vorzug zu entscheiden, oder leugne die Wahrheit dieser Charaktere.

Meine

Sache sey, und daß er nothwendig entweder gut
oder schlecht seyn müsse.

Tout inftitut, tout art, toute police
Subordonnée au pouvoir du caprice,
Doit être auffi confequemment pour tous
Subordonnée à nos differens gouts

Mais de ces gouts la diffemblence extreme,
A le bien prendre, eft un foible probleme;
Et quoi qu'on dife, on n'en fauroit jamais
Compter que deux; l'un bon, l'autre mauvais &c.
Ueb.

Meine Gegner werden nunmehr unter ihren Einwürfen wählen müssen; denn ob man schon, Durch die Beantwortung aller und jeder, die Materie ergründen würde, so muß ich mich doch, zu Vermeidung der Weitläuftigkeit nur auf die scheinbarsten einschränken.

,,Die Komödie ist das Bild der Handlun ,,gen des gemeinen Lebens, oder, wenn man lieber will, der gewöhnlichen Laster oder Tu,,genden, die den Zirkel desselben erfüllen. In ,,der Schilderung so wohl der guten, als schlechten Eigenschaften, bestehet daher ihre wesent„liche Beschaffenheit. Das Portrait der Mens ,,fchen mit Genauigkeit entwerfen, ihre Gemüths. ,,neigungen und Gesinnungen auf das deutlichste „ausdrücken, und diese Gemåhlde zum Vor,,theile der Sitten anwenden; das heißt, auf ein,,mal die grossen Gegenstände der Kunst und des ,,Künstlers faffen.

Obschon diese Grundsäßé, überhaupt betrachtet, wahr sind, so können sie doch nicht anders, als auf eine ganz indirecte Weise, auf die komische Dichtkunst angewendet werden. Die Menschen mahlen, und ihre Gemüthsarten mit Genauigkeit ausdrücken, ist ein Zweck, den auch die la Rochefoucaults und die la Bruyere mit ihr gemein haben, die uns zwar Gemählde von Lastern und Tugenden überhaupt, niemals aber dramatische Gedichte haben liefern wollen. Die Schilderungen der guten und bös

fen

fen Eigenschaften macht also nicht an und für sich selbst das Wesen der Komödie aus; die Wahl und die Mischung der Farben, die Stellung und der Ausdruck der Personen, diese sind es, die ihr vornehmlich Namen, Form und Wesen ertheilt haben.

Man muß daher den Gegenstand der Kunst und die Pflicht des Künstlers wohl unterschei den. Der erftre ist durch den Tadel des Lasters und durch die Anpreifung der Tugend genugsam erfüllet. Der andern aber ein Genüge zu thun, muß der Poet sich nothwendig solcher Farben bedienen, welche sowohl den allgemeinen LaStern, dergleichen die Leidenschaften sind, die ihren Ursprung aus dem Herzen haben, als den besondern lächerlichkeiten, dergleichen die thōrigten Moden sind, die ihre Quelle in dem Verstande haben, eigenthümlich zukommen. Ferner muß er dazu eine anständige Handlung erwählen; er muß sie so einzurichten wissen, daß sie die vortheilhaftesten Wirkungen hervor bringen kann; und muß überall Moral, vermittelst der spielenden Personen, mit einstreuen, welche Vernunft und Erfahrung zu dieser Absicht einmüthig bestimmt zu haben scheinen.

Nun ist es aber ganz und gar keine Frage, ・ob diese Moral aus dem Helden des Stücks fliessen soll, oder ob sie vielmehr der Gegens stand aller Zuge des Tadels und des Scherzes seyn soll. Die neue Gattung scheint die erstre

Methode

Methode angenommen zu haben: allein sowohl die Grundfäße als die Beyspiele sind gleich stark darwieder. Nach den Grundsäßen ist die Komödie bestimmt, uns mehr laster und Ungereimtheiten, die wir vermeiden, als Tugenden, die wir nachahmen sollen, vorzustellen; und nach den Beyspielen, kömmt es den Nebenperfonen zu, die Marimen der Weisheit anzubrin gen. So hat Moliere dem Freunde des Misanthropens, dem Schwager des Orgons, dem Bruder des Sganarelle c. die Sorge aufge= tragen, uns die Grundfäße der Tugenden vorzulegen, die er zu dem Gegenstande unsrer Nachahmung machen wollte; seine Originale aber hat er mit allen Zügen der Satyre, des Tadels und des lächerlichen überhäuft, von welchen er glaubte, daß sie sowohl zu unserm Ergößen, als zu unseem Unterrichte dienen fönnten.

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Aus dem, was ich jezt gesagt, folgt unwi«; dersprechlich, daß das Original einer wahren Komödie keine gänzlich tugendhafte Person seyn könne, wie es die Originale der neuen Gattung sind, und daß dieses ein eingewurzelter Uebelstand ist, vor dem uns alle Schönheiten der Ausführung niemals gänzlich die Augen verblenden können. Vergebens wirft man ein, daß die satyrischen Züge, womit man die Originale überhäuft, nicht mehr zum Zwecke treffen; und daß sie unsre Eigenliebe auf andre uns

umge

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