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,,die traurige Betrachtung leiten, wie weit der ,,Nationalhaß getrieben werden könne, und über ,,das Ende wird er lachen müssen. Die guten ,,Leute, wird er bey sich denken, haben doch ,,endlich die groffe Entdeckung gemacht, daß Juden auch Menschen sind. So menschlich ,,denkt ein Gemüth, das von Vorurtheilen ge„reinigt ist.

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,,Nicht daß ich durch diese Betrachtung dem „Leßingschen Schauspiele seinen Werth entziehen ,,wollte; keines weges! Man weis daß sich der ,,Dichter überhaupt, und ins besondere wenn er ,,für die Schaubühne arbeitet, nur nach der unter ,,dem Volke herrschenden Meinung zu richten habe. ,,Nach dieser aber muß der unvermuthete Cha ,,rakter des Juden eine sehr rührende Wirkung ,,auf die Zuschauer thun. Und in so weit ist ihm ,,die ganze jüdische Nation viele Verbindlichkeit ,,schuldig, daß er sich Mühe giebt, die Welt „von einer Wahrheit zu überzeugen, die für sie „von grosser Wichtigkeit seyn muß.

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,,Sollte diese Recension, diese grausame See,,lenverdammung nicht aus der Feder eines Theologen gefloffen seyn? Diese Leute denken. der Christlichen Religion einen grossen Vor,,schub zu thun, wenn sie alle Menschen, die ,,keine Christen find für Meichelmörder und. ,,Strassenräuber erklären. Ich bin weit ent= fernt, von der Christlichen Religion so schim

,,pflich

,,pflich zu denken; das wäre ohnstreitig der ,,stärkste Beweis wider ihre Wahrhaftigkeit, ,,wenn man sie festzustellen alle Menschlichkeit ,,aus den Augen sehen müßte

,,Was können uns unsere strengen Beurtheiler, „die nicht selten ihre Urtheile mit Blute versiegeln, erhebliches vorrücken ? Laufen nicht alle ihre Vor,,würfe auf den unersättlichen Geiß hinaus, den sie vielleicht durch ihre eigene Schuld, bey dem „gemeinen jüdischen Haufen zu finden, frohlocken? Man gebe ihnen diesen zu; wird es denn deswe,,gen aufhören wahrscheinlich zu seyn, daß ein „Jude einem Christen der in räuberische Hände „gefallen ist, das Leben gerettet haben sollte? Oder ,,wenn er es gethan, muß er sich nothwendig ,,das edle Vergnügen, feine Pflicht in einer so ,,wichtigen Sache beobachtet zu haben, mit nie,,derträchtigen Belohnungen versalßen lassen? „Gewiß nicht! Zuvoraus wenn er in solchen „Umstånden ist, in welche der Jude im Schau,,spiele gesezt worden.

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Wie aber, soll dieses unglaublich seyn, daß ,,unter einem Volke von solchen Grundsäßen und ,,Erziehung, ein so edles und erhabenes Gemüth „sich gleichsam selbst bilden sollte? Welche Be „leidigung! so ist alle unfere Sittlichkeit dahin! ,,so regt sich in uns kein Trieb mehr für die Tugend! fo ist die Natur stiefmütterlich gegen uns „gewesen, als sie die edelste Gabe unter den Men,,fchen ausgetheilt, die natürliche Liebe zum Gu

,,ten.

,,ten! Wie weit bist du, gütiger Vater, über ,,solche Grausamkeit erhaben!

,,Wer sie näher kennt, theuerster Freund! ,,und ihre Talente zu schäßen weis, dem kann es ,,gewiß an feinem Erempel fehlen, wie leicht sich ,,glückliche Geister, ohne Vorbild und Erziehung ,,empor schwingen, ihre unschäßbaren Gaben ,,ausarbeiten, Geist und Herz bessern, und sich ,,in den Rang der größten Männer erheben ,,können. Ich gebe einem jeden zu bedenken, ,,ob sie, großmüthiger Freund! nicht die Rolle ,,des Juden im Schauspiel übernommen hätten, ,,wenn sie auf ihrer gelehrten Reise, in seine „Umstände geseht-worden wåren. Ja ich wür,,de unfere Nation erniedrigen, wenn ich fort,,fahren wollte, einzelne Erempel von edlen Ge,,müthern anzuführen. Nur das ihrige konnte ,,ich nicht übergehen, weil es so sehr in die Au-' „gen leuchtet, und weil ich es allzuoft bewun,,derc.

„Ueberhaupt find gewisse menschliche Tugen,,den den Juden gemeiner, als den meisten ,,Christen. Man bedenke, den gewaltigen Ab,,scheu, den sie für eine Mordthat haben. Kein einziges Erempel wird man anführen können, „daß ein Jude, (ich nehme die Diebe von Pro ,,feßion aus) einen Menschen ermordet haben ,,sollte. Wie leicht wird es aber nicht manchem ,,sonst redlichen Christen seinem Nebenmenschen für ein bloßes Schimpfwort das Leben zu

,,rauben?

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,,rauben? Man sagt, es sey Niederträchtigkeit ,,bey den Juden. Wohl! wenn Niederträch ,,tigkeit Menschenblut verschont; so ist Nieder„trächtigkeit eine, Tugend.

„Wie mitleidig sind sie nicht gegen alle Men,,schen, wie milde gegen gegen die Armen beyder „Nationen? Und wie hart verdient das Vers ,,fahren der meisten Christen gegen ihre Arme ,,genennt zu werden? Es ist wahr, sie treiben ,,diese beyden Tugenden fast zu weit. Ihr „Mitleiden ist allzu empfindlich, und hindert ,,beynah die Gerechtigkeit, und ihre Mildigkeit „ist beynah Verschwendung. Allein, wenn doch ,,alle, die ausschweifen, auf der guten Seite ,,ausschweifeten.

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Ich könnte noch vieles von ihrem Fleiße, ,,von ihrer bewundernswürdigen Mäßigkeit, ,,von ihrer Heiligkeit in den Ehen hinzusehen. „Doch schon ihre gesellschaftliche Tugenden sind ,,hinreichend genug, die Göttingsche Anzeigen „zu widerlegen; und ich betaure den, der eine ,,fo allgemeine Verurtheilung ohne Schauern ,,lesen kann. Ich bin ic.

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Ich habe auch die Antwort auf diesen Brief vor mir. Allein ich mache mir ein Bedenken, fie hier drucken zu lassen. Sie ist mit zuviel Hige geschrieben, und die Retorsionen sind gegen die Christen ein wenig zu lebhaft gebraucht.

Man

Man kann es mir aber gewiß glauben, daß beyde Correspondenten, auch ohne Reichthum, Tugend und Gelehrsamkeit zu erlangen gewußt haben, und ich bin überzeugt, daß sie unter ihrem Volke mehe Nachfolger haben würden, wenn ihnen die Christen nur vergönnten, das Haupt ein wenig mehr zu erheben.

Der übrige Theil der Göttingschen Erinne rungen, worinne man mich zu einem andern ähnlichen Lustspiele aufmuntert, ist zu schmeichelhaft für mich, als daß ich ihn ohne Eitelkeit wiederhohlen könnte. Es ist gewiß, daß sich nach dem daselbst angegebnen Plane, ein sehr einnehmendes Stück machen liesse. Nur muß ich erinnern, daß die Juden alsdenn bloß als ein unterdrücktes Volk und nicht als Juden betrach tet werden, und die Absichten, die ich ben. Berfertigung meines Stücks gehabt habe, größten Theils wegfallen

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würden.

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