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che von eine Menge von Gefahren und Lastern begleitet wird; nicht jene verzweifelnde Liebe: sondern eine angenehm unruhige Liebe, welche zwar in verschiedene Hindernisse und Beschwerlichkeiten verwickelt wird, die sie entweder vermehren oder schwächen, die aber alle glücklich überstiegen werden, und einen Ausgang gewinnen, welcher, wenn er auch nicht für alle Personen des Stücks angenehm, doch dem Wunsche der Zus schauer gemäß zu seyn pflegt. Es ist daher im geringsten keine Vermischung der Kunst zu befürchten, so lange sich nicht die Komödie mit eben derselben Liebe beschäftiget, welche in der Tragödie vorkommt, sondern von ihr in Ansehung der Wirkungen und der damit verknüpften Umstände eben so weit, als in Ansehung der Stärcke und Hoheit, entfernt bleibt. Denn so wie die Liebe in einem doppelten Bilde strahlt, welche auf so verschiedene Weise ausgedrückt werden, daß man sie schwerlich für einers ley halten kann; ja wie so gar die Gewalt, die sie über die Gemüther der Menfchen hat, von ganz verschiedner Art ist, so daß, wenn der eine mit zerstreuten Haaren, mit verwirrter Stirn, und verzweifelnden Augen herumirret, der andere das Haar zierlich in Locken schlägt, und mit lächelnd trauriger Mine und angenehm unruhigen Augen seinen Kummer verråth: eben so, sage ich, ist die Liebe, welche in beyden Spielen gebraucht wird, ganz D 4

und

und gar nicht von einerley Art und kann also auch nicht auf einerley, oder auch nur auf åhnliche Art rühren. Ja es fehlt so viel, daß die Komödie in diesem Stücke die Rechte der Tragödie zu schmålern scheinen sollte, daß sie viel mehr nichts als ihr Recht zu behaupten sucht. Denn ob ich schon denjenigen nicht beystimme, welche, durch das Ansehen einiger alten Tragódienschreiber bewogen, die Liebe gänzlich aus der tragischen Fabel verbannen wollen; so ist doch so viel gewiß, daß nicht jede Liebe, beson ders die zårtlichere, sich für sie schickt, und daß auch diejenige, die sich für sie schickt, nicht dar inne herrschen darf, weil es nicht erlaubt ist, die Liebe einzig und allein zu dem Innhalte eines Trauerspiels zu machen. Sie kann zwar jenen heftigern Gemüthsbewegungen, welche der Tra gödie Hoheit, Glanz und Bewunderung erthei len, gelegentlich beygefügt werden, damit sie dieselben bald heftiger antreibe, bald zurückhalte, nicht aber, damit sie selbst das Hauptwerk der Handlung ausmache. Dieses Geseß, wels ches man der Tragödie vorgeschrieben hat, und welches aus der Natur einer heroischen That hergehohlet ist, zeiget deutlich genug, daß es als lein der Komödie zukomme, aus der Liebe ihre Haupthandlung zu machen. Alles derohalben, was die Liebe, ihren schrecklichen und traurigèn Theil ben Seite gefeßt, im Rührenden vermag, kann sich die Komödie mit allen Recht anmaaf

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fen. Der vortrefliche Corneille erinnert sehr wohl, daß dasjenige Stück, in welchem allein die Liebe herrschet, wann es auch schon in den vornehmsten Personen wåre, keine Tragödie, sondern, seiner natürlichen Kraft-nach, eine Komödie sey*. Wie viel weniger kann daher dasje. nige Stück, in welchem nur die heftige Liebe einiger Privatpersonen aufgeführet wird, das Wesen des Trauerspiel angenommen zu haben scheinen? Das, was ich aber von der Liebe, und von dem Anspruche der Komödie auf diefelbe, gesagt habe, kann, glaube ich, eben so wohl von den übrigen Stücken behauptet werden, welche die Gemüther zu bewegen vermös gend find; von der Freundschaft, von der Beständigkeit, von der Freygebigkeit, von dem dankbaren Gemüthe, und so weiter. Denn weit diese Tugenden denjenigen, der sie befißt, zwar zu einem rechtschafen, nicht aber zu einem groffen und der Tragödie würdigen Manne machen, und also auch vornehmlich nur Zierden des Privatlebens sind, wovon die Komödie eine Ab schilderung ist: so wird sich auch die Komödie die Vorstellung dieser Tugenden mit allem Rech te anmaassen, und alles zu gehöriger Zeit und an gehörigen Orte anwenden dürfen, was sie, die Gemüther auf eine angenehme Art zu rühren, darbiethen können. Allein auf diese Art, kann

D.S

man

S. die erste Abhandlung des P. Corneille üder das dramatische Gedicht.

*

man einwenden, wird die Komödie allzu frostig und trocken scheinen; sie wird von jungen Leuten weniger geliebt, und von denjenigen weniger besucht werden, welche durch ein heftiges Lachen nur ihren Bauch erschüttern wollen. Was schadet das? Genug, daß sie alsdann, wie der berühmte Wehrenfels faget, weise, gelehrte, rechtschafne und kunstverständige Månner ergößen wird, welche mehr auf das schickliche, als auf das lächerliche, mehr auf das artige als auf das grimassenhafte sehen: und wann schon die, welche nur Possen suchen, dabey nicht klatschen, so wird sie doch denen gefallen, melche, mit dem Plautus zu reden, pudicitiæ præmium effe volunt.

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Ich komme nunmehr auf den zweyten Einwurf. Rührende Komödien, sagt man, widersprechen sich selbst; denn eben deswegen weil sie rühren wollen, können entweder die Laster und Ungereimtheiten der Menschen darinne nicht zugleich belacht werden, oder, wenn beydes geschieht, so sind es weder Komödien noch Tragodien, sondern ein drittes, welches zwischen beys den inne liegt, und von welchem man das sagen könnte, was Ovidius von dem Minotaurus fagte:

Semibovemque virum, femivirumque bovem.

Dieser

In seiner Rede von der Komödie. S. 365. Diff. var. argum. Parte altera. Amftelod. 1617.

Dieser ganze Tadel kann, glaube ich, sehr leicht durch diejenigen Beyspiele nichtig gemacht werden, welche unter den dramatischen Dichtern der Franzosen sehr häufig sind. Den wenn Destouches, de la Chaussee, Marivaur, Voltaire, Fagan und ardre, deren Namen und Werke långst unter uns bekannt sind, dasjenige glücklich geleistet haben, was wir verlangen, wann sie nehmlich, mit Beybehaltung der Freude und der komischen Stärcke, auch Gemüthsbewegungen an dem gehörigen Orte angebracht haben, welche aus dem Innersten der Handlung fliessen und den Zuschauern gefallen; was bedarf es alsdann noch für andre Beweise? Doch wenn wir auch ganz und gar kein Erempel für uns anführen könnten, so erhellet wenigstens aus der verschiedne Natur derjenigen Personen, welche der Dichter auf die Bühne bringt, daß sich die Sache ganz wohl thun lasse. Denn da, wie wir oben gezeugt haben, den bösen Sitten ganz füglich gute entgegen gesezt werden können, damit durch die Annehmlichkeit der lehtern, die Häßlichkeit der erstern sich desto mehr ausnehme; und da diese rechtschaffnen und edeln Gemüthsarten, wenn sie sich hinlänglich aufsern follen, in schwere und eine Zeit lang minder glückliche Zufälle, bey welchem sie ihre Kräfte zeugen können, verwickelt seyn müssen: so darf man nur diese mit dem Stoffe der Fabel gehörig verbinden und kunstmäßig einflechten, wenn

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