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Wenn man keine andre Komödien machen darf, als solche, wie sie Aristophanes, Plautus und selbst Terenz gemacht haben; so glaube ich schwerlich, daß sie den guten Sitten sehr zutråglich seyn, und mit der Denkungsart unsrer Zeiten fehr übereinkommen möchten. Sollen wir deswegen ein Schauspiel, welches aus dem gemeinen Leben genommen und so eingerichtet ist, daß es zugleich ergöße und unterrichte, als welches der ganze Endzweck eines dramatischen Stücks ist; follen wir, sage ich, es deswegen von der Bühne verdammen, weil die Erklärung, welche die Alten von der Komödie gegeben haben, nicht völlig auf dasselbe passen will? Muß es deswegen abgeschmackt und ungeheuer seyn? In Din gen, welche empfunden werden, und deren Werth durch die Empfindung beurtheilet wird, follte ich glauben, müsse die Stimme der Natur von größerm Nachdrucke seyn, als die Stimme der Regeln. Die Regeln hat man aus denjenigen dramatischen Stücken gezogen, welche

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kann, und ein Dichter der eine ewige Zierde der dramatischen Dichtkunst seyn wird, vollkommen wohl eingesehen. Man sehe was in den Anmers kungen zu der deutschen Uebersetzung der Schrift des Herrn Batteup, Les beaux Arts reduits à un même principe, welche vor einiger Zeit in Leipzig herausgekommen, aus einer von seinen noch un gedruckten Abhandlungen, über diese Materie angeführet worden. S. 316.

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ehedem auf der Bühne Beyfall gefunden has ben. Warum sollen wir uns nicht eben dieses Rechts bedienen können? Und wenn es, außer der alten Gattung von Komödie, noch eine andre giebt, welche gefällt, welche Beyfall findet, kurz welche ergößt und nüßt, übrigens aber die allge meinen und unveränderlichen Regeln des dras matischen Gedichts nicht verleßet, sondern sie in der Einrichtung und Eintheilung der Fabel und in der Schilderung der menschlichen Gemüthsarten und Sitten genau beobachtet; warum sollten wir uns denn lieber darüber beklagen, als erfreuen wollen? Wenn diese Komödie, von der wir handeln, abgeschmackt wåre, glaubt man denn, daß ein so abgeschmacktes Ding sich die Billigung, sowohl der Klugen als des Volks, erwerben könne? Gleichwohl wissen wir, daß dergleichen Spiele, sowohl in Paris, als an andern Orten, mehr als einmal mit vielem Glücke aufgeführet worden, und gar leicht den Weg zu den Gemüthern der Zuhörer gefunden haben. Wenn nun also die meisten durch ein solches Schauspiel auf eine angenehme Art gerühret werden, was haben wir uns um jene wenige viel zu bekümmern, welche nichts daben zu empfinden vorgeben*? Es giebt Leute, welchen die

lustige

* Es scheint als ob man auf unsere Komödie dasjeni ge anwenden könne, was Cicero von dem Werth einer Rede gegen den Brutus behauptet. Tú artifex, sagt er, quid quæris amplius? Delectatur

lustige Komüdie auf keine Art ein Genüge thut, und gleichwohl hört sie deswegen nicht auf, gut zu seyn. Allein, wird man sagen, es giebt unter den so genannten rührenden Komödien sehr viel trockne, frostige und abgeschmackte. Wohl gut; was folgt aber daraus? Ich will ja nicht ein jedes armseliges Stück vertheidigen. Es giebt auch auf der andern Seite eine große Menge höchst ungereimter Lustspiele, von deren Verfassern man nicht sagen kann, daß sie die allgemeinen Regeln nicht beobachtet hätten; nur Schade, daß fie, mit dem Boileau * zu reden, die Hauptregel nicht inne gehabt haben. Es hat ihnen nehmlich am Genie gefehlt. Und wenn dieser Fehler sich auch bey den Verfassern der neuen Gattung von Komödie findet, so muß man die Schuld nicht auf die Sache selbst legen. Wollen wir es aber gründlich aus; & 2

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audiens multitudo & ducitur oratione & quafi voluptate quadam perfunditur. Quid habes quod difputes? Gaudet, dolet, rider, plorat, favet, audit, contemnit, invidet, ad miferationem inducitur, ad pudendum, ad pigendum, irafcitur, miratur, fperat, timet: hæc proinde accidunt, ut eorum, qui adfunt, mentes verbis & fententiis & actione tractantur. Quid eft quod expectetur doti alicujus fententia? Quod enim probat multitudo, hoc idem doctis probandum eft. Denique hoc fpecimen eft popularis judicii, in quo nunquam fuit populo cum doctis intelligentibusque diffenfio. Cic. in Bruto p. 569. f. edit. Elzev. Ju der Note zu dem ersten Verse der Dichtkunst,

machen, was man ihr für einen Werth zugeftehen müßte, so müssen wir sie, wie ich schon erinnert haben, nach der allgemeinen Absicht der dramatischen Poeste beurtheilen. Ohne Zweifel ist die Komödie zur Ergößung erfunden werden, weil es aber keine kunstmäßige und anständige Ergößung giebt,` mit welcher nicht auch einiger Nußen verbunden wäre, so läßt sich auch von der Komödie sagen, daß sie nüßlich seyn könne und müsse. Das erstere, die Ergöhung nehm= lich, wird theils durch den Inhalt der Fabel selbst, theils durch die neuen, abwechselnden und mit den Personen übereinstimmenden Charaktere, erlangt. Und zwar durch den Inhalt; erst= lich, wenn die Erwartung sowohl erregt als unterhalten wird; und hernach, wenn ihr auf eine ganz andere Art ein Genüge geschieht, als es Anfangs das Ansehen hatte, wobey gleichwohl alle Regeln der Wahrscheinlichkeit genau beob achtet werden müssen. Dieses hat so gewiß seine Richtigkeit, daß weder eine wahre noch eine erdichtete Begebenheit, wann sie für sich selbst auch noch so wunderbar wäre, auf der Bühne einiges Vergnügen erwecken wird wenn sie nicht zugleich auch wahrscheinlich ist.

Refpicere exemplar vitæ morumque

jubebo

Doctum imitatorem.

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Bey

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Bey jeder Erdichtung nehmlich verursacht nicht so wohl die Fabel selbst, als vielmehr das Genie und die Kunst, womit sie behandelt wird, bey den Zuschauern das Vergnügen.,,Denn derje,,nige, fagt Wehrenfels,* erlangt einen all„gemeinen Beyfall, derjenige ergößt durchgån"gig, welcher alle Personen, Sitten und Leiden. „schaften, die er auf der Bühne vorstellen will, „vollkommen, und so viel möglich, mit lebendi "gen Farben abschildert; welcher die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu fesseln, und ihrem Busen alle Bewegungen mitzutheilen weis, ,,die er ihnen mitzutheilen für gut befindet. Denn nicht nur deswegen gefällt die Komödie, weil sie andrer abgeschmackte und lächerliche Handlungen, den Augen und Gemüthern darstellet; (denn dieses thut eine jede gute Satyre), sondern auch weil sie eine einfache und für sich selbst angenehme Begebenheit so abhandelt, daß fie überall die Erwartung des Zuschauers unterhålt, und durch dieses Unterhalten Vergnügen und Beyfall erwecket. Denn wie hätten sonst fast alle Stücke des Terenz, so viel wir deren von ihm übrig haben, und auch einige des Plautus, als zum Erempel die Gefangnen, in welchen durch die Darzwischenkunft eines Simo, eines Chremes, eines Phädria, eines Hegio, ein großer Theil derselben, nicht nur nicht scherzhaft, sondern vielmehr ernsthaft wird; € 3

In angeführter Rede S. 367.

wie

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