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wie hätten sie, sage ich, sonst gefallen können? Benn nun aber zu dem Ergohen nicht noth wendig eine lächerliche Handlung erfordert wird z wenn vielmehr eine jede Fabel, die der Wahrheit nachahmet, und Dinge enthält, welche des Sehens und Hörens würdig sind, die Gemither vergnügt: warum sollte man denn nicht auch dann und wann der Komödie einen ernsthaften, seiner Natur nach aber angenehmen Inhalt, geben dürfen? *,,Auch alsdann em „pfinden wir eine wunderbare Wollust, wenn „wie mit einer von den Perfonen in der Komô„die eine genaue Freundschaft errichten, für sie „bekümmert sind, für sie uns ångstigen, mit ihr „Freund und Feind gemein haben, für sie stille ,,Wünsche ergehen laffen, bey ihren Gefahren ,,uns fürchten, bey ihrem Unglücke uns betrů„ben, und bey ihrer entdeckten Unschuld und Tugend uns freuen.,, Es giebt viel Dinge, welche zwar nicht scherzhaft, aber doch deswegen auch nicht traurig sind. Ein Schauspiel, wels ches uns einen vornehmen Mann, der ein ges meines Mägdchen heyrathet, so vor die Augen stellet, daß man alles, was bey einer solchen Liebe abgeschmacktes und ungereimtes seyn kann, genau bemerket, wird ergößen. Doch laßt uns diese Fabel verändern. Laßt uns sehen, der Entschlußz des vornehmen Mannes sey nicht abgeschmackt, sondern vielmehr aus gewissen Ursc

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Wehrenfels am angeführten Orte.

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chen löblich, oder doch wenigstens zu billigen; follte wohl alsdann die Seltenheit und Rühmlichkeit einer solchen Handlung weniger ergößen, als dort die Schändlichkeit derselben? Der Herr von Voltaire hat eine Komödie dieses Inhalts, unter dem Titel Canine, verfertiget, welche Beyfall auf der Bühne erhalten hat; und man kann auch nicht leugnen, daß man nicht noch mehr dergleichen Handlungen, welche Erstaunen erwecken, und dennoch nicht romanenhaft sind, erdenken und auf das gemeine Leben anwenden könne, als welches von dem Gebraus che selbst gebilliget wird.

Wir müssen uns nunmehr zu den guten Charakteren selbst wenden, welche hauptsächlich in der Komödie, von welcher wir handeln, angebracht werden, und müssen untersuchen, aufwas für Weise Vergnügen und Ergöhung daraus entspringen könne. Die Ursache hiervon ist ohs ne Zweifel in der Natur der Menschen und in der wunderbaren Kraft der Tugend zu suchen. In unsrer Gewalt wenigstens ist es nicht, ob wir das, was gut, rechtschaffen und löblich ist, billigen wollen oder nicht. Wir werden durch die natürliche Schönheit und den Reiz dieser Dinge dahin gerissen: und auch der allernichtswürdigste Mensch findet, gleichsam wider Willen, an der Betrachtung einer vortreflichen Gemüthsart, Vergnügen, ob er sie gleich weder selbst besigt, noch sie zu besigen, sich einige Mü

he giebt. Diejenigen also, aus welchen eine große und zugleich gesellschaftliche Tugend hervorleuchtet, pflegen uns, so wie im gemeinen Leben, also auch auf der Bühne werth und angenehm zu seyn. Doch dieses würde nur sehr wenig bedeuten wollen, wenn nicht noch andre Dinge dazu fåmen. Die Tugend selbst gefällt auf der Bühne, wo sie vorgestellt wird, weit mehr als im gemeinen Leben. Denn da bey Betrachtung und Bewunderung eines recht schafnen Mannes, auch oft zugleich der Neid sich mit einmischet, so bleibt er doch bey dem Anblicke des bloßen Bildes der Tugend weg, und anstatt des Neides wird in dem Gemüthe eine füße Empfindung des Stolzes und der Selbstliebe erweckt. Denn wenn wir sehen, zu was für einem Grade der Vortreflichkeit die menschliche Natur erhoben werden könne, so dunken wir uns selbst etwas grosses zu seyn. Wir gefallen uns also in jenen erdichteten Personen selbst, und die auf die Bühne gebrachte Tugend fesselt uns desto mehr, je leichter die Sitten sind, welche den guten Personen beygelegt werden, und je mehr ihre Güte selbst, welche immer måßig und. fich immer gleich bleibet, nicht so wohl die Frucht von Arbeit und Mühe, als vielmehr ein Geschenke der Natur zu seyn scheint. Mit einem Worte, so wie wir bey den lächerlichen Personen, der Bühne uns selbst freuen, weil wir ihnen nicht ähnlich scheinen; eben so freuen wir uns über unsere

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eigne Vortreflichkeit, wenn wir gute Gemüths. arten betrachten, welches bey den heroischen Tugenden, die in der Tragödie vorkommen, sich feltner zu ereignen pflegt, weil sie von unsern gewöhnlichen Umständen allzuentfernt sind. Ich kann mir leicht einbilden, was man hierwieder fagen wird. Man wird nehmlich einwerfer, weil die Erdichtung alltäglicher Dinge weder Verlangen, noch Bewunderung erwecken könne, so müßte nothwendig die Tugend auf der Bühne grösser und glänzender vorgestellet werden, als fie im gemeinen Leben vorkomme; hieraus aber scheine zu folgen, daß dergleichen Sittenschilde, rungen, weil sie übertrieben worden, nicht satt Fam gefallen könnten. Dieses nun wåre freylich zu befürchten, wenn nicht die Kunst dazu Fåme, welche das, was in einem Charakter Maaß und Ziel zu überschreiten scheinet, so geschickt einrichtet, daß das ungewöhnliche wenigstens wahrscheinlich scheinet. Ein Schauspiel, welches einem Mägdchen von geringem Stande, Zierlichkeit, Wiß und Lebensart geben wollte, würde den Beyfall der Zuschauer wohl nicht ers langen. Denn

Si dicentis erunt fortunis abfona dicta,
Romani tollent equites peditesque cachin.

num.

Allein wenn man vorausseßt, dieses Mägdchen fey, von ihren ersten Jahren an, in ein vornehmes Haus

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Haus gekommen, wo sie Gelegenheit gefunden habe, ihre Sitten und ihren Geist zu bessern: fo wird alsdann die zuerst unwahrscheinliche Person wahrscheinlich. Weit weniger aber können uns auserlesene Sitten und edle Empfindungen bey denjenigen anstößig seyn, von wel chen wir wissen, daß sie aus einer ansehnlichen Familie entsprungen sind, und eine sorgfältige Erziehung genossen haben. Die Wahrscheinlichkeit aber ist hier, nicht so wohl nach der Wahrheit der Sache, als vielmehr nach der gemeinen Meinung zu beurtheilen; so daß es gar nicht darauf ankömmt, ob es wirklich solche rühmliche Leute, und wie viele es derselben giebt, fondern daß es genug ist, wenn viele, so etwas zu seyn scheinen. Dieses findet auch bey den tadelhaften Charakteren Statt, die deswe, gen nicht zu gefallen aufhören, ob sie schon die Beyspiele des gemeinen Lebens überschreiten So wird der Geitige in dem Lustspiele, ob er gleich weit geißiger ist, als alle die Geißigen, die man alltäglich sieht, doch nicht mißfallen. Der Thrafo bey dem Terenz ist so närrisch, daß er den Gnatho und feine übrigen Knechte, als ob es Soldaten wåren, ins Gewehr ruft, daß

*

Hiervon haben die Verfasser der Beyträge zur Historie und Aufnahme des Theaters,S.266. und fol. sehr geschickt gehandelt.

Die Abhandlung, welche der Herr Professor hier mit seinem Beyfalle beehrt, ist vort dem feel. Hrn. Mylius.

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