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daß er sich zu ihrem Heerführer macht, und einem jeden feine Stelle und seine Pflicht anweiset : ob nun aber gleich vielleicht niemals ein Solda te so großsprechrisch gewesen ist, so ist dennochy die Person des Thraso, weil sie sonst alles mit den Großsprechern gemein hat, der Wahrheit nicht zuwider. Eben dieses geschieht auch auf der andern Seite, wenn nehmlich die Vortref lichkeit einer Person auf gewisse Art gemåßiget, und ihr, durch die genaue Beobachtung der Wahrscheinlichkeit in den andern Stücken, nachgeholfen wird. Es finden sich übrigens in uns verschiedne Empfindungen, welche dergleichen Charaktere glaubwürdig machen, und das übertriebne in denselben zu bemerken verhindern. Wir wünschen heimlich, daß die rechtschafnen Leute so häufig als möglich seyn möchten, geseßt auch, daß uns nicht so wohl der Reiß der Tu gend, als die Betrachtung der Nüßlichkeit, die fen Wunsch abzwinget; und alles was der mensch lichen Natur in einem solchen Bilde rühmliches bengeleget wird, das glauben wir, werde uns selbst beygelegt, Daher kömmt es, daß die gu ten Charaktere, ob sie gleich noch so vollkom men sind, und alle Beyspiele übertreffen, in der Meinung die wir von unsrer eignen Vortreflichkeit, und von der Nüglichkeit der Tugend ha ben, ihre Vertheidigung finden. Wenn nun also diese Charaktere schon des Vergnügens we gen, welches sie verursachen, billig in dem Lust

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spiele können gebraucht werden, so hat man noch weit mehr Ursache, sie in Betrachtung ihrer Nüßlichkeit anzuwenden. Die Abschilderungen tadelhafter Personen zeigen uns bloß das Ungereimte, das Verkehrte und Schändliche; die Abschilderungen guter Personen aber zeigen uns das Gerechte, das Schöne und Löbliche. Jene schrecken von den Lastern ab; diese feuern zu der Tugend an, und ermuntern die Zuschauer, ihr zu folgen. Und wie es nur etwas geringes ist, wenn man dasjenige, was übel anftehet, kennet, und sich vor demjenigen hüten lernet, was uns dem allgemeinen Tadel ausseßt; so ist es Gegentheils etwas sehr großes und ersprießliches, wenn man das wahre Schöne erkennt, und gleichsam in einem Bilde sieht, wie man selbst beschaffen seyn solle. Doch diese Kraft haben nicht allein die Reden, welche den guten Perfonen beygelegt werden; sondern auch dasjenige, was in dem Stücke löbliches von ihnen verrichtet und uns vor die Augen gestellet wird, giebt uns ein Beyspiel von dem, was in dem menschlichen Leben schön und rühmlich ist. Wenn als so schon dergleichen Schauspiele, dem gewöhnlichen und angenommenen Gebrauche nach, sich mit Recht den Namen der Komödien nicht anmaaßen können; so verdienen sie doch wenige stens die Freyheiten und Vorzüge der Komödie zu genießen, weil sie nicht allein ergößen, sondern auch nüglich sind, und also denjenigen Drama

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Dramatischen Stücken beygezehlt werden kön nen, welche Wehrenfels, am angeführten Orte, mit folgenden Worten verlangt.„End, ,,lich sollen unsre Komödien so beschaffen seyn, „daß sie Plato in seiner Republick dulden, Cato ,,mit Vergnügen anhören, Vestalinnen ohne ,,Verlegung ihrer Keuschheit sehen, und was ,,das vornehmste ist, Christen aufführen und ,,besuchen können.,, Diejenigen wenigstens, welche Komödien schreiben wollen, werden nicht übel thun, wenn sie sich unter andern auch darauf befleißigen, daß ihre Stücke eine stärkere Empfindung der Menschlichkeit erregen, welche so gar mit Thrånen, den Zeugen der Rührung, be gleitet wird. Denn wer wird nicht gerne manchmal auf eine solche Art in Bewegung gesezt werden wollen; wer wird nicht dann und wann diejenige Wollust, in welcher das ganze Gemüth gleichsam zerfließt, derjenigen vorzie= hen, welche nur, so zu reden, sich an den äußern Flächen der Seele aufhält? Die Thränen, wels che die Komödie auspresset, sind dem sanften Regen gleich, welcher die Saaten nicht allein erquickt, sondern auch fruchtbar macht. Die ses alles will ich nicht darum angeführt haben, als ob jene alte fröhliche Komödie aus ihrem rechtmäßigen Besiße zu vertreiben wåre; ( sie bleibe vielmehr ewig bey ihrem Ansehen und ihrer Würde!) sondern bloß darum, daß man Diese neue Gattung in ihre Gesellschaft aufneh

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men möge, welche, da die gemeinen Charaktere erschöpft sind, neue Charaktere, und also einen reichern Stof zu den Fabeln darbiethet, und zugleich die Art des Vortrags åndert. Wenn es Leute giebt, welche nur deswegen den Komödien beywohnen wollen, damit sie in laute Gelächter ausbrechen können, so weis ich gewiß, daß sich die Terenze und die Destouches wenig um fie bekümmern werden. Denjenigen aber zu mißfallen, welche nichts als eine ausgelassene und wilde Possenluft vergnügt, wird wohl keis ne allzugrosse Schande seyn. Es werden auch nach uns einmal Richter kommen; und auch auf diese sollten wir sehen. Flaccus hat schon einmal sein critisches Ansehen gebraucht, und den Ausspruch gethan:

At proavi noftri Plautinos & numeros & Laudavere fales; nimium patienter utrumque (Ne dicam ftulte) mirati.

Vielleicht werden sich auch einmal welche finden, die uns darum tadeln, daß wir bey Anehmung dès rührenden Luftspiels, uns allzuunleidlich, ich will nicht sagen, allzuhartnäckig erwiesen haben.

Soweit der Hr. Prof. Gellert! Ich würde meinen Lesern wenig zutrauen, wenn ich nicht glaubte, daß sie es nunmehr von selbst wissen

könnten,

könnten, auf welche Seite die Wage den Ausschlag thue. Ich will zum Ueberflusse, alles, was man für und wider gesagt hat, in einige kurze Säße bringen, die man auf einmal übersehen kann. Ich will sie so einrichten, daß sie, wo möglich, alles Mißverstänndniß heben, und alle schweifende Begriffe in richtige und genaue verwandeln.

Anfangs muß man über die Erklärung der rührenden oder weinerlichen Komödie einig wers den. Will man eine solche darunter verstanden haben, welche hier und da rührende und Thrås nen auspressende Scenen hat; oder eine solche, welche aus nichts als dergleichen Scenen be steht? Meinet man eine, wo man nicht immer lacht, oder wo man gar nicht lacht? Eine, wo edle Charaktere mit ungereimten verbunden sind, oder eine, wo nichts als edle Charaktere vorkommen?

Wider die erste Gattung, in welcher Lachen und Rührung, Scherz und Ernst abwechseln, ist offenbar nichts einzuwenden. Ich erinnere mich auch nicht, daß man jemals darwieder et was habe einwenden wollen. Vernunft und Beyspiele der alten Dichter vertheidigen sie. Er, der an Scherz und Einfällen der reichste ist, und lachen zu erregen nicht selten Wih und Anständigkeit, wie man fagt, bey Seite gefeßt hat, Plautus hat die Gefangen gemacht und, was noch mehr ist, dem Philemon seinen Schatz

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