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welche aus dem Innersten der Materie selbst hergeleitet seyn müssen.

Diese der Hauptsache beygefügten Unnug lichkeiten, durch welche sie getrennt und wieder verbunden wird, wurden mit Recht von unsern Vorfahren Lazzi mit einem gedoppelten z ge= nennet, weil Lazzi in der Lombardischen Mund art so viel bedeutet als das gute Toscanische Lacci, welches auf deutsch Bånder heisset. Man hat daher durch dieses Wort andeuten wollen, daß wenn die Handlung durch diese Lazzi unter brochen wird, sie durch eben diese Lzzi auch wieder verbunden werde, so daß der Zuschauer diese Unterbrechung gar nicht mercken muß. Alle heutigen Lazzi find nicht mit eben so viel Grunde und so guter Ueberlegung erdacht; denn sie sind meisten Theils von der abzuhandelnden Sache so weit entfernt, daß es unmöglich ist, die durch fie unterbrochene Handlung, auch durch sie wieder zu verbinden.

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Siebendes Hauptstück.

Von dem Verfalle der italianischen Romödie, so wie er seit 1600. gewesen. Angewendete Versuche, ihr wieder aufs zuhelfen. Einführung der Tra gödie auf der Bühne.

Zu Anfange des sewzchnten Jahrhunderts befanden sich die Komödianten, welche weder thre extemporirte Komödie, noch ihre verlarvten Schaue

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Schauspieler aufgegeben hatten, im Staude, Schauspiele aufzuführen, die dem schlechten Geschmacke ihres Jahrhunderts gemäß waren, welcher die Tragödie und regelmäßige Komödie -von der Bühne gänzlich verbannt hatte. Ausser den Spanischen Tragikomödien führten die italiänischen Komödianten auch einige geschriebene Komödien auf, und Gio. Battista Andreini, genannt Lelio, verfertigte derfelben allein, nach der Sammlung der Dramaturgia del Allacci, an die achtzehn. Ich habe sie nicht in mein Verzeichniß gebracht, weil ich nur die guten regelmäßigen Komödien des guten Jahrhunderts hinein bringen wollte, und die Stücke des Andreini unmöglich einen Plas unter den guten Werken finden konnten. Sie zeigen alle von dem Verfalle des Geschmaks und einige, welche ich besiße, find ausserordentlich unflåthig. Dem aber fen wie ihn wolle, fo war Gio. Battista Andreini doch ein wißiger und gelehrter Mann, und ich bin gewiß versichert, daß wenn er funfzig Jahr eher gelebt hätte, er der Bahne der andern gefolgt wåre, und uns einige gute Komödien hinterlassen hätte. Allein er war Verfasser und Komödiant zugleich, und konnte also nicht an ders schreiben, als die wißigen Köpfe seiner Zeit schrieben, und sein Vortheil es ihm anrieth. Zu eben der Zeit wurden verschiedene gute Komödien von den Komödianten metamorphosirt. Damit sie nehmlich ihre verlarvten Schauspieler brauchen

könnten,

konnten, so zogen sie die blosse Anlage heraus und spielten nach einigen Veränderungen diese gyten ursprünglich in Versen oder in Prosa ge= schriebenen Komödien, aus dem Stegreife mit dem Pantalon und dem Doctor, an statt der zwey alten Bürger, und mit dem Harlequin und Scapin, an statt der Bedienten.

Von diesen ausgezogenen Anlagen werden noch bis jezt einige gebraucht; zum Erempel die Emilia di Luiggi Groto Cieco d'Adria wird noch immer aus dem Stegreife gespielt, und ich besige den Entwurf davon, welcher älter ist, als ich. Gleichwohl ist diese Komödie in Versen geschrieben und gehört unter die besten Stücke ihres Jahrhunderts. Wahrscheinlicher Weiss muß sie auch in Franckreich Beyfall gefunden haben, weil ich eine Pariser Ausgabe davon besige, in welcher die französische Uebersehung dem Italianischen gegen über gedruckt ist. Ich selbst habe von dem Entwurfe dieser Komödie Gebrauch gemacht, in welcher Luiggi Groto den Epidicus des Plautus nachgeahmet hatte, und sie zu Paris unter der Aufschrift die Bes triegereyen des Scapin mit Beyfall auf. geführt.

Die gute geschriebene Komödie in einen verstümmelten ertemporirten Auszug gebracht; einige Ueberbleibsel von den uralten Entwürfen; die spanischen Komödien; einige von den Entwür

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fen

fen des Flaminio Scala, des Gio. Bats tista Andreini und andrer, machten die Komödie des siebzehnten Jahrhunderts aus. Wenn eine solche Komödie schon an und für sich selbst nicht gut war, so war sie es doch wegen der Vortreflichkeit der Komödianten. Man hätte nicht glauben sollen, daß die italiånische Bühne noch in einen tiefern Verfall gerathen könne, weil alles auf derselben schon in gar zu schlechten Umständen war; gleichwohl aber traf sie noch ein neues Unglück, und zwar das schrecklichste von allen.

Gegen das Jahr 1680. fehlte es gånzlich an guten Schauspielern. Man fand keine mehr, welche die ersten Rollen der Verliebten spielten und einige Wissenschaft und Geschmack besassen ; keine Frauenzimmer mehr, die sich mit der Gelehrsamkeit ein wenig abgegeben hätten, und auch keine Harlequins mehr, die mit natürlichen Gaben etwannige Kenntnisse verbanden. Zacca gnino und Trufaldino waren die leßten guten Harlequins in Italien, welche gleichsam das Thor hinter sich zuschlossen; und in Francks reich maren es Trivelin und Dominico, Biancoleli. Cinthio Romagnesi, wel cher gleichfals unter der Parisischen Bande war, war der leste, welcher die Rolle der Verliebten spielte, und Wiß und Gelehrsamkeit besaß,

Als ich im Jahre 1690, in einem Alter von

drey=

drezehn Jahren (*), die Bühne zu besuchen anfing, waren fast alle Komödianten der damaligen Zelt unwissende Leute, und ausser dem Gio. Battista Paghetti, welcher die Rolle des Doctors spielte, und dem Galeazzo Savorini, welcher nach ihm eben diese Rolle spielte, wußte ich keinen einzigen zu nennen, welcher 'studirt gehabt hätte. Diejenigen, welche die Verliebten machten, waren entweder Söhne von Komodianten, welche ohne Erziehung aufwachsen müssen, oder junge Leute, welche die Profeßion eines Komödianten auslüderlichkeit ergriffen; und die guten Harlequins, welche ausgestorben waren, festen die Komödianten in die traurige Noth wendigkeit, fie unter den Seiltänzern auf den öffentlichen Märckten aufzusuchen. Nun kann man sich einbilden, was für eine Komödie zu diesen Zeiten müsse geherrscht haben. Die alten Komödianten, welche den Schlendrian der Kunst und die Theaterspiele, die wir Lazzi nennen, ungefehr inne hatten, zogen Lehrlinge, und wenn sich schon unter diesen, von Zeit zu Zeit, einige fanden, die das Publicum vergnügten, N 4

(*) Hier wird eben der rechte Ort seyn, einen Fehler wieder gut zu machen, den ich, oben auf der 135. Seite, in meiner Handschrift zu verbessern verges sen hatte. Es erhellt nehmlich aus den Datis, welche Herr Riccoboni hier einfliessen lassen, daß er 1677. und nicht 1682. oder 83. wie ich aus einem andern Umstande geschlossen habe, misse seyn gebohren worden. Uebers

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