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der den Komödianten oder den Zuschauern ihr Unrecht zeigen. Hierzu zu gelangen hätte man einen Komödianten aufsuchen müssen, welcher thōricht genug gewesen wäre, auf seine Unkosten Erfahrungen davon anzustellen; denn so viel war gewiß, daß die Tragödien nichts einbrachten. Das gute Beyspiel des Pietro Cotta munterte einen andern Komödianten auf, sich mit eben diesem Unternehmen, zum Nachtheile seines Vortheils, seiner Arbeit und seiner Ruhe abzugeben, wie wir in dem folgenden Hauptstücke sehen werden.

Achtes Hauptstück.

Das Theater wird in Ansehung der Tra Jodie wieder auf einen beisernGeschmack jelenkt. Eine neue Art von Romödien. Versuch mit der guten Romôdie in Versen aus dem sechzehnten Jahrhunderte.

Der Mangel an guten Schauspielern und ei ige natürliche Gaben, welche meine Kameraden n mir zu bemerkten glaubten, vermochten sie, mir nzuliegen, daß ich mich an ihrer Spige stellen nöchte, ob ich gleich damals nicht älter als zwey md zwanzig Jahr war. Ich ward genöthiger, achzugeben, und mich einer Arbeit zu unterzie Im, welche weit über meine Kräfte war. In en ersten zwey Jahren meines Umtes folgte ich

muthig den Ideen des Pietro Cotta, und befe ftigte mich in dem Geschmacke an Tragödien: doch da kurze Zeit darauf Pietro Cotta, dessen Beyspiel mich einzig und allein aufmuntern und zugleich mein Unternehmen rechtfertigen konnte, das Theater verließ, so stand ich eine Zeitlang bey mir an, ob ich fortfahren sollte. Während meiner Ungewißheit rieth mir der Herr Marquis Scipio Maffei, ein Mann, welcher in der gelehrten Welt bekannt genug ist, mit unsern alten Tragödien einen Versuch zu wagen, weil ser bemerkt hatte, daß ich von Zeit zu Zeit überfeste französische Tragödien aufführte. Ich über ließ mich der Führung dieser weisen Anschläge und brachte die Sophonisbe des Trißino die Semiramis des Manfredi, den Gedif des Sophocles vom Orsato Giustiniano die Iphigenia in Tauris vom Ruccelai den Torismondus vom Torquato Tasse die Cleopatra vom Kardinal Delfino, und andre aus dem guten und schlechten Jahrhundert auf die Bühne. Hierauf wandte ich mich z den Neuern, und machte einen Versuch mit de Iphigenia in Tauris und der Rachel de Herrn Martelli, welche er ganz kürzlich in den ersten Theile seines Theaters hatte drucken lasset, und sehr wohl aufgenommen wurden. Aug führte ich die Merope des gedachten Herrn Mas quis Maffei auf, und man kann sich das Ausehen, welches sie machte, und den Beyfall, we

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chen sie erhielt, kaum vorstellen. Es wurden in eben demselben Jahre vier Ausgaben davon ver. y anstaltet. Endlich hatte ich in den Städten der Lombardey und selbst zu Venedig die Tragödie auf einen so guten Fuß geseßt, daß ich mich wegen der zehn Jahr Arbeit, die es mir gekoster hatte, zufrieden geben konnte. Ich hatte unwi dersprechlich einen sehr grossen Punct gewonnen; allein das, was mir noch zu thun übrig war, war das allermühsamste; die Komödie nehmlich. Den Tag darauf, wenn ich eine gute Tragödie aufgeführt hatte, stellte ich eine von unsern gewöhnlichen Komödien vor, in welchen die Eins richtung der Fabel ganz unregelmäßig ist, und die Theaterspiele durchaus oft ganz ohne Ver stand angebracht sind. Ich durfte nicht hoffen, einen einzigen von den Schriftstellern dahin zu vermögen, daß er für uns eine regelmäßige Komödie gemacht hatte; die vier verlarvten Schauspieler unsers Theaters würden den allerkühnsten Kopf abgeschreckt haben.

Ich mußte daher auswertige Hülfe suchen, um Italien eine wohl eingerichtete Komödie von wohl ausgeführten Charakteren zu zeigen; ein Werk, wovon man seit länger als einem Jahr hunderte ganz und gar keine Kenntniß mehr hatte. Ich bediente mich der französischen Bühne. Aus den Alten in ihren Komödien machte ich den Pantalon und den Doctor, und aus den Bedien. ten den Harlequin und Scapin. Ich will ihre

Titel nicht anführen, weil das Verzeichniß davon allzugroß seyn würde. Ich seßte allerley zusam men, welches sehr wohl gefiel, und verlängerte kleine Stücke von einem Aufzuge, wenn ihr Inhalt fähig war, in grosse Stücke ausgedehnt zu werden. Oft machte ich aus zwey verschiednen Komödien nur eine, als aus dem Chevalier à la mode und dem Homme à bonnes fortunes, wozu ich durch den Geschmack der Nation_gezwungen ward, welche lange und mit Handlung überhäufte Schauspiele verlangt. Ein glücklicher Fortgang belohnte meine Mühe; doch versteht sich wohl, daß alle diese französische Komödien aus dem Stegreife gespielt wurden, einige überfeste Scenen ausgenommen, von welchen ich glaubte, daß sie von Wort zu Wort müßten beybehalten

werden.

Was aber den Lüger des Corneille, die Prinzeßin von Elis und Psyche anbe langt, so hatte ich vollständige Uebersehungen da von gemacht, welche recitirt wurden.

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Diese Menge von französischen Komödien, welche ich auf unsre Bühne brachte, und die Un tersuchung, die ich über den größten Theil der guten italianischen Komödien des sechzehnten Jahrhunderts anstellte, brachten mir grosse Vortheile zuwege. Mein Theater war an Neuig teiten so reich, daß der Nußen und der gute Ruf mich hinlänglich wegen der Mühe schadlos hielt,

die ich auf die Verbesserung desselben gewande hatte.

Dieses brachte auch noch eine andre Wirkung hervor, welcher ich gar nicht gewärtig war. Ich bekam Lust, ein Schriftsteller zu werden, und eine Komödie zu machen, doch mit dem festen Ente schlusse meine Arbeit niemand, als meinem Ca binete und meiner Frau zu vertrauen. Mein erster Versuch war die eyfersüchtige Frau,welche hernach das Glück hatte in Frankreich eben fowohl aufgenommen zu werden, als sie es in Itas lien ward. Hierauf brachte ich noch andre Stücke zu Papiere; gleichwohl aber war ich noch nicht zufrieden.

Ich seßte mein Augenmerk noch weiter. Ich hatte mit meiner Eifersüchtigen einen Vers fuch gewagt, und sie gefiel, obgleich keine Liebe darinne vorkam. Warum sollte also das Publi cum, fragte ich bey mir selbst, nicht auch eine Komödie ohne Harlequin leiden? Warum sollte es nicht an guten Komödien in Verfen oder Profa einen Gefallen finden? Das Unternehmen war kühn; wann es mir aber auch damit geiungen wåre, was wäre es nicht für ein Glück für unsre Bühne gewesen! Die überseßten französis schen Trauerspiele, unfre alten und neuen Tragódien, unfre Komödien aus dem guten Jahrhun berte, die alte italianische Komödie aus dem

Steg

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