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aus diesem Stücke, so wie es ist, eine vortrefliche Tragödie für unser Jahrhundert machen könne. Die Stellung der Rosemonde ist ungemein rührend, und die Peripetie ist vollkommen. Nur wird man dem Verfasser vielleicht vorwerfen, daß er die Sitten der Longobarden allzugenau beobachtet, u. den Kopf des Runamun= dus auf die Scene gebracht habe. Es ist wahr die Longobarden, welche aus dem Innersten von Deutschland hervorkamen, waren noch weit barbarischer als die durch einen langen Umgang mit den Römern gesitteter gewordenen Franzosen, die allezeit derselben Nachbarn gewesen waren. Und gleichwohl sieht man aus den Gesehen der Franzosen, daß es ein gemeiner Gebrauch unter diesen Völkern gewesen, nicht allein den Feinden, welche sie im Treffen getödtet, den Kopf abzuhauen, sondern auch diese Köpfe aufzubewahren, um die Aussenfeiten ihrer Häufer da init zu verzieren. Das Salische Gesetz hat sogar einen ausdrücklichen Artickel wider diejeni gen, welche dergleichen Köpfe von den Pfosten wegnehmen würden, auf welche sie von dem Eigenthümer der Häuser gesezt worden.

Der Umstand mit dem Kopfe des Runa, mundus, aus welchem ein Trinkgeschirr gemacht worden, ist in der Historie gegründet, und den wilden Sitten dieser barbarischen Jahrhunderte gemäß.

Wenn

Wenn man sich einen Stof zu einem Trauerspiele wehlt, so muß man überhaupt nicht die wahren Sitten der Geschichte verstellen, um sich nach den Sitten seiner Zeit zu richten; man muß vielmehr das ganze Unternehmen fahren lassen und sich einen bequemern Stof aussuchen.

Seit einem Jahrhunderte haben nicht alle Nationen so gedacht als ich, und man wird mich ganz gewiß für einen Ausschweifenden halten. Ich glaube aber, daß es doch wenigstens erlaubt seyn wird seine Meinung zu sagen, besonders wenn man eben nicht Willens ist Regeln zu geben, sondern sich vielmehr der Entscheidung andrer unterwirft.

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Man ist schon seit langer Zeit gewohnt, die Helden der Fabel in dem Trauerspiele zu verschönern, und wider die Geseße und wilden Sitten der Nationen, entweder gesittete Hofleute oder irrende Ritter aus ihnen zu machen. Es ist dieses ein vortreflicher Kunstgrif, allen denen zu gefallen, welche weder von der Geschichte, noch von der Fabel, noch von dem Theater etwas wissen, und nichts älters kennen, als ihre Großåltern. Dergleichen Werke sind daher nicht nur allen denen anstößig, welche Wissenschaft und Gelehrsamkeit besigen, sondern sie sind auch der Ehre ihrer zeitverwandten Schriftsteller nachtheilig, und es wäre zu wünschen, daß fie durch den Druck ganz und gar nicht bekannt

gemacht

gemacht würden, und sich ihre Dichter mit dem Beyfalle der Vorstellung begnügten.

Wenn die Italiåner drey Viertheile von ihren Tragödien aus den vergangenen Jahrhunderten weniger hätten drucken lassen, so würden sie zwar in Betrachtung der Anzahl årmer, an Ehren aber desto reicher seyn.

Um wieder auf die Rosemonde' zurück zu kommen, so finde ich so wenig daran auszusehen, daß ich, wenn ich sie während meines Aufent halts in Italien auf das Theater gebracht hätte, nicht mehr als zehn Zeilen darinne würde veråns dert haben, in welchen ich von dem Kopfe des Runamundus bloß gesprochen hätte ohne ihn selbst auf die Scene zu bringen. Und auf diese Art hätte ich mich nicht fürchten dürfen, zärtlichen Zuschauern eckel zu werden. M

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Zu Ende des vierten Aufzuges fällt Roses monde ohnmächtig in die Arme der Frauenzithmer vom Chore, und bleibt in dieser Stel Jung bis zu Anfange des fünften Aufzuges. Heut zu Tage würde es lächerlich seyn eine Person von einem Aufzuge zum andern, unterdessen daß die Musik im Orchester gehet, ohnmächtig liegen zu lassen.

Wenn wir aber überlegen, daß, wie ichy schort gefagt, die Tragödie Rosemonde durch nichts. anders in Aufzügen unterschieden ist, als durch die Unterbrechung des Chors, daß also, nach dem Muster der griechischen Tragödien, die

Hand

.

Handlung in einem Stücke darinne fortgehet, und der Schauspieler mit dem leßtem Worte des Chors wieder auftritt: so wird man leicht einsehen, daß Rosemonde gar wohl ohnmächtig auf der Scene liegen bleiben kann.

Der Verfasser hat hierinne dem Euripides nachgeahmet. Dieser Grieche läßt nehmlich in feiner Hecuba diese unglückliche Königin, welche den Tod der Polyrene beweint, dem Schmerze fo unterliegen, daß sie sich in ihr Kleid einges hüllet auf die Erde wirft, und weinend auf der Bühne liegen bleibt, bis der Chor zu Ende ist, und durch seine Betrachtungen den Schluß des Aufzuges bemerkt. Talthybius kömmt darzu, und sagt den Weibern des Chors, daß er mit der Hecuba sprechen wolle. Sie zeigen sie ihm auf der Erde liegend und in ihre Kleidung eingehülle, in welcher Stellung fie die ganze Zeit über geblieben, da der Chor sich hören lassen, laffen, das ist, nach unsrer Art zu reden, von einem Aufzuge bis zum andern.

Was den Ausdruck des Trauerspiels Rosemonde anbelangt, so muß man gestehen, daß er vollkommen schön ist. amazi

Man könnte ihm, nach dem heutigen Ge schmacke, vorwerfen, daß einige allzugemeine oder allzunatürliche Ausdrücke darinne vorkom men; denn jeßiger Zeit kostet es auf allen Theatern von Europa sehr viel Mühe, mit dem Na türlichen glücklich zu seyn. Unterdessen kann man

aber

aber doch nicht sagen, daß sich der Verfasser niedriger und unanständiger Ausdrücke bedient habe; er spricht allezeit edel, und, wenn ich seine Sache hierinne vertheidigen wollte, so könnte ich, glaub ich, sagen, daß wenn ein König nur groß denke, und nicht ganz und gar unedle Ausdrücke brauche, der Ausdruck der. königlichen Würde nicht unanständig seyn und sich so vielmehr derjenigen Natur und derjenigen Wahrheit nåhern werde, mit welcher heut zu Tage so viele verunglücken. Ich will nicht behaupten, daß man die prächtigen Ausdrücke gånzlich vermeiden müsse, um der fümpeln Natur Plaß zu machen; man muß vielmehr der Gewohnheit folgen, welche feit langer Zeit unfre. Ohren gewöhnt hat, grosse Worte und rauschende Gedanken zu hören. Vor zwey hundert Jahren aber war unser Gehör bescheidner, und Ruccelai hat Ueberlegung genug gehabt, das Edle der Gesinnungen mit dem Emphatischen des Ausdruces nicht zu verbinden, sondern hierinne vielmehr den Griechen, als Lateinern zu folgen.

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Hundert Jahr nach ihm haben die Italiåner auf dieser Seite nur allzusehr verstossen, und nach und nach sind sie zu dem gekommen, was die benachbarten Völker unter dem Namen Concetti an ihnen perlachen, und ihre Landsleute selbst am allerersten,

Es scheint mir, als ob zum Schlusse des Trauerspiels Rosemonde noch etwas fehle. Al

mas

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