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nio beurlaubet die Zuschauer, und die Komödie hat ein Ende.

Beurtheilung der Calandra.

Der Verfasser dieser Komödie, wie man schon weis, ist Bernardo da Bibiena, welcher hernachmahls Kardinal ward. Von ihr rechnet man die Epoche der ersten italiänischen Komödie, und meinen Anmerkungen zufolge, muß fie gegen das Jahr 1480 geschrieben seyn. Die Aristipia, die Floriana, Timon, und alle übrigen, welche noch vor der Calandra hergegangen sind, werden in die Klasse der Possenfpiele geseht und man beehrt sie mit dem Namen der Komödien nicht. Unfre Italianer haben hierinne sehr richtig gedacht, und wir sind sehr glücklich, daß wir eine so rühmliche Epoche mit einem Werke, als die Calandra ist, anfangen können.

Ich meines Theils glaube, daß weder die griechischen komischen Dichter, welche wir wei ter nicht als aus den hinterlassenen Stücken des Aristophanes und aus den Lustspielen kennen, welche Terenz von ihnen geborgt hat, daß, sag ich, weder die Griechen, noch die Lateiner, noch die Neuern, die Italiåner vor und nach dem Bibiena selbst nicht ausgenommen, eine so vollkommne Komödie, als die Calandra ist, weDer gemacht haben, noch vielleicht jemals ma

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chen werden. Kurz nach meiner Einsicht ist die Calandra das Muster einer guten Komödie.

Die Einrichtung der Fabel ist zum Erstaunen schön, und das Komische, welches überall vielmehr in der Sache, als in den Worten liegt, herrscht so stark darinn, daß man sich nicht genug darüber verwundern kann. Die Sprache ist vollkommen, die Charaktere sind vortreflich. Aus der Erfindung leuchtet ein grosses Genie, und aus der Dekonomie eine grosse Klugheit.

Ich ersuche alle Gelehrte und alle, die an dem Theater einen Geschmack haben, dieses Stück zu lesen und genau zu untersuchen. Ich schmeichle mir, daß sie gewiß meiner Meinung seyn werden.

Aus der Calandra werden es die Dichter erkennen lernen, wie weit die Einbildungskraft in Aufsuchung des Komischen gehen könne, Biz biena findet es überall.

Aus der Calandra werden sie lernen können, wie man eine Begebenheit verwickeln, und mit der gehörigen Genauigkeit so wieder aufwickeln. solle, daß überall das Wunderbare, das Interessante, das Komische beybalten werde, welches fich bey den Entwicklungen aller Stücke finden sollte. In der Calandra werden sie sehen,

was

wvas das heisse, das Auftreten und Abgehen der Personen mit aller möglichen Ueberlegung und gefunden Vernunft anordnen. In der Calans dra werden sie finden, wie man die verschiednen Arten zu denken und zu reden beobachten, und weder bey den Alten noch bey den Weibspersonen, weder bey den jungen Leuten noch bey den Bedienten, ihren Charakter aus den Augen lassen müsse.

Kurz, wenn man eine komische Dichtkunst schreiben wollte, welche uns bey allen den Muster, die wir darinne haben, noch fehlt, so bin ich gewiß überzeugt, daß man die Calandra alle Augenblick anführen könne, so wie Aristoteles, wenn er von der Tragödie Regeln giebt, ben jedem Schritte den Oedip des Sophocles anführt.

Diejenigen, welche diese Komödie kennen, oder wenigstens kennen wollen, werden vielleicht Fagen, daß wenn sie schon unvergleichliche Schönheiten hat, sie auch einen sehr grossen Fehlerhabe. Ich weis es, allein dieser Fehler kann das Verdienst des Poeten um nichts verringern, und um die Sprache einmal zu verändern, will ich einen Augenblick auf seine Seite treten.

Man muß über die Frechheit der Sitten, welche in den ersten Komödien herrscht, noth wendig erstaunen. Ich weis nicht, ob die verS 3

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gangenen Jahrhunderte einfältiger öder verderbter waren, als das unfrige; das aber weiß ich nicht, daß man die Calandra an dem Hofe zu Urbino in Gegenwart verschiedener tugendhafften Prins zeßinnen aufgeführet hat.

Aus diesem Grunde könnte man mir also einwenden, daß, wenn ein Dichter sich nicht zwingen, fondern die ganze Natur brauchen dürfe, das Komische sehr leicht zu finden seyn. Allein man kann, glaube ich, antworten, daß man in dergleichem Falle das sittlich Unstößige ben Seite fehen, und von den Werken nach dem wahren Werthe der Erfindung, der Ausführung und des Wizes urtheilen müsse; und in diesem Verstande rede ich jest von der Calandra. Man bemerke die Stärke des Genies und alle die übrigen Vollkommenheiten, welche der Dichter gezeigt hat, ohne sich bey der Frechheit der Sitten aufzuhalten; und in dieser Gesinnung untersuche ich die Komödie des Bibiena, und finde, daß fle unvergleichlich ist.

Unterdessen will ich doch nicht unterlassen, einige Fehler in diesem Wercke anzumercken und einige Stellen darinn zu critisiren.

In dem ersten Auftritte des fünften Aufzuges kommen der weibliche Lidio, und der wahre Lidio, bende als Mannspersonen gekleidet,

auf

auf das Theater, wo sie von der Magd mit dem Geldbeutel, den sie dem Lidio geben soll, anges troffen werden. Sie stehet zwischen beyden, und alle drey zusammen spielen eine Scene, in wel cher die zwey junge Leute Dinge fagen, welche bey dem weiblichen Lidio Gedanken erregen und fogleich zur Erkennung Gelegenheit geben sollten. Daß der wahre Lidio über die grosse Gleichheit welche er an dem andern findet, seine Betrach=; tungen nicht anstellet, noch darauf fallet, daß es wohl seine Schwester seyn könne, ist nicht zu verwundern, weil er ein Mädchen sucht und gar; Feine Ursache zu vermuthen hat, daß er sie in Mannskleidern finden werde. Allein der weibs liche Lidio, weil sie sich der groffen Gleichheit, die sie mit ihrem Bruder gehabt, noch sehr wohl erinnert, sollte einige Ueberlegung machen, da fie einen jungen Menschen sieht, der ihr so åhnlich ist. Es ist zwar wahr, um sie nicht daran Denken zu lassen, hat der Verfasser den scharffinnigen Kunstgrif gebraucht, daß er den weiblichen Lidio durch das ganze Stück von ihrem Bruder nicht anders, als von einem Verstorbenen reden läßt, und ihr also der Gedanke, es könne wohl ihr Bruder seyn, nicht so plößlich einfallen fann. Sie bildet sich bloß ein, daß es der wahre Liebhaber der Fulvia sey, mit dem man sie wegen der grossen Gleichheit verwechselt habe. Der Verfaffer thut auch auch noch das, daß er den weiblichen Lidio ihre Neubegierde verrathen

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