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Plifth. Du kannst nun deinen Kindern ein Reich lassen.

Thyeft. Kein Reich fasset zwey Regenten. Plisth. Wer will wohl elend seyn, wenn er glücklich seyn kann?

Thyest. Glaube mir; das Grosse gefällt nur durch die falschen Namen, die wir ihm beylegen. Mit Unrecht fürchtet man ein geringes und hartes Schicksal. Solange ich auf der Spise der Ehren stand, habe ich nicht einen Augenblick zu zittern aufgehört, und mich selbst für mein eignes, Schwerd an meinen Lenden gefürchtet. O welch ein Glück ist es, niemanden im Wege zu stehen, und auf dem Boden hingestreckt, sichre Speisen zu geniessen! Kein Verbrechen schleicht sich in schlechte Hütten, wo man sich an einem geringen Tische sorglos sättigen kann. Das Gift wird aus Golde getrunken; und ich weis es aus der Erfahrung, wie weit das schlechte Glück dem guten vorzuziehen ist. Hier verirrt sich Thyest in eine poetische Beschreibung der auss schweifenden Pracht und Uippigkeit der Groffen. Sie ist schön und paßt sehr wohl auf die damaligen Zeiten der Römer; aber auch deswegen verliert sie in dem Munde des Thyest sehr vieles von ihrer Schönheit. Endlich schließt er mit. den Worten: „Es ist ein Reich über alle Reiche, ,,das Reich entbehren zu können.

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Plisth. Man muß das Reich nicht ausschlagen, wenn es Gott giebt.

Thyeft.

Thyest. Noch weniger muß man darnach trachten.

plifth. Dein Bruder bittet dich ja, zu regieren.

Thyeft. Er bittet und das ist schrecklich. Hier muß eine List verborgen liegen.

plifth. Die brüderliche Liebe kann ja wohl das Herz, woraus sie vertrieben worden, wieder einnehmen, und neue Kräfte, anstatt der verlohr. nen, sammeln.

Thyest. Wie? Atreus sollte seinen Bruder lieben? Eher wird die Nacht die Erde erleuchten; eher wird das Feuer mit dem Wasser, der Tod mit dem Leben, der Wind mit der See Bündniß und Friede schliessen.

Plifth. Vor welchem Betruge fürchtest du dich denn aber?

Thyeft. Vor allem? Und was kann ich meiner Furcht für Grenzen sehen, da seine Macht so groß ist, als sein Haß?

Plisth. Was kann er gegen dich vermögen? Thyeft. Für mich fürchte ich auch nichts, sondern ihr allein, meine Kinder, macht, daß ich den Atreus fürchte.

Plifth. Aber du bist schon gefangen, und fürchtest dich, gefangen zu werden? Mitten in der Noth ist es zu spåt, sich dafür zu húten.

Thyeft. So kommt denn. Nur dieses einzige will ich, euer Vater, noch betheuern: Ich folge euch, nicht ihr mir.

Plifth.

Plisth. Gott wird unsere gute Absicht gnåbig ansehen. Sehe den zweifelhaften Fuß nur

weiter.

Hier kommt Atreus darzu und macht durch feine Erscheinung die zweyte Scene dieses Aufzuges. In den ersten Zeilen, welche er in der Entfernung vor sich sagt, freut er sich, daß er seinen Bruder nunmehr im Neße habe; und zwar ganz, mit allen seinen drey Söhnen. Der zweyte dieser Söhne hieß Tantalus, wie wir weiter unten hören werden; der Name des dritten aber kömmt in dem Stücke nicht vor. ,,Kaum, sagt Atreus, daß ich mich mäßigen, „und die ausbrechende Wuth zurücke halten kann. ,,So wie ein Spierhund, der an dem langen „Leitbande das Wild ausspårt, und mit gebück,,ter Schnauße die Wege beschnaubert. So lange er noch durch den schwachen Geruch sich weit „von dem Eber merkt, ist erfolgsam, und durch,,irret schweigend die Spur. Doch kaum fühlt ,,er sich der Beute näher, so stemmt er sich, „kåmpfet mit dem unbåndigen Nacken, und ruft ,,winselnd seinen säumenden Führer, bis er sich ,,ihm entreißt. Wenn der Zorn Blut wittert, „wer kann ihn verbergen? Und doch muß ich ,,ihn verbergen. In dem Munde des Dichters würde dieses Gleichniß sehr schön seyn, aber in dem Munde der Person selbst, welche diese schwer zu zähmende Wuth fühlet, ist es ohne Zweifel zu gesucht und zu unnatürlich.

Je

Je nåher Atreus seinem Bruder kömmt; desto mehr verändert er seine Rede. Jeht, da er ungefehr von ihm gehört werden kann, beklagt er ihn schon, und erstaunt über seinen armseligen Aufzug. Ich will mein Wort halten, fährt ,,er fort. Und wo ist er denn, mein Bruder? Hier geht er endlich auf ihn los: „Um,,arme mich, sehnlichst gewünschter Bruder! Aller Zorn sey nunmehr zwischen uns vorbey. Un diesem Tage feyre man den Sieg des Bluts ,,und der Liebe. Weg mit allem Hasse aus un fern Gemüthern.

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Theseus. Ach, Atreus, ich könnte alles rechtfertigen, wenn du dich jezt nicht so erzeigtest! Ja, Bruder, ich gestehe es; ich gestehe es, ich habe alles verbrochen, dessen du mich schuldig gehalten. Deine heutige Liebe macht meine Sache zur schlimmsten Sache. Der muß ganz schulDig seyn, den ein so guter Bruder hat für schuldig halten können. Zu den Thränen muß ich nunmehr meine Zuflucht nehmen. Siehe mich hier zu deinen Füssen! Laß diese Hånde, die noch teines Knie umfaßt haben, die deinigen umfas sen. Laß uns allen Zorn bey Seite legen; laß uns allen Unwillen aus den Gemüthern vers bannen. Empfange diese Unschuldigen als die Unterpfånder meiner Treue.

Atreus. Verlaß diese erniedrigende Stellung, und umarme mich, mein Bruder. Und auch ihr, ihr Stüßen unsers Alters, edeln Jünglinge

laßt

Lege bas

Last euch an meine Brust drücken. schmußige Kleid ab; verschone meine Augen mit einem solchen Anblicke; laß dir einen Schmuck reichen, der dem meinen gleich ist; und tritt freudig in den Besih deines Antheils an dem brůderlichen Reiche. Ich will mich des grössern Lobes erfreuen, meinen Bruder unverlegt der väterlichen Würde wieder hergestellt zu haben. Ein Reich besigen, ist Zufall; ein Reich schenken, ist Tugend.

Thyeft. Möchten dir doch, Bruder, diese deine Wohlthaten die Götter würdig vergelten. Meine Armseligkeit schlägt es aus, die königliche Binde anzunehmen, und die unglückliche Hand fcheuet sich vor dem Scepter. Erlaube mir, daß ich mitten unter dem Volke verborgen leben darf.

Atreus. Unser Reich leidet zwey Regenten. Thefeus. Was du hast, soll mir so gue feyn, als ob ich es selbst hätte.

Atreus. Wer wollte die freywillig zufliessen den Güter des Glücks verschmähen?"

Theseus. Der, welcher es erfahren hat, wie schnell sie wieder dahin sind.

Atreus. So willst du deinen Bruder die unschäßbarste Ehre nicht erlangen lassen?

Thyest. Deine Ehre hat bereits die erhabenste Staffel erreicht, und nun ist es nur noch um meine zu thun. Ja, ich habe es fest beschlossen, das Reich auszuschlagen.

Atreus.

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