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Opfergebrauch wird übergangen.

Der Hayn

erzittert; der ganze Pallast schwankt auf dem durchschütterten Boden, und drohet bald hier bald dahin zu stürzen. Oben zur Linken schießt ein Stern durch den Himmel, und ein schwarzer Schweif bemerkt seine Bahn. Der in das Feuer gesprißte Wein wird Blut; dreymal ent= fällt dem Haupte das Diadem; die Bildsåulen weinen, und ein jeder wird von diesen Vorbedeutungen gerührt. Nur Atreus allein bleibt. unbeweglich und sich selbst gleich, und hört nicht auf die drohenden Götter zu schrecken. Långer will er nicht verweilen, er springt wieder zu dem Altare, und schielet mit grimmigen Blicken um fich. So irret ein hungriges Tiegerthier in den Gangetischen Wäldern zwischen zwey jungen Stieren. Es ist auf den einen Raub so begierig, wie auf den andern, und nur ungewiß, wel= chen es zuerst zerreissen solle. Jezt bleckt és den Rachen auf diesen; jezt bleckt es ihn auf jenen zurück, und hält seinen Hunger in Zweifel. Nicht anders betrachtet der ruchlose Atreus dié Schlachtopfer seines verfluchten Zornes, und steht bey sich an, welches er zuerft, und welches er hernach abthun wolle. Es wäre gleichviel, aber doch steht er ben sich an, und freuet sich, über seine verruchte That zu künfteln.

Der Chor. Aber gegen wen braucht er endlich den Stahl zuerst?

Der Erzehler. Das erste Opfer damit man, ohne Zweifel, die kindliche Ehrfurcht nicht vermissen möge wird dem Groß

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vater geweihet. Tantalus ist dieses erste Opfer.

Der Chor. Mit welchem Muthe, mit welchem Gesichte duldete der Jüngling den Tod?

Der Erzehler. Unbesorgt für sich selbst stand er da, und verschwendete keine Bitte vergebens. Aber der Wütrich stieß und drückte so lange nach, bis sich der Stahl in der Wunde verlohr, und die Hand an die Gurgel traf. Da er das Eisen zurückzog, stand der-Leichnam; und als er lange gezweifelt hatte, ob er auf diese oder auf jene Seite fallen sollte, fiel er endlich auf den Vetter. Voller Wuth riß dieser hierauf den Plisthenes zum Altare, und schickte ihn dem Bruder nach. Er hieb ihm den Hals ab; der Rumpf fiel vor fich nieder, und der Kopf rollte mit einem unverständlichen klåglichen Murmeln auf den Boden hin.

Der Chor. Nachdem er diesen doppelten Mord vollbracht, was that er alsdann? Schonte er des Knabens? Oder häufte er Verbrechen auf Verbrechen?

Der Erzebler. So wie ein Löwe in Armenischen Wäldern mit siegender Wuth unter den Rindern tobet, und mit blutigem Rachen, auch nach gestilltem Hunger, seinen Grimm nicht ableget; sondern noch hier einen Stier und noch

da

da einen anfällt, bis er mit müden Zähnen endlich auch den Kälbern drohet: eben so wüthet Atreus und schwellet vor Zorn. Er hålt das vom doppelten Morde blutige Eisen, vergißt was für ein schwaches Kind er zu durchstossen habe, und hohlt ⚫ weit von dem Körper aus. (*). Der Stahldrang in der Brust ein, und fuhr durch den Rücken heraus. Das Kind fiel, löschte mit seinem Blute das Feuer auf dem Altar, und starb an der zwiefachen Wunde.

Der Chor. Abscheuliche Lasterthat!

Der Erzehler. Ihr entfehet euch? Wenn er hier inne gehalten håtte; so wäre er noch fromm. & 4

(*) Die Worte heissen in dem Originale;
Ferrumque gemina cæde perfufuin tenens,
Oblitus in quem rueret, infesta manu
Exegit ultra corpus

Der

Alle Ausleger übergehen diese Stelle, und gleichwohl zweifle ich, ob sie von allen gehörig ist vers standen worden. Das exigere corpus ist mir un gemein verdächtig. Ich weis wohl, was bey dem Virgil exigere enfem per corpus heißt; allein ob schlechtweg exigere corpus eben dieses heissen könne, daran zweifle ich, und glaube nicht, daß man bey irgend einem Schriftsteller ein ähnliches Erempel finden werde. Ich erkühne mich daher, eine kleine Veränderung zu machen, und anstatt infefta manu zu lesen infeftain manum; so daß ultra, welches man vorher adverbialiter nehmen mußte, nunmehr zur Pråposition wird, die zu corpus gehöret. Was aber manum exigere heisse, und daß es gar wohl aushohlen heissen könne, wird man leicht einse hen. Vielleicht könnte auch die Bedeutung, da exigere versuchen, probiren heißt, hier zu Stats ten kommen.

Der Chor. Was kann noch verruchters in der Natur gefunden werden?

Der Erzebler. Ihr glaubt, es sey das Ende seines Verbrechens? Es ist nur eine Staffel desselben.

Der Chor. Aber was hat er weiter thun kön nen? Er hat vielleicht die Leichname den wilden Thieren zu zerreissen vorgeworfen, und ihnen den Holzstoß versagt.

das!

Der Erzehler. Wäre es doch nichts als Nunmehr folgt eine sehr gräßliche Beschreibung, die aber so eckel ist, daß ich meine Lesern damit verschonen will. Man fieht darinne, wie Atreus die todten Körper in Stücken zerhackt; wie er einen Theil derselben an die Spiesse gesteckt, und den andern in Kessel geworfen, um jene zu braten und diese zu kochen; wie das Feuer diesen grausamen Dienst verweigert, und wie traurig der fette Rauch davon in die Höhe gestiegen. Der Erzehler fügt endlich hinzu, daß Thyeft in der Trunkenheit wirklich von diesen abscheulichen Gerichten gegessen; daß ihm oft die Bissen in dem Schlunde stecken geblieben; daß sich die Sonne, obgleich zu spåt, darüber zurück gezogen; daß Thyest sein Unglück zwar noch nicht kenne, daß es ihm aber schwerlich lange verborgen bleiben werde.

Mehr hat der Erzehler nicht zu sagen. Er geht also wieder fort und die vorhin abgegangene Helfte des Chors tritt herein, ihren Gesang an

zustimmen. Er enthält lauter Verwunderung und Entseßen über das Zurückfliehen der Sonne. Sie wissen gar nicht, welcher Ursache' sie daffelbe zuschreiben sollen, und vermuthen nichts geringers, als daß die Riefen einen neuen Sturm auf den Himmel müßten gewagt haben, oder daß gar der Untergang der Welt nahe sey. Hieraus also, daß sie nicht wissen, daß die Sonne aus Abscheu über die Verbrechen des Atreus zurückgeflohen, ist es klar, daß sie ben der vorhergehenden Unterredung nicht können gegenwärtig gewesen seyn. Da aber doch allerdings der Chor eine unterredende Person dabey ist, so muß man entweder einen doppelten Chor annehmen, oder, wie ich gethan habe, ihn theilen. Es ist erstaunend, daß die Kunstrichter folcher Schwierigkeiten durchaus nicht mit einem Worte gedencken, und alles gethan zu haben glauben, wenn sie hier ein Wörtchen und da einen Umstand, mit Auskrahmung aller ihrer Gelehrsamkeit, erklären Vielleicht könte man auch sagen, daß der einzige Coryphaus nur mit dem Erzehler gesprochen, und daß ausser ihm der gange Chor abgegangen sene. Vielleicht könnte man sich dieserwegen unter an dern darauf berufen, daß der Erzehler selbst ihn als eine einzelne Person betrachtet und in der einfachen Zahl mit ihm spricht; als Zeile 746. Sceleris hunc finem putas? Kurz vorher redet er ihn zwar in der vielfachen Zahl

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