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Heberbleibsel hier, und Atreus siehet sich an seinem erwünschten Augenblicke.

Atreus. Halte deine våterlichen Umarmungen bereit! Hier find sie! (indem er sie ihm zeigt,) Erkennst du deine Söhne?

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Thyeft. Ich erkenne den Bruder! Erde! und so eine Schandthat konntest du auf dir dulden? Dieses ist der Anfang von den gräßlichsten Verwünschungen seines Bruders und seiner selbst. Das ich erkenne den Bruder ist ohne Zweifel ein Meisterzug, der alles auf einmal dencken läßt, was Thyeft hier kann empfunden haben. Er scheinet zwar etwas von einer spißigen Gegenrede an sich zu haben, aber gleichwohl muß seine Würckung in dem Munde des Schauspieles vortreflich gewesen seyn, wenn er das dazu gehörige starrende Erstaunen mit gnug Bitterkeit und Abscheu hat ausdrucken können. Es fehlt so viel, daß Atreus von den Verwünschungen seines Bruders follte gerührt werden, daß er ihn vielmehr auf die spöttischste Art unterbricht:

Atreus. Nimm sie doch lieber hin, die so lange begehrten Kinder. Dein Bruder verwehrt es dir nicht länger. ` Geniesse sie; küsse fie; theile unter alle drey die Zeichen deiner Liebe.

Thyest. War das der Bund? War das bie Aussöhnung? Ist das die brüderliche Treue? So legst du deinen Haß ab? Ich kann dich nun nicht bitten, mir meine Kinder unverlezt zu laf

sen;

H

sen; aber das muß ich dich bitten, ein Bruder den Bruder, was du mir, deinem Verbrechen, deinem Hasse unbeschadet, verstatten kanst. Erlaube mir, ihnen die lezte Pflicht zu erweisen. Gieb mir ihre Körper wieder, und du sollst sie sogleich auf dem Scheiterhaufen brennen sehen. Ich bitte dich um nichts, was ich besißen, sondern um etwas, was ich verlieren will.

Atreus. Was von deinen Söhnen übrig ist, follst du haben; was von ihnen nicht mehr übrig ist, das hast du schon.

Thyeft. Hast du sie den Vögeln zur Speise hinwerfen lassen? Oder werden sie zum Frasse für wilde Thiere gespart?

Atreus. Du selbst hast deine Söhne in ruchlosen Gerichten genossen.

Thyeft. Das war es, wovor sich die Götter entsezten! Das trieb den Tag in sein ostliches Thor zurück! In welche Klagen soll ich Elender ausbrechen? Welche Worte soll mein Schmerz wählen? Hier seh ich sie, die abgehauene Köpfe und die vom zerschmetterten Arme getrennten Hånde! Das war es, was dem hungrigen Vater nicht herab wollte! Wie welzet sich das Eingeweide in mir! Der verschlossene Greuel tobet und suchet einen Ausgang. Gib mir, Bruder, das von meinem Blute schon trunckene Schwerd, um mit dem Eisen meinen Kindern den Weg zu öfnen. Man versagt mir das Schwerd? So mag denn die hohle Bruft von

trau

traurigen Schlägen ertönen. Halt ein, Unglück licher! Verschone die Schatten. Wer hat der gleichen Abscheuligkeit gesehen? Welcher Genios che auf den rauhen Felsen des unwirthbaren Caus casus? Welcher Procruftes, das Schrecken der attischen Gegenden? Ich Vater drücke die Söhne, und die Söhne den Vater. So kann test du denn bey deinem Verbrechen keine Maaß?

Atreus. Maaß muß man in den Verbrechen halten, wenn man sie begehet, nicht aber wenn man sie rächet. Auch das ist mir noch zu geringe. Aus den Wunden selbst hätte ich das warme Blut in deinen Mund follen fliessen lassen, damit es aus ihren lebendigen Leibern in deinen gekommen wåre. Mein Zorn hat mich hintergangen. Ich war zu schnell; ich that nichts, als daß ich fie mit dem Stahle am Altare niederstieß, und die Hausgötter mit diesem ihnen gelobten Opfer verföhnete. Ich trennte die Glieder von den todten Körpern und hieb sie in kleine Stücken. Diefe warf ich in siedende Kessel, und jene ließ ich am Langsamen Feuer braten. Ich hörte sie an dem Spiesse zischen; ich wartete mit eigener Hand das Feuer. Alles dieses hätte ihr Vater weit besser thun können. Meine Rache ist falsch ausgeschlagen. Er hat mit ruchlosem Munde seine Kinder zermalmt; aber er wußte es nicht; aber fie wußten es nicht. Thyeft hebt hierauf neue Verwünschungen an, und alles was er von dem Beherrscher des Himmels bittet, ist dieses,

daß

daß er ihn mit dem Feuer feines Blißes verzeh ren möge. Auf diese einzige Art könne seinen Kindern der lehte Dienst, sie zu verbrennen, ers wiesen werden. Oder wenn keine Gottheit die Kuchlosen zerschmettern wolle, so wünscht er, daß wenigstens die Sonne niemals wieder zurückkehren, sondern eine ewige Nacht diese unmenschlichen Verbrechen bedecken möge.

» Atreus. Nun preise ich meine Hånde! Nun habe ich die Palme errungen! Meine Laster wa ren umsonst, wenn es dich nicht so schmerzte. Nun düncket mich, werden mir Kinder gebohren. Nun düncket mich, dem keuschen Ghebette die verlegte Treue wiedergegeben zu haben.

Thyest. Was hatten aber die Kinder- verbrochen?

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Atreus. Daß fie deine Kinder waren.
Thyeft. Dem Vater seine Söhne

Atreus. Ja, und was mich freuet, seine gewissen Söhne.

Thyeft. Euch ruf ich an, ihr Schußgötter der Frommen

Atreus. Warum nicht lieber die Schuß götter der Ehen?

Thyest. Wer vergilt Verbrechen mit Ver brechen?

Arreus. Ich weiß, worüber du klagst. Es schmerzt dich, daß ich die mit dem Verbrechen zuvorgekommen bin. Nicht das geht dir nahe, daß du diese gräßliche Mahlzeit genossen, sondern

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daß du sie nicht zubereitet. Du hattest im Sinne, deinen unwissenden Bruder gleiche Gerichte vor zusehen, und mit Hülfe der Mutter, meine Kinder. eines ähnlichen Todes sterben zu lassen; wenn du sie nur nicht für deine gehalten håttest.

Thyeft. Die Götter werden Rächer seyn; und diesen übergeben dich meine Wünsche zur Strafe.

Atreus. Und dich zu strafen, will ich deinen Kindern überlassen.

Beurtheilung des Thyest.

So schließt sich dieses schreckliche Trauerspiel, dessen blosser Inhalt, wenn er auch noch so trocken erzehlt wird, schon Entsehen erwecken muß. Die Fabel ist einfach, und ohne alle Episoden, von welchen die alten tragischen Dich ter überhaupt keine Freunde waren. Sie führe ten den Faden ihrer Handlung gerade aus, und verlieffen sich auf ihre Kunst, ohne viele Verwicklung, fünf Acte mit nichts zu füllen, als was nothwendig zu ihrem Zwecke gehörte.

Atreus will sich an seinem Bruder råchen; er macht einen Anschlag; der Anschlag gelingt, und Atreus råchet sich. Das ist es alle; aber bleibt deswegen irgendwo unsere Aufmerksamkeit müßig? Es ist wahr, der Alte macht wenig Scene; allein wer hat es uns denn befohlen, der felben in jedem Aufzuge so eine Menge zu ma chen? Wir strengen das Gedächtniß unserer Zuhörer oft auf eine übermäßige Art an; wir häufen

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