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In so hohem Grade für die lateinische Lektüre in der Prima unserer Gymnasien geeignet wie die Schrift de oratore ist Ciceros Brutus nicht. Die Bücher de oratore ragen sowohl um des Gegenstands willen, den sie behandeln, als durch den Reichtum ihres Inhalts, wie durch die Vollendung. der Darstellung und Sprache so sehr unter allen, in den Kreis der lateinischen Prosalektüre gehörigen Produkten des klassischen Altertums hervor, dafs ihnen kein anderes Werk in dieser Hinsicht den Rang streitig machen darf. Ausgezeichnet durch die künstlerische Anlage des Ganzen, wie durch ihre formelle Vollkommenheit überhaupt, bieten sie zugleich ein so treffliches Material für den Unterricht dar, fordern in dem Masse die rechte Kraftanstrengung, ernsten Fleifs und logisches Denken des Schülers, ohne doch zu schwierig für ihn zu sein, dafs sie unzweifelhaft einen nicht wohl zu erlassenden Teil des Lehrplans der obersten Gymnasialklasse bilden sollen. Mit dieser grundlegenden oratorischen Schrift kann sich daher auch, wie gesagt, der Brutus allerdings nicht messen. Gleichwohl verdient er doch zuzeiten in der Prima gelesen zu werden. Wie der Brutus selbst überall bei der Beurteilung der bedeutenderen römischen Redner eine Anwendung der in den Büchern de oratore festgestellten oratorischen Prinzipien ist: so erscheint es darum auch für die Schullektüre sehr zweckmässig, etwa jedesmal nach Absolvierung der Hauptschrift (de oratore), für einen kurzen Zeitraum den Brutus folgen zu lassen. Dazu ist doch auch sein litteraturgeschichtlicher Inhalt so lehrreich, die Charakteristik der Redner meist so treffend, die Komposition und Sprache so wohl überlegt und lebendig, dafs sich seine Lektüre auch in dieser Beziehung nicht wenig empfiehlt. Ja, um seines historischen Stoffes und der Originalität willen, die dem Römer gerade auf diesem Litteraturgebiete der oratorischen Prosa eigen ist, scheint der Brutus selbst noch den Vorzug vor den sog. philosophischen Schriften Ciceros zu verdienen, die doch vielfach nicht nur an grofser Breite leiden, sondern auch das Gepräge der Nachahmung oft sehr stark an sich tragen.

Wo sich aber Zeit und Raum zur Lektüre in der Schule nicht immer finden sollte, da wird Ciceros Brutus jedenfalls als ein sehr brauchbares Büchlein für die Privatlektüre der Schüler, wie aufserdem für ein sorgfältigeres Privatstudium angehender Philologen zu empfehlen sein.

Diesen Zwecken einer gründlichen Schul- und Privatlektüre zu dienen, ist nun eben die vorliegende neue Ausgabe des Brutus bestimmt, die hoffentlich auch neben O. Jahns verdienstvoller Arbeit (der ich selbst nicht wenig zu verdanken habe), um ihrer besonderen Eigentümlichkeiten und möglichst selbständigen Behandlung willen sich wird behaupten dürfen.

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Die Einrichtung des Kommentars ist ähnlich, wie in meiner Ausgabe von Cicero de oratore: die erklärenden indices schienen auch hier ganz zweckmässig. Dafs dabei der eine oder andere Artikel aus den indices zu de oratore mit herübergenommen ist, war unvermeidlich; doch ist bei weitem das meiste unter stetem Hinblick auf die Stellen im Brutus, zu deren Erklärung die indices bestimmt sind, wieder besonders bearbeitet.

Der Text ist einer genauen Revision unterworfen und, wie der kritische Anhang näher ausweist, nicht nur durch den Versuch einer Wiederherstellung der Schlufsworte, sondern auch durch die Emendation einer Anzahl anderer Stellen so viel als möglich berichtigt worden.

Hanau im März 1862.

K. W. Piderit.

Vorrede zur dritten Auflage.

Dem ersten Herausgeber dieses Buches standen bei der Bearbeitung der zweiten Auflage keine anderen Hilfsmittel als die in Zeitschriften und Programmen verstreuten Behandlungen einzelner Stellen des Brutus zu Gebote. Inzwischen haben, hauptsächlich durch Heerdegens Bearbeitung des Orator angeregt, eingehendere Untersuchungen über das handschriftliche Material zu den sogenannten fünf oratorischen Büchern Ciceros stattgefunden, die zum erstenmal für den Brutus durch Stangl in seiner Ausgabe verwertet wurden und dadurch Veranlassung zu einer neuen Fülle von Rezensionen und Besprechungen einer grofsen Anzahl von Stellen dieser Schrift gegeben haben. Dieselben sind, soweit sie mir bekannt geworden, für diese dritte Bearbeitung des Buches benutzt. Von dem handschriftlichen Material habe ich die Ottobon. Vatic. 1592 und 2057 selbst verglichen, die eingehendere Kenntnis aber von dem Florentinus I 1, 14 verdanke ich der mir auf meine Bitte bereitwilligst zur Verfügung gestellten Kollation Th. Stangls. Auf Grund nun dieses gesamten neuen, sowie des alten Apparats ist der Text von neuem bearbeitet und mehrfach geändert worden. Indessen hat die Eigenartigkeit der handschriftlichen Überlieferung gerade dieser Schrift Ciceros mich nicht selten veranlafst, bei der Vulgata oder, wo mir diese durchaus unhaltbar schien, bei Piderits Lesung stehen zu bleiben. Meine abweichende Ansicht habe ich dann im kritischen Anhang zu begründen versucht. Mancherlei Änderungen hat auch der Kommentar erfahren. Die Citate daselbst, sowie in den erklärenden indices sind bis auf einige wenige, wo mir die Quelle nicht zugänglich war, nachgeschlagen und nach Befund auf Grundlage besserer Ausgaben geändert worden.

Mühlhausen (Thüringen) im Juni 1889.

W. Friedrich.

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In der Trias der gröfseren oratorischen Schriften Ciceros, § 1. der von ihm selbst so benannten oratorii libri1), nimmt nach Stoff und Form, wie nach der Abfassungszeit sein Brutus die mittlere Stelle ein. Die drei Bücher de oratore, der Brutus und der Orator, die sämtlich der letzten Schriftsteller- Periode Ciceros (vom J. 56 bis 43 v. Ch.) angehören, bilden nämlich in dieser ihrer Aufeinanderfolge ein wohlgegliedertes Ganzes und können so gewissermassen als eine Art theoretisch-oratorischer Trilogie betrachtet werden. Natürlich ist das nicht so zu verstehen, als ob Cicero gleich von vornherein die drei Werke als eine solche Trilogie concipiert und danach Plan und Gang bis ins einzelnste festgestellt und im Geiste durchdacht habe; im Gegenteil, jedes der drei Werke ist ein besonderes Kunstwerk für sich, das nach Inhalt und Darstellung seine volle Selbständigkeit behauptet. Die Einheit der drei Teile besteht vielmehr zunächst nur in der Planmässigkeit, mit der Cicero an die grundlegende Schrift die beiden anderen angereiht hat.

Als Cicero nicht lange nach seiner Rückkehr aus dem Exil § 2. gewahr wurde, dafs sein politischer Einfluss gebrochen war und hinter der wachsenden Macht der beiden Gewalthaber Pompejus und Caesar zurücktreten musste, trieb es ihn, seinem Vaterlande auf andere Weise nützlich zu werden2): er erkannte es nun

1) de div. II 4 Cumque Aristoteles itemque Theophrastus, excellentes viri cum subtilitate, tum copia, cum philosophia dicendi etiam praecepta coniunxerint, nostri quoque oratorii libri in eundem librorum numerum referendi videntur. Ita tres erunt de oratore, quartus Brutus, quintus Orator.

2) de div. II 1 Quaerenti mihi multumque et diu cogitanti, quanam re possem prodesse quam plurimis, ne quando intermitterem consulere reipublicae, nulla maior

CIC. BRUT. 3. Aufl.

occurrebat, quam si optimarum
artium vias traderem meis civibus;
quod compluribus iam libris me
arbitror consecutum (durch den
Hortensius, die 4 Bücher Acade-
mica, die 5 Bücher de finibus bono-
rum et malorum, die 5 Bücher der
disputationes Tusculanae, die 3
Bücher de natura deorum, an die
sich dann die 2 Bücher de divina-
tione und die Schrift de fato an-
reihen; ferner durch die 6 Bücher
de republica, die Schriften de con-
solatione, de senectute oder den

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