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VORBEM. ZU D. REDEN D. LEPIDUS U. PHILIPPUS. 217

Schmähungen auf Sulla und dessen Anhang die Römer zum Kampfe gegen die der Sache nach noch bestehende unrechtmässige Gewalt des Gegners auffordert und sich zum Führer im Befreiungswerke erbietet. Bald darauf starb Sulla*), und Lepidus an der Spitze der Seinigen verweigerte ihm eine öffentliche Bestattung: aber er hatte sich dabei in der Hoffnung auf des Pompejus Beistand getäuscht; denn dieser lenkte zur rechten Zeit ein, und das feierliche Leichenbegängnis fand mit dem grössten Glanze statt, ohne dass schon bei dieser Gelegenheit, wie es anfänglich schien, der Bürgerkrieg zum Ausbruch kam. Nunmehr aber trat Lepidus mit seinen auf Abschaffung der wesentlichsten Einrichtungen Sullas gerichteten Gesetzesvorschlägen hervor: die Geächteten sollten ihre Rechte und Güter wieder erhalten, das einer Anzahl Städte entzogene Bürgerrecht ihnen von neuem zugesichert, die ehemaligen italischen Bundesgenossen in die fünfunddreissig Tribus aufgenommen und die volle Tribunengewalt hergestellt werden, die Richter sollten nicht mehr ausschliesslich Senatoren sein, und die Bestimmung, wonach ein Magistrat erst nach zehn Jahren wieder dasselbe Amt bekleiden dürfe, aufgehoben werden. Zur gewaltsamen Durchführung dieser Absichten wurden offenkundig alle möglichen Vorkehrungen getroffen. Mit den Geächteten und ihren Söhnen, mit den Bedeutenderen unter den marianisch gesinnten Männern überhaupt, endlich mit den zahlreichen Misvergnügten in Etrurien schlossen Lepidus und seine Anhänger enge Verbindungen. Dem allem gegenüber verhielt sich der Senat überaus schwach, obgleich Catulus und andere Optimaten zu entschiedenem Einschreiten riethen. Einer unter den gestellten Forderungen, welche die Getreidespenden betraf, gab man zum Theil nach, durch Gewährung einer beschränkten Erneuerung des sempronischen Getreidegesetzes (zu Cat. 33, 2 und Vorbem. zur Rede des Macer), an dessen Stelle zuvor ein den Staatsschatz weniger erschöpfendes getreten war. Damit war keine Partei zufrieden. Ja sogar, als in Etrurien der Kampf schon offen ausgebrochen war und unter anderem die aus ihrem Besitz verdrängten Faesulaner ihre alten Güter mit Gewalt wiedernahmen, verfuhr der Senat so überaus zweckwidrig, dass er die beiden Consuln eben dorthin sandte um Truppen auszuheben und den Aufstand zu unterdrücken, zugleich aber beide feierlich schwören liess (vgl. Or. Phil. 3 vatum carminibus) die ihnen anvertrauten Waffen nicht gegen einander zu kehren."

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*) S. Mommsen a. a. O. S. 24 ff.

Da nun Lepidus unverholen aussprach, er sei nur für die Zeit seines Amtsjahres an diesen Eid gebunden, und in Etrurien natürlich nicht für den Senat, sondern für sich und den Aufstand rüstete, so wurde ihm, um ihn zur Rückkehr zu nöthigen, die Leitung der Consularcomitien übertragen. Wenn er gehorchte, so musste er sich während seiner Anwesenheit in der Stadt aller nur auf dem imperium militare beruhenden Handlungen enthalten; durch Ungehorsam aber erhielt er sich nur unrechtmässig in dem Besitz der militärischen Vollgewalt. Lepidus zog das Letztere vor; er kam dem Auftrage nicht nach. Unter Verhandlungen, unter Hin- und Hersendung von Boten mit Vergleichsvorschlägen ging das Jahr zu Ende, während das Heer des Lepidus beträchtlich anwuchs. Nun erging im Anfang des nächsten Jahres 677 (77) an ihn von Rom aus, wo es inzwischen zum Interregnum gekommen war, der Befehl zur ungesäumten Rückkehr; diesem aber trat er mit offener Verweigerung des Gehorsams entgegen und berief sich dabei wahrscheinlich darauf, dass ihm früher von Seiten des Senats für sein Proconsulatsjahr die Provinz Gallia Narbonensis zuertheilt worden war, so dass er sich jetzt scheinbar im Recht befand, wenn er das Imperium nicht niederlegte; er forderte vielmehr seinerseits die Erneuerung der ehemaligen tribunicischen Gewalt und die Wiedereinsetzung der gewaltthätig Vertriebenen in ihr Bürgerrecht und ihr Eigenthum, überdies für sich die Wiederwahl zum Consul für das laufende Jahr, das heisst die Tyrannis in gesetzlicher Form. Damit war der Krieg erklärt." Bald befand er sich auch auf dem Marsch gegen Rom, um seine Forderungen mit Gewalt durchzusetzen. Da endlich fanden die Mahnungen der einsichtigeren Senatoren, darunter des L. Marcius Philippus - Cons. 663 (91) und fünf Jahre nachher Censor *) - beim Senate Gehör: durch Genehmigung seines Schlussantrags (Or. Phil. 22) wurde Lepidus für einen Feind des Vaterlandes erklärt und den damaligen Oberbefehlshabern mit dem Auftrag ihn zu verfolgen unbeschränkte Gewalt ertheilt. Es kam in der Nähe des Marsfeldes zur offenen Schlacht und der Feind wurde mit Leichtigkeit besiegt; Catulus besetzte Etrurien, Pompejus war inzwischen in das cisalpinische Gallien gezogen, wo er den M. Brutus (zu Or. Phil. 7) zur Uebergabe von Mutina zwang und dann, obgleich er ihm freien Abzug zugesichert hatte, in Regium Lepidi tödten liess. Gleiches Loos bereitete er nach der Einnahme von Alba

*) S. Mommsen a. a. 0. S. 8.

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(Pompeja) in Ligurien einem Sohne des Lepidus, dem Cornelius Scipio Aemilianus, und kehrte darauf nach Etrurien zurück. Von beiden Feldherrn zugleich wurde nun Lepidus bei der Küstenstadt Cosa nochmals angegriffen; gänzlich geschlagen entfloh er nach Sardinien. Dort starb er noch in demselben Jahre.

Ueber Philippus als Redner sagt Cicero (Brut. 47, 173) duobus igitur summis, Crasso et Antonio, L. Philippus proxumus accedebat, sed longo intervallo tamen proxumus; . erant ea in Philippo, quae, qui sine comparatione illorum spectaret, satis magna diceret: summa libertas in oratione, multae facetiae; satis creber in reperiendis, solutus in explicandis sententiis; erat etiam in primis, ut temporibus illis, Graecis doctrinis institutus, in altercando cum aliquo aculeo et maledicto facetus. (Derselbe handelt von ihm u. a. noch ebend. 50, 186; de orat. 2, 78; 3, 1.)

EX C. SALLUSTI CRISPI HISTORIARUM

LIBRO PRIMO

ORATIO M. AEMILI LEPIDI CONSULIS

AD POPULUM ROMANUM.

(Hist. fragm. 1, 45 (49 k. A.) Kr. 1, 41 D.)

Clementia et probitas vostra, Quirites, quibus per ceteras gentis maxumi et clari estis, plurumum timoris mihi faciunt advorsum tyrannidem L. Sullae, ne, quae ipsi nefanda existumatis, ea parum credundo de aliis circumveniamini - praesertim cum illi spes omnis in scelere atque perfidia sit neque se aliter tutum putet, quam si peior atque intestabilior metu vostro fuerit, quo captis libertatis curam miseria eximat aut, si provideritis, 2 in vitandis periculis magis quam ulciscundo teneamini. Satellites

1. advorsum: zu Iug. 105, 4. ne, quae ipsi etc.: Der Redner fürchtet zweierlei: einmal, mit Bezugnahme auf probitas, die Scheu der Braven, Anderen Böses zuzutrauen und in deren Folge ihre Unvorsichtigkeit und zu geringe Besorgnis, oder im anderen Falle, in Bezug auf clementia, ihre Unlust thätige Rache zu üben.

praesertim etc. Durch das in der Parenthese Gesagte wird das circumvenire um so wahrscheinlicher.

intestabilior: zu lug. 67, 3.

metu vostro ist Abl. instrum., und zwar betont (vgl. zu lug. 110, 7); denn die Furcht des eingeschüchterten Volkes wird als das Mittel dargestellt, mit dessen Hülfe Sulla auch fernerhin, um sich zu sichern, zu immer grösserer Schlechtigkeit fortschreiten werde. - Zum

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ganzen Gedanken vergl. § 6; Or. Macr. 13 omnis iniuria gravitate tutior est; Iug. 31, 14.

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quo captis etc.: quo (metu) capiamini, captis etc. Zu captis vgl. § 20; Iug. 85, 6; das Subj. des Satzes ist miseria.

in vilandis etc.: Wegen der Praepos. in ist zu merken, dass teneri in al. re facienda heisst ,, in den Grenzen einer Handlung gehalten werden, sich halten lassen, bleiben", aber ten. al. re facienda (wie ira, studio, lubidine, satietate teneri, vgl. Iug. 3, 4; 31, 20 „von etwas ergriffen, erfüllt sein") „mit einer Handlung anhaltend beschäftigt sein." Also ist, auch abgesehen von der Bedeutung der Verba vitare u. ulcisci, durch jene Constr. ein leidendes Verhalten des Volkes, durch diese ein beharrlich thätiges angedeutet.

EX C. SALLUSTI CRISPI HIST. L. I. OR. M. AEMILI LEPIDI. 221

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quidem eius, homines maxumi nominis optumis maiorum exemplis, nequeo satis mirari, qui dominationis in vos servitium suum mercedem dant et utrumque per iniuriam malunt quam optumo iure liberi agere; praeclara Brutorum atque Aemiliorum et Luta- 3 tiorum proles, geniti ad ea, quae maiores virtute peperere, subvortunda. Nam quid a Pyrrho Hannibale Philippoque et Antio- 4 cho defensum est aliud quam libertas et suae cuique sedes, neu cui nisi legibus pareremus? Quae cuncta scaevus iste Romulus 5 quasi ab externis rapta tenet, non tot exercituum clade neque consulum et aliorum principum, quos fortuna belli consumpserat, satiatus, sed tum crudelior, cum plerosque secundae res in miserationem ex ira vortunt. Quin solus omnium post memo- 6 riam humani generis supplicia in post futuros composuit, quis prius iniuria quam vita certa esset; pravissumeque per sceleris inmanitatem adhuc tutus fuit, dum vos metu gravioris serviti a repetunda libertate terremini. Agundum atque obviam eundum 7 est, Quirites, ne spolia vostra penès illos sint; non prolatandum neque votis paranda auxilia: nisi forte speratis taedium iam aut pudorem tyrannidis Sullae esse, et eum per scelus occupata pe

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