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dreimal dasselbe vor uns, in gleicher gestalt, nicht verschieden bis auf das äufsere gewand, das hin und wider verschoben ist. wo stärkere änderungen vorgenommen, scenen umgestellt oder durch andere ersetzt sind, lässt die druckeinrichtung erst recht im stich. wenn in den drei spalten dreierlei ganz verschiedene scenen, ohne dass sie in den typen sich von einander unterscheiden, vor uns stehen, werden wir völlig verwirrt. das auge findet überhaupt in der äufseren gestalt des druckes gar keine unterstützung: alles ist so unübersichtlich wie möglich. es hätten durchaus verschiedenartige typen, einklammerungen, einrückungen usw. angewendet werden müssen. ich möchte den sehen, der es auf sich nähme, durch diesen dreifachen Götz sich hindurchzuwinden: mir ist jedesfalls, wo und so oft ich auch anfieng zu lesen, in höchstem grade übel zu mut geworden ob des unentrinnbaren dreierlei, das alle sinne förmlich einschnürt und lähmt. schon das doppeltsehen ist eine unangenehme empfindung, aber in nüchternem zustande dreifach sehen zu müssen ist um vieles widerwärtiger.

Wer an den verschiedenen Götzbearbeitungen die entwickelung Goethes kennen lernen will, dem ist durch den hübschen aufsatz von Sauer über die zwei ältesten fassungen in den Studien zur Goethe-philologie 117 ff und Brahms vergleichung der bühnenbearbeitung (Goethe-jahrbuch п 190) ganz ausreichend gedient. wen die geschichte der sprache Goethes interessiert, für den ist vor allem wichtig der abdruck der zweiten bearbeitung in der ersten gesammtausgabe von 1787 (Goethes schriften bei Göschen. 2 bd.), dessen erhebliche abweichungen von dem ersten druck des 'schauspiels' die vorliegende ausgabe nur in den varianten anmerkt.

Das vorwort gibt im anschluss an Sauers bemerkungen (aao. s. 117-120) auskunft über die drucke und handschriften des stücks, teilt den theaterzettel zur ersten Weimarer aufführung der bühnenbearbeitung mit und nochmals die bruchstücke des zweiteiligen Götz vom jahre 1819, die bereits zweimal veröffentlicht waren.

So viel ich bei der ersten prüfung sehen konnte, ist der herausgeber sehr sorgfältig gewesen und sind seine abdrücke zuverlässig. eingehendere beschäftigung mit denselben, wozu ich in der nächsten zeit anlass genug habe, wird hoffentlich dies urteil bestätigen.

Eine kritische ausgabe des Götz, der durch die vorliegende 'dreifache' der markt verdorben ist, wäre sehr zu wünschen. soll sie rein wissenschaftlichen zwecken dienen, so müste sie die erste fassung und zwar entweder die geschichte' nach der originalhandschrift oder das 'schauspiel' nach der ersten ausgabe bringen, aus den übrigen bearbeitungen müsten die abweichungen in der form von varianten unter dem text chronologisch geordnet verA. F. D. A. IX.

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einigt werden. so erhielte man eine würkliche geschichte de dramas. will man aber auf ein gröfseres publicum rechnen, das naivere interessen hat und dem in erster reihe die freude an dem vollendeten kunstwerk steht, wie es aus der feilenden hand des dichters zuletzt hervorgegangen, so muss man von der letzten erreichbaren bearbeitung des dichters ausgehen db. von der fas sung, die Goethe in der ausgabe letzter hand dem vulgärtexte von 1787 gegeben hat, wobei nur das ausgeschieden werden muss, was einer philologischen untersuchung als nicht von Goethe herrührend sich erweist: die varianten haben dann rückwärts alle früheren ausgaben zu verfolgen. hätte der herausgeber seine kräfte und seinen fleifs, mit denen er unserer wissenschaft widerholt schätzenswerte dienste geleistet hat, einer dieser beiden aufgaben gewidmet, wie viel dankbarer wären wir alle ihm gewesen! so ist zu bedauern dass er zeit und arbeit an ein nichtiges werk verschwendet hat.

Berlin, den 19 februar 1883.

KONRAD BURDACH.

Die religionen der europäischen culturvölker, der Litauer, Slaven, Germanen, Griechen und Römer, in ihrem geschichtlichen ursprunge. von JULIS LIPPERT. Berlin, Theod. Hofmann, 1881. xvi und 466 ss. 8°. .8 m. Christentum, volksglaube und volksbrauch. geschichtliche entwicklung ihres vorstellungsinhaltes. von JULIUS LIPPERT. Berlin, Theod, Hofmann, 1882. XVI und 696 ss. 8°. 10 m.

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In den beiden vorstehenden büchern, wie in einem dritten früheren werke Der seelencult in seinen beziehungen zur althebräischen religion, will der verfasser den seelencult als die aufserste wurzel der religion nachweisen, während er in der aus der naturbetrachtung hervorgehenden mythenbildung etwas viel späteres erkennt. damit der leser dies ganz begreife, wird er ersucht, alle drei genannten werke als ein ganzes anzusehen. obgleich ich nun bekennen muss dass ich Lipperts erstes werk nicht gelesen, und obgleich ich von den beiden anderen, die ich übrigens von anfang an bis zu ende durchstudiert habe, hier nur die das deutsche altertum betreffenden abschnitte zu besprechen beabsichtige, so glaube ich doch durch diese beschränkung meinen überblick über die gedankengänge des verf.s in keiner weise zu beeinträchtigen. denn seit mehreren jabren bewege ich mich in demselben forschungskreise. auch ich glaube in dem seelencult schon vor längerer zeit den ausgangspunct der religionen erkannt zu haben; wenn ich auch, um es 50gleich zu sagen, von diesem puncte aus zu wesentlich anderen zielen gelangt bin als Lippert. auch war ich mir nicht, wie der

verf., der völligen neuheit dieser anschauung bewust, war sie doch schon von Giamb. Vico, der ebenso sinnig wie unphilologisch die humanitas direct von humare, dem anfang des totencultes, ableitet, im vorigen jahrhundert verkündet worden; und seitdem Theodor Waitz und Adolf Bastian vor ein par jahrzehnten ihre ethnologischen schätze ausgebreitet, haben mehrere bedeutende englische forscher, wie ETylor in seiner Primitive culture und HSpencer in seiner Sociology, dieselben benutzt, um den seelencult als die urreligion der menschen und auch dessen fortleben selbst unter den gebildeten völkern der gegenwart darzulegen. Tylor ist der vor- und umsichtigere und steigt von dem totencult vermittelst des 'animismus' zur mythenbildung empor, während der schroffere Spencer schliefslich dem euhemerismus verfällt. L. steht zwischen beiden etwa in der mitte. bei der deutung der den höheren göttern beigelegten eigenschaften neigt er stark dem Spencerschen euhemerismus zu, im übrigen hält er sich an Tylors grundanschauungen, zu denen auch die compatibilität und die survivals gehören, die L. rudimente nennt. ich kann demgemäfs die L.sche anschauung, die er seine theorie, seine grundhypothese nennt, nicht neu und ihm eigentümlich finden, insbesondere nicht, soweit sie mir richtig erscheint; es hat mich hingegen sehr überrascht dass in dem ersten zu besprechenden buche Tylor nur einmal und noch dazu als Taylor, im zweiten nirgends erwähnt wird. auf dem gebiet der europäischen mythologie neu und leider auch meist verkehrt ist sie. nur in so fern, als sich ihr auch die höheren götter beugen sollen, relativ neu mag sie auch, als die mehr ethnologische ansicht, gegenüber der rein philologischen, die noch die herschende ist, genannt werden.

Die mängel und vorzüge der L.schen forschung zeigen sich in den beiden oben genannten werken nicht ganz gleichmässig; das zweite verrät eine eindringlichere sachkenntnis, zb. in der deutschen sagenlitteratur, und verirrt sich nicht, da es sich auf volkstümlichen brauch und glauben beschränkt, in die mythenund götterdeutung, wie das erste. wenn wir unser urteil nur aus einzelnen partien dieser bücher belegen, so hat das den oben angeführten grund. diese partien bilden im ersten werke (Religionen) die erste hälfte s. 1-243, in welcher nach einer einleitung über das wesen des seelencults der lebens- und vorstellungskreis und dann die religion der Litauer, Slaven und Germanen behandelt wird, während die zweite hälfte (s. 244-488) den Griechen und Römern gewidmet ist. von dem zweiten werke (Christentum) entzieht sich dagegen der erste teil (s. 1-376): 'das christentum in seiner verwandtschaft mit den vorchristlichen cultvorstellungen' der kritik dieses blattes, die sich widerum mit dem zweiten teile (s. 377-685) 'unser volksglaube und volksbrauch' zu beschäftigen hat.

Der erste hauptvorwurf, den wir L. machen müssen, trifft nach dem schon gesagten mehr die Religionen als das Christentum, nämlich der der einseitigkeit. auch L. hat der fluch der meisten mythologen ereilt, die sucht, aus einem einzigen lieblingsmotiv wo möglich alle haupterscheinungen heidnischer religion abzuleiten und zu erklären. in der theorie zwar bestreitet er nicht die mitwürkung 'kosmologischer und kosmogonischer speculation', in der praxis aber trägt er ihr nicht im mindesten rechnung. er kann sich nicht genügend rechtfertigen durch die erklärung, dass er nur die älteren begriffsbildungen im seelencult, nicht dagegen den geltungsbereich und historischen wert jener höheren systeme nachzuweisen beabsichtige, wenn er gegebenen falls den bestand der letzteren gänzlich läugnet und die alleinherschaft des seelen-, bez. ahnencultes auch für die historische zeit der Litauer, Slaven und Germanen proclamiert. bei den letzteren ist ihm zu folge zu Tacitus zeit keine spur eines fetisches des himmels oder der sonne oder des donners zu entdecken. auch wenn man den ausdruck fetisch', der doch wol besser auf diejenigen von einem geist bewohnt gedachten dinge, die innerhalb der machtsphäre des menschen liegen, beschränkt bleibt, passieren lässt, enthält dieser satz eine vollständige verkennung des damaligen standes des germanischen glaubens. die von Caesar und Tacitus vorgeführte götterreihe schmettert der verf. nieder, indem er behauptet, die von jenem genannten gottheiten seien aus der falschen voraussetzung heraus den Germanen gegeben, dass diese eine 'naturreligion' haben müsten, weil sie noch nicht, wie die gebildeten Römer, zum verständnis einer übersinnlichen gottheit gelangt sein könnten. wie mit den taciteischen umgegangen wird, darüber wird uns weiter unten ein beispiel belehren. ich erspare mir hier den billigen gegenbeweis jener behauptung aus rücksicht auf den raum, die geduld der leser und auf Jakob Grimm, der meines erachtens schon vor einem halben jahrhundert denselben vollständig geliefert hat. ich will hier nur auf zwei puncte hinweisen, die den verf. vielleicht besser überzeugen, da sie ganz innerhalb seines lieblingsgedankenkreises liegen. unter jenen fetischen vermissen wir den wind oder sturm. warum? L. benutzt ja hier und da die vorstellung der seele als geist oder atem, aber eine andere von der seele als blut beschäftigt ihn weit mehr. nun mag die letztere für die erklärung mancher cultgebräuche die wichtigere sein, in der ersteren aber steckt weit mehr mythenbildende kraft. hätte L. nun berücksichtigt dass die winde als hauche der menschenseele von den verschiedensten völkern der erde aufgefasst wurden, so hätte er wenigstens einen übergang von den seelen zu den windgeistern und göttern dh. naturgottheiten gefunden und er würde unsern armen Wodan, den taciteischen Mercurius, der in unserer zeit schon so vieles sich hat gefallen lassen müssen, nicht zum blofsen

schutzgeist der viehpflege und des rinderdiebstahls herabgesetzt 2 haben. nebenbei bemerkt, auch des verstorbenen Mannhardts so gediegene Wald- und feldculte würden eine festere grundlage gewonnen haben, wenn er erkannt hätte dass die windgeister des waldes und feldes aus den seelen hervorgegangen sind, während er das umgekehrte annimmt. weiter erinnern wir den verf. an seine unsers bedünkens richtige behauptung Rel. s. 89: 'dreibis vierhundert jahre der sesshaftigkeit und geschichtsbildung reichten (bei den Slaven) nicht aus zur schaffung einer mythologie, sie konnten zur not die sagenstoffe (?) liefern.' nun aber steht es fest dass die germanische heldensage bereits um 600 n. Chr. im grofsen ganzen fertig war: die Germanen hätten also seit Tacitus zeit in etwa fünfhundert jahren nicht nur eine vollständige mythologie, sondern auch eine der gewaltigsten heldensagen zum abschluss bringen können! die Nibelungensage zb. rechnet doch auch L. zu den eigentlich deutschen, nicht zu den arischen ursagen und nennt sie eine halbgeschichtliche (Rel. s. 215), also doch wol halbmythische sage. welch ein feines verständnis des inhalts derselben er aber besitzt, das lässt die behauptung s. 144 (vgl. Christent. s. 497) ahnen, dass alle drachenkampfgeschichten von Siegfried, Beowulf bis Sanct Georg nur auf raub von gräbern zurückgehen, deren von der seele in drachengestalt behütete schätze der held gewinnen wolle. wir werden an die geistvollen deuter des Nibelungenhortes erinnert, die in demselben die ergibigen Rheinzölle oder den besonders im geräucherten zustande so goldigen lachs erkannten.

Zu dieser einseitigkeit der auffassung gesellt sich als zweiter fehler eine durchaus ungenügende sprachkenntnis, ohne welche die hier so häufig nötige namen deutung, geschweige denn eine philologische kritik unmöglich ist. dies muss um so stärker hervorgehoben werden, als der verf. sich nicht scheut, an mehreren stellen die ernste arbeit wissenschaftlicher etymologie zu verspotten, während er selber sich durch blofse gleichklänge teuschen lässt. ein beispiel genüge! Rel. s. 359: 'gegen eine einfache zusammenstellung von news und ga (Hera) wie Frò und Frea sträubt sich noch die etymologie, die sich wunderbarer weise gegen die ableitung von skr. svar, zend. hvar und lat. sol nicht sträubt.'. der verf. befindet sich also in gleicher lage mit denjenigen leuten, die noch heute die Kopernikanische weltanschauung wunderbar finden. vor der mystik der sanskritwurzeln sich bekreuzigend, geht er auf eigenem 'realistischen' wege den wörtern zu leibe. aus dem von ihm angelegten garten neuer etymologien hebe ich nur ein besonders üppiges unkraut heraus, 'wüste häupter schüttelnd und tausendfältigen samen um sich streuend.' man lese Rel. s. 124: 'wer ist nun Tuisco? was immer vielleicht sonst noch, sicher nach jener (des Tacitus) zusammenstellung auch des Mannus gott. nach Zeufs (s. 72), Grimm ua. sei richtig Tiusco

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