behrliches wegzuschneiden. Zu lange Inhaltsangaben konnten zusammen-
gedrängt, zu breite Ausführlichkeit beschränkt werden; von alter Literatur
durfte manches schwinden und auch der neuen gegenüber Zurückhaltung
geübt werden; rein kritische Arbeiten und Besprechungen einzelner Stellen
mochten noch mehr wie bisher zurücktreten; es war unnötig, alle die Caesar-
und Ciceroausgaben in usum scholarum zu buchen. Auch ein konsequent
durchgeführtes Abkürzungs- und Verweisungssystem vermochte viele Seiten
zu ersparen. So ist es in der Tat gelungen, trotz allen Zuwachses den
letzten Bestand um mehrere hundert Seiten zu kürzen und den Umfang
eines Bandes nicht zu überschreiten. Manchem wird wohl auch jetzt
noch manches überflüssig erscheinen, ein Reichtum ohne rechten Nutzen.
Aber Auswahl ist immer subjektiv, und nicht immer ist die Hälfte mehr
als das Ganze. Wichtiges wird, wie ich hoffe, nicht fehlen. Wenn bei
mancher Arbeit des Auslandes, zumal wenn sie als selbständiges Buch er-
schienen ist, ich mich auf Anzeigen und Besprechungen von fremder Feder
habe verlassen müssen, so wird man das der Not der Zeit zugute halten.
Heute versagen auch die Bibliotheken von Berlin und München, im ganzen
so dankenswerte Helfer, nicht selten.
Was ich geändert habe am alten Text, mag ich nicht aufzählen; daß
es nicht wenig ist, wird man sehen. Jetzt wo ich den Band vollendet vor
mir sehe, frage ich mich, ob ich nicht noch mehr hätte umgestalten sollen.
Aber der Bearbeiter eines fremden Werkes, das des alten Verfassers Namen
auch fernerhin tragen soll, steht immer zwischen dem Gefühl der Pietät zu
dem früheren Verfasser, dem er in der Tat so viel verdankt, und den Neu-
forderungen der Wissenschaft. Wo diese jetzt ein klares Nein dem Frühern
entgegensetzte, ist dies gefallen und geändert. Aber in den zahllosen
Punkten, wo die Entscheidung unsicher ist und nur die Vermutung herrscht,
heute diese und morgen jene, habe ich oft dem Vorgänger die Ehre nicht
nur des ersten, sondern auch des endgültigen Wortes gelassen und nur stets
das neue Material oder vielleicht richtiger gesagt, da es an diesem nur zu
sehr gebricht, die materiallosen Hypothesen angereiht. Wer mit Ciceros
philosophischen Schriften sich abgibt, weiß, in welchen Wirbel der Meinungen
man geraten und auch sich verlieren kann. Schanz hat, mit fast blinden
Augen, ausgezeichnete Rundschau gehalten über ein Gebiet, wo Wüsteneien
und Dickichte häufiger sind als Gärten und Oasen. Eine große Sachkenntnis
und feines Gefühl hat ihn das Richtige und Wahrscheinliche oft erfassen
lassen. Der Nachfolger hat das Recht, auch konservativ zu sein.
Würzburg im August 1927