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Siebenter Abschnitt.

Untergang der Libera Civitas; Jus Gentium; Jureconsulti.

Das der Civitas Entfremdet werden steht mit der Abnahme der Prodigia, und mit dem Glauben daran denn Beides fällt zusammen

in der genauesten Verbindung." Als das saeculum Hetruscum seinem Ende nahete, da mussten nothwendig auch die Prodigia, welche grade den Schluss desselben ankündigten, nebst ihren Quellen, allmählig versiegen 44). Wiewohl man nun heut zu Tage diesen Prodigia entweder, als einer Art von Mährchen, alle historische Glaubwürdigkeit gradezu absprechen zu können vermeint, oder derselben nur in sofern Erwäh

44) Cfr. Haruspices, scripsit Dr. Petrus Fraudsen, Danus. Berolin. 1823. pag. 10. et 11.

nung thut, um zu zeigen, wie weit die Frechheit ihrer Fabricanten, der Priester, die man denn schlechthin Betrüger nennt, gereicht habe, so bleibt dennoch so viel gewiss, dass man durch Livius, der doch von allen Schriftstellern das Hauptsächlichste über diese Prodigia enthält, zu einem solchen Räsonnement auch nicht die mindeste Veranlassung erhält. Betrüger wären jene cives, die gröfsten in der Civitas, gewesen? Aber enthält das nicht eine atrox, unverantwortliche und straffällige iniuria, wenn man, ohne zu untersuchen, quo animo ein Mensch gehandelt habe 45), leidenschaftlich und einseitig den Blick auf seine Handlung richtend, dieselbe einen Betrug nennt? Was überdies das Leugnen der Prodigia als historischer facta anbelangt, so liegt davon der Grund in etwas Aehnlichem, womit, wenn der Geschichtschreiber die Thaten berichtet von Männern, »welche die Erde verän

45) Man vergleiche hier: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft von Dr. G. H. Schubert. Dresden 1818. pag. 378 seqq. und Octavius oder des M. Minucius Felix Apologie des Christenthums, übersetzt und mit Einleitung und Anmerkungen versehen vom Rector J. G. Rufswurm, Hamburg 1824. p. 66. u. 67.

derten, ohne von ihr verändert zu werden, « derselbe überhaupt zu kämpfen hat. Der Leser solcher Geschichte wird den Theil dieser Thaten, von welchen das Nachthun ihm eben nicht unmöglich erscheint, gern annehmen, alles Uebrige aber, was hierüber hinausgeht, für falsch, für ein Mährchen halten. Das mehr oder weniger Fürwahrhalten hängt dann von dem mehr oder weniger Annehmen, und letzteres von der Stufe ab, auf welchem die respectiven Leser, höher oder niedriger, sich befinden 46).

Das jetzige Römische Recht 47) entstand erst zu der Zeit, als die cives der Civitas gänzlich entfremdet waren, als es deshalb keine Civitas mehr gab, es entstand erst nach dem Falle der Civitas. Dieselbe hatte in ihrem ius in dem

46) » Ubi de magna virtute et gloria bonorum memores, quae sibi quisque facilia factu putat, aequo animo accipit; supra ea, veluti ficta, pro falsis ducit.« Sallustius, Coniur. Catil. Prooemium.

47) d. h. das Römische Recht, so wie dasselbe im Corpus iuris enthalten ist: denn das Römische Recht, welches wir das unsrige nennen, enthält, was kaum einer Erinnerung bedarf, nur ein Aggregat von Folgerungen aus den concreten Entscheidungen der Pandecten, des Codex u. s. w. u. s. w.

ius civitatis einen Grund der Einheit, welcher sich auf alles Civile und auf alle cives erstreckte, von welchem jedwede Mannigfaltigkeit abgeleitet, auf welchen dieselbe zurückgeführt werden konnte. Dieser einigende Grund sank, und Alles wurde zerstreut: das hohe Ziel ward den Augen entrückt, und aus dem Wettrennen ward ein Wettkampf.

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Die überall durchgreifende Wahrheit, welche nicht allein auf die Menschen, sondern auch auf den Menschen passt, dass, je ferner die Menschen von Etwas stehen, das, es heisse, wie es wolle, fähig ist, das Verschiedenartige auf eine Einheit, als den Grund desselben, zurückzuführen, desto mannigfaltiger sie unter sich selbst sich vermannigfaltigen, findet auch hier ihre Anwendung. Je weiter die Römer von der Civitas abkamen, desto individueller musste der Lebenskeim, welchen aufzunehmen und zu entfalten die Civitas nicht mehr die Kraft, nicht mehr die Fruchtbarkeit hatte, in den getrennten Individuen selbst aufkeimen, in den verschiedenartigsten Formen sich vereinzelnd. So bewährt sich wiederum die Wahrheit des §. 5. Instit. de iure personarum : >>In servorum conditione nulla est differentia. In liberis multae differentiae sunt.«< Wo es

aber keine Differenzen giebt, da sind auch keine auszugleichen, da bedarf es keiner Jureconsulti.

Das ältere ius gentium 48), welches (vergl.

48) Die Benennung ius gentium gehört zu denjenigen Worten, welche zu Lebzeiten der römischen Sprache selbst ihre Bedeutung wechselten. Dahin gehört z. B. auch das Wort Plebs. Denn die Romana plebs, welche Tacitus als seine Zeitgenossenschaft schildert: »Homines stercore nati, lutoque compositi, « ist doch eine ganz andere als diejenige Plebs, zu welcher die Decii sich zählten, oder diejenige, welche die Lex XII Tabb. bewirkte. So rücken die Zeiten im steten Wechsel fort; aber unbeweglich bleiben die Worte stehen, wiewohl sie es nicht sollten. Ein eben so grofser Uebelstand entsteht der Wissenschaft, die in der Form einer lebenden Sprache sich ausspricht, wiederum aus der Beweglichkeit dieser lebenden Worte. Denn es hält unendlich schwer im täglichen Treiben des Lebens, es zu einer Bestimmung nur der Zeichen desselben, d. h. der Worte, zu bringen. Es hält dies eben so schwer, als es einem Zeichner werden dürfte, das Bild des wellenbewegten Meeres aus einem Ueberblicke zu entwerfen. Doch die Beweglichkeit der Worte, als Bilder von Vorstellungen, zeugt von der Lebendigkeit dieser Vorstellungen selbst. Diese also ein für allemal zu bestimmen, das wäre die eigentliche Aufgabe; indem dieselben aber bestimmt würden, möchten sie erstarren, und den Wellen gleichen, welche, bei rasch eintretendem

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