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EX C. SALLUSTI CRISPI HIST. L. III. OR. C. LIC. MACRI. 255

Itaque omnes concessere iam in paucorum dominationem, qui 6 per militare nomen aerarium exercitus regna provincias occupavere et arcem habent ex spoliis vostris, cum interim more pecorum vos multitudo singulis habendos fruendosque praebetis, exuti omnibus, quae maiores reliquere: nisi quia vobismet ipsi per suffragia, ut praesides olim, nunc dominos destinatis. Itaque 7 concessere illuc omnes: at mox, si vostra receperitis, ad vos plerique: raris enim animus est ad ea, quae placent, defendunda; ceteri validiorum sunt. An dubium habetis, num officere quid 8 vobis uno animo pergentibus possit, quos languidos socordisque pertimuere? nisi forte C. Cotta, ex factione media consul, aliter quam metu iura quaedam tribunis plebis restituit; et, quamquam L. Sicinius primus de potestate tribunicia loqui ausus mussantibus vobis circumventus erat, tamen prius illi invidiam metuere,

6. concessere etc.: vgl. Cat. 20, 7. per mil. nomen: vgl. wegen per zu Cat. 51, 36; wegen nomen Cat. 38, 3 und zu Cat. 35, 4. Zum ganzen Gedanken vgl. Iug. 41, 7. spoliis: zu Or. Lep. 7.

multitudo singulis: nachdrucksvoller Zusatz, und zwar multitudo zu dem in praebetis liegenden Subjekt; grammatisch ähnlich mit dem oft ebenso eingeschobenen quisque. habendos zu lug. 2, 3. fruendos: auszubeuten' (Kritz).

nisi quia etc.: dem vorhergehenden in der Ohnmacht (exuti etc.) liegenden Grunde der Unterwürfigkeit wird ironisch ein zweiter gegenübergestellt, mit dem Sinne ihr müfstet denn deshalb euch in ihre Hände geben, weil ihr selbst durch eure Wahl sie zu euren Herren macht' d. i. 'ihr müfstet denn darin, dafs ihr selbst die freie Wahl eurer Herren habt, so grofse Befriedigung finden, dass ihr euch ihnen gern und bereitwillig in die Hände gebt.'

7. itaque concessere etc.: nimmt den in 6 ebenso beginnenden Gedanken von neuem wieder auf, aber nicht, um, wie dort, dem Volk seinen selbstverschuldeten elenden Zustand zu Gemüte zu führen, sondern um dasselbe zu ermutigen; daher nun at mox etc.

plerique: suppl. concedent. Der Grund dieses willenlosen Schwankens liegt im Folgenden.

raris enim etc.: der Sinn der allgemeinen Sentenz ist: mutige Verfechter ihrer Ansicht finden sich immer nur einzeln hier und da; die Übrigen folgen dem jedesmal Stärkeren.

8. uno animo pergentibus: Gegensatz languidos socordisque.

nisi forte etc.: der Sinn: denn einen andern Grund als Furcht hat doch C. Cotta gewifs nicht gehabt

u. S. W.

C. Cotta etc.: vgl. die Vorbemerkungen zur Rede des Cotta S. 236.

ex factione media: mitten aus der Partei heraus' d. i. 'recht eigentlich zur Partei gehörig'; vgl. Cic. Phil. 5, 12, 32 alteri sunt e mediis C. Caesaris partibus.

et: setzt, ohne Ironie, den Gedanken im Vorherg. mit bestätigender Kraft fort: 'und in der That.'

L. Sicinius: der Vorname ist unsicher; Cic. Brut. 60, 216 Cn. Sicinius, homo inpurus, sed admodum ridiculus: neque aliud in eo oratoris simile quicquam. Zur Sache vgl. hier und weiter die Vorbemerkungen.

mussantibus: wie Or. Phil. 3. tamen etc.: obgleich damals die

quam vos iniuriae pertaesum est. Quod ego nequeo satis mirari, 9 Quirites; nam spem frustra fuisse intellexistis. Sulla mortuo, qui scelestum inposuerat servitium, finem mali credebatis: ortus est 10 longe saevior Catulus. Tumultus intercessit Bruto et Mamerco consulibus; dein C. Curio ad exitium usque insontis tribuni do11 minatus est; Lucullus superiore anno quantis animis ierit in L. Quintium, vidistis; quantae denique nunc mihi turbae concitantur! Quae profecto in cassum agebantur, si prius quam vos serviundi finem, illi dominationis facturi erant: praesertim cum his civilibus armis dicta alia, sed certatum [utrimque] de dominatione

Partei den Sicinius unterdrückt und so gesiegt hatte, und dies euch hätte zur That anspornen müssen, so haben doch jene, die Sieger, eher aus Furcht etwas zur Abhülfe gethan, als ihr, die Besiegten, aus Unwillen über die Schmach. metuere weist auf metu zurück.

9. saevior Catulus: gemeint ist mit starker Übertreibung des Catulus Auftreten gegen seinen Mitkonsul Lepidus.

10. tumultus: über die Bedeutung des Wortes s. zu Cat. 59, 5. Gemeint ist der kurze Krieg mit Lepidus i. J. 677 (77); über die Konsuln s. zu Or. Lep. 3. In jenem Jahre unterblieb der Versuch auf dem Wege der Gesetzgebung die Tribunengewalt wieder herzustellen; daher intercessit.

C. Curio: aus der gens Scribonia, Konsul im Jahr 678 (76), nachher Statthalter in Macedonien (s. d. Vorbem. zur Rede des Cotta).

insontis tribuni: des § 8 erwähnten Sicinius.

11. animis: wie Or. Lep. 24. quae: weist auf alles Vorhergehende, auf das consequente Verfahren der Optimaten überhaupt zurück.

agebantur etc.: die Indikative um auszudrücken, dass, wenn die Voraussetzung wirklich stattfand (was natürlich der Redner entschieden leugnet; vgl. zu Ep. Mithr. 2), dann auch die Thesis notwendig u.

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eis nevov, ins Leere, ins Blaue) gethan, und daraus ist zu schliefsen, dafs sie niemals daran dachten, ihre Herrschaft freiwillig aufzugeben, d. i. eher als ihr, der Sklaverei müde, sie dazu zwingen würdet.' Man beachte, dafs diese wie auch die vorhergehenden Worte die Begründung des spem frustra fuisse § 9 enthalten.

praesertim cum etc.: = praesertim cum his civilibus armis, etiamsi dicta alia fuerint, certatum tamen de dominatione in vobis sit; die Sätze sind, wie es öfter geschieht, coordiniert, statt dafs der eine subordiniert sein sollte, und daher erscheint his civil. armis im ersten Satze als absol. Ablativ. Der Gedanke ist seinem Wortsinne nach dem Cat. 38, 3 Gesagten entsprechend; nur ist zu berücksichtigen, dafs dort von den Parteikämpfen die Rede, welche nach der Wiederherstellung der trib. Gewalt in ihrem ganzen Umfange tobten: hier ist die Rede von dem Kampf, den die Nobilität um die Herrschaft, das Volk gegen seine Tyrannen führt.

dicta: gemeint sind 'Schlagwörter' wie otium, s. § 12 u. Or. Lep. 9 u. 25, concordia et pax ebd. 24.

in vobis sit. Itaque cetera ex licentia aut odio aut avaritia in tem- 12 pus arsere; permansit una res modo, quae utrimque quaesita est, et erepta in posterum vis tribunicia, telum a maioribus libertati paratum. Quod ego vos moneo quaesoque ut animadvortatis neu 13 nomina rerum ad ignaviam mutantes otium pro servitio adpelletis. Quo iam ipso frui, si vera et honesta flagitium superaverit, non est conditio: fuisset, si omnino quiessetis. Nunc animum advortere et, nisi viceritis, quoniam omnis iniuria gravitate tutior est, artius habebunt. Quid censes igitur?' aliquis vostrum subie- 14 cerit. Primum omnium amittundum morem hunc, quem agitis, inpigrae linguae, animi ignavi, non ultra contionis locum memores libertatis. Deinde, ne vos ad virilia illa vocem, quo tribunos 15 in vobis: dagegen Or. Lep. 2 in vos; ebenso wird auch das Verbum dominari auf beide Arten konstruiert.

12. cetera etc.: 'die übrigen Dinge, die nicht in so enger Beziehung zu der Erreichung jenes einzigen Zweckes stehen, waren immer nur vorübergehend, für eine Zeit lang Gegenstände des leidenschaftlichen Kampfes, je nach den verschiedenen Beweggründen, von welchen die Parteien jedesmal geleitet wurden', so z. B. Acker- und Getreidegesetze, tendenziöse Prozesse u. a. m.

permansit: im nachdrücklichen Gegensatze zu in tempus einen dauernden Gegenstand des Kampfes hat nur die eine Sache gebildet' etc.; mit una res ist die dominatio (§ 11) gemeint.

et erepta etc.: die etwas lose Gedankenverbindung wird hergestellt durch Ergänzung eines Zwischengliedes: und in diesem noch nicht ausgetragenen Kampfe ist unsere Partei im Nachteil, wehrlos; denn dahin ist die trib. Gewalt' etc.

telum: Schwert', ebenso bei Liv. 3, 55, 3, s. unten zu § 15 libera... suffragia. Die Deutung indessen, dafs die trib. Gewalt nach der Meinung der Vorfahren eine 'Angriffswaffe' für die Freiheit sein sollte, enthält im Vergleich mit der ursprüngl. Bestimmung des Tribunates eine charakteristische Fälschung. Sallust. 8. Aufl.

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13. quod ego etc.: vgl. Or. Phil. 9. quo d. i. otio, quod rectius servitium appellaveris.

vera: in der Bedeutung wie Cat. 11, 2.

conditio: gewissermafsen die zu erlangende Friedensbedingung, also 'das, was ihr zu erwarten habt, wenn jene ganz gesiegt haben werden'.

fuisset: nämlich ea conditio.

nunc: wie oben § 2; der Sinn so aber, da ihr nicht überhaupt ruhig geblieben seid, sind sie auf euch aufmerksam geworden' etc.

gravitate: Abl. instrum. 'durch seine Schwere.' Zum Gedanken vgl. Or. Lep. 1, 6; Iug. 31, 14.

artius habebunt: näml. vos; vgl. Iug. 85, 34.

14. inpigrae linguae etc.: die Genetive mit morem zu verbinden. Das Folgende ist Apposition zu dem Subjekt in agitis.

15. deinde etc. der zweite speciellere und praktische Vorschlag, nämlich die Aufforderung zur Verweigerung des Kriegsdienstes, folgt in etwas anderer Form erst § 17 mit den Worten ne amplius sanguinem vostrum praebeatis_censebo, und wird vorbereitet durch eine Frage, an welche sich die weiteren Vorwürfe (§ 16 magna...properatis) in der Aussageform anschliefsen. Das Wesentliche der Sache liegt übrigens in dem ein

17

plebei, modo patricium magistratum, libera ab auctoribus patriciis suffragia maiores vostri paravere cum vis omnis, Quiri

wendenden Nebensatze cum vis omnis... possitis.

ne... ad virilia illa: dieser negative Teil des Gedankens wird § 17 mit neque · neque... non neque wiederaufgenommen und zugleich erläutert.

...

quo: frei bezogen auf virilia illa, 'wodurch', vgl. Cat. 56, 5.

plebei: nicht Genetiv zu tribunos, welcher bei und für Sallust nicht nachgewiesen ist, sondern Dativ zu paravere von der Nominativform plebes (so § 1. 28; s. zu Cat. 33, 3), wie Or. Phil. 14 plebei tribuniciam potestatem restitui, wo er durch das Zeugnis des Grammatikers Priscian (1, 243) geschützt ist. Das Wort steht gerade nach tribunos, um die enge sachliche Beziehung der Begriffe anzudeuten, wie das Tribunat der Plebs als ein Sonderrecht gegeben worden, s. § 1. Zum Gedanken vgl. aus dem Fragment der Hist. 1, 10 (11) Kr. den Satz quibus agitata saevitiis et maxume faenoris onere oppressa plebs cum adsiduis bellis tributum simul et militiam toleraret, armata montem sacrum atque Aventinum insedit tumque tribunos plebis et alia sibi iura paravit. Was da unter alia iura zu verstehen, zeigt hier das Folgende:

a) modo patricium magistratum d. i. aditum ad magistratum qui antea tantum modo patriciorum esset. magistratus steht generell Magistratur; gemeint ist in erster Linie natürlich das Konsulat, welches endlich im Jahre 387 (367) die Patricier mit der Plebs teilen mufsten; vgl. Liv. 6, 42 9 ff. per ingentia certamina dictator (Camillus) senatusque victus, ut rogationes tribuniciae (Sextii et Licinii) acciperentur; et comitia consulum adversa nobilitate habita, quibus L. Sextius de plebe primus

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consul factus; et ne is quidem finis certaminum fuit: quia patricii se auctores futuros negabant, prope secessionem plebis res terribilesque alias minas civilium certaminum venit, cum tamen per dictatorem condicionibus sedatae discordiae sunt, concessumque ab nobilitate plebi de consule plebeio, a plebe nobilitati de praetore uno, qui ius in urbe diceret, ex patribus creando. Ferner die Censur im J. 415 (339) infolge des Gesetzes des Diktators Q. Publilius Philo; vgl. Liv. 8, 12, 16 ut alter utique ex plebe, cum eo [ventum sit] ut utrumque plebeium fieri liceret, censor crearetur, nachdem schon im J. 403 (351) C. Marcius Rutilus, derselbe welcher 398 (356) der erste Diktator aus der Plebs gewesen (Liv. 7, 17, 7), seine Wahl zum Censor durchgesetzt hatte Liv. 7, 22, 7 ff.). Endlich die Prätur im J. 417 (337), vgl. Liv. 8, 15, 9 Q. Publilius Philo praetor primum de plebe adversante consule Sulpicio, qui negabat rationem eius se habiturum, est factus, senatu cum in summis imperiis id non obtinuisset, minus in praetura tendente.

b) libera... suffragia: während die von der Gesamtbürgerschaft gefafsten Beschlüsse und vorgenommenen Wahlen erst vollgültig wurden durch die Bestätigung des Patriciersenats (wofür die Formel lautete auctores patres fiunt: patrum auctoritas), welche ursprünglich nachträglich ausgesprochen, seit dem Gesetz des in der vor. Anm. erwähnten Diktator Q. Publilius Philo (ut legum, quae comitiis centuriatis ferrentur, ante initum suffragium patres auctores fierent Liv. 8, 12, 15) und der auf die Wahlen bezüglichen lex Maenia ums Jahr 467 (287) anticipiert

tes, in vobis sit et, quae iussa nunc pro aliis toleratis, pro vobis agere aut non agere certe possitis, Iovem aut alium quem deum consultorem exspectatis? magna illa consulum imperia et patrum 16 decreta vos exsequendo rata efficitis, Quirites, ultroque licentiam

wurde - so waren die Plebiscite, d. h. die von den tribusweise vereinigten Sonderversammlungen der Plebs unter Leitung eines plebejischen Beamten gefafsten Beschlüsse von vornherein von jener Bestätigung befreit, dafür hinwieder zunächst für die Patricier nicht rechtsverbindlich; doch wurde diese Rechtsverbindlichkeit endgültig im J. 487 (287) nach der dritten secessio (zu Cat. 33, 3) festgesetzt, vgl. Gaius 1, 3 olim patricii dicebant se plebi scitis non teneri, quia sine auctoritate eorum facta essent, sed postea lex Hortensia lata est, qua cautum est, ut plebi scita universum populum tenerent. Zwar pflegte die spätere Zeit das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Entwicklung in frühere Zeiten zurückzuverlegen, die Errungenschaft der dritten secessio schon der zweiten (zu Iug. 31, 17) und dann wieder der Initiative des soeben erwähnten Publilius Philo zuzuschreiben (Liv. 8, 12, 14). Von dem Streben ausgehend, den Gegensatz zwischen plebs und patricii (daher patriciis, nicht patribus) möglichst hervorzuheben, und die Emancipation der Plebs von den Patriciern, die durch die Selbsthülfe gewonnene Selbstherrlichkeit derselben zu betonen, und nicht so sehr die dominierende Stellung der Plebs im Gesamtstaate, zieht der Redner (resp. der Geschichtschreiber) vor, das erkämpfte Recht mehr von der negativen Seite mit dem Ausdruck libera etc. zu bezeichnen als von der positiven etwa durch: plebei... ius quo quod iussisset omnes Quirites teneret, . . paravere. Dies hat noch einen weitern Grund in der von den Geschichtschreibern und Volksrednern jener Zeit gern herbeigezogenen, oft künst

lich zurecht gemachten Analogie des Ständekampfes der Vorzeit und der politischen Gegensätze der damaligen Parteien. Wie früher die Plebs gegen die Patricier, so rang jetzt das Volk gegen die Nobilität und den Senat: Sulla hatte den Tribunen das Recht genommen sich um curulische Ämter zu bewerben (s. Vorbem. zu Or. Cott.), also die Plebs in einzelnen Personen und gar in ihren Vorstehern davon ausgeschlossen; ebenso den Nachkommen der Proskribierten das passive Wahlrecht (s. zu Cat. 37, 9), Einzelnen und Gemeinden das Bürgerrecht entzogen oder verkümmert (zu Or. Lep. 12), also eine Bürgerschaft mindern Rechts, gewissermafsen eine neue Plebs geschaffen; endlich die gesetzgeberische Initiative der Tribunen und damit die Befugnis der Plebs, Gesetze zu erlassen, von der Vorberatung im Senat und dessen Einwilligung dieselben an jene zu bringen abhängig gemacht, also das Plebiscit an die auctoritas senatus (wofür auch wieder, wenn auch mifsbräuchlich, patrum auct. gesagt wurde) gebunden. In dieser Hinsicht ist auch sonst der Sprachgebr. bei Sall. bezeichnend: plebs steht gegenüber patres (= senatus) Iug. 30, 1. 88, 1; senatus Cat. 38, 1; nobilitas 40, 5; 63, 6; pauci Cat. 39, 1.

et, quae etc.: über das explicative et zu Cat. 19, 2; vor quae ist ea zu denken; iussa u. toleratis stehen den folgenden (aut) agere aut non agere possitis scharf gegenüber. Es ist von dem nur für die Nobilitas vorteilhaften Kriegsdienst die Rede.

16. magna: Bedeutung wie in den Ausdrücken magna verba, magniloquus, und wie magnificus lug. 31, 10.

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